Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.Betrachtung der Unreinigkeit. nicht, stehlen sey Sünde? Todtschlagen koste denKopf? er lasse sich ja selber nicht gerne was steh- len? oder sich umbringen? der Raub könne ihm doch nicht so viel betragen, als der Galgen importi- ret? die ewige Verdamniß könne mit aller Welt Diebstählen nicht abgekauft, oder mit aller Welt Gütern nicht in Vergleich gestellet werden? Weiß der Gottlose nicht, daß ihn GOtt allenthalben sie- het? daß er ihm nicht entgehet? glaubt ers etwa nicht gäntzlich? nicht stark genug? zittert ein Gottlo- ser nicht öfters vor GOtt? weint er nicht wol zu- weilen gar, wenn er den Schaden übersieht? War- um sagt er denn; ich kanns unmöglich lassen? Fehlt ihm denn an der Ueberzeugung oder Demonstration irgend noch etwas? Und was ists denn nun? Noch mehr: Jst denn ein Mensch, der gern für einen Philosophen will angesehen seyn, nicht überzeugt, der ewige GOtt allein sey das höchste Gut? Wird ers nicht für einen Schimpf achten, wenn man ihm diese Ueberzeugung abspräche? Aber was wirckt denn nun diese gantz complete Ueberzeugung, sie mag nun philosophisch oder mathematisch seyn, oder wie sie immer seyn kann? Hat er sich denn dadurch zwingen lassen, dis hochste Gut zu suchen und zu er- langen? Jst denn GOtt nun wirklich seine Freude? sein eintzig höchstes Vergnügen? seine Ehre, seine Hofnung, und das alles, was er dem David war? Psalm 18 und Psalm 73, 3 25-28. Hat er sein höchstes Gut nicht dennoch mit den Gottlosen in ei- nem Winckel? Psam 49, 12. 13. Luc. 16, 25. Jst denn das nun ehrlich, wieder sein eigen Haupttheo- rema nicht nur handeln, sondern beständig leben? Doch vielleicht solls nur in Absicht auf andere gel- ten! Allein: wenn der Wille der Ueberzeugung des Verstandes folgen muß: warum machen denn die grossen philosophischen Moralisten aus den ihrigen oder andern wie sie lehren, nicht eitel tugendhafte Leute? Sinds denn etwa solche dumme Köpfe, die ih- G 4
Betrachtung der Unreinigkeit. nicht, ſtehlen ſey Suͤnde? Todtſchlagen koſte denKopf? er laſſe ſich ja ſelber nicht gerne was ſteh- len? oder ſich umbringen? der Raub koͤnne ihm doch nicht ſo viel betragen, als der Galgen importi- ret? die ewige Verdamniß koͤnne mit aller Welt Diebſtaͤhlen nicht abgekauft, oder mit aller Welt Guͤtern nicht in Vergleich geſtellet werden? Weiß der Gottloſe nicht, daß ihn GOtt allenthalben ſie- het? daß er ihm nicht entgehet? glaubt ers etwa nicht gaͤntzlich? nicht ſtark genug? zittert ein Gottlo- ſer nicht oͤfters vor GOtt? weint er nicht wol zu- weilen gar, wenn er den Schaden uͤberſieht? War- um ſagt er denn; ich kanns unmoͤglich laſſen? Fehlt ihm denn an der Ueberzeugung oder Demonſtration irgend noch etwas? Und was iſts denn nun? Noch mehr: Jſt denn ein Menſch, der gern fuͤr einen Philoſophen will angeſehen ſeyn, nicht uͤberzeugt, der ewige GOtt allein ſey das hoͤchſte Gut? Wird ers nicht fuͤr einen Schimpf achten, wenn man ihm dieſe Ueberzeugung abſpraͤche? Aber was wirckt denn nun dieſe gantz complete Ueberzeugung, ſie mag nun philoſophiſch oder mathematiſch ſeyn, oder wie ſie immer ſeyn kann? Hat er ſich denn dadurch zwingen laſſen, dis hochſte Gut zu ſuchen und zu er- langen? Jſt denn GOtt nun wirklich ſeine Freude? ſein eintzig hoͤchſtes Vergnuͤgen? ſeine Ehre, ſeine Hofnung, und das alles, was er dem David war? Pſalm 18 und Pſalm 73, 3 25-28. Hat er ſein hoͤchſtes Gut nicht dennoch mit den Gottloſen in ei- nem Winckel? Pſam 49, 12. 13. Luc. 16, 25. Jſt denn das nun ehrlich, wieder ſein eigen Haupttheo- rema nicht nur handeln, ſondern beſtaͤndig leben? Doch vielleicht ſolls nur in Abſicht auf andere gel- ten! Allein: wenn der Wille der Ueberzeugung des Verſtandes folgen muß: warum machen denn die groſſen philoſophiſchen Moraliſten aus den ihrigen oder andern wie ſie lehren, nicht eitel tugendhafte Leute? Sinds denn etwa ſolche dumme Koͤpfe, die ih- G 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0123" n="103"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Betrachtung der Unreinigkeit.</hi></fw><lb/> nicht, ſtehlen ſey Suͤnde? Todtſchlagen koſte den<lb/> Kopf? er laſſe ſich ja ſelber nicht gerne was ſteh-<lb/> len? oder ſich umbringen? der Raub koͤnne ihm<lb/> doch nicht ſo viel betragen, als der Galgen importi-<lb/> ret? die ewige Verdamniß koͤnne mit aller Welt<lb/> Diebſtaͤhlen nicht abgekauft, oder mit aller Welt<lb/> Guͤtern nicht in Vergleich geſtellet werden? Weiß<lb/> der Gottloſe nicht, daß ihn GOtt allenthalben ſie-<lb/> het? daß er ihm nicht entgehet? glaubt ers etwa<lb/> nicht gaͤntzlich? nicht ſtark genug? zittert ein Gottlo-<lb/> ſer nicht oͤfters vor GOtt? weint er nicht wol zu-<lb/> weilen gar, wenn er den Schaden uͤberſieht? War-<lb/> um ſagt er denn; ich kanns unmoͤglich laſſen? Fehlt<lb/> ihm denn an der Ueberzeugung oder Demonſtration<lb/> irgend noch etwas? Und was iſts denn nun? Noch<lb/> mehr: Jſt denn ein Menſch, der gern fuͤr einen<lb/> Philoſophen will angeſehen ſeyn, nicht uͤberzeugt,<lb/><hi rendition="#fr">der ewige GOtt allein ſey das hoͤchſte Gut?</hi><lb/> Wird ers nicht fuͤr einen Schimpf achten, wenn man<lb/> ihm dieſe Ueberzeugung abſpraͤche? Aber was wirckt<lb/> denn nun dieſe gantz complete Ueberzeugung, ſie<lb/> mag nun philoſophiſch oder mathematiſch ſeyn, oder<lb/> wie ſie immer ſeyn kann? Hat er ſich denn dadurch<lb/> zwingen laſſen, dis hochſte Gut zu ſuchen und zu er-<lb/> langen? Jſt denn GOtt nun wirklich ſeine Freude?<lb/> ſein eintzig hoͤchſtes Vergnuͤgen? ſeine Ehre, ſeine<lb/> Hofnung, und das alles, was er dem David war?<lb/> Pſalm 18 und Pſalm 73, 3 25-28. Hat er ſein<lb/> hoͤchſtes Gut nicht dennoch mit den Gottloſen in ei-<lb/> nem Winckel? Pſam 49, 12. 13. Luc. 16, 25. Jſt<lb/> denn das nun ehrlich, wieder ſein eigen Haupttheo-<lb/> rema nicht nur handeln, ſondern beſtaͤndig leben?<lb/> Doch vielleicht ſolls nur in Abſicht auf andere gel-<lb/> ten! Allein: wenn der Wille der Ueberzeugung des<lb/> Verſtandes folgen muß: warum machen denn die<lb/> groſſen philoſophiſchen Moraliſten aus den ihrigen<lb/> oder andern wie ſie lehren, nicht eitel tugendhafte<lb/> Leute? Sinds denn etwa ſolche dumme Koͤpfe, die<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ih-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0123]
Betrachtung der Unreinigkeit.
nicht, ſtehlen ſey Suͤnde? Todtſchlagen koſte den
Kopf? er laſſe ſich ja ſelber nicht gerne was ſteh-
len? oder ſich umbringen? der Raub koͤnne ihm
doch nicht ſo viel betragen, als der Galgen importi-
ret? die ewige Verdamniß koͤnne mit aller Welt
Diebſtaͤhlen nicht abgekauft, oder mit aller Welt
Guͤtern nicht in Vergleich geſtellet werden? Weiß
der Gottloſe nicht, daß ihn GOtt allenthalben ſie-
het? daß er ihm nicht entgehet? glaubt ers etwa
nicht gaͤntzlich? nicht ſtark genug? zittert ein Gottlo-
ſer nicht oͤfters vor GOtt? weint er nicht wol zu-
weilen gar, wenn er den Schaden uͤberſieht? War-
um ſagt er denn; ich kanns unmoͤglich laſſen? Fehlt
ihm denn an der Ueberzeugung oder Demonſtration
irgend noch etwas? Und was iſts denn nun? Noch
mehr: Jſt denn ein Menſch, der gern fuͤr einen
Philoſophen will angeſehen ſeyn, nicht uͤberzeugt,
der ewige GOtt allein ſey das hoͤchſte Gut?
Wird ers nicht fuͤr einen Schimpf achten, wenn man
ihm dieſe Ueberzeugung abſpraͤche? Aber was wirckt
denn nun dieſe gantz complete Ueberzeugung, ſie
mag nun philoſophiſch oder mathematiſch ſeyn, oder
wie ſie immer ſeyn kann? Hat er ſich denn dadurch
zwingen laſſen, dis hochſte Gut zu ſuchen und zu er-
langen? Jſt denn GOtt nun wirklich ſeine Freude?
ſein eintzig hoͤchſtes Vergnuͤgen? ſeine Ehre, ſeine
Hofnung, und das alles, was er dem David war?
Pſalm 18 und Pſalm 73, 3 25-28. Hat er ſein
hoͤchſtes Gut nicht dennoch mit den Gottloſen in ei-
nem Winckel? Pſam 49, 12. 13. Luc. 16, 25. Jſt
denn das nun ehrlich, wieder ſein eigen Haupttheo-
rema nicht nur handeln, ſondern beſtaͤndig leben?
Doch vielleicht ſolls nur in Abſicht auf andere gel-
ten! Allein: wenn der Wille der Ueberzeugung des
Verſtandes folgen muß: warum machen denn die
groſſen philoſophiſchen Moraliſten aus den ihrigen
oder andern wie ſie lehren, nicht eitel tugendhafte
Leute? Sinds denn etwa ſolche dumme Koͤpfe, die
ih-
G 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |