Amos 6, 8. wie? wenn er des Erbarmens bald müde wird? Jer. 14, 6.
Mein Hertzensfreund! ich halte ihre Seele für ehrlich und billig: Sagen sie mir, ists ihnen denn möglich, die allerwichtigsten Dinge von der Welt unüberlegt zu lassen? oder in einer solchen Capitalsache, da sie es mit dem ewigen GOtt zu thun haben, und es um ihre unsterb- liche Seele gehet, annoch einen Augenblick län- ger irresolut zu bleiben? Oder können sie bey Ueberlegung solcher Dinge wohl gedencken: GOtt werde sich ihrer schon erbarmen; sie mö- gen sich bekehren, wenn sie wollen; habe ers doch schriftlich von sich gegeben; es müste eben nicht so schnell alles verlassen, und das Hertz bekehret seyn; sie könten auch wol, wie andere, warten, bis es ihnen gelegen fällt; oder gar GOtt kön- ne und werde verziehen, bis es ihnen beliebt, sey er doch allezeit willig sich zu erbarmen? ich frage: können sie solche unvernünftige und un- erträglich ungerechte Gedancken von ihrem GOtt wohl hegen? ist ihr GOtt so ein schlecht Ding? ist ihre Religion so albern? ist das die Frucht der gehabten guten Erziehung?
Wissen sie denn nicht, daß in dem Wesen GOttes alles ein ander ähnlich, alles vollkom- men unumschrencket, alles einander gleich, und keines grösser oder kleiner als das andere sey und seyn könne? haben sie das noch nicht überlegt, oder gehört, daß alle Eigenschaften GOttes durchaus von gleicher Majestät sind, nemlich alle auf gleiche Weise unendlich? Jst nun GOt-
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A a 2
wieder die Unreinigkeit.
Amos 6, 8. wie? wenn er des Erbarmens bald muͤde wird? Jer. 14, 6.
Mein Hertzensfreund! ich halte ihre Seele fuͤr ehrlich und billig: Sagen ſie mir, iſts ihnen denn moͤglich, die allerwichtigſten Dinge von der Welt unuͤberlegt zu laſſen? oder in einer ſolchen Capitalſache, da ſie es mit dem ewigen GOtt zu thun haben, und es um ihre unſterb- liche Seele gehet, annoch einen Augenblick laͤn- ger irreſolut zu bleiben? Oder koͤnnen ſie bey Ueberlegung ſolcher Dinge wohl gedencken: GOtt werde ſich ihrer ſchon erbarmen; ſie moͤ- gen ſich bekehren, wenn ſie wollen; habe ers doch ſchriftlich von ſich gegeben; es muͤſte eben nicht ſo ſchnell alles verlaſſen, und das Hertz bekehret ſeyn; ſie koͤnten auch wol, wie andere, warten, bis es ihnen gelegen faͤllt; oder gar GOtt koͤn- ne und werde verziehen, bis es ihnen beliebt, ſey er doch allezeit willig ſich zu erbarmen? ich frage: koͤnnen ſie ſolche unvernuͤnftige und un- ertraͤglich ungerechte Gedancken von ihrem GOtt wohl hegen? iſt ihr GOtt ſo ein ſchlecht Ding? iſt ihre Religion ſo albern? iſt das die Frucht der gehabten guten Erziehung?
Wiſſen ſie denn nicht, daß in dem Weſen GOttes alles ein ander aͤhnlich, alles vollkom- men unumſchrencket, alles einander gleich, und keines groͤſſer oder kleiner als das andere ſey und ſeyn koͤnne? haben ſie das noch nicht uͤberlegt, oder gehoͤrt, daß alle Eigenſchaften GOttes durchaus von gleicher Majeſtaͤt ſind, nemlich alle auf gleiche Weiſe unendlich? Jſt nun GOt-
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wieder die Unreinigkeit.
Amos 6, 8. wie? wenn er des Erbarmens bald
muͤde wird? Jer. 14, 6.
Mein Hertzensfreund! ich halte ihre Seele
fuͤr ehrlich und billig: Sagen ſie mir, iſts ihnen
denn moͤglich, die allerwichtigſten Dinge von
der Welt unuͤberlegt zu laſſen? oder in einer
ſolchen Capitalſache, da ſie es mit dem ewigen
GOtt zu thun haben, und es um ihre unſterb-
liche Seele gehet, annoch einen Augenblick laͤn-
ger irreſolut zu bleiben? Oder koͤnnen ſie bey
Ueberlegung ſolcher Dinge wohl gedencken:
GOtt werde ſich ihrer ſchon erbarmen; ſie moͤ-
gen ſich bekehren, wenn ſie wollen; habe ers doch
ſchriftlich von ſich gegeben; es muͤſte eben nicht
ſo ſchnell alles verlaſſen, und das Hertz bekehret
ſeyn; ſie koͤnten auch wol, wie andere, warten,
bis es ihnen gelegen faͤllt; oder gar GOtt koͤn-
ne und werde verziehen, bis es ihnen beliebt,
ſey er doch allezeit willig ſich zu erbarmen? ich
frage: koͤnnen ſie ſolche unvernuͤnftige und un-
ertraͤglich ungerechte Gedancken von ihrem GOtt
wohl hegen? iſt ihr GOtt ſo ein ſchlecht Ding?
iſt ihre Religion ſo albern? iſt das die Frucht
der gehabten guten Erziehung?
Wiſſen ſie denn nicht, daß in dem Weſen
GOttes alles ein ander aͤhnlich, alles vollkom-
men unumſchrencket, alles einander gleich, und
keines groͤſſer oder kleiner als das andere ſey und
ſeyn koͤnne? haben ſie das noch nicht uͤberlegt,
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/391>, abgerufen am 22.11.2024.
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