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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Hoffart.
li hat zugetragen: diesem wurden von seinem Vatter Flügeln angeklebt/ wur-
de aber auch zugleich von selbigem gewarnet/ er solte nicht zu hoch fliegen:
weil nun der Sohndieser Wahrnung zu widergelebt und zu hoch gepflogen/
als seynd sothane Flügeln von Hitze der Sonnen erweichet/ er aber ins Meer
gefallen. Daher der Poet also singet:

Weil Jcarus im Fluch zu hoche kommet/Ovid. 1.
Trist.
Sturtzt er ins Wasser und versauffet;
Dahero er biß auff diese Stunde
Mit seinem Nahm das Wasser tauffet.

Es sehe sich derhalben ein jeder vor/ damit er nicht/ wann fast einige Tugen-
den erworben hat/ zu hoch fliege/ und also gesturtzet werde: dann es pflegt
vielmahl den jenigen/ so lange Zeit in steter Ubung der Tugenden haben zuge-
bracht/ zu widerfahren/ was dem hertzhafften Eleazaro begegnet; von demL. 1. c. 6. v.
43.

das erste Buch der Machabäer also schreibet: Und Eleazar sahe eins von den
Thieren/ so mit deß Königs Pantzer bedeckt war: und er ließ sich beduncken/
daß der König dar auff ware; und er gab sich dahin/ sein Volck zu erlösen;
und er lieff kühnlich zu dem Thier mitten unter den Hauffen/ erschlug den
Feind zur Reehten und zur Lincken/ daß sie vor ihm auff beyden Seiten da-
hin fielen: und er trang sich dem Elephanten an die Füß/ gab sich unter ihn/
und tödtet ihn: und der Elephant fiel auff ihn zur Erden/ und er starb da-
selbst. So ist dann (wie der H. Ambrosius darvon redet; dieser Kriegs-
Held unter seinen Sieg begraben worden. Ein Sach/ die billig zu ver-
wundern ist. Es gehet aber offtmahlen mit uns auch so her; die wir auff
dem Felde dieser Welt unser Läger geschlagen/ und mit den Lastern zu krie-
gen haben. Der erste und gefährlichste Angriff bestehet in diesem; daß wir
den Elephanten unsers Fleisches zu Boden werffen Wehe aber uns arm-
seeligen Menschen! wie offt werden wir von dem Sieg selbsten unterdrucket/
indem wir unter denselben fallen/ und mit ihm zu Grund gehen? Durch
Fasten/ Wachen und andere Buß-Wercken halten wir das widerspennige
Fleisch im Zaum; wann wir aber den Hochmuth nicht verlassen/ so werden
wir von dem Sieg selbsten erschlagen/ und indem wir glückliche Obsieger
seynd/ werden dannoch als solche schändlich überwunden.

3. Solcher massen hat überwunden/ und ist überwunden worden
ein sicherer Geistlicher/ welcher nach Erzehlung deß heiligen Macarii/
nach getödteten Laster-Feinden/ also im Geist hat zugenommen; daß
er auch in währendem Gebett vermittelst der Krafft GOTTES der-

gestalt
R 3

Von der Hoffart.
li hat zugetragen: dieſem wurden von ſeinem Vatter Fluͤgeln angeklebt/ wur-
de aber auch zugleich von ſelbigem gewarnet/ er ſolte nicht zu hoch fliegen:
weil nun der Sohndieſer Wahrnung zu widergelebt und zu hoch gepflogen/
als ſeynd ſothane Fluͤgeln von Hitze der Sonnen erweichet/ er aber ins Meer
gefallen. Daher der Poet alſo ſinget:

Weil Jcarus im Fluch zu hoche kommet/Ovid. 1.
Triſt.
Stůrtzt er ins Waſſer und verſauffet;
Dahero er biß auff dieſe Stunde
Mit ſeinem Nahm das Waſſer tauffet.

Es ſehe ſich derhalben ein jeder vor/ damit er nicht/ wann faſt einige Tugen-
den erworben hat/ zu hoch fliege/ und alſo geſtůrtzet werde: dann es pflegt
vielmahl den jenigen/ ſo lange Zeit in ſteter Ubung der Tugenden haben zuge-
bracht/ zu widerfahren/ was dem hertzhafften Eleazaro begegnet; von demL. 1. c. 6. v.
43.

das erſte Buch der Machabaͤer alſo ſchreibet: Und Eleazar ſahe eins von den
Thieren/ ſo mit deß Koͤnigs Pantzer bedeckt war: und er ließ ſich beduncken/
daß der Koͤnig dar auff ware; und er gab ſich dahin/ ſein Volck zu erloͤſen;
und er lieff kuͤhnlich zu dem Thier mitten unter den Hauffen/ erſchlug den
Feind zur Reehten und zur Lincken/ daß ſie vor ihm auff beyden Seiten da-
hin fielen: und er trang ſich dem Elephanten an die Fuͤß/ gab ſich unter ihn/
und toͤdtet ihn: und der Elephant fiel auff ihn zur Erden/ und er ſtarb da-
ſelbſt. So iſt dann (wie der H. Ambroſius darvon redet; dieſer Kriegs-
Held unter ſeinen Sieg begraben worden. Ein Sach/ die billig zu ver-
wundern iſt. Es gehet aber offtmahlen mit uns auch ſo her; die wir auff
dem Felde dieſer Welt unſer Laͤger geſchlagen/ und mit den Laſtern zu krie-
gen haben. Der erſte und gefaͤhrlichſte Angriff beſtehet in dieſem; daß wir
den Elephanten unſers Fleiſches zu Boden werffen Wehe aber uns arm-
ſeeligen Menſchen! wie offt werden wir von dem Sieg ſelbſten unterdrucket/
indem wir unter denſelben fallen/ und mit ihm zu Grund gehen? Durch
Faſten/ Wachen und andere Buß-Wercken halten wir das widerſpennige
Fleiſch im Zaum; wann wir aber den Hochmuth nicht verlaſſen/ ſo werden
wir von dem Sieg ſelbſten erſchlagen/ und indem wir gluͤckliche Obſieger
ſeynd/ werden dannoch als ſolche ſchaͤndlich uͤberwunden.

3. Solcher maſſen hat uͤberwunden/ und iſt uͤberwunden worden
ein ſicherer Geiſtlicher/ welcher nach Erzehlung deß heiligen Macarii/
nach getoͤdteten Laſter-Feinden/ alſo im Geiſt hat zugenommen; daß
er auch in waͤhrendem Gebett vermittelſt der Krafft GOTTES der-

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[133/0161] Von der Hoffart. li hat zugetragen: dieſem wurden von ſeinem Vatter Fluͤgeln angeklebt/ wur- de aber auch zugleich von ſelbigem gewarnet/ er ſolte nicht zu hoch fliegen: weil nun der Sohndieſer Wahrnung zu widergelebt und zu hoch gepflogen/ als ſeynd ſothane Fluͤgeln von Hitze der Sonnen erweichet/ er aber ins Meer gefallen. Daher der Poet alſo ſinget: Weil Jcarus im Fluch zu hoche kommet/ Stůrtzt er ins Waſſer und verſauffet; Dahero er biß auff dieſe Stunde Mit ſeinem Nahm das Waſſer tauffet. Es ſehe ſich derhalben ein jeder vor/ damit er nicht/ wann faſt einige Tugen- den erworben hat/ zu hoch fliege/ und alſo geſtůrtzet werde: dann es pflegt vielmahl den jenigen/ ſo lange Zeit in ſteter Ubung der Tugenden haben zuge- bracht/ zu widerfahren/ was dem hertzhafften Eleazaro begegnet; von dem das erſte Buch der Machabaͤer alſo ſchreibet: Und Eleazar ſahe eins von den Thieren/ ſo mit deß Koͤnigs Pantzer bedeckt war: und er ließ ſich beduncken/ daß der Koͤnig dar auff ware; und er gab ſich dahin/ ſein Volck zu erloͤſen; und er lieff kuͤhnlich zu dem Thier mitten unter den Hauffen/ erſchlug den Feind zur Reehten und zur Lincken/ daß ſie vor ihm auff beyden Seiten da- hin fielen: und er trang ſich dem Elephanten an die Fuͤß/ gab ſich unter ihn/ und toͤdtet ihn: und der Elephant fiel auff ihn zur Erden/ und er ſtarb da- ſelbſt. So iſt dann (wie der H. Ambroſius darvon redet; dieſer Kriegs- Held unter ſeinen Sieg begraben worden. Ein Sach/ die billig zu ver- wundern iſt. Es gehet aber offtmahlen mit uns auch ſo her; die wir auff dem Felde dieſer Welt unſer Laͤger geſchlagen/ und mit den Laſtern zu krie- gen haben. Der erſte und gefaͤhrlichſte Angriff beſtehet in dieſem; daß wir den Elephanten unſers Fleiſches zu Boden werffen Wehe aber uns arm- ſeeligen Menſchen! wie offt werden wir von dem Sieg ſelbſten unterdrucket/ indem wir unter denſelben fallen/ und mit ihm zu Grund gehen? Durch Faſten/ Wachen und andere Buß-Wercken halten wir das widerſpennige Fleiſch im Zaum; wann wir aber den Hochmuth nicht verlaſſen/ ſo werden wir von dem Sieg ſelbſten erſchlagen/ und indem wir gluͤckliche Obſieger ſeynd/ werden dannoch als ſolche ſchaͤndlich uͤberwunden. L. 1. c. 6. v. 43. 3. Solcher maſſen hat uͤberwunden/ und iſt uͤberwunden worden ein ſicherer Geiſtlicher/ welcher nach Erzehlung deß heiligen Macarii/ nach getoͤdteten Laſter-Feinden/ alſo im Geiſt hat zugenommen; daß er auch in waͤhrendem Gebett vermittelſt der Krafft GOTTES der- geſtalt R 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/161>, abgerufen am 28.11.2024.