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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Zwey und Fünfftzigste Geistliche Lection
c. 25.Jeremias hatte geweissaget/ daß die Babylonische Gefängnuß siebentzig
Jahr lang anhalten würde/ und nicht länger. Obwohl nun der Prophet
Daniel/ wie der heil. Hieronymus bezeugt/ versichert ware/ daß die Gött-
c. 9.liche Verheissung sich weiter nicht erstrecken würde; so hat er dannoch mit
stetem und eiffrigen Gebett für die Erlösung deß Jsraelitischen Volcks
GOtt angelegen: dann er wuste daß GOtt verordnet hatte/ diese Gnad zu
erweisen auff das Gebett deß Propheten Danielis: auff daß GOtt/ sagt
der heilige Hieronymus durch dieses seines treuen Dieners Gebett erfüllen
mögte/ was er krafft seiner Gütigkeit versprochen hat.

Gen. 30.

16. Die heilige Schrifft meldet auch/ daß ein Engel von Himmel kom-
men seye/ und habe dem Jacob Lämber im Schlaff gezeigt/ so mit vielerley
Farben gezeichnet gewesen; und ihm bedeutet/ daß seine Schäfflein solche
Lämblein empfangen würden. Wiewohl nun der Jacob hierüber versichert
gewesen; so hat er gleichwohl auch seinen Fleiß angewendet/ damit diese
Offenbahrung den gewünschten Effect gewinnen mögte; und hat allerhand
gefarbte Ruthen ans Wasser gelegt/ auff daß/ wann die Schaaff in Anschau-
ung der Ruthen empfangen würden/ sie nachmahlen solcher Gestalt gefleck-
te Lämblein werffen mögten. Gleicher Massen müssen wir zu Erlangung
der versprochenen ewigen Seeligkeit mit unserm GOtt und HErrn mit-
wircken/ und von der Ubung der guten Wercke nicht ablassen; wie der heilige
Coloss. 1.
v.
24.
Apostel Paulus uns lehret mit diesen Worten: Jch erfulle das jeni-
ge/ was noch mangelt am Leyden Christi/ in meinem
Fleisch.
Jst dann nicht das Leyden unseres Heylands überflüssig/ und
eines unendlichen Werths gewesen? Freylig/ so viel die Gnugsambkeit an-
langet: so viel aber die Krafft deß Leydens betrifft/ mangelt demselben unsere
Mit-Wirckung/ auff daß selbiges seyn Ziel und End gereiche: zumah-
len der jenige/
sagt der heilige Vatter Augustinus: Der dich er-
schaffen hat ohne dich/ wird dich nicht seelig machen ohne
dich.
Derhalben wann schon einer verordnet wäre/ und übete dannoch
keine gute Wercke; würde er sicherlich nicht seelig werden: dann also wird
das Heyl deß Menschen von GOtt verordnet; sagt der heilige Thomas von
Aquin/ daß auch zur Verordnung gehöre/ was dem Menschen immer zur
Seeligkeit behülfflich ist; das ist/ oder sein eigenes Gebett und gute Werck/
oder anderer; und was dergleichen ist/ dadurch der Mensch die ewige See-
ligkeit erlangen muß. Dahero müssen die Verorduete sich untersichen/ dem
Gebett und guten Wercken obzuliegen; zumahlen durch dergleichen Ubungen
die Wirckung der Verordnung in Sicherheit erfüllet wird. So klärlich

redet

Die Zwey und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection
c. 25.Jeremias hatte geweiſſaget/ daß die Babyloniſche Gefaͤngnuß ſiebentzig
Jahr lang anhalten wuͤrde/ und nicht laͤnger. Obwohl nun der Prophet
Daniel/ wie der heil. Hieronymus bezeugt/ verſichert ware/ daß die Goͤtt-
c. 9.liche Verheiſſung ſich weiter nicht erſtrecken wuͤrde; ſo hat er dannoch mit
ſtetem und eiffrigen Gebett fuͤr die Erloͤſung deß Jſraelitiſchen Volcks
GOtt angelegen: dann er wuſte daß GOtt verordnet hatte/ dieſe Gnad zu
erweiſen auff das Gebett deß Propheten Danielis: auff daß GOtt/ ſagt
der heilige Hieronymus durch dieſes ſeines treuen Dieners Gebett erfuͤllen
moͤgte/ was er krafft ſeiner Guͤtigkeit verſprochen hat.

Gen. 30.

16. Die heilige Schrifft meldet auch/ daß ein Engel von Himmel kom-
men ſeye/ und habe dem Jacob Laͤmber im Schlaff gezeigt/ ſo mit vielerley
Farben gezeichnet geweſen; und ihm bedeutet/ daß ſeine Schaͤfflein ſolche
Laͤmblein empfangen wuͤrden. Wiewohl nun der Jacob hieruͤber verſichert
geweſen; ſo hat er gleichwohl auch ſeinen Fleiß angewendet/ damit dieſe
Offenbahrung den gewuͤnſchten Effect gewinnen moͤgte; und hat allerhand
gefarbte Ruthen ans Waſſer gelegt/ auff daß/ wann die Schaaff in Anſchau-
ung der Ruthen empfangen wuͤrden/ ſie nachmahlen ſolcher Geſtalt gefleck-
te Laͤmblein werffen moͤgten. Gleicher Maſſen muͤſſen wir zu Erlangung
der verſprochenen ewigen Seeligkeit mit unſerm GOtt und HErrn mit-
wircken/ und von der Ubung der guten Wercke nicht ablaſſen; wie der heilige
Coloſſ. 1.
v.
24.
Apoſtel Paulus uns lehret mit dieſen Worten: Jch erfůlle das jeni-
ge/ was noch mangelt am Leyden Chriſti/ in meinem
Fleiſch.
Jſt dann nicht das Leyden unſeres Heylands uͤberfluͤſſig/ und
eines unendlichen Werths geweſen? Freylig/ ſo viel die Gnugſambkeit an-
langet: ſo viel aber die Krafft deß Leydens betrifft/ mangelt demſelben unſere
Mit-Wirckung/ auff daß ſelbiges ſeyn Ziel und End gereiche: zumah-
len der jenige/
ſagt der heilige Vatter Auguſtinus: Der dich er-
ſchaffen hat ohne dich/ wird dich nicht ſeelig machen ohne
dich.
Derhalben wann ſchon einer verordnet waͤre/ und uͤbete dannoch
keine gute Wercke; wuͤrde er ſicherlich nicht ſeelig werden: dann alſo wird
das Heyl deß Menſchen von GOtt verordnet; ſagt der heilige Thomas von
Aquin/ daß auch zur Verordnung gehoͤre/ was dem Menſchen immer zur
Seeligkeit behuͤlfflich iſt; das iſt/ oder ſein eigenes Gebett und gute Werck/
oder anderer; und was dergleichen iſt/ dadurch der Menſch die ewige See-
ligkeit erlangen muß. Dahero muͤſſen die Verorduete ſich unterſichen/ dem
Gebett und guten Wercken obzuliegen; zumahlen durch dergleichen Ubungen
die Wirckung der Verordnung in Sicherheit erfuͤllet wird. So klaͤrlich

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[674/0702] Die Zwey und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection Jeremias hatte geweiſſaget/ daß die Babyloniſche Gefaͤngnuß ſiebentzig Jahr lang anhalten wuͤrde/ und nicht laͤnger. Obwohl nun der Prophet Daniel/ wie der heil. Hieronymus bezeugt/ verſichert ware/ daß die Goͤtt- liche Verheiſſung ſich weiter nicht erſtrecken wuͤrde; ſo hat er dannoch mit ſtetem und eiffrigen Gebett fuͤr die Erloͤſung deß Jſraelitiſchen Volcks GOtt angelegen: dann er wuſte daß GOtt verordnet hatte/ dieſe Gnad zu erweiſen auff das Gebett deß Propheten Danielis: auff daß GOtt/ ſagt der heilige Hieronymus durch dieſes ſeines treuen Dieners Gebett erfuͤllen moͤgte/ was er krafft ſeiner Guͤtigkeit verſprochen hat. c. 25. c. 9. 16. Die heilige Schrifft meldet auch/ daß ein Engel von Himmel kom- men ſeye/ und habe dem Jacob Laͤmber im Schlaff gezeigt/ ſo mit vielerley Farben gezeichnet geweſen; und ihm bedeutet/ daß ſeine Schaͤfflein ſolche Laͤmblein empfangen wuͤrden. Wiewohl nun der Jacob hieruͤber verſichert geweſen; ſo hat er gleichwohl auch ſeinen Fleiß angewendet/ damit dieſe Offenbahrung den gewuͤnſchten Effect gewinnen moͤgte; und hat allerhand gefarbte Ruthen ans Waſſer gelegt/ auff daß/ wann die Schaaff in Anſchau- ung der Ruthen empfangen wuͤrden/ ſie nachmahlen ſolcher Geſtalt gefleck- te Laͤmblein werffen moͤgten. Gleicher Maſſen muͤſſen wir zu Erlangung der verſprochenen ewigen Seeligkeit mit unſerm GOtt und HErrn mit- wircken/ und von der Ubung der guten Wercke nicht ablaſſen; wie der heilige Apoſtel Paulus uns lehret mit dieſen Worten: Jch erfůlle das jeni- ge/ was noch mangelt am Leyden Chriſti/ in meinem Fleiſch. Jſt dann nicht das Leyden unſeres Heylands uͤberfluͤſſig/ und eines unendlichen Werths geweſen? Freylig/ ſo viel die Gnugſambkeit an- langet: ſo viel aber die Krafft deß Leydens betrifft/ mangelt demſelben unſere Mit-Wirckung/ auff daß ſelbiges ſeyn Ziel und End gereiche: zumah- len der jenige/ ſagt der heilige Vatter Auguſtinus: Der dich er- ſchaffen hat ohne dich/ wird dich nicht ſeelig machen ohne dich. Derhalben wann ſchon einer verordnet waͤre/ und uͤbete dannoch keine gute Wercke; wuͤrde er ſicherlich nicht ſeelig werden: dann alſo wird das Heyl deß Menſchen von GOtt verordnet; ſagt der heilige Thomas von Aquin/ daß auch zur Verordnung gehoͤre/ was dem Menſchen immer zur Seeligkeit behuͤlfflich iſt; das iſt/ oder ſein eigenes Gebett und gute Werck/ oder anderer; und was dergleichen iſt/ dadurch der Menſch die ewige See- ligkeit erlangen muß. Dahero muͤſſen die Verorduete ſich unterſichen/ dem Gebett und guten Wercken obzuliegen; zumahlen durch dergleichen Ubungen die Wirckung der Verordnung in Sicherheit erfuͤllet wird. So klaͤrlich redet Coloſſ. 1. v. 24.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/702>, abgerufen am 03.07.2024.