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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Ehrgeitz.
keit: siehe/ Herr/ dieser Udo ist kein Bischoff/ sondern ein Wolff/ kein Hirt/
sondern ein Räuber und Schlächter seiner Schaffen: dieser ist der jenige/ dem
deine werteste Mutter die verlangte Wissenschafft gegeben/ und diese Kirch
anbefohlen/ und geweissaget hat; wan du wol wirst leben/ so wird dir das ewige
Leben zu theil werden; wirst du aber übel Hauß halten/ so wirst du an Leib und
Seel sterben: dieser Bößwicht hat alle heylsame Ermahnungen verachtet; diese
und andere Kirchen entheiliget/ und gleichsamb vernichtiget; ja so gar/ er hat
deine dir vermählte geistliche Braut geschändet; derhalben laß ihn/ O Herr
erfahren deine Gerechtigkeit: auff solche gethane rechtmässige Anklag/ hat der
göttliche Richter seine Heilige angeschen/ und gesagt: was gedüncket euch von
diesem? der oben gemeldte Fechter aber hat mit harter Stimm geruffen: er
ist deß Todts schüldig: er hat den Kopff zu verliehren verdienet/ spricht der
Richter/ weilen er ohne Haubt im Wust gelebt/ und verfaulet ist: und siehe/
da nun der offt erwehnte Fechter den Armb zum Streich erhoben/ ruffet ei-
ner von den umb stehenden demselben mit diesen Worten zu: halte ein deine
Hand so lang/ biß die Heiligthumbe von ihm genommen seynd: hierauff ist
der unglückselige Udo vielmahl auff den Halß geschlagen worden/ und zu
jedem Schlag ist eine besudlete Hostia auß dem Mund in einen darzu berei-
teten Kelch gefallen; welche CHristus alle außgenommen/ gewaschen/ und in
einem Kelch auff den Altar gesetzt/ und also mit sämptlicher heiligen Schaar
zurück gewichen; und nachdem der obige Fechter dem armseligen Bischoff
den Kopff hat abgeschlagen/ ist die gantze Versamblung verschwunden.

Der obgedachte Canonicus von diesem grausamen Spectacul gantz er-
stummet/ hat in der Klufften der Kirchen Fewer gefunden/ worvon er die
erloschene Ampelen entzündet; und da er zu dem Orth deß Gerichts kom-
men/ hat er den Kelch mit den Hostien auff dem Altar/ den todten Leib weit
von dem Kopff hinweg geworffen/ und das Pflaster mit dem Blut benetzet
gesehen und mit möglicher Stimm geruffen: O trauriges Schauspiel! O
grosses Wunderwerck! O unerhörtes Gericht! O wie schröcklich ist es/
in die Hände des lebendigen GOttes zu fallen! hierauff hat er alle Thüren
der Kirchen fürsichtiglich geschlossen/ und die fürnehmste Geistliche und
Weltliche zusammen beruffen/ und hat die Thür wiederumb auffgeschlossen/
und ihnen den Ertz - Bischoff Udonem ein seinem Blut erblichen gezeiget/
und alles was er gesehen/ ordentlich erzehlet.

Selbigen Tags aber hat einer von seinen Capellanen Nahmens Bruno/
nach gethaner Verrichtung seiner Commission, und vorauß geschickten sei-
nen Dienern/ wiederumb nach der Statt zu kehren sich bemühet; ist aber

auff
U

Von dem Ehrgeitz.
keit: ſiehe/ Herr/ dieſer Udo iſt kein Biſchoff/ ſondern ein Wolff/ kein Hirt/
ſondern ein Raͤuber und Schlaͤchter ſeiner Schaffen: dieſer iſt der jenige/ dem
deine werteſte Mutter die verlangte Wiſſenſchafft gegeben/ und dieſe Kirch
anbefohlẽ/ und geweiſſaget hat; wan du wol wirſt leben/ ſo wird dir das ewige
Leben zu theil werden; wirſt du aber uͤbel Hauß halten/ ſo wirſt du an Leib und
Seel ſterben: dieſer Boͤßwicht hat alle heylſame Ermahnungen verachtet; dieſe
und andere Kirchen entheiliget/ und gleichſamb vernichtiget; ja ſo gar/ er hat
deine dir vermaͤhlte geiſtliche Braut geſchaͤndet; derhalben laß ihn/ O Herr
erfahren deine Gerechtigkeit: auff ſolche gethane rechtmaͤſſige Anklag/ hat der
goͤttliche Richter ſeine Heilige angeſchen/ und geſagt: was geduͤncket euch von
dieſem? der oben gemeldte Fechter aber hat mit harter Stimm geruffen: er
iſt deß Todts ſchuͤldig: er hat den Kopff zu verliehren verdienet/ ſpricht der
Richter/ weilen er ohne Haubt im Wuſt gelebt/ und verfaulet iſt: und ſiehe/
da nun der offt erwehnte Fechter den Armb zum Streich erhoben/ ruffet ei-
ner von den umb ſtehenden demſelben mit dieſen Worten zu: halte ein deine
Hand ſo lang/ biß die Heiligthumbe von ihm genommen ſeynd: hierauff iſt
der ungluͤckſelige Udo vielmahl auff den Halß geſchlagen worden/ und zu
jedem Schlag iſt eine beſudlete Hoſtia auß dem Mund in einen darzu berei-
teten Kelch gefallen; welche CHriſtus alle außgenommen/ gewaſchen/ und in
einem Kelch auff den Altar geſetzt/ und alſo mit ſaͤmptlicher heiligen Schaar
zuruͤck gewichen; und nachdem der obige Fechter dem armſeligen Biſchoff
den Kopff hat abgeſchlagen/ iſt die gantze Verſamblung verſchwunden.

Der obgedachte Canonicus von dieſem grauſamen Spectacul gantz er-
ſtummet/ hat in der Klufften der Kirchen Fewer gefunden/ worvon er die
erloſchene Ampelen entzuͤndet; und da er zu dem Orth deß Gerichts kom-
men/ hat er den Kelch mit den Hoſtien auff dem Altar/ den todten Leib weit
von dem Kopff hinweg geworffen/ und das Pflaſter mit dem Blut benetzet
geſehen und mit moͤglicher Stimm geruffen: O trauriges Schauſpiel! O
groſſes Wunderwerck! O unerhoͤrtes Gericht! O wie ſchroͤcklich iſt es/
in die Haͤnde des lebendigen GOttes zu fallen! hierauff hat er alle Thuͤren
der Kirchen fuͤrſichtiglich geſchloſſen/ und die fuͤrnehmſte Geiſtliche und
Weltliche zuſammen beruffen/ und hat die Thuͤr wiederumb auffgeſchloſſen/
und ihnen den Ertz - Biſchoff Udonem ein ſeinem Blut erblichen gezeiget/
und alles was er geſehen/ ordentlich erzehlet.

Selbigen Tags aber hat einer von ſeinen Capellanen Nahmens Bruno/
nach gethaner Verrichtung ſeiner Commiſſion, und vorauß geſchickten ſei-
nen Dienern/ wiederumb nach der Statt zu kehren ſich bemuͤhet; iſt aber

auff
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[153/0181] Von dem Ehrgeitz. keit: ſiehe/ Herr/ dieſer Udo iſt kein Biſchoff/ ſondern ein Wolff/ kein Hirt/ ſondern ein Raͤuber und Schlaͤchter ſeiner Schaffen: dieſer iſt der jenige/ dem deine werteſte Mutter die verlangte Wiſſenſchafft gegeben/ und dieſe Kirch anbefohlẽ/ und geweiſſaget hat; wan du wol wirſt leben/ ſo wird dir das ewige Leben zu theil werden; wirſt du aber uͤbel Hauß halten/ ſo wirſt du an Leib und Seel ſterben: dieſer Boͤßwicht hat alle heylſame Ermahnungen verachtet; dieſe und andere Kirchen entheiliget/ und gleichſamb vernichtiget; ja ſo gar/ er hat deine dir vermaͤhlte geiſtliche Braut geſchaͤndet; derhalben laß ihn/ O Herr erfahren deine Gerechtigkeit: auff ſolche gethane rechtmaͤſſige Anklag/ hat der goͤttliche Richter ſeine Heilige angeſchen/ und geſagt: was geduͤncket euch von dieſem? der oben gemeldte Fechter aber hat mit harter Stimm geruffen: er iſt deß Todts ſchuͤldig: er hat den Kopff zu verliehren verdienet/ ſpricht der Richter/ weilen er ohne Haubt im Wuſt gelebt/ und verfaulet iſt: und ſiehe/ da nun der offt erwehnte Fechter den Armb zum Streich erhoben/ ruffet ei- ner von den umb ſtehenden demſelben mit dieſen Worten zu: halte ein deine Hand ſo lang/ biß die Heiligthumbe von ihm genommen ſeynd: hierauff iſt der ungluͤckſelige Udo vielmahl auff den Halß geſchlagen worden/ und zu jedem Schlag iſt eine beſudlete Hoſtia auß dem Mund in einen darzu berei- teten Kelch gefallen; welche CHriſtus alle außgenommen/ gewaſchen/ und in einem Kelch auff den Altar geſetzt/ und alſo mit ſaͤmptlicher heiligen Schaar zuruͤck gewichen; und nachdem der obige Fechter dem armſeligen Biſchoff den Kopff hat abgeſchlagen/ iſt die gantze Verſamblung verſchwunden. Der obgedachte Canonicus von dieſem grauſamen Spectacul gantz er- ſtummet/ hat in der Klufften der Kirchen Fewer gefunden/ worvon er die erloſchene Ampelen entzuͤndet; und da er zu dem Orth deß Gerichts kom- men/ hat er den Kelch mit den Hoſtien auff dem Altar/ den todten Leib weit von dem Kopff hinweg geworffen/ und das Pflaſter mit dem Blut benetzet geſehen und mit moͤglicher Stimm geruffen: O trauriges Schauſpiel! O groſſes Wunderwerck! O unerhoͤrtes Gericht! O wie ſchroͤcklich iſt es/ in die Haͤnde des lebendigen GOttes zu fallen! hierauff hat er alle Thuͤren der Kirchen fuͤrſichtiglich geſchloſſen/ und die fuͤrnehmſte Geiſtliche und Weltliche zuſammen beruffen/ und hat die Thuͤr wiederumb auffgeſchloſſen/ und ihnen den Ertz - Biſchoff Udonem ein ſeinem Blut erblichen gezeiget/ und alles was er geſehen/ ordentlich erzehlet. Selbigen Tags aber hat einer von ſeinen Capellanen Nahmens Bruno/ nach gethaner Verrichtung ſeiner Commiſſion, und vorauß geſchickten ſei- nen Dienern/ wiederumb nach der Statt zu kehren ſich bemuͤhet; iſt aber auff U

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/181>, abgerufen am 25.04.2024.