Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Achtzehende Geistliche Lection wolte. Und siehe/ ehe diese H. Jungfrau gebetten/ ware der Himmel gantzhell und schön; nach geschehenem Gebett aber erhebt sich ein so urplötzliches und erschreckliches Ungewetter mit Donnern und Blitzen/ das weder der H. Benedictus/ weder seine Gesellen einen Fuß ausser dem Hauß zu setzen wer- möget. Nachdem nun der Heil. Mann gleich vermercket/ daß auff seiner Schwester Gebett dieses ungestümme Wetter so unvermuthlich eingefallen/ beklagte er sich dieserthalben bey derselben alsbald mit aller Höfflig- und Freundligkeit/ und sagte: der allmächtige GOtt verzeyhe dir solches/ mei- ne Schwester/ was hastu gethan? Sie aber gabe zur Antwort: Jch hab dich gebetten/ Bruder/ und du hast mich nicht wollen erhören; nun hab ich GOtt gebetten/ und der hat mich erhöret. Nun gehe du wiederum nach deinem Kloster/ wann du kanst. Also haben diese beyde Heilige die Nachtin geistlichen Gesprächen zugebracht/ und ein jeder ist mit anbrechen- dem Tag nach seinem Kloster wiederumb zurück gekehret. 8. Hierauß erscheinet gnugsamb/ daß die geistliche Gespräch dem lieben gen
Die Achtzehende Geiſtliche Lection wolte. Und ſiehe/ ehe dieſe H. Jungfrau gebetten/ ware der Himmel gantzhell und ſchoͤn; nach geſchehenem Gebett aber erhebt ſich ein ſo urploͤtzliches und erſchreckliches Ungewetter mit Donnern und Blitzen/ das weder der H. Benedictus/ weder ſeine Geſellen einen Fuß auſſer dem Hauß zu ſetzen wer- moͤget. Nachdem nun der Heil. Mann gleich vermercket/ daß auff ſeiner Schweſter Gebett dieſes ungeſtuͤmme Wetter ſo unvermuthlich eingefallen/ beklagte er ſich dieſerthalben bey derſelben alsbald mit aller Hoͤfflig- und Freundligkeit/ und ſagte: der allmaͤchtige GOtt verzeyhe dir ſolches/ mei- ne Schweſter/ was haſtu gethan? Sie aber gabe zur Antwort: Jch hab dich gebetten/ Bruder/ und du haſt mich nicht wollen erhoͤren; nun hab ich GOtt gebetten/ und der hat mich erhoͤret. Nun gehe du wiederum nach deinem Kloſter/ wann du kanſt. Alſo haben dieſe beyde Heilige die Nachtin geiſtlichen Geſpraͤchen zugebracht/ und ein jeder iſt mit anbrechen- dem Tag nach ſeinem Kloſter wiederumb zuruͤck gekehret. 8. Hierauß erſcheinet gnugſamb/ daß die geiſtliche Geſpraͤch dem lieben gen
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Die Achtzehende Geiſtliche Lection
wolte. Und ſiehe/ ehe dieſe H. Jungfrau gebetten/ ware der Himmel gantz
hell und ſchoͤn; nach geſchehenem Gebett aber erhebt ſich ein ſo urploͤtzliches
und erſchreckliches Ungewetter mit Donnern und Blitzen/ das weder der H.
Benedictus/ weder ſeine Geſellen einen Fuß auſſer dem Hauß zu ſetzen wer-
moͤget. Nachdem nun der Heil. Mann gleich vermercket/ daß auff ſeiner
Schweſter Gebett dieſes ungeſtuͤmme Wetter ſo unvermuthlich eingefallen/
beklagte er ſich dieſerthalben bey derſelben alsbald mit aller Hoͤfflig- und
Freundligkeit/ und ſagte: der allmaͤchtige GOtt verzeyhe dir ſolches/ mei-
ne Schweſter/ was haſtu gethan? Sie aber gabe zur Antwort: Jch
hab dich gebetten/ Bruder/ und du haſt mich nicht wollen erhoͤren; nun
hab ich GOtt gebetten/ und der hat mich erhoͤret. Nun gehe du wiederum
nach deinem Kloſter/ wann du kanſt. Alſo haben dieſe beyde Heilige die
Nachtin geiſtlichen Geſpraͤchen zugebracht/ und ein jeder iſt mit anbrechen-
dem Tag nach ſeinem Kloſter wiederumb zuruͤck gekehret.
8. Hierauß erſcheinet gnugſamb/ daß die geiſtliche Geſpraͤch dem lieben
GOtt ſehr angenehm ſeyen; wie aber hergegen demſelbigen und deſſen himm-
liſchen Bottſchafftern die eitele und muͤſſige Reden zuwider ſeyen/ lehret
uns die folgende Hiſtori. Ein ſicherer Gott-ſeeliger alter Kloſter-Geiſt-
liche iſt von GOtt begnaͤdiget geweſen/ daß er hat ſehen koͤnnen/ was andern
zu ſchen nicht zugelaſſen geweſen: unter dieſem hat er auch einsmals geſe-
hen/ daß/ da viele ſeiner geiſtlichen Mit-Bruͤder beyſammen geſeſſen/ und
von der H. Schrifft beylſame Diſcurſen gefuͤhret/ die H. H. Engelen
GOttes unter ihnen geſtanden/ ſie mit Freuden angeſehen/ und uͤber ihr Ge-
ſpraͤch ein ſonderbahres Wohlgefallen erzeigt haben. So bald die gemeldte
Bruͤder aber von weltlichen Sachen zu reden angefangen/ ſeynd die Engel
mit einem Widerwillen und Abſcheuen von ihnen gewichen; an deren Platz
viele garſtige Schwein zu dieſer Geſellſchafft getretten/ und ſich mitten un-
ter ihnen geweltzet. Nach dieſem iſt der fromme Alte nach ſeiner Cellen hin-
gangen/ und hat die gantze Nacht mit immerwehrendem Seuffzen und
Weinen die groſſe Armſeeligkeit der Geiſtlichen beklaget; und hat nach-
mahln nicht unterlaſſen; ſeine Mit-Bruͤder zu ermahnen/ daß ſie von dem
eitelen Geſchwaͤtz ſich mit allem Ernſt enthalten ſolten. Kein Wunder
iſts aber/ daß die H. H. Engel den geiſtlichen Geſpraͤchen ſich gern beygeſel-
len/ in dem Chriſtus ſelbſt bey dieſen in ſichbarlicher Geſtalt erſchienen iſt.
Dahero der heilige Franciſcus ſeine geiſtliche Kinder oͤffters zum geiſtli-
chen Geſpraͤch zu beruffen pflegte; wodurch er auch neben andern
dieſes erlanget hat/ das CHRJSTUS einsmahls in Geſtalt
eines ſchoͤnen Juͤnglings ſich unter ihnen hat ſehen laſſen/ und ſelbi-
gen
Hiſtoria.
Vit. P. P.
p. 2. c. 35.
Chron.
p. 1. c. 10.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/260>, abgerufen am 16.07.2024. |