ner Seelen, du wüstes Nest der Sünden! wie kanst du doch von der gräulichen Schande so herumgetrieben werden? o mein armer Leich- nam! du bist so künstlich und wunderbar zu- sammen gesetzet, aus Dingen, die sonst einander gantz entgegen sind. Du bist so sinnreich und weislich aus Fleisch und Beinen zusammen ge- füget, und mit der Haut, wie mit einem Kleide umhüllet; du bist mit den 3. verwunderungs- würdigen Systematibus, den Pulsadern, Blut- adern und Nerven durchwircket, und gleichsam daraus gewebet, damit du eine würdige Her- berge würdest eines noch unvergleichlich edleren und fürtreflichen Geistes! ach! was wütet doch für eine Lustseuche in dir, und wie bist du doch ewig in eine solche Schmach, Sclaverey und Noth gerathen?
Jhr meine Augen, wie seyd ihr so unge- zähmt, nach eurem eignen Unglück und Verder- ben so begierig hin zu gaffen? o ihr Hände, wie seyd ihr so schnell, euch dem Teufel zu Waffen hinzugeben, die Seele zu ermorden; die in dem finstern Kercker des Leibes ohnedem genug ge- ängstet wird? werdet ihr denn nicht ohndem schon der Sünde wegen vermodern müssen, und von Würmern gefressen werden: warum wolt ihr euch doch noch dazu durch Schandthaten be- flecken?
Du mein Geblüte, wie wallest du? was hat dich in einen so schnellen Lauff gebracht, daß du so treibest, als ob du mit aller Macht dein elendes Behältniß nur fein balde zerstören und
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wieder die Unreinigkeit.
ner Seelen, du wuͤſtes Neſt der Suͤnden! wie kanſt du doch von der graͤulichen Schande ſo herumgetrieben werden? o mein armer Leich- nam! du biſt ſo kuͤnſtlich und wunderbar zu- ſammen geſetzet, aus Dingen, die ſonſt einander gantz entgegen ſind. Du biſt ſo ſinnreich und weislich aus Fleiſch und Beinen zuſammen ge- fuͤget, und mit der Haut, wie mit einem Kleide umhuͤllet; du biſt mit den 3. verwunderungs- wuͤrdigen Syſtematibus, den Pulsadern, Blut- adern und Nerven durchwircket, und gleichſam daraus gewebet, damit du eine wuͤrdige Her- berge wuͤrdeſt eines noch unvergleichlich edleren und fuͤrtreflichen Geiſtes! ach! was wuͤtet doch fuͤr eine Luſtſeuche in dir, und wie biſt du doch ewig in eine ſolche Schmach, Sclaverey und Noth gerathen?
Jhr meine Augen, wie ſeyd ihr ſo unge- zaͤhmt, nach eurem eignen Ungluͤck und Verder- ben ſo begierig hin zu gaffen? o ihr Haͤnde, wie ſeyd ihr ſo ſchnell, euch dem Teufel zu Waffen hinzugeben, die Seele zu ermorden; die in dem finſtern Kercker des Leibes ohnedem genug ge- aͤngſtet wird? werdet ihr denn nicht ohndem ſchon der Suͤnde wegen vermodern muͤſſen, und von Wuͤrmern gefreſſen werden: warum wolt ihr euch doch noch dazu durch Schandthaten be- flecken?
Du mein Gebluͤte, wie walleſt du? was hat dich in einen ſo ſchnellen Lauff gebracht, daß du ſo treibeſt, als ob du mit aller Macht dein elendes Behaͤltniß nur fein balde zerſtoͤren und
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wieder die Unreinigkeit.
ner Seelen, du wuͤſtes Neſt der Suͤnden! wie
kanſt du doch von der graͤulichen Schande ſo
herumgetrieben werden? o mein armer Leich-
nam! du biſt ſo kuͤnſtlich und wunderbar zu-
ſammen geſetzet, aus Dingen, die ſonſt einander
gantz entgegen ſind. Du biſt ſo ſinnreich und
weislich aus Fleiſch und Beinen zuſammen ge-
fuͤget, und mit der Haut, wie mit einem Kleide
umhuͤllet; du biſt mit den 3. verwunderungs-
wuͤrdigen Syſtematibus, den Pulsadern, Blut-
adern und Nerven durchwircket, und gleichſam
daraus gewebet, damit du eine wuͤrdige Her-
berge wuͤrdeſt eines noch unvergleichlich edleren
und fuͤrtreflichen Geiſtes! ach! was wuͤtet doch
fuͤr eine Luſtſeuche in dir, und wie biſt du doch
ewig in eine ſolche Schmach, Sclaverey und
Noth gerathen?
Jhr meine Augen, wie ſeyd ihr ſo unge-
zaͤhmt, nach eurem eignen Ungluͤck und Verder-
ben ſo begierig hin zu gaffen? o ihr Haͤnde, wie
ſeyd ihr ſo ſchnell, euch dem Teufel zu Waffen
hinzugeben, die Seele zu ermorden; die in dem
finſtern Kercker des Leibes ohnedem genug ge-
aͤngſtet wird? werdet ihr denn nicht ohndem
ſchon der Suͤnde wegen vermodern muͤſſen, und
von Wuͤrmern gefreſſen werden: warum wolt
ihr euch doch noch dazu durch Schandthaten be-
flecken?
Du mein Gebluͤte, wie walleſt du? was
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/505>, abgerufen am 23.11.2024.
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