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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem freventlichen Vrtheil.
Ubels in seinen Wercken wäre/ wann er nicht so allmächtig und gut wäre/
daß er auch gutes thäte durch das Böse. Daß diesem aber also seye/ dieses
sehen wir clärlich an dem Fürsten der Apostelen dem H. Petro; an dem E-
vangelist Matthäo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern
Sündern und Sünderinnen; die/ welche/ wann sie einmahl gefallen waren/
würden auch GOtt nicht so angenehm gewesen/ und annebeus viele hundert
andere hätten sich unfehlbar in das ewige Verderben gestürtzet; so doch der
fallende und Buß-fertige Petrus sambt vielen andern Büssenden auffgerich-
tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge-
schickt hat.

15. Weiters/ ob schon die Sünden/ so von den Gottlosen begangen wer-
den/ ihnen nicht zum Nutzen außschlagen; so geschehen sie nichtsdestoweni-
ger zum Besten der Außerwählten: dann gleich wie die natürliche Ubeleu/
nach Zeugnuß deß H. Thomä/ so insgesambt geschehen/ nicht allezeit ver-Sup. c. 8.
Epist. ad
Rom.
lect.
6.

ordnet zum Besten der jenigen/ denen sie widerfahren; aber doch wohl zum
Besten der sämbtlichen: also wird das Ubel der Schuld/ oder die Zulas-
sung dessen nicht allezeit erwählet deme zum Besten/ dem die Sünd wird zu-
gelassen; aber doch wohl zum Besten der edelesten Theilen der sämbtlichen/
das ist/ den Außerwählten. Nach dieser vorgesetzter unfehlbarn Lehr/ las-
set uns nun sehen/ was für ein grosse Bößheit seye/ daß/ so bald man einen
siehet sündigen/ alsdan denselbigen unrechtfertiger Weiß richte; absonder-
lich weilen man nicht/ ob der sündige Mensch zu der Zahl deren von GOtt
zur Seeligkeit verordneten/ oder zu der Zahl der Verdambten gehöre. Jst
er unter den verordneten; so ist gewiß/ daß die begangene Sünde ihme wird
gereichen zu mehreren Besten seiner Seelen. Gehört aber der Sünder un-
ler die Gottlose und Verworffene; so ist ausser allem Zweyffel/ daß die Sün-
de desselben zum Nutzen der Außerwälten gedeyhen werde. Ob wir uns
nun wenden zu den Außerwählten oder zu den verworffenen; wir sehen al-
lenthalben/ daß der gütige GOtt ihre sämbtliche Ubele zum besten [E]nd auß-
schlagen lasse. Was kan derowegen billiger erdacht werden/ als sothanes
Urtheil Dieser Ursachen halber hat der H. Raymundus unter andern Hin-
terlassenschafften auch an Statt eines Testaments seine Geistliche Kinder
sonderbahr ermahnet; daß sie die Tage ihres Lebens niemand solten Urtheilen:
und hat hinzugesetzt/ daß es nöthig seye zu Erhaltung einer wahren Reinig-
keit deß Hertzens/ daß man in allen Sachen den Willen GOttes bcobachte/
welcher zu einem ersprießlichen Ziehl und Ende alles zulasset.

16. Damit

Von dem freventlichen Vrtheil.
Ubels in ſeinen Wercken waͤre/ wann er nicht ſo allmaͤchtig und gut waͤre/
daß er auch gutes thaͤte durch das Boͤſe. Daß dieſem aber alſo ſeye/ dieſes
ſehen wir claͤrlich an dem Fuͤrſten der Apoſtelen dem H. Petro; an dem E-
vangeliſt Matthaͤo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern
Suͤndern und Suͤnderinnen; die/ welche/ wann ſie einmahl gefallen waren/
wuͤrden auch GOtt nicht ſo angenehm geweſen/ und annebeus viele hundert
andere haͤtten ſich unfehlbar in das ewige Verderben geſtuͤrtzet; ſo doch der
fallende und Buß-fertige Petrus ſambt vielen andern Buͤſſenden auffgerich-
tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge-
ſchickt hat.

15. Weiters/ ob ſchon die Suͤnden/ ſo von den Gottloſen begangen wer-
den/ ihnen nicht zum Nutzen außſchlagen; ſo geſchehen ſie nichtsdeſtoweni-
ger zum Beſten der Außerwaͤhlten: dann gleich wie die natuͤrliche Ubeleu/
nach Zeugnuß deß H. Thomaͤ/ ſo insgeſambt geſchehen/ nicht allezeit ver-Sup. c. 8.
Epiſt. ad
Rom.
lect.
6.

ordnet zum Beſten der jenigen/ denen ſie widerfahren; aber doch wohl zum
Beſten der ſaͤmbtlichen: alſo wird das Ubel der Schuld/ oder die Zulaſ-
ſung deſſen nicht allezeit erwaͤhlet deme zum Beſten/ dem die Suͤnd wird zu-
gelaſſen; aber doch wohl zum Beſten der edeleſten Theilen der ſaͤmbtlichen/
das iſt/ den Außerwaͤhlten. Nach dieſer vorgeſetzter unfehlbarn Lehr/ laſ-
ſet uns nun ſehen/ was fuͤr ein groſſe Boͤßheit ſeye/ daß/ ſo bald man einen
ſiehet ſuͤndigen/ alsdan denſelbigen unrechtfertiger Weiß richte; abſonder-
lich weilen man nicht/ ob der ſuͤndige Menſch zu der Zahl deren von GOtt
zur Seeligkeit verordneten/ oder zu der Zahl der Verdambten gehoͤre. Jſt
er unter den verordneten; ſo iſt gewiß/ daß die begangene Suͤnde ihme wird
gereichen zu mehreren Beſten ſeiner Seelen. Gehoͤrt aber der Suͤnder un-
ler die Gottloſe und Verworffene; ſo iſt auſſer allem Zweyffel/ daß die Suͤn-
de deſſelben zum Nutzen der Außerwaͤlten gedeyhen werde. Ob wir uns
nun wenden zu den Außerwaͤhlten oder zu den verworffenen; wir ſehen al-
lenthalben/ daß der guͤtige GOtt ihre ſaͤmbtliche Ubele zum beſten [E]nd auß-
ſchlagen laſſe. Was kan derowegen billiger erdacht werden/ als ſothanes
Urtheil Dieſer Urſachen halber hat der H. Raymundus unter andern Hin-
terlaſſenſchafften auch an Statt eines Teſtaments ſeine Geiſtliche Kinder
ſonderbahr ermahnet; daß ſie die Tage ihres Lebens niemand ſolten Urtheilen:
und hat hinzugeſetzt/ daß es noͤthig ſeye zu Erhaltung einer wahren Reinig-
keit deß Hertzens/ daß man in allen Sachen den Willen GOttes bcobachte/
welcher zu einem erſprießlichen Ziehl und Ende alles zulaſſet.

16. Damit
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[95/0123] Von dem freventlichen Vrtheil. Ubels in ſeinen Wercken waͤre/ wann er nicht ſo allmaͤchtig und gut waͤre/ daß er auch gutes thaͤte durch das Boͤſe. Daß dieſem aber alſo ſeye/ dieſes ſehen wir claͤrlich an dem Fuͤrſten der Apoſtelen dem H. Petro; an dem E- vangeliſt Matthaͤo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern Suͤndern und Suͤnderinnen; die/ welche/ wann ſie einmahl gefallen waren/ wuͤrden auch GOtt nicht ſo angenehm geweſen/ und annebeus viele hundert andere haͤtten ſich unfehlbar in das ewige Verderben geſtuͤrtzet; ſo doch der fallende und Buß-fertige Petrus ſambt vielen andern Buͤſſenden auffgerich- tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge- ſchickt hat. 15. Weiters/ ob ſchon die Suͤnden/ ſo von den Gottloſen begangen wer- den/ ihnen nicht zum Nutzen außſchlagen; ſo geſchehen ſie nichtsdeſtoweni- ger zum Beſten der Außerwaͤhlten: dann gleich wie die natuͤrliche Ubeleu/ nach Zeugnuß deß H. Thomaͤ/ ſo insgeſambt geſchehen/ nicht allezeit ver- ordnet zum Beſten der jenigen/ denen ſie widerfahren; aber doch wohl zum Beſten der ſaͤmbtlichen: alſo wird das Ubel der Schuld/ oder die Zulaſ- ſung deſſen nicht allezeit erwaͤhlet deme zum Beſten/ dem die Suͤnd wird zu- gelaſſen; aber doch wohl zum Beſten der edeleſten Theilen der ſaͤmbtlichen/ das iſt/ den Außerwaͤhlten. Nach dieſer vorgeſetzter unfehlbarn Lehr/ laſ- ſet uns nun ſehen/ was fuͤr ein groſſe Boͤßheit ſeye/ daß/ ſo bald man einen ſiehet ſuͤndigen/ alsdan denſelbigen unrechtfertiger Weiß richte; abſonder- lich weilen man nicht/ ob der ſuͤndige Menſch zu der Zahl deren von GOtt zur Seeligkeit verordneten/ oder zu der Zahl der Verdambten gehoͤre. Jſt er unter den verordneten; ſo iſt gewiß/ daß die begangene Suͤnde ihme wird gereichen zu mehreren Beſten ſeiner Seelen. Gehoͤrt aber der Suͤnder un- ler die Gottloſe und Verworffene; ſo iſt auſſer allem Zweyffel/ daß die Suͤn- de deſſelben zum Nutzen der Außerwaͤlten gedeyhen werde. Ob wir uns nun wenden zu den Außerwaͤhlten oder zu den verworffenen; wir ſehen al- lenthalben/ daß der guͤtige GOtt ihre ſaͤmbtliche Ubele zum beſten End auß- ſchlagen laſſe. Was kan derowegen billiger erdacht werden/ als ſothanes Urtheil Dieſer Urſachen halber hat der H. Raymundus unter andern Hin- terlaſſenſchafften auch an Statt eines Teſtaments ſeine Geiſtliche Kinder ſonderbahr ermahnet; daß ſie die Tage ihres Lebens niemand ſolten Urtheilen: und hat hinzugeſetzt/ daß es noͤthig ſeye zu Erhaltung einer wahren Reinig- keit deß Hertzens/ daß man in allen Sachen den Willen GOttes bcobachte/ welcher zu einem erſprießlichen Ziehl und Ende alles zulaſſet. Sup. c. 8. Epiſt. ad Rom. lect. 6. 16. Damit

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/123>, abgerufen am 19.04.2024.