"übet, einfiel. Weil ich nun GOtt damals nicht "im Hertzen hatte, auch vielleicht wenig den Abend "vorher zu GOtt geruffen; dachte ich du bist nun "älter und vielleicht anjetzo geschickt, diese Lust zu ge- "niessen, welche dein Camerad dir so süsse gemacht. "So bald dieser teuffelische Gedancke in mein Hertz "gekommen war, so bald schritte ich zum Versuch "und Ausübung dieser Sünde, und brach alsofort "die schändliche Lust in wirckliche Befleckung meines "Leibes aus.
"Dieses war der Anfang zu diesem Greuel, wel- "cher sich dermassen feste in meinem Hertzen setzte, "daß ich bey Austilgung und Ausrottung dieses Un- "krauts sehr grossen Wiederstand in der Natur ge- "funden. Jch preise aber billig die grosse Barm- "hertzigkeit und Langmuth GOttes hierbey, welcher, "so bald die Sünde vollbracht, mit heilsamen Ge- "wissensschlägen, mit Furcht, Angst und Quaal, mich "dergestalt gnädig heimgesuchet, daß ich oft vor Un- "ruhe meines Hertzens mich nicht zu lassen gewust. "Jch betete in solcher Angst zu GOtt, klagte ihm "diese Sündennoth mit tieffem Seuffzen, und "schätzte alle andere Menschen glückseliger denn mich, "als der ich den höchstverdammlichen und gefährli- "chen Zustand meiner Seelen gar wohl empfand.
"Als ich nun eine ziemliche Zeit in solchem Rin- "gen und Beten angehalten, und beständigen Ge- "horsam versprochen hatte: ließ mir der HErr sei- "ne Gnade wiederum spüren, und mein Hertz wur- "de voller Liebe zu GOtt und meinem Nächsten; "konte GOtt mit frölichem Munde loben, und mei- "ne zuvor besudelte Hände als heilige Hände auf- "heben.
"Dieser gute Zustand daurete aber nur zwey Tage. "Denn als ich am Abend des andern Tages über "den Büchern saß, und nicht auf meiner Hut stund, "sondern sicher war: (weil ich die Gnade GOttes "in meiner Seelen geschmecket,) schoß der Teuffel
"von
II. Th.) Theologiſche Betrachtung
„uͤbet, einfiel. Weil ich nun GOtt damals nicht „im Hertzen hatte, auch vielleicht wenig den Abend „vorher zu GOtt geruffen; dachte ich du biſt nun „aͤlter und vielleicht anjetzo geſchickt, dieſe Luſt zu ge- „nieſſen, welche dein Camerad dir ſo ſuͤſſe gemacht. „So bald dieſer teuffeliſche Gedancke in mein Hertz „gekommen war, ſo bald ſchritte ich zum Verſuch „und Ausuͤbung dieſer Suͤnde, und brach alſofort „die ſchaͤndliche Luſt in wirckliche Befleckung meines „Leibes aus.
„Dieſes war der Anfang zu dieſem Greuel, wel- „cher ſich dermaſſen feſte in meinem Hertzen ſetzte, „daß ich bey Austilgung und Ausrottung dieſes Un- „krauts ſehr groſſen Wiederſtand in der Natur ge- „funden. Jch preiſe aber billig die groſſe Barm- „hertzigkeit und Langmuth GOttes hierbey, welcher, „ſo bald die Suͤnde vollbracht, mit heilſamen Ge- „wiſſensſchlaͤgen, mit Furcht, Angſt und Quaal, mich „dergeſtalt gnaͤdig heimgeſuchet, daß ich oft vor Un- „ruhe meines Hertzens mich nicht zu laſſen gewuſt. „Jch betete in ſolcher Angſt zu GOtt, klagte ihm „dieſe Suͤndennoth mit tieffem Seuffzen, und „ſchaͤtzte alle andere Menſchen gluͤckſeliger denn mich, „als der ich den hoͤchſtverdammlichen und gefaͤhrli- „chen Zuſtand meiner Seelen gar wohl empfand.
„Als ich nun eine ziemliche Zeit in ſolchem Rin- „gen und Beten angehalten, und beſtaͤndigen Ge- „horſam verſprochen hatte: ließ mir der HErr ſei- „ne Gnade wiederum ſpuͤren, und mein Hertz wur- „de voller Liebe zu GOtt und meinem Naͤchſten; „konte GOtt mit froͤlichem Munde loben, und mei- „ne zuvor beſudelte Haͤnde als heilige Haͤnde auf- „heben.
„Dieſer gute Zuſtand daurete aber nur zwey Tage. „Denn als ich am Abend des andern Tages uͤber „den Buͤchern ſaß, und nicht auf meiner Hut ſtund, „ſondern ſicher war: (weil ich die Gnade GOttes „in meiner Seelen geſchmecket,) ſchoß der Teuffel
„von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0282"n="262"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">II.</hi> Th.) <hirendition="#b">Theologiſche Betrachtung</hi></fw><lb/>„uͤbet, einfiel. Weil ich nun GOtt damals nicht<lb/>„im Hertzen hatte, auch vielleicht wenig den Abend<lb/>„vorher zu GOtt geruffen; dachte ich du biſt nun<lb/>„aͤlter und vielleicht anjetzo geſchickt, dieſe Luſt zu ge-<lb/>„nieſſen, welche dein Camerad dir ſo ſuͤſſe gemacht.<lb/>„So bald dieſer teuffeliſche Gedancke in mein Hertz<lb/>„gekommen war, ſo bald ſchritte ich zum Verſuch<lb/>„und Ausuͤbung dieſer Suͤnde, und brach alſofort<lb/>„die ſchaͤndliche Luſt in wirckliche Befleckung meines<lb/>„Leibes aus.</p><lb/><p>„Dieſes war der Anfang zu dieſem Greuel, wel-<lb/>„cher ſich dermaſſen feſte in meinem Hertzen ſetzte,<lb/>„daß ich bey Austilgung und Ausrottung dieſes Un-<lb/>„krauts ſehr groſſen Wiederſtand in der Natur ge-<lb/>„funden. Jch preiſe aber billig die groſſe Barm-<lb/>„hertzigkeit und Langmuth GOttes hierbey, welcher,<lb/>„ſo bald die Suͤnde vollbracht, mit heilſamen Ge-<lb/>„wiſſensſchlaͤgen, mit Furcht, Angſt und Quaal, mich<lb/>„dergeſtalt gnaͤdig heimgeſuchet, daß ich oft vor Un-<lb/>„ruhe meines Hertzens mich nicht zu laſſen gewuſt.<lb/>„Jch betete in ſolcher Angſt zu GOtt, klagte ihm<lb/>„dieſe Suͤndennoth mit tieffem Seuffzen, und<lb/>„ſchaͤtzte alle andere Menſchen gluͤckſeliger denn mich,<lb/>„als der ich den hoͤchſtverdammlichen und gefaͤhrli-<lb/>„chen Zuſtand meiner Seelen gar wohl empfand.</p><lb/><p>„Als ich nun eine ziemliche Zeit in ſolchem Rin-<lb/>„gen und Beten angehalten, und beſtaͤndigen Ge-<lb/>„horſam verſprochen hatte: ließ mir der HErr ſei-<lb/>„ne Gnade wiederum ſpuͤren, und mein Hertz wur-<lb/>„de voller Liebe zu GOtt und meinem Naͤchſten;<lb/>„konte GOtt mit froͤlichem Munde loben, und mei-<lb/>„ne zuvor beſudelte Haͤnde als heilige Haͤnde auf-<lb/>„heben.</p><lb/><p>„Dieſer gute Zuſtand daurete aber nur zwey Tage.<lb/>„Denn als ich am Abend des andern Tages uͤber<lb/>„den Buͤchern ſaß, und nicht auf meiner Hut ſtund,<lb/>„ſondern ſicher war: (weil ich die Gnade GOttes<lb/>„in meiner Seelen geſchmecket,) ſchoß der Teuffel<lb/><fwplace="bottom"type="catch">„von</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[262/0282]
II. Th.) Theologiſche Betrachtung
„uͤbet, einfiel. Weil ich nun GOtt damals nicht
„im Hertzen hatte, auch vielleicht wenig den Abend
„vorher zu GOtt geruffen; dachte ich du biſt nun
„aͤlter und vielleicht anjetzo geſchickt, dieſe Luſt zu ge-
„nieſſen, welche dein Camerad dir ſo ſuͤſſe gemacht.
„So bald dieſer teuffeliſche Gedancke in mein Hertz
„gekommen war, ſo bald ſchritte ich zum Verſuch
„und Ausuͤbung dieſer Suͤnde, und brach alſofort
„die ſchaͤndliche Luſt in wirckliche Befleckung meines
„Leibes aus.
„Dieſes war der Anfang zu dieſem Greuel, wel-
„cher ſich dermaſſen feſte in meinem Hertzen ſetzte,
„daß ich bey Austilgung und Ausrottung dieſes Un-
„krauts ſehr groſſen Wiederſtand in der Natur ge-
„funden. Jch preiſe aber billig die groſſe Barm-
„hertzigkeit und Langmuth GOttes hierbey, welcher,
„ſo bald die Suͤnde vollbracht, mit heilſamen Ge-
„wiſſensſchlaͤgen, mit Furcht, Angſt und Quaal, mich
„dergeſtalt gnaͤdig heimgeſuchet, daß ich oft vor Un-
„ruhe meines Hertzens mich nicht zu laſſen gewuſt.
„Jch betete in ſolcher Angſt zu GOtt, klagte ihm
„dieſe Suͤndennoth mit tieffem Seuffzen, und
„ſchaͤtzte alle andere Menſchen gluͤckſeliger denn mich,
„als der ich den hoͤchſtverdammlichen und gefaͤhrli-
„chen Zuſtand meiner Seelen gar wohl empfand.
„Als ich nun eine ziemliche Zeit in ſolchem Rin-
„gen und Beten angehalten, und beſtaͤndigen Ge-
„horſam verſprochen hatte: ließ mir der HErr ſei-
„ne Gnade wiederum ſpuͤren, und mein Hertz wur-
„de voller Liebe zu GOtt und meinem Naͤchſten;
„konte GOtt mit froͤlichem Munde loben, und mei-
„ne zuvor beſudelte Haͤnde als heilige Haͤnde auf-
„heben.
„Dieſer gute Zuſtand daurete aber nur zwey Tage.
„Denn als ich am Abend des andern Tages uͤber
„den Buͤchern ſaß, und nicht auf meiner Hut ſtund,
„ſondern ſicher war: (weil ich die Gnade GOttes
„in meiner Seelen geſchmecket,) ſchoß der Teuffel
„von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/282>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.