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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Zahl der wenigen Außerwählten.
gegen zur Höllen verordnet/ so werd ich derselben nicht entlauffen können/ ich
plage meinen Leib/ wie ich immer möge. Nun spitze die Ohren/ und höre/
wie betrieglich dieses Argument oder Beweiß seye/ welches schon längst in
der Schuhlen deß bösen Feinds erfunden und erdacht ist worden/ mit dem
sich auch viele selbst betriegen. Der sich dann ein solches facit macht/ ist
schlimmer/ als der Teuffel selbst. Jch frage dann/ ob der Teuffel nicht
wisse/ daß diese Wort nach der Richt-Schnur aller Warheit gemessen
seynd; daß nemblich alle/ so zum Leben verordnet seynd/ unfehlbarlich wer-
den seelig werden: und daß hergegen alle/ so zur Verdamnuß verordnet
seynd/ mit nichten werden können seelig werden? Freylich weiß er dieses.
Nun frag ich weiters: Wann er daß weiß/ warumb macht er sich nicht die-
sen Schluß/ wann er uns versuchen will: Dieser Mensch ist oder verord-
net/ oder verworffen und nicht verordnet zum Leben: ist er verordnet; was
hab ich dann nöthig/ daß ich ihn versuche/ in dem er endlich wird seelig wer-
den/ und meinen Händen entkommen? Jst er verworffen/ und zum Ver-
derben verordnet/ so wende ich umbsonst an selbigem Mühe an/ dieweilen
er endlich wird mein werden. Und nichts desto weniger verlasset sich der
lose Sathan auff diese Argumenten nicht/ sondern feyret nicht/ und trach-
tet Tag und Nacht zu verschlingen/ wann er immer kan. So lernen wir
derhalben vom Teuffel selbsten/ der sonst ein Vatter der Lügen ist/ daß der ob-
erwehnte Discurs gantz thorecht uad närrisch seye.

15. Wie auß folgendem Argument weiters zu sehen ist. Wann einer
durch eine Göttliche Offenbahrung versichert wäre/ daß dieß Jahr ein über-
flüssiger Herbst seyn werde/ soll er wohl deßhalben seine Weinstöck zu schnei-
den/ zu gewöhnlicher Zeit zu graben und zu misten vernachlässigen? Jm
geringsten nicht. Weiters: GOtt hat beschlossen/ daß beyde Kriegs-
Heer/ der Glaubigen und der Türcken zusammen schlagen sollen; und daß
der Glaubigen Armee gewinnen; und die Türcken in die Flucht solten ge-
schlagen werden: und dieses ist was GOtt denen Glaubigen offenbahret
hat; sollen sie darumb allen möglichen Fleiß und Arbeitspahren/ und der nö-
thigen Gegenwähr sich enthalten? Jm geringsten nicht. Nun sehe; wann
die himmlische Freuden werden seyn die Früchten der angewendeten Arbeit
und eine Belohnungs- Kron deß gegenwärtigen zeitlichen Kriegs und
Schlacht; sollen wir dann nicht die Erde unseres Hertzens umbgraben/ und
ritterlich fechten? Jch vermeine/ daß nichts billigers seye/ dann eben dieses:
so durch folgende Geschichten weiters bekräfftiget wird. Der Prophet

Jere-
Q q q q

Von der Zahl der wenigen Außerwaͤhlten.
gegen zur Hoͤllen verordnet/ ſo werd ich derſelben nicht entlauffen koͤnnen/ ich
plage meinen Leib/ wie ich immer moͤge. Nun ſpitze die Ohren/ und hoͤre/
wie betrieglich dieſes Argument oder Beweiß ſeye/ welches ſchon laͤngſt in
der Schuhlen deß boͤſen Feinds erfunden und erdacht iſt worden/ mit dem
ſich auch viele ſelbſt betriegen. Der ſich dann ein ſolches facit macht/ iſt
ſchlimmer/ als der Teuffel ſelbſt. Jch frage dann/ ob der Teuffel nicht
wiſſe/ daß dieſe Wort nach der Richt-Schnur aller Warheit gemeſſen
ſeynd; daß nemblich alle/ ſo zum Leben verordnet ſeynd/ unfehlbarlich wer-
den ſeelig werden: und daß hergegen alle/ ſo zur Verdamnuß verordnet
ſeynd/ mit nichten werden koͤnnen ſeelig werden? Freylich weiß er dieſes.
Nun frag ich weiters: Wann er daß weiß/ warumb macht er ſich nicht die-
ſen Schluß/ wann er uns verſuchen will: Dieſer Menſch iſt oder verord-
net/ oder verworffen und nicht verordnet zum Leben: iſt er verordnet; was
hab ich dann noͤthig/ daß ich ihn verſuche/ in dem er endlich wird ſeelig wer-
den/ und meinen Haͤnden entkommen? Jſt er verworffen/ und zum Ver-
derben verordnet/ ſo wende ich umbſonſt an ſelbigem Muͤhe an/ dieweilen
er endlich wird mein werden. Und nichts deſto weniger verlaſſet ſich der
loſe Sathan auff dieſe Argumenten nicht/ ſondern feyret nicht/ und trach-
tet Tag und Nacht zu verſchlingen/ wann er immer kan. So lernen wir
derhalben vom Teuffel ſelbſten/ der ſonſt ein Vatter der Luͤgen iſt/ daß der ob-
erwehnte Diſcurs gantz thorecht uad naͤrriſch ſeye.

15. Wie auß folgendem Argument weiters zu ſehen iſt. Wann einer
durch eine Goͤttliche Offenbahrung verſichert waͤre/ daß dieß Jahr ein uͤber-
fluͤſſiger Herbſt ſeyn werde/ ſoll er wohl deßhalben ſeine Weinſtoͤck zu ſchnei-
den/ zu gewoͤhnlicher Zeit zu graben und zu miſten vernachlaͤſſigen? Jm
geringſten nicht. Weiters: GOtt hat beſchloſſen/ daß beyde Kriegs-
Heer/ der Glaubigen und der Tuͤrcken zuſammen ſchlagen ſollen; und daß
der Glaubigen Armee gewinnen; und die Tuͤrcken in die Flucht ſolten ge-
ſchlagen werden: und dieſes iſt was GOtt denen Glaubigen offenbahret
hat; ſollen ſie darumb allen moͤglichen Fleiß und Arbeitſpahren/ und der noͤ-
thigen Gegenwaͤhr ſich enthalten? Jm geringſten nicht. Nun ſehe; wann
die himmliſche Freuden werden ſeyn die Fruͤchten der angewendeten Arbeit
und eine Belohnungs- Kron deß gegenwaͤrtigen zeitlichen Kriegs und
Schlacht; ſollen wir dann nicht die Erde unſeres Hertzens umbgraben/ und
ritterlich fechten? Jch vermeine/ daß nichts billigers ſeye/ dann eben dieſes:
ſo durch folgende Geſchichten weiters bekraͤfftiget wird. Der Prophet

Jere-
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[673/0701] Von der Zahl der wenigen Außerwaͤhlten. gegen zur Hoͤllen verordnet/ ſo werd ich derſelben nicht entlauffen koͤnnen/ ich plage meinen Leib/ wie ich immer moͤge. Nun ſpitze die Ohren/ und hoͤre/ wie betrieglich dieſes Argument oder Beweiß ſeye/ welches ſchon laͤngſt in der Schuhlen deß boͤſen Feinds erfunden und erdacht iſt worden/ mit dem ſich auch viele ſelbſt betriegen. Der ſich dann ein ſolches facit macht/ iſt ſchlimmer/ als der Teuffel ſelbſt. Jch frage dann/ ob der Teuffel nicht wiſſe/ daß dieſe Wort nach der Richt-Schnur aller Warheit gemeſſen ſeynd; daß nemblich alle/ ſo zum Leben verordnet ſeynd/ unfehlbarlich wer- den ſeelig werden: und daß hergegen alle/ ſo zur Verdamnuß verordnet ſeynd/ mit nichten werden koͤnnen ſeelig werden? Freylich weiß er dieſes. Nun frag ich weiters: Wann er daß weiß/ warumb macht er ſich nicht die- ſen Schluß/ wann er uns verſuchen will: Dieſer Menſch iſt oder verord- net/ oder verworffen und nicht verordnet zum Leben: iſt er verordnet; was hab ich dann noͤthig/ daß ich ihn verſuche/ in dem er endlich wird ſeelig wer- den/ und meinen Haͤnden entkommen? Jſt er verworffen/ und zum Ver- derben verordnet/ ſo wende ich umbſonſt an ſelbigem Muͤhe an/ dieweilen er endlich wird mein werden. Und nichts deſto weniger verlaſſet ſich der loſe Sathan auff dieſe Argumenten nicht/ ſondern feyret nicht/ und trach- tet Tag und Nacht zu verſchlingen/ wann er immer kan. So lernen wir derhalben vom Teuffel ſelbſten/ der ſonſt ein Vatter der Luͤgen iſt/ daß der ob- erwehnte Diſcurs gantz thorecht uad naͤrriſch ſeye. 15. Wie auß folgendem Argument weiters zu ſehen iſt. Wann einer durch eine Goͤttliche Offenbahrung verſichert waͤre/ daß dieß Jahr ein uͤber- fluͤſſiger Herbſt ſeyn werde/ ſoll er wohl deßhalben ſeine Weinſtoͤck zu ſchnei- den/ zu gewoͤhnlicher Zeit zu graben und zu miſten vernachlaͤſſigen? Jm geringſten nicht. Weiters: GOtt hat beſchloſſen/ daß beyde Kriegs- Heer/ der Glaubigen und der Tuͤrcken zuſammen ſchlagen ſollen; und daß der Glaubigen Armee gewinnen; und die Tuͤrcken in die Flucht ſolten ge- ſchlagen werden: und dieſes iſt was GOtt denen Glaubigen offenbahret hat; ſollen ſie darumb allen moͤglichen Fleiß und Arbeitſpahren/ und der noͤ- thigen Gegenwaͤhr ſich enthalten? Jm geringſten nicht. Nun ſehe; wann die himmliſche Freuden werden ſeyn die Fruͤchten der angewendeten Arbeit und eine Belohnungs- Kron deß gegenwaͤrtigen zeitlichen Kriegs und Schlacht; ſollen wir dann nicht die Erde unſeres Hertzens umbgraben/ und ritterlich fechten? Jch vermeine/ daß nichts billigers ſeye/ dann eben dieſes: ſo durch folgende Geſchichten weiters bekraͤfftiget wird. Der Prophet Jere- Q q q q

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/701>, abgerufen am 22.11.2024.