Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Gebett.
gen werden: derhalben wird dir gesagt: das Himmel-ReichMatth. 11
leidet Gewalt/ und die Gewalt uben/ reissens zu sich. So
seye dann im Gebett beständig/ seye ungestumm/ und hute
dich/ daß du zu betten nicht ablassest. Wann der jenige/
den du bettest/ sich lasset angehen/ als wann er nicht höre-
te/ so seye du ein Räuber/ auff daß du das Himmel-Reich
erwischest: brauche Gewalt/ daß du auch dem Himmel Ge-
walt anthuest. Dieses ist ein gute Gewalt-That/ durch
welche du GOtt nicht beley digest/ sondern versöhnest; dein
Nächster wird dadurch nicht verletzet/ sondern ihm wird
geholffen; die Sund wird nicht gemehret/ sondern gemin-
dert. Jch sage abermahl/ daß diese ein gute Gewalt-Thäti-
gung seye/ krafft deren der Mensch einen solchen Gewin nit
suchet/ der da geschwind verderbet/ sondern die jenige
Gluckseeligkeit/ so da wäret in alle Ewigkeit.
Diese gülde-
ne Lehr hat obgemeldte H. Gregorius ohne allen Zweiffel auß den Wor-
ten Christi geschöpfft/ da er sagt: Wann alsdann jener anhaltenLuc. 11. 8.
wurde mit Anklopffen; so sag ich euch/ ob er wohl nicht
auffstehen wird/ und ihm geben/ darumb/ daß er sein
Freund ist; so wird er doch umb seiner Vngestummigkeit
Willen auffstehen/ und geben ihm so viel/ als er vonnö-
then hat.
So pflegt dann denen/ die im Gebett verharren/ zu wider-
fahren/ was sich mit den jenigen zuträgt/ welche in ein finsteres Zimmer
wollen hinein gehen: diese/ ob sie wohl zu Anfangs nichts sehen; so können
sie dannoch alles beschauen was darinnen ist/ wann sie in selbigem verhar-
ren. Ebenselbiges mag hoffen der jenige/ so da im Gebett anfänglich we-
nig sehet/ und gleichwohl in selbigem verharret. Dahero sagt unser Hey-
land zum andernmahl: Bittet/ so wird euch gegeben werden;Luc. 11.
suchet so werdet ihr finden: klopffet an/ so wird euch
auffgemacht werden.
Dadiese Verheissung der gelehrte Cornelius
Jansenius
betrachtet/ sagt er/ daß durch diese drey Wörilein: Begehret/
Suchet/
und/ Klopffet an zumahlen eins bedeutet werde; und nur
allein die Zusammen-Hauffung der Sprüchen/ ein vertrauendes/ inständi-
ges und eiffriges Gebett erfordere: sintemahlen das Wort/ Begehren/
ein Vertrauen: das Suchen/ aber einen Fleiß; und das Anklopffen/
einen Eiffer und Beständigkeit im Gebett erfordert.

5. Wie-
L l l 5

Von dem Gebett.
gen werden: derhalben wird dir geſagt: das Himmel-ReichMatth. 11
leidet Gewalt/ und die Gewalt ůben/ reiſſens zu ſich. So
ſeye dann im Gebett beſtaͤndig/ ſeye ungeſtůmm/ und hůte
dich/ daß du zu betten nicht ablaſſeſt. Wann der jenige/
den du betteſt/ ſich laſſet angehen/ als wann er nicht hoͤre-
te/ ſo ſeye du ein Raͤuber/ auff daß du das Himmel-Reich
erwiſcheſt: brauche Gewalt/ daß du auch dem Himmel Ge-
walt anthueſt. Dieſes iſt ein gute Gewalt-That/ durch
welche du GOtt nicht beley digeſt/ ſondern verſoͤhneſt; dein
Naͤchſter wird dadurch nicht verletzet/ ſondern ihm wird
geholffen; die Sůnd wird nicht gemehret/ ſondern gemin-
dert. Jch ſage abermahl/ daß dieſe ein gute Gewalt-Thaͤti-
gung ſeye/ krafft deren der Menſch einen ſolchen Gewin nit
ſuchet/ der da geſchwind verderbet/ ſondern die jenige
Glůckſeeligkeit/ ſo da waͤret in alle Ewigkeit.
Dieſe guͤlde-
ne Lehr hat obgemeldte H. Gregorius ohne allen Zweiffel auß den Wor-
ten Chriſti geſchoͤpfft/ da er ſagt: Wann alsdann jener anhaltenLuc. 11. 8.
wůrde mit Anklopffen; ſo ſag ich euch/ ob er wohl nicht
auffſtehen wird/ und ihm geben/ darumb/ daß er ſein
Freund iſt; ſo wird er doch umb ſeiner Vngeſtůmmigkeit
Willen auffſtehen/ und geben ihm ſo viel/ als er vonnoͤ-
then hat.
So pflegt dann denen/ die im Gebett verharren/ zu wider-
fahren/ was ſich mit den jenigen zutraͤgt/ welche in ein finſteres Zimmer
wollen hinein gehen: dieſe/ ob ſie wohl zu Anfangs nichts ſehen; ſo koͤnnen
ſie dannoch alles beſchauen was darinnen iſt/ wann ſie in ſelbigem verhar-
ren. Ebenſelbiges mag hoffen der jenige/ ſo da im Gebett anfaͤnglich we-
nig ſehet/ und gleichwohl in ſelbigem verharret. Dahero ſagt unſer Hey-
land zum andernmahl: Bittet/ ſo wird euch gegeben werden;Luc. 11.
ſuchet ſo werdet ihr finden: klopffet an/ ſo wird euch
auffgemacht werden.
Dadieſe Verheiſſung der gelehrte Cornelius
Janſenius
betrachtet/ ſagt er/ daß durch dieſe drey Woͤrilein: Begehret/
Suchet/
und/ Klopffet an zumahlen eins bedeutet werde; und nur
allein die Zuſammen-Hauffung der Spruͤchen/ ein vertrauendes/ inſtaͤndi-
ges und eiffriges Gebett erfordere: ſintemahlen das Wort/ Begehren/
ein Vertrauen: das Suchen/ aber einen Fleiß; und das Anklopffen/
einen Eiffer und Beſtaͤndigkeit im Gebett erfordert.

5. Wie-
L l l 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0481" n="453"/><fw place="top" type="header">Von dem Gebett.</fw><lb/><hi rendition="#fr">gen werden: derhalben wird dir ge&#x017F;agt: das Himmel-Reich<note place="right"><hi rendition="#aq">Matth.</hi> 11</note><lb/>
leidet Gewalt/ und die Gewalt &#x016F;ben/ rei&#x017F;&#x017F;ens zu &#x017F;ich. So<lb/>
&#x017F;eye dann im Gebett be&#x017F;ta&#x0364;ndig/ &#x017F;eye unge&#x017F;t&#x016F;mm/ und h&#x016F;te<lb/>
dich/ daß du zu betten nicht abla&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t. Wann der jenige/<lb/>
den du bette&#x017F;t/ &#x017F;ich la&#x017F;&#x017F;et angehen/ als wann er nicht ho&#x0364;re-<lb/>
te/ &#x017F;o &#x017F;eye du ein Ra&#x0364;uber/ auff daß du das Himmel-Reich<lb/>
erwi&#x017F;che&#x017F;t: brauche Gewalt/ daß du auch dem Himmel Ge-<lb/>
walt anthue&#x017F;t. Die&#x017F;es i&#x017F;t ein gute Gewalt-That/ durch<lb/>
welche du GOtt nicht beley dige&#x017F;t/ &#x017F;ondern ver&#x017F;o&#x0364;hne&#x017F;t; dein<lb/>
Na&#x0364;ch&#x017F;ter wird dadurch nicht verletzet/ &#x017F;ondern ihm wird<lb/>
geholffen; die S&#x016F;nd wird nicht gemehret/ &#x017F;ondern gemin-<lb/>
dert. Jch &#x017F;age abermahl/ daß die&#x017F;e ein gute Gewalt-Tha&#x0364;ti-<lb/>
gung &#x017F;eye/ krafft deren der Men&#x017F;ch einen &#x017F;olchen Gewin nit<lb/>
&#x017F;uchet/ der da ge&#x017F;chwind verderbet/ &#x017F;ondern die jenige<lb/>
Gl&#x016F;ck&#x017F;eeligkeit/ &#x017F;o da wa&#x0364;ret in alle Ewigkeit.</hi> Die&#x017F;e gu&#x0364;lde-<lb/>
ne Lehr hat obgemeldte H. Gregorius ohne allen Zweiffel auß den Wor-<lb/>
ten Chri&#x017F;ti ge&#x017F;cho&#x0364;pfft/ da er &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Wann alsdann jener anhalten</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Luc.</hi> 11. 8.</note><lb/><hi rendition="#fr">w&#x016F;rde mit Anklopffen; &#x017F;o &#x017F;ag ich euch/ ob er wohl nicht<lb/>
auff&#x017F;tehen wird/ und ihm geben/ darumb/ daß er &#x017F;ein<lb/>
Freund i&#x017F;t; &#x017F;o wird er doch umb &#x017F;einer Vnge&#x017F;t&#x016F;mmigkeit<lb/>
Willen auff&#x017F;tehen/ und geben ihm &#x017F;o viel/ als er vonno&#x0364;-<lb/>
then hat.</hi> So pflegt dann denen/ die im Gebett verharren/ zu wider-<lb/>
fahren/ was &#x017F;ich mit den jenigen zutra&#x0364;gt/ welche in ein fin&#x017F;teres Zimmer<lb/>
wollen hinein gehen: die&#x017F;e/ ob &#x017F;ie wohl zu Anfangs nichts &#x017F;ehen; &#x017F;o ko&#x0364;nnen<lb/>
&#x017F;ie dannoch alles be&#x017F;chauen was darinnen i&#x017F;t/ wann &#x017F;ie in &#x017F;elbigem verhar-<lb/>
ren. Eben&#x017F;elbiges mag hoffen der jenige/ &#x017F;o da im Gebett anfa&#x0364;nglich we-<lb/>
nig &#x017F;ehet/ und gleichwohl in &#x017F;elbigem verharret. Dahero &#x017F;agt un&#x017F;er Hey-<lb/>
land zum andernmahl: <hi rendition="#fr">Bittet/ &#x017F;o wird euch gegeben werden;</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Luc.</hi> 11.</note><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;uchet &#x017F;o werdet ihr finden: klopffet an/ &#x017F;o wird euch<lb/>
auffgemacht werden.</hi> Dadie&#x017F;e Verhei&#x017F;&#x017F;ung der gelehrte <hi rendition="#aq">Cornelius<lb/>
Jan&#x017F;enius</hi> betrachtet/ &#x017F;agt er/ daß durch die&#x017F;e drey Wo&#x0364;rilein: <hi rendition="#fr">Begehret/<lb/>
Suchet/</hi> und/ <hi rendition="#fr">Klopffet an</hi> zumahlen eins bedeutet werde; und nur<lb/>
allein die Zu&#x017F;ammen-Hauffung der Spru&#x0364;chen/ ein vertrauendes/ in&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
ges und eiffriges Gebett erfordere: &#x017F;intemahlen das Wort/ <hi rendition="#fr">Begehren/</hi><lb/>
ein Vertrauen: das <hi rendition="#fr">Suchen/</hi> aber einen Fleiß; und das <hi rendition="#fr">Anklopffen/</hi><lb/>
einen Eiffer und Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit im Gebett erfordert.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">L l l 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">5. Wie-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0481] Von dem Gebett. gen werden: derhalben wird dir geſagt: das Himmel-Reich leidet Gewalt/ und die Gewalt ůben/ reiſſens zu ſich. So ſeye dann im Gebett beſtaͤndig/ ſeye ungeſtůmm/ und hůte dich/ daß du zu betten nicht ablaſſeſt. Wann der jenige/ den du betteſt/ ſich laſſet angehen/ als wann er nicht hoͤre- te/ ſo ſeye du ein Raͤuber/ auff daß du das Himmel-Reich erwiſcheſt: brauche Gewalt/ daß du auch dem Himmel Ge- walt anthueſt. Dieſes iſt ein gute Gewalt-That/ durch welche du GOtt nicht beley digeſt/ ſondern verſoͤhneſt; dein Naͤchſter wird dadurch nicht verletzet/ ſondern ihm wird geholffen; die Sůnd wird nicht gemehret/ ſondern gemin- dert. Jch ſage abermahl/ daß dieſe ein gute Gewalt-Thaͤti- gung ſeye/ krafft deren der Menſch einen ſolchen Gewin nit ſuchet/ der da geſchwind verderbet/ ſondern die jenige Glůckſeeligkeit/ ſo da waͤret in alle Ewigkeit. Dieſe guͤlde- ne Lehr hat obgemeldte H. Gregorius ohne allen Zweiffel auß den Wor- ten Chriſti geſchoͤpfft/ da er ſagt: Wann alsdann jener anhalten wůrde mit Anklopffen; ſo ſag ich euch/ ob er wohl nicht auffſtehen wird/ und ihm geben/ darumb/ daß er ſein Freund iſt; ſo wird er doch umb ſeiner Vngeſtůmmigkeit Willen auffſtehen/ und geben ihm ſo viel/ als er vonnoͤ- then hat. So pflegt dann denen/ die im Gebett verharren/ zu wider- fahren/ was ſich mit den jenigen zutraͤgt/ welche in ein finſteres Zimmer wollen hinein gehen: dieſe/ ob ſie wohl zu Anfangs nichts ſehen; ſo koͤnnen ſie dannoch alles beſchauen was darinnen iſt/ wann ſie in ſelbigem verhar- ren. Ebenſelbiges mag hoffen der jenige/ ſo da im Gebett anfaͤnglich we- nig ſehet/ und gleichwohl in ſelbigem verharret. Dahero ſagt unſer Hey- land zum andernmahl: Bittet/ ſo wird euch gegeben werden; ſuchet ſo werdet ihr finden: klopffet an/ ſo wird euch auffgemacht werden. Dadieſe Verheiſſung der gelehrte Cornelius Janſenius betrachtet/ ſagt er/ daß durch dieſe drey Woͤrilein: Begehret/ Suchet/ und/ Klopffet an zumahlen eins bedeutet werde; und nur allein die Zuſammen-Hauffung der Spruͤchen/ ein vertrauendes/ inſtaͤndi- ges und eiffriges Gebett erfordere: ſintemahlen das Wort/ Begehren/ ein Vertrauen: das Suchen/ aber einen Fleiß; und das Anklopffen/ einen Eiffer und Beſtaͤndigkeit im Gebett erfordert. Luc. 11. 8. Luc. 11. 5. Wie- L l l 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/481
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/481>, abgerufen am 18.05.2024.