Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Vier und Dreyssigste Geistliche Lection lerliebster JEsu/ fliesse in mein innerstes/ und durchtringe mein gantzes We-sen zu deinem ewigen Lob: aber damit du nicht von dieser Ubung nachlassest/ will ich/ daß du wissest/ daß Christus zu der Heil. Gertrud/ welche diese An- muthungen betrachtete/ gesagt: so offt einer unter dem Essen und Trincken dergleichen betrachten wird/ so offt will ich bekennen/ daß ich mit ihm gegessen und getruncken/ und eine gar angenehme Erquickung von ihm empfangen habe. Derohalben/ siehe/ lieber Bruder/ du weiß/ mit welcher wir GOTT durch eine mässige Erquickung eben so wohl gefallen können/ als die heilige Männer/ durch die strenge Enthaltung. Behalte sie dann/ so wirst du ohne Zweiffel die Frucht deß Fastens/ welchen die H. H. Vätter oben ange- deutet haben/ darvon tragen. Der Andere Theil. 9. VBer dieses/ welches nun gedacht worden/ seynd noch etliche andere 10. Die
Die Vier und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection lerliebſter JEſu/ flieſſe in mein innerſtes/ und durchtringe mein gantzes We-ſen zu deinem ewigen Lob: aber damit du nicht von dieſer Ubung nachlaſſeſt/ will ich/ daß du wiſſeſt/ daß Chriſtus zu der Heil. Gertrud/ welche dieſe An- muthungen betrachtete/ geſagt: ſo offt einer unter dem Eſſen und Trincken dergleichen betrachten wird/ ſo offt will ich bekennen/ daß ich mit ihm gegeſſen und getruncken/ und eine gar angenehme Erquickung von ihm empfangen habe. Derohalben/ ſiehe/ lieber Bruder/ du weiß/ mit welcher wir GOTT durch eine maͤſſige Erquickung eben ſo wohl gefallen koͤnnen/ als die heilige Maͤnner/ durch die ſtrenge Enthaltung. Behalte ſie dann/ ſo wirſt du ohne Zweiffel die Frucht deß Faſtens/ welchen die H. H. Vaͤtter oben ange- deutet haben/ darvon tragen. Der Andere Theil. 9. VBer dieſes/ welches nun gedacht worden/ ſeynd noch etliche andere 10. Die
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Die Vier und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
lerliebſter JEſu/ flieſſe in mein innerſtes/ und durchtringe mein gantzes We-
ſen zu deinem ewigen Lob: aber damit du nicht von dieſer Ubung nachlaſſeſt/
will ich/ daß du wiſſeſt/ daß Chriſtus zu der Heil. Gertrud/ welche dieſe An-
muthungen betrachtete/ geſagt: ſo offt einer unter dem Eſſen und Trincken
dergleichen betrachten wird/ ſo offt will ich bekennen/ daß ich mit ihm gegeſſen
und getruncken/ und eine gar angenehme Erquickung von ihm empfangen
habe. Derohalben/ ſiehe/ lieber Bruder/ du weiß/ mit welcher wir GOTT
durch eine maͤſſige Erquickung eben ſo wohl gefallen koͤnnen/ als die heilige
Maͤnner/ durch die ſtrenge Enthaltung. Behalte ſie dann/ ſo wirſt du
ohne Zweiffel die Frucht deß Faſtens/ welchen die H. H. Vaͤtter oben ange-
deutet haben/ darvon tragen.
Der Andere Theil.
9. VBer dieſes/ welches nun gedacht worden/ ſeynd noch etliche andere
Weeg uͤbrig/ den Geſchmack abzutoͤdten/ welche ich nun herbey
ſetzen will/ damit wir darauß auch etliche Seelen-Fruͤchten abbre-
chen moͤgen. Derowegen/ wer ſich der Vollkommenheit befleiſſiget/ wann
er nicht nach Wunſch auß Schwachheit der Kraͤfften faſten kan/ der trach-
te nur ſich in dieſem zu maͤſſigen/ welches er ohne Schaden ſeiner Geſundheit
leiſten kan: dergleichen ſeynd/ ſich enthalten von den Nachſpeiſen/ Fruͤchten
und dergleichen Eßwahren/ welche mehr der Sinnligkeit/ als der Natur Not-
wendigkeit dienen. Gleich wie unſer Nicolaus Tolentinus gethan hat/ welcher
30. gantzer Jahr ſich gar enthaltẽ von allen Fruͤchten/ Milchſpeiſen und Nach-
Speiſen/ ja auch vom Fleiſch und Fiſchen; alſo hat ſich auch unſer ehrwuͤr-
diger Joannes von S. Guillielmo unter andern Ubungen den Geſchmack ab-
zutoͤdten von Fruͤchten enthalten. Wie ſehr aber ein ſolche Enthaltung Gott
angenehm ſeye/ wird auß dieſer Hiſtori abgenommen. Ein Einſidler von
groſſer Heiligkeit/ welcher gern verborgen zu ſeyn verlangete/ als er in die
Einoͤde der Bergen geflohen/ und auff dem Weg von dem Hunger beſchwe-
ret: die ſchoͤnſte Aepffel geſehen/ ſtritte in ſich/ ob er davon eſſen ſolte? und
nachdeme er erkennet/ daß er vielleicht weiters von der Speiß ſolt angelocket
werden/ hat er dieſelbe zu verſuchen verachtet: wegen welcher Wuͤrckung iſt
er von dem Engel GOttes erquickt/ und an ein Orth gefuͤhrt worden/ wo er
eine Wurtzel von wunderbahrer Suͤſſigkeit/ und einen Brunn von ſonder-
licher Annehmligkeit genoſſe. Wann alſo nur ein einige Wuͤrckung der Ab-
toͤdtung belohnet wird/ was fuͤr ein Lohn ſoll der nicht hoffen/ welcher ſich dem
Genuß der Fruͤchten gaͤntzlich beraubet.
Vita P. P.
Hiſtoria.
10. Die
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