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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die erste Geistliche Lection
tzel herrühret; also kombt alles von dem Grundvest deß Glaubens
her/ was eine Christliche Seel an Verdiensten und verlagten Glück-
seeligkeit immermehr erwerben kan. Darumb haben billich die H. H.
Vätter den Glauben der Sonnen verglichen: dann gleich wie alle
Geschöpffe der Welt ihr Licht von der Sonnen haben; also haben
übernatürliche Warheiten/ so dem Menschen seynd kundbar wor-
den/ von dieser Tugend deß Glaubens ihren Anfang. Ja/ was
noch mehr ist/ gleich wie alle Creaturen der Welt ihr Leben/ so viel
die Unterhaltung desselben betreffen thuet/ von der Sonnen empfan-
gen; also muß billich der Mensch so wohl den Anfang als auch den
Fortgang seines Geistlichen Lebens der vortrefflichen Tugend deß
Glaubens zuschreiben. So gar auch/ daß/ gleich wie alles Jrrdische
seine Zierde und Schönheit von dem Licht/ vermittelst der Sonnen
empfahet; also hat alles seine Vollkommenheit und Gnade bey
GOtt durch die Krafft deß Glaubens/ was der Mensch immer
wircket; Und endlich/ wie alles/ so der Sonnen unterworffen/
von derselben seine nöthige Hitze bekommet; also muß auch der Mensch
das Feur der Liebe und brennenden Eiffers von dem Glauben em-
pfangen.

2. Weiters ist dieser Glaub die jenige Säul deß Lichts/ wel-
che auß dem dunckelen AEgypten der Finsternuß und Jrrthumbs
den menschlichen Verstand als ein getreuer Führer heraus führet.
Diese ist im Tempel GOttes/ daß ist/ in einer jeden andächtigen
Seel/ die vornehmste Ampel/ und im geistlichen Firmament der-
jenige Morgen-Stern/ so den hell-scheinenden Tag der Gnaden
zum ersten verkündiget. Wie können dann die jenige anders als glück-
seelig geschätzet werden/ so von der Göttlichen Gütigkeit mit so gros-
ser und reicher Gaabe seynd begnädiget worden? daß aber nicht al-
len ein solche unvergleichliche Gnad widerfahre/ gibt uns gnugsamb
zu erkennen der Königliche Prophet/ mit diesen Worten: Deß-
Psalm.
147. v.

20.
gleichen hat Er keinem Volck gethan: und hat ih-
nen seine Gerichte nicht offenbahret.
Wie seynd wir der-
halben für alsolche Wolthat dem lieben GOtt unauffhörlich zu dan-
cken nicht verbunden/ daß wir vor so viel hundert tausend anderen
zum wahren Glauben beruffen worden? Lasset uns dahero für so-

thane

Die erſte Geiſtliche Lection
tzel herruͤhret; alſo kombt alles von dem Grundveſt deß Glaubens
her/ was eine Chriſtliche Seel an Verdienſten und verlagten Gluͤck-
ſeeligkeit immermehr erwerben kan. Darumb haben billich die H. H.
Vaͤtter den Glauben der Sonnen verglichen: dann gleich wie alle
Geſchoͤpffe der Welt ihr Licht von der Sonnen haben; alſo haben
uͤbernatuͤrliche Warheiten/ ſo dem Menſchen ſeynd kundbar wor-
den/ von dieſer Tugend deß Glaubens ihren Anfang. Ja/ was
noch mehr iſt/ gleich wie alle Creaturen der Welt ihr Leben/ ſo viel
die Unterhaltung deſſelben betreffen thuet/ von der Sonnen empfan-
gen; alſo muß billich der Menſch ſo wohl den Anfang als auch den
Fortgang ſeines Geiſtlichen Lebens der vortrefflichen Tugend deß
Glaubens zuſchreiben. So gar auch/ daß/ gleich wie alles Jrꝛdiſche
ſeine Zierde und Schoͤnheit von dem Licht/ vermittelſt der Sonnen
empfahet; alſo hat alles ſeine Vollkommenheit und Gnade bey
GOtt durch die Krafft deß Glaubens/ was der Menſch immer
wircket; Und endlich/ wie alles/ ſo der Sonnen unterworffen/
von derſelben ſeine noͤthige Hitze bekommet; alſo muß auch der Menſch
das Feur der Liebe und brennenden Eiffers von dem Glauben em-
pfangen.

2. Weiters iſt dieſer Glaub die jenige Saͤul deß Lichts/ wel-
che auß dem dunckelen Ægypten der Finſternuß und Jrrthumbs
den menſchlichen Verſtand als ein getreuer Fuͤhrer heraus fuͤhret.
Dieſe iſt im Tempel GOttes/ daß iſt/ in einer jeden andaͤchtigen
Seel/ die vornehmſte Ampel/ und im geiſtlichen Firmament der-
jenige Morgen-Stern/ ſo den hell-ſcheinenden Tag der Gnaden
zum erſten verkuͤndiget. Wie koͤnnen dann die jenige anders als gluͤck-
ſeelig geſchaͤtzet werden/ ſo von der Goͤttlichen Guͤtigkeit mit ſo groſ-
ſer und reicher Gaabe ſeynd begnaͤdiget worden? daß aber nicht al-
len ein ſolche unvergleichliche Gnad widerfahre/ gibt uns gnugſamb
zu erkennen der Koͤnigliche Prophet/ mit dieſen Worten: Deß-
Pſalm.
147. v.

20.
gleichen hat Er keinem Volck gethan: und hat ih-
nen ſeine Gerichte nicht offenbahret.
Wie ſeynd wir der-
halben fuͤr alſolche Wolthat dem lieben GOtt unauffhoͤrlich zu dan-
cken nicht verbunden/ daß wir vor ſo viel hundert tauſend anderen
zum wahren Glauben beruffen worden? Laſſet uns dahero fuͤr ſo-

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[2/0030] Die erſte Geiſtliche Lection tzel herruͤhret; alſo kombt alles von dem Grundveſt deß Glaubens her/ was eine Chriſtliche Seel an Verdienſten und verlagten Gluͤck- ſeeligkeit immermehr erwerben kan. Darumb haben billich die H. H. Vaͤtter den Glauben der Sonnen verglichen: dann gleich wie alle Geſchoͤpffe der Welt ihr Licht von der Sonnen haben; alſo haben uͤbernatuͤrliche Warheiten/ ſo dem Menſchen ſeynd kundbar wor- den/ von dieſer Tugend deß Glaubens ihren Anfang. Ja/ was noch mehr iſt/ gleich wie alle Creaturen der Welt ihr Leben/ ſo viel die Unterhaltung deſſelben betreffen thuet/ von der Sonnen empfan- gen; alſo muß billich der Menſch ſo wohl den Anfang als auch den Fortgang ſeines Geiſtlichen Lebens der vortrefflichen Tugend deß Glaubens zuſchreiben. So gar auch/ daß/ gleich wie alles Jrꝛdiſche ſeine Zierde und Schoͤnheit von dem Licht/ vermittelſt der Sonnen empfahet; alſo hat alles ſeine Vollkommenheit und Gnade bey GOtt durch die Krafft deß Glaubens/ was der Menſch immer wircket; Und endlich/ wie alles/ ſo der Sonnen unterworffen/ von derſelben ſeine noͤthige Hitze bekommet; alſo muß auch der Menſch das Feur der Liebe und brennenden Eiffers von dem Glauben em- pfangen. 2. Weiters iſt dieſer Glaub die jenige Saͤul deß Lichts/ wel- che auß dem dunckelen Ægypten der Finſternuß und Jrrthumbs den menſchlichen Verſtand als ein getreuer Fuͤhrer heraus fuͤhret. Dieſe iſt im Tempel GOttes/ daß iſt/ in einer jeden andaͤchtigen Seel/ die vornehmſte Ampel/ und im geiſtlichen Firmament der- jenige Morgen-Stern/ ſo den hell-ſcheinenden Tag der Gnaden zum erſten verkuͤndiget. Wie koͤnnen dann die jenige anders als gluͤck- ſeelig geſchaͤtzet werden/ ſo von der Goͤttlichen Guͤtigkeit mit ſo groſ- ſer und reicher Gaabe ſeynd begnaͤdiget worden? daß aber nicht al- len ein ſolche unvergleichliche Gnad widerfahre/ gibt uns gnugſamb zu erkennen der Koͤnigliche Prophet/ mit dieſen Worten: Deß- gleichen hat Er keinem Volck gethan: und hat ih- nen ſeine Gerichte nicht offenbahret. Wie ſeynd wir der- halben fuͤr alſolche Wolthat dem lieben GOtt unauffhoͤrlich zu dan- cken nicht verbunden/ daß wir vor ſo viel hundert tauſend anderen zum wahren Glauben beruffen worden? Laſſet uns dahero fuͤr ſo- thane Pſalm. 147. v. 20.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/30>, abgerufen am 19.04.2024.