ins Grab stürtzen woltest? mein Hertz wie po- chest du, und warum bist du so eilfertig, die Zahl deiner Schläge nur frühzeitig voll zu machen; und zwar zu einer Uebelthat, derentwegen du hernach mit tausend Aengsten wirst beklemmet und gepresset werden? warum eilest du so, dein Uhrwerck durch Schandthaten und Gräuel zu zernichten?
O du mein Gewissen! gebrauchst du dich nicht deiner Gewalt eben ietzo, da der geringste Verzug die höchste Gefahr mit sich bringet? brichst du mit deinem unabweislichen Protesti- ren, Warnen, Bedrohen, und Ueberzeugen nicht bis so weit durch, daß sich die entflammten Kräf- te des Leibes entsetzen und erzittern müsten? Ja gewiß, du wirst, wenn ich der Sünde gehorsam würde, deine Sache hernach mit einer solchen Strenge und unerbittlichen Beschuldigung füh- ren, daß mir die Lebenskräfte vertrocknen und verzehret werden möchten! o mein geplagter Geist, begreiffe dich, durch die Kraft des Todes Christi, und überlege, was in deiner scheußlichen Wohnung vorgehet. Jhr geringschätzigen und noch dazu violirten Kräfte des Verstandes und des Willens! warum seyd ihr so langsam und nachläßig, euren Proceß im Nahmen des all- mächtigen gegen den ungeheuren Leib der Sün- den zu führen?
Mein Hertz! was ziehet dich doch zu Be- gehung einer so verdammlichen Ungerechtigkeit? und was kann dich vermögen, darein zu willi- gen? ach! überlege doch, mit welch einer gros-
sen
(III. Th.) Von den ſicheren Mitteln,
ins Grab ſtuͤrtzen wolteſt? mein Hertz wie po- cheſt du, und warum biſt du ſo eilfertig, die Zahl deiner Schlaͤge nur fruͤhzeitig voll zu machen; und zwar zu einer Uebelthat, derentwegen du hernach mit tauſend Aengſten wirſt beklemmet und gepreſſet werden? warum eileſt du ſo, dein Uhrwerck durch Schandthaten und Graͤuel zu zernichten?
O du mein Gewiſſen! gebrauchſt du dich nicht deiner Gewalt eben ietzo, da der geringſte Verzug die hoͤchſte Gefahr mit ſich bringet? brichſt du mit deinem unabweislichen Proteſti- ren, Warnen, Bedrohen, und Ueberzeugen nicht bis ſo weit durch, daß ſich die entflammten Kraͤf- te des Leibes entſetzen und erzittern muͤſten? Ja gewiß, du wirſt, wenn ich der Suͤnde gehorſam wuͤrde, deine Sache hernach mit einer ſolchen Strenge und unerbittlichen Beſchuldigung fuͤh- ren, daß mir die Lebenskraͤfte vertrocknen und verzehret werden moͤchten! o mein geplagter Geiſt, begreiffe dich, durch die Kraft des Todes Chriſti, und uͤberlege, was in deiner ſcheußlichen Wohnung vorgehet. Jhr geringſchaͤtzigen und noch dazu violirten Kraͤfte des Verſtandes und des Willens! warum ſeyd ihr ſo langſam und nachlaͤßig, euren Proceß im Nahmen des all- maͤchtigen gegen den ungeheuren Leib der Suͤn- den zu fuͤhren?
Mein Hertz! was ziehet dich doch zu Be- gehung einer ſo verdammlichen Ungerechtigkeit? und was kann dich vermoͤgen, darein zu willi- gen? ach! uͤberlege doch, mit welch einer groſ-
ſen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0506"n="486"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">III.</hi> Th.) <hirendition="#b">Von den ſicheren Mitteln,</hi></fw><lb/>
ins Grab ſtuͤrtzen wolteſt? mein Hertz wie po-<lb/>
cheſt du, und warum biſt du ſo eilfertig, die Zahl<lb/>
deiner Schlaͤge nur fruͤhzeitig voll zu machen;<lb/>
und zwar zu einer Uebelthat, derentwegen du<lb/>
hernach mit tauſend Aengſten wirſt beklemmet<lb/>
und gepreſſet werden? warum eileſt du ſo, dein<lb/>
Uhrwerck durch Schandthaten und Graͤuel zu<lb/>
zernichten?</p><lb/><p>O du mein Gewiſſen! gebrauchſt du dich<lb/>
nicht deiner Gewalt eben ietzo, da der geringſte<lb/>
Verzug die hoͤchſte Gefahr mit ſich bringet?<lb/>
brichſt du mit deinem unabweislichen Proteſti-<lb/>
ren, Warnen, Bedrohen, und Ueberzeugen nicht<lb/>
bis ſo weit durch, daß ſich die entflammten Kraͤf-<lb/>
te des Leibes entſetzen und erzittern muͤſten? Ja<lb/>
gewiß, du wirſt, wenn ich der Suͤnde gehorſam<lb/>
wuͤrde, deine Sache hernach mit einer ſolchen<lb/>
Strenge und unerbittlichen Beſchuldigung fuͤh-<lb/>
ren, daß mir die Lebenskraͤfte vertrocknen und<lb/>
verzehret werden moͤchten! o mein geplagter<lb/>
Geiſt, begreiffe dich, durch die Kraft des Todes<lb/>
Chriſti, und uͤberlege, was in deiner ſcheußlichen<lb/>
Wohnung vorgehet. Jhr geringſchaͤtzigen und<lb/>
noch dazu violirten Kraͤfte des Verſtandes und<lb/>
des Willens! warum ſeyd ihr ſo langſam und<lb/>
nachlaͤßig, euren Proceß im Nahmen des all-<lb/>
maͤchtigen gegen den ungeheuren Leib der Suͤn-<lb/>
den zu fuͤhren?</p><lb/><p>Mein Hertz! was ziehet dich doch zu Be-<lb/>
gehung einer ſo verdammlichen Ungerechtigkeit?<lb/>
und was kann dich vermoͤgen, darein zu willi-<lb/>
gen? ach! uͤberlege doch, mit welch einer groſ-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[486/0506]
(III. Th.) Von den ſicheren Mitteln,
ins Grab ſtuͤrtzen wolteſt? mein Hertz wie po-
cheſt du, und warum biſt du ſo eilfertig, die Zahl
deiner Schlaͤge nur fruͤhzeitig voll zu machen;
und zwar zu einer Uebelthat, derentwegen du
hernach mit tauſend Aengſten wirſt beklemmet
und gepreſſet werden? warum eileſt du ſo, dein
Uhrwerck durch Schandthaten und Graͤuel zu
zernichten?
O du mein Gewiſſen! gebrauchſt du dich
nicht deiner Gewalt eben ietzo, da der geringſte
Verzug die hoͤchſte Gefahr mit ſich bringet?
brichſt du mit deinem unabweislichen Proteſti-
ren, Warnen, Bedrohen, und Ueberzeugen nicht
bis ſo weit durch, daß ſich die entflammten Kraͤf-
te des Leibes entſetzen und erzittern muͤſten? Ja
gewiß, du wirſt, wenn ich der Suͤnde gehorſam
wuͤrde, deine Sache hernach mit einer ſolchen
Strenge und unerbittlichen Beſchuldigung fuͤh-
ren, daß mir die Lebenskraͤfte vertrocknen und
verzehret werden moͤchten! o mein geplagter
Geiſt, begreiffe dich, durch die Kraft des Todes
Chriſti, und uͤberlege, was in deiner ſcheußlichen
Wohnung vorgehet. Jhr geringſchaͤtzigen und
noch dazu violirten Kraͤfte des Verſtandes und
des Willens! warum ſeyd ihr ſo langſam und
nachlaͤßig, euren Proceß im Nahmen des all-
maͤchtigen gegen den ungeheuren Leib der Suͤn-
den zu fuͤhren?
Mein Hertz! was ziehet dich doch zu Be-
gehung einer ſo verdammlichen Ungerechtigkeit?
und was kann dich vermoͤgen, darein zu willi-
gen? ach! uͤberlege doch, mit welch einer groſ-
ſen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/506>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.