Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

der Unreinigkeit.
"von neuem seine feurigen Pfeile in mein armes
"Hertz, und reitzete mich so lange, bis ich die Sün-
"de abermals beging. So bald dieselbe vollendet,
"legte ich meine Bücher hin, und hatte wiederum
"grosse Gewissensangst und Traurigkeit in meiner
"Seelen. Jch wolte die Angst äusserlich nicht mer-
"cken lassen, weil meine Eltern zugegen waren; son-
"dern klagte GOtt dem HErrn meine Noth im
"Verborgenen: die Hülfe aber wolte sich so bald nicht
"finden; Denn es hieß: du hast die Gnade GOt-
"tes bereits empfunden, und dennoch hast du den
"Tempel GOttes wiederum verunreiniget, und die
"grosse Liebe JEsu verschmähet! Als ich nun den-
"noch mir vorsetzte, nicht eher im Gebet nachzulas-
"sen, bis mir GOtt ein ruhig Hertz gäbe, bekam
"ich nach vielen Thränen wiederum Ruhe und Zu-
"friedenheit in meinem Gewissen.

"Ob ich mich nun gleich nach dieser abermaligen
"Staupe hätte besser vorsehen und in acht nehmen
"sollen: so ließ ich mich doch nath zween oder dreyen
"Tagen von neuem verleiten; und als ich diese
"Boßheit noch einige mal fortgesetzt hatte, entzog
"GOtt der HErr auch seine Gnade. Da war ich
"denn voller Angst, ging auf dem Felde herum,
"und wuste mit Cain nicht zu bleiben; suchte bald
"hie, bald da Ruhe: konte aber keine finden, und
"winselte also wohl 3. Stunden lang nach einander;
"wurde der Sünden dabey gantz müde; und den-
"noch konnte ich derselben nicht loß werden, sondern
"wurde täglich damit angefochten: absonderlich des
"Morgens und des Abends im Bette, und wenn
"ich sonsten in der Einsamkeit, wozu ich von Na-
"tur grosse Lust hatte, mich befand.

"Dieses alles schadete meinem Haupte so sehr,
"daß ich wenig in meinem Studieren vornehmen
"konte. Darauf geschahe es, daß ich zu meinem
"Bruder, welcher in Jena studirte, und zwar in den
"Hundstagen reisete, um ihn daselbst zu besuchen.

"Bey
R 4

der Unreinigkeit.
„von neuem ſeine feurigen Pfeile in mein armes
„Hertz, und reitzete mich ſo lange, bis ich die Suͤn-
„de abermals beging. So bald dieſelbe vollendet,
„legte ich meine Buͤcher hin, und hatte wiederum
„groſſe Gewiſſensangſt und Traurigkeit in meiner
„Seelen. Jch wolte die Angſt aͤuſſerlich nicht mer-
„cken laſſen, weil meine Eltern zugegen waren; ſon-
„dern klagte GOtt dem HErrn meine Noth im
„Verborgenen: die Huͤlfe aber wolte ſich ſo bald nicht
„finden; Denn es hieß: du haſt die Gnade GOt-
„tes bereits empfunden, und dennoch haſt du den
„Tempel GOttes wiederum verunreiniget, und die
„groſſe Liebe JEſu verſchmaͤhet! Als ich nun den-
„noch mir vorſetzte, nicht eher im Gebet nachzulaſ-
„ſen, bis mir GOtt ein ruhig Hertz gaͤbe, bekam
„ich nach vielen Thraͤnen wiederum Ruhe und Zu-
„friedenheit in meinem Gewiſſen.

„Ob ich mich nun gleich nach dieſer abermaligen
„Staupe haͤtte beſſer vorſehen und in acht nehmen
„ſollen: ſo ließ ich mich doch nath zween oder dreyen
„Tagen von neuem verleiten; und als ich dieſe
„Boßheit noch einige mal fortgeſetzt hatte, entzog
„GOtt der HErr auch ſeine Gnade. Da war ich
„denn voller Angſt, ging auf dem Felde herum,
„und wuſte mit Cain nicht zu bleiben; ſuchte bald
„hie, bald da Ruhe: konte aber keine finden, und
„winſelte alſo wohl 3. Stunden lang nach einander;
„wurde der Suͤnden dabey gantz muͤde; und den-
„noch konnte ich derſelben nicht loß werden, ſondern
„wurde taͤglich damit angefochten: abſonderlich des
„Morgens und des Abends im Bette, und wenn
„ich ſonſten in der Einſamkeit, wozu ich von Na-
„tur groſſe Luſt hatte, mich befand.

„Dieſes alles ſchadete meinem Haupte ſo ſehr,
„daß ich wenig in meinem Studieren vornehmen
„konte. Darauf geſchahe es, daß ich zu meinem
„Bruder, welcher in Jena ſtudirte, und zwar in den
„Hundstagen reiſete, um ihn daſelbſt zu beſuchen.

„Bey
R 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0283" n="263"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Unreinigkeit.</hi></fw><lb/>
&#x201E;von neuem &#x017F;eine feurigen Pfeile in mein armes<lb/>
&#x201E;Hertz, und reitzete mich &#x017F;o lange, bis ich die Su&#x0364;n-<lb/>
&#x201E;de abermals beging. So bald die&#x017F;elbe vollendet,<lb/>
&#x201E;legte ich meine Bu&#x0364;cher hin, und hatte wiederum<lb/>
&#x201E;gro&#x017F;&#x017F;e Gewi&#x017F;&#x017F;ensang&#x017F;t und Traurigkeit in meiner<lb/>
&#x201E;Seelen. Jch wolte die Ang&#x017F;t a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich nicht mer-<lb/>
&#x201E;cken la&#x017F;&#x017F;en, weil meine Eltern zugegen waren; &#x017F;on-<lb/>
&#x201E;dern klagte GOtt dem HErrn meine Noth im<lb/>
&#x201E;Verborgenen: die Hu&#x0364;lfe aber wolte &#x017F;ich &#x017F;o bald nicht<lb/>
&#x201E;finden; Denn es hieß: du ha&#x017F;t die Gnade GOt-<lb/>
&#x201E;tes bereits empfunden, und dennoch ha&#x017F;t du den<lb/>
&#x201E;Tempel GOttes wiederum verunreiniget, und die<lb/>
&#x201E;gro&#x017F;&#x017F;e Liebe JE&#x017F;u ver&#x017F;chma&#x0364;het! Als ich nun den-<lb/>
&#x201E;noch mir vor&#x017F;etzte, nicht eher im Gebet nachzula&#x017F;-<lb/>
&#x201E;&#x017F;en, bis mir GOtt ein ruhig Hertz ga&#x0364;be, bekam<lb/>
&#x201E;ich nach vielen Thra&#x0364;nen wiederum Ruhe und Zu-<lb/>
&#x201E;friedenheit in meinem Gewi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ob ich mich nun gleich nach die&#x017F;er abermaligen<lb/>
&#x201E;Staupe ha&#x0364;tte be&#x017F;&#x017F;er vor&#x017F;ehen und in acht nehmen<lb/>
&#x201E;&#x017F;ollen: &#x017F;o ließ ich mich doch nath zween oder dreyen<lb/>
&#x201E;Tagen von neuem verleiten; und als ich die&#x017F;e<lb/>
&#x201E;Boßheit noch einige mal fortge&#x017F;etzt hatte, entzog<lb/>
&#x201E;GOtt der HErr auch &#x017F;eine Gnade. Da war ich<lb/>
&#x201E;denn voller Ang&#x017F;t, ging auf dem Felde herum,<lb/>
&#x201E;und wu&#x017F;te mit Cain nicht zu bleiben; &#x017F;uchte bald<lb/>
&#x201E;hie, bald da Ruhe: konte aber keine finden, und<lb/>
&#x201E;win&#x017F;elte al&#x017F;o wohl 3. Stunden lang nach einander;<lb/>
&#x201E;wurde der Su&#x0364;nden dabey gantz mu&#x0364;de; und den-<lb/>
&#x201E;noch konnte ich der&#x017F;elben nicht loß werden, &#x017F;ondern<lb/>
&#x201E;wurde ta&#x0364;glich damit angefochten: ab&#x017F;onderlich des<lb/>
&#x201E;Morgens und des Abends im Bette, und wenn<lb/>
&#x201E;ich &#x017F;on&#x017F;ten in der Ein&#x017F;amkeit, wozu ich von Na-<lb/>
&#x201E;tur gro&#x017F;&#x017F;e Lu&#x017F;t hatte, mich befand.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die&#x017F;es alles &#x017F;chadete meinem Haupte &#x017F;o &#x017F;ehr,<lb/>
&#x201E;daß ich wenig in meinem Studieren vornehmen<lb/>
&#x201E;konte. Darauf ge&#x017F;chahe es, daß ich zu meinem<lb/>
&#x201E;Bruder, welcher in Jena &#x017F;tudirte, und zwar in den<lb/>
&#x201E;Hundstagen rei&#x017F;ete, um ihn da&#x017F;elb&#x017F;t zu be&#x017F;uchen.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Bey</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0283] der Unreinigkeit. „von neuem ſeine feurigen Pfeile in mein armes „Hertz, und reitzete mich ſo lange, bis ich die Suͤn- „de abermals beging. So bald dieſelbe vollendet, „legte ich meine Buͤcher hin, und hatte wiederum „groſſe Gewiſſensangſt und Traurigkeit in meiner „Seelen. Jch wolte die Angſt aͤuſſerlich nicht mer- „cken laſſen, weil meine Eltern zugegen waren; ſon- „dern klagte GOtt dem HErrn meine Noth im „Verborgenen: die Huͤlfe aber wolte ſich ſo bald nicht „finden; Denn es hieß: du haſt die Gnade GOt- „tes bereits empfunden, und dennoch haſt du den „Tempel GOttes wiederum verunreiniget, und die „groſſe Liebe JEſu verſchmaͤhet! Als ich nun den- „noch mir vorſetzte, nicht eher im Gebet nachzulaſ- „ſen, bis mir GOtt ein ruhig Hertz gaͤbe, bekam „ich nach vielen Thraͤnen wiederum Ruhe und Zu- „friedenheit in meinem Gewiſſen. „Ob ich mich nun gleich nach dieſer abermaligen „Staupe haͤtte beſſer vorſehen und in acht nehmen „ſollen: ſo ließ ich mich doch nath zween oder dreyen „Tagen von neuem verleiten; und als ich dieſe „Boßheit noch einige mal fortgeſetzt hatte, entzog „GOtt der HErr auch ſeine Gnade. Da war ich „denn voller Angſt, ging auf dem Felde herum, „und wuſte mit Cain nicht zu bleiben; ſuchte bald „hie, bald da Ruhe: konte aber keine finden, und „winſelte alſo wohl 3. Stunden lang nach einander; „wurde der Suͤnden dabey gantz muͤde; und den- „noch konnte ich derſelben nicht loß werden, ſondern „wurde taͤglich damit angefochten: abſonderlich des „Morgens und des Abends im Bette, und wenn „ich ſonſten in der Einſamkeit, wozu ich von Na- „tur groſſe Luſt hatte, mich befand. „Dieſes alles ſchadete meinem Haupte ſo ſehr, „daß ich wenig in meinem Studieren vornehmen „konte. Darauf geſchahe es, daß ich zu meinem „Bruder, welcher in Jena ſtudirte, und zwar in den „Hundstagen reiſete, um ihn daſelbſt zu beſuchen. „Bey R 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/283
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/283>, abgerufen am 17.05.2024.