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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Leich-Predig deß verdambten Ertzschelm

Vermaledeyt der Magen Judä. Der Magen ist ein
Mund vnd ein Thor des Bauchs/ dann er nimmt die Speisen zu
sich/ den vnreinen Theil aber verkehrt er in Humores, durch wel-
che der Leib ernöhrt wird/ dann er führet und laitet sie durch et-
liche Adern zu den Gliedern. O vermaledeyter Saumagen Ju-
dä/ wie hast du dich also freventlich underfangen für ein Speiß
zu nemmen den Hayland JEsum/ under der Gestalt des Brods
bey dem letzten Abendmahl? Jndeme doch dieser Göttlichen Rei-
nigkeit/ und reinisten Gottheit das allersauberste Ruheböthel ge-
bühret. Wie die vbergebenedeytiste Jungfrau Maria nacher
Bethlehem geraist/ ob sie schon die gröste Liebhaberin der freywil-
ligen Armuth gewest/ da hat sie gleichwol mit den zartisten vnd
Schneeweissen Windlen versehen/ worein sie nachmals den gul-
denen Iesulum eingewicklet: Sie hat den neugebohrnen Hey-
land nicht gelegt auf wilde und garstige Lumpen/ nicht auf schänd-
liche zerrissene Ziegeiner Fetzen/ sondern auff schneeweisse Wind-
len/ vnd du verruchter Judas/ und du hast denselben in deinen
stinckenden Saumagen einloschiret; wehe dir und allen den jeni-
gen/ so unwürdig communiciren.

Pfuy/ pfuy was für ein wilder und graußlicher Zustand ist
der Aussatz! welchen wir in vnserem Teutschland den Siech-
thumb nennen/ so schändlich und entsetzlich ist er/ daß wir derglei-
chen Spitäller und Siechhäuser so gar nicht in Städten/ vnnd
Märckten gedulden/ sondern selbige von ihnen absönderen/ und
gleichwol nach Aussag des H. Evangelisten Matthäi hat unser
lieber HERR einen Aussätzigen angerührt/ und denselbigen ge-
reiniget/ extendent JEsus manum tetigit eum. c. 8. Der
gelehrte Origenes aber schreibt hierüber/ vnd spricht/ daß diser
aussätzige Tropff dazumahl schon seye gereiniget worden/ wie
der HERR nur die Hand hat ausgestreckt/ vnd folgsam ist der
Siechthumb entwichen/ ehe und bevor der HErr ihn angerührt:
Dann diser abscheuliche Zustand gedachte/ es gebühre gar nicht/
daß der HErr JEsus etwas unreines solle anrühren. Vnd du

ver-
Leich-Predig deß verdambten Ertzſchelm

Vermaledeyt der Magen Judaͤ. Der Magen iſt ein
Mund vnd ein Thor des Bauchs/ dann er nimmt die Speiſen zu
ſich/ den vnreinen Theil aber verkehrt er in Humores, durch wel-
che der Leib ernoͤhrt wird/ dann er fuͤhret und laitet ſie durch et-
liche Adern zu den Gliedern. O vermaledeyter Saumagen Ju-
daͤ/ wie haſt du dich alſo freventlich underfangen fuͤr ein Speiß
zu nemmen den Hayland JEſum/ under der Geſtalt des Brods
bey dem letzten Abendmahl? Jndeme doch dieſer Goͤttlichen Rei-
nigkeit/ und reiniſten Gottheit das allerſauberſte Ruheboͤthel ge-
buͤhret. Wie die vbergebenedeytiſte Jungfrau Maria nacher
Bethlehem geraiſt/ ob ſie ſchon die groͤſte Liebhaberin der freywil-
ligen Armuth geweſt/ da hat ſie gleichwol mit den zartiſten vnd
Schneeweiſſen Windlen verſehen/ worein ſie nachmals den gul-
denen Ieſulum eingewicklet: Sie hat den neugebohrnen Hey-
land nicht gelegt auf wilde und garſtige Lumpen/ nicht auf ſchaͤnd-
liche zerriſſene Ziegeiner Fetzen/ ſondern auff ſchneeweiſſe Wind-
len/ vnd du verruchter Judas/ und du haſt denſelben in deinen
ſtinckenden Saumagen einloſchiret; wehe dir und allen den jeni-
gen/ ſo unwuͤrdig communiciren.

Pfuy/ pfuy was fuͤr ein wilder und graußlicher Zuſtand iſt
der Ausſatz! welchen wir in vnſerem Teutſchland den Siech-
thumb nennen/ ſo ſchaͤndlich und entſetzlich iſt er/ daß wir derglei-
chen Spitaͤller und Siechhaͤuſer ſo gar nicht in Staͤdten/ vnnd
Maͤrckten gedulden/ ſondern ſelbige von ihnen abſoͤnderen/ und
gleichwol nach Ausſag des H. Evangeliſten Matthaͤi hat unſer
lieber HERR einen Ausſaͤtzigen angeruͤhrt/ und denſelbigen ge-
reiniget/ extendent JEſus manum tetigit eum. c. 8. Der
gelehrte Origenes aber ſchreibt hieruͤber/ vnd ſpricht/ daß diſer
ausſaͤtzige Tropff dazumahl ſchon ſeye gereiniget worden/ wie
der HERR nur die Hand hat ausgeſtreckt/ vnd folgſam iſt der
Siechthumb entwichen/ ehe und bevor der HErꝛ ihn angeruͤhrt:
Dann diſer abſcheuliche Zuſtand gedachte/ es gebuͤhre gar nicht/
daß der HErꝛ JEſus etwas unreines ſolle anruͤhren. Vnd du

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[566/0578] Leich-Predig deß verdambten Ertzſchelm Vermaledeyt der Magen Judaͤ. Der Magen iſt ein Mund vnd ein Thor des Bauchs/ dann er nimmt die Speiſen zu ſich/ den vnreinen Theil aber verkehrt er in Humores, durch wel- che der Leib ernoͤhrt wird/ dann er fuͤhret und laitet ſie durch et- liche Adern zu den Gliedern. O vermaledeyter Saumagen Ju- daͤ/ wie haſt du dich alſo freventlich underfangen fuͤr ein Speiß zu nemmen den Hayland JEſum/ under der Geſtalt des Brods bey dem letzten Abendmahl? Jndeme doch dieſer Goͤttlichen Rei- nigkeit/ und reiniſten Gottheit das allerſauberſte Ruheboͤthel ge- buͤhret. Wie die vbergebenedeytiſte Jungfrau Maria nacher Bethlehem geraiſt/ ob ſie ſchon die groͤſte Liebhaberin der freywil- ligen Armuth geweſt/ da hat ſie gleichwol mit den zartiſten vnd Schneeweiſſen Windlen verſehen/ worein ſie nachmals den gul- denen Ieſulum eingewicklet: Sie hat den neugebohrnen Hey- land nicht gelegt auf wilde und garſtige Lumpen/ nicht auf ſchaͤnd- liche zerriſſene Ziegeiner Fetzen/ ſondern auff ſchneeweiſſe Wind- len/ vnd du verruchter Judas/ und du haſt denſelben in deinen ſtinckenden Saumagen einloſchiret; wehe dir und allen den jeni- gen/ ſo unwuͤrdig communiciren. Pfuy/ pfuy was fuͤr ein wilder und graußlicher Zuſtand iſt der Ausſatz! welchen wir in vnſerem Teutſchland den Siech- thumb nennen/ ſo ſchaͤndlich und entſetzlich iſt er/ daß wir derglei- chen Spitaͤller und Siechhaͤuſer ſo gar nicht in Staͤdten/ vnnd Maͤrckten gedulden/ ſondern ſelbige von ihnen abſoͤnderen/ und gleichwol nach Ausſag des H. Evangeliſten Matthaͤi hat unſer lieber HERR einen Ausſaͤtzigen angeruͤhrt/ und denſelbigen ge- reiniget/ extendent JEſus manum tetigit eum. c. 8. Der gelehrte Origenes aber ſchreibt hieruͤber/ vnd ſpricht/ daß diſer ausſaͤtzige Tropff dazumahl ſchon ſeye gereiniget worden/ wie der HERR nur die Hand hat ausgeſtreckt/ vnd folgſam iſt der Siechthumb entwichen/ ehe und bevor der HErꝛ ihn angeruͤhrt: Dann diſer abſcheuliche Zuſtand gedachte/ es gebuͤhre gar nicht/ daß der HErꝛ JEſus etwas unreines ſolle anruͤhren. Vnd du ver-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/578>, abgerufen am 24.04.2024.