Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Neunte Geistliche Lection sagt/ so geschen: nach diesen Worten hat sie den verzweiffeleten Geist auff-gegeben: auß dieser und andern obangeführten Geschichten/ ist gnugsamb zu mercken/ mit was grossem Haß der gerechte GOtt die jenige Verfolger/ so ihn in seinem Ebenbild/ daß ist in ihrem Nechsten hassen; und welcher gestalt er denselben seine Gnad entziehe. Ach wolte GOTT/ daß nicht die meiste Christglaubige/ wie auch Geistliche wegen vielfältigen Zweytrachts/ Zanck und Hasses zum Abgrund der Höllen hinweg gerissen würden! sie kommen nicht alle wiederumb/ und erkündigen uns ihren Zustand sambt dessen gege- benen Ursach. Derhalben/ meine Christliche Seel/ damit du mit deinem un- widersetzlichen Schaden dergleichen Unglück nicht zu theil werdest/ so ver- werffe von Stund an auß dem innersten deines Hertzen allen wider deinen Nechsten gefasten Zorn und Widerwillen; flehe wie den Todt allen Hader/ und halte alles genau/ so ich dir zu Lieb/ und zu höchster Ehren GOttes in dieser Lection zusammen getragen hab. Die Neunte Geistliche Matth. 7.LECTION Von dem Freventlichen Vrtheil. v. 1. Nolite judicare, ut non judicemini; in quo enim judicio Jhr sollet nicht richten/ auff daß ihr nicht gerichtet Der Erste Theil. 1. DAs andere Laster/ so der Liebe zu wider/ ist das freventliche Ur- löbli-
Die Neunte Geiſtliche Lection ſagt/ ſo geſchen: nach dieſen Worten hat ſie den verzweiffeleten Geiſt auff-gegeben: auß dieſer und andern obangefuͤhrten Geſchichten/ iſt gnugſamb zu mercken/ mit was groſſem Haß der gerechte GOtt die jenige Verfolger/ ſo ihn in ſeinem Ebenbild/ daß iſt in ihrem Nechſten haſſen; und welcher geſtalt er denſelben ſeine Gnad entziehe. Ach wolte GOTT/ daß nicht die meiſte Chriſtglaubige/ wie auch Geiſtliche wegen vielfaͤltigen Zweytrachts/ Zanck und Haſſes zum Abgrund der Hoͤllen hinweg geriſſen wuͤrden! ſie kommen nicht alle wiederumb/ und erkuͤndigen uns ihren Zuſtand ſambt deſſen gege- benen Urſach. Derhalben/ meine Chriſtliche Seel/ damit du mit deinem un- widerſetzlichen Schaden dergleichen Ungluͤck nicht zu theil werdeſt/ ſo ver- werffe von Stund an auß dem innerſten deines Hertzen allen wider deinen Nechſten gefaſten Zorn und Widerwillen; flehe wie den Todt allen Hader/ und halte alles genau/ ſo ich dir zu Lieb/ und zu hoͤchſter Ehren GOttes in dieſer Lection zuſammen getragen hab. Die Neunte Geiſtliche Matth. 7.LECTION Von dem Freventlichen Vrtheil. v. 1. Nolite judicare, ut non judicemini; in quo enim judicio Jhr ſollet nicht richten/ auff daß ihr nicht gerichtet Der Erſte Theil. 1. DAs andere Laſter/ ſo der Liebe zu wider/ iſt das freventliche Ur- loͤbli-
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Die Neunte Geiſtliche Lection
ſagt/ ſo geſchen: nach dieſen Worten hat ſie den verzweiffeleten Geiſt auff-
gegeben: auß dieſer und andern obangefuͤhrten Geſchichten/ iſt gnugſamb zu
mercken/ mit was groſſem Haß der gerechte GOtt die jenige Verfolger/ ſo
ihn in ſeinem Ebenbild/ daß iſt in ihrem Nechſten haſſen; und welcher geſtalt
er denſelben ſeine Gnad entziehe. Ach wolte GOTT/ daß nicht die meiſte
Chriſtglaubige/ wie auch Geiſtliche wegen vielfaͤltigen Zweytrachts/ Zanck
und Haſſes zum Abgrund der Hoͤllen hinweg geriſſen wuͤrden! ſie kommen
nicht alle wiederumb/ und erkuͤndigen uns ihren Zuſtand ſambt deſſen gege-
benen Urſach. Derhalben/ meine Chriſtliche Seel/ damit du mit deinem un-
widerſetzlichen Schaden dergleichen Ungluͤck nicht zu theil werdeſt/ ſo ver-
werffe von Stund an auß dem innerſten deines Hertzen allen wider deinen
Nechſten gefaſten Zorn und Widerwillen; flehe wie den Todt allen Hader/
und halte alles genau/ ſo ich dir zu Lieb/ und zu hoͤchſter Ehren GOttes in
dieſer Lection zuſammen getragen hab.
Die Neunte Geiſtliche
LECTION
Von dem
Freventlichen Vrtheil.
Nolite judicare, ut non judicemini; in quo enim judicio
judicaveritis, judicabimini.
Jhr ſollet nicht richten/ auff daß ihr nicht gerichtet
werdet; dann mit was Vrtheil ihr richtet/ damit ſollet ihr
auch gerichtet werden.
Der Erſte Theil.
1. DAs andere Laſter/ ſo der Liebe zu wider/ iſt das freventliche Ur-
theil: von dem ein jeder ſonderbahr wiſſen muß/ daß es alſo ent-
worffen werde. Das freventliche Urtheil iſt ein Werck der Ver-
nunfft; Krafft deſſen wir anderer Menſchen Sitten und Thaten ohne recht-
maͤſſige Gewalt und Urſach richten: dann der jenige/ deſſen Ambt erforderet/
ſeinen Nechſten zu ſtraffen und zu richten/ wann er von der Sachen Wiſſen-
ſchafft hat; ſuͤndiget nicht allein nicht; ſondern er uͤbet noch annebenſt ein
loͤbli-
Stapl.
text. 2. in
Dom. 1.
poſt
Pent.
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