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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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sitzet zum allertieffesten in der Höll.
einer Nacht Eißgrau worden/ wie werden dann erst ängstigen und
beträngen eine verdammte Seel die höllische Geister/ welche Gei-
ster und Gespenster in der Gestalt seynd erschröcklich/ in der Grau-
samkeit unbarmhertzig/ in dem Gewalt vollmächtig/ in dem Wil-
len tyrannisch/ in dem Zorn grimmig/ in dem Wütten unverdros-
sen/ welche Gespenster aus den Augen werffen Feuer/ aus der Na-
sen riechen Schwebel/ aus dem Maul speyen Flammen/ in den
Haaren tragen Schlangen/ in dem Athem haben Gifft/ und sol-
che Geister seynd noch in der Zahl unzahlbar/ und werden von den
verdammten Menschen nicht allein von aussen gesehen/ sondern
noch dergestalten von ihnen besessen/ wie das glüende Eysen vom
Feuer/ in Summa nichts als Barbarisch.

Jn der Höll ist ein stäter Syllogismus in Ferio. Dann
die Verdammte seynd allerseits geschlagen/ forderist aber in dem/
daß sie sehen die unermäßliche Glory der Auserwöhlten/ und doch
Ewig zu derselben nicht gelangen werden. Sie sehen den Pomp
und Pracht der Patriarchen. Sie sehen die Glückseeligkeit der
Propheten. Sie sehen die Belohnung der Apostlen. Sie sehen
die schönste Cronen der Martyrer. Sie sehen die Freud und Er-
götzlichkeit der Beichtiger. Sie sehen die grosse Würde der Jung-
frauen. Ein mancher siehet droben im Himmel einen Bettler wie
einen König gekrönet/ den er allhier auf der Gassen nicht hat ange-
schaut. Er siehet einen und andern droben gläntzen mehr als die
Sonne/ die er auf der Welt nur lausige Bettel-Pfaffen genennet
hat. Ein anderer siehet droben in unbegreifflicher Glory den jeni-
gen/ so er auf der Welt verfolgt/ und für einen Fußhadern gehal-
ten. Ein geweste Dama siehet droben in aller Herrlichkeit ein
Weib/ die sie vorhero für eine alte Hex und Wettermacherinn ge-
halten. Ein macher Praelat siehet droben in einem überstattlichen
Thron seinen Untergebenen/ den er meistens als ein Simpel ver-
lacht hat. Und solches Sehen und Ansehen erwecket einen so un-
aussprechlichen Neid/ daß dieser die Verdammte mehr quellet und
peiniget/ als alle andere Tormenten im gantzen höllischen Abgrund.

Wie
Pars IV. X x x

ſitzet zum allertieffeſten in der Hoͤll.
einer Nacht Eißgrau worden/ wie werden dann erſt aͤngſtigen und
betraͤngen eine verdammte Seel die hoͤlliſche Geiſter/ welche Gei-
ſter und Geſpenſter in der Geſtalt ſeynd erſchroͤcklich/ in der Grau-
ſamkeit unbarmhertzig/ in dem Gewalt vollmaͤchtig/ in dem Wil-
len tyranniſch/ in dem Zorn grimmig/ in dem Wuͤtten unverdroſ-
ſen/ welche Geſpenſter aus den Augen werffen Feuer/ aus der Na-
ſen riechen Schwebel/ aus dem Maul ſpeyen Flammen/ in den
Haaren tragen Schlangen/ in dem Athem haben Gifft/ und ſol-
che Geiſter ſeynd noch in der Zahl unzahlbar/ und werden von den
verdammten Menſchen nicht allein von auſſen geſehen/ ſondern
noch dergeſtalten von ihnen beſeſſen/ wie das gluͤende Eyſen vom
Feuer/ in Summa nichts als Barbariſch.

Jn der Hoͤll iſt ein ſtaͤter Syllogismus in Ferio. Dann
die Verdammte ſeynd allerſeits geſchlagen/ forderiſt aber in dem/
daß ſie ſehen die unermaͤßliche Glory der Auserwoͤhlten/ und doch
Ewig zu derſelben nicht gelangen werden. Sie ſehen den Pomp
und Pracht der Patriarchen. Sie ſehen die Gluͤckſeeligkeit der
Propheten. Sie ſehen die Belohnung der Apoſtlen. Sie ſehen
die ſchoͤnſte Cronen der Martyrer. Sie ſehen die Freud und Er-
goͤtzlichkeit der Beichtiger. Sie ſehen die groſſe Wuͤrde der Jung-
frauen. Ein mancher ſiehet droben im Himmel einen Bettler wie
einen Koͤnig gekroͤnet/ den er allhier auf der Gaſſen nicht hat ange-
ſchaut. Er ſiehet einen und andern droben glaͤntzen mehr als die
Sonne/ die er auf der Welt nur lauſige Bettel-Pfaffen genennet
hat. Ein anderer ſiehet droben in unbegreifflicher Glory den jeni-
gen/ ſo er auf der Welt verfolgt/ und fuͤr einen Fußhadern gehal-
ten. Ein geweſte Dama ſiehet droben in aller Herꝛlichkeit ein
Weib/ die ſie vorhero fuͤr eine alte Hex und Wettermacherinn ge-
halten. Ein macher Prælat ſiehet droben in einem uͤberſtattlichen
Thron ſeinen Untergebenen/ den er meiſtens als ein Simpel ver-
lacht hat. Und ſolches Sehen und Anſehen erwecket einen ſo un-
ausſprechlichen Neid/ daß dieſer die Verdammte mehr quellet und
peiniget/ als alle andere Tormenten im gantzen hoͤlliſchen Abgrund.

Wie
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[529/0541] ſitzet zum allertieffeſten in der Hoͤll. einer Nacht Eißgrau worden/ wie werden dann erſt aͤngſtigen und betraͤngen eine verdammte Seel die hoͤlliſche Geiſter/ welche Gei- ſter und Geſpenſter in der Geſtalt ſeynd erſchroͤcklich/ in der Grau- ſamkeit unbarmhertzig/ in dem Gewalt vollmaͤchtig/ in dem Wil- len tyranniſch/ in dem Zorn grimmig/ in dem Wuͤtten unverdroſ- ſen/ welche Geſpenſter aus den Augen werffen Feuer/ aus der Na- ſen riechen Schwebel/ aus dem Maul ſpeyen Flammen/ in den Haaren tragen Schlangen/ in dem Athem haben Gifft/ und ſol- che Geiſter ſeynd noch in der Zahl unzahlbar/ und werden von den verdammten Menſchen nicht allein von auſſen geſehen/ ſondern noch dergeſtalten von ihnen beſeſſen/ wie das gluͤende Eyſen vom Feuer/ in Summa nichts als Barbariſch. Jn der Hoͤll iſt ein ſtaͤter Syllogismus in Ferio. Dann die Verdammte ſeynd allerſeits geſchlagen/ forderiſt aber in dem/ daß ſie ſehen die unermaͤßliche Glory der Auserwoͤhlten/ und doch Ewig zu derſelben nicht gelangen werden. Sie ſehen den Pomp und Pracht der Patriarchen. Sie ſehen die Gluͤckſeeligkeit der Propheten. Sie ſehen die Belohnung der Apoſtlen. Sie ſehen die ſchoͤnſte Cronen der Martyrer. Sie ſehen die Freud und Er- goͤtzlichkeit der Beichtiger. Sie ſehen die groſſe Wuͤrde der Jung- frauen. Ein mancher ſiehet droben im Himmel einen Bettler wie einen Koͤnig gekroͤnet/ den er allhier auf der Gaſſen nicht hat ange- ſchaut. Er ſiehet einen und andern droben glaͤntzen mehr als die Sonne/ die er auf der Welt nur lauſige Bettel-Pfaffen genennet hat. Ein anderer ſiehet droben in unbegreifflicher Glory den jeni- gen/ ſo er auf der Welt verfolgt/ und fuͤr einen Fußhadern gehal- ten. Ein geweſte Dama ſiehet droben in aller Herꝛlichkeit ein Weib/ die ſie vorhero fuͤr eine alte Hex und Wettermacherinn ge- halten. Ein macher Prælat ſiehet droben in einem uͤberſtattlichen Thron ſeinen Untergebenen/ den er meiſtens als ein Simpel ver- lacht hat. Und ſolches Sehen und Anſehen erwecket einen ſo un- ausſprechlichen Neid/ daß dieſer die Verdammte mehr quellet und peiniget/ als alle andere Tormenten im gantzen hoͤlliſchen Abgrund. Wie Pars IV. X x x

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/541>, abgerufen am 20.04.2024.