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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas sparrt keine Mühe noch Arbeit/
David weiß wol/ biß er den Scepter in Jsrael bekommen/ was
ihm für Prügel seynd unter die Füß geworffen worden. So
weiß man auch daß Elias in Turbine, in einem Sturm-Wind ins
Paradeiß verzuckt worden/ woraus nun klar erhellet/ daß jemand
so die Seeligkeit verlangt/ müste vorhero ein zimlichen Sturm
ausstehen.

Jch hab offt bey mir betracht/ daß fast kein Ding in der
Welt seye/ welches so gar viel müste ausstehen/ als die Leinwath.
Erstlich wird das arme Flachs- oder Haar-Körnl gar in die Erden
begraben/ und zwar in das freye Feld hinaus/ als wäre es etwan in
einer Excummunication gestorben/ kaum/ daß es nachmals
den Kopff wieder hervor hebt/ und in dem besten Stand zu seyn
glaubt/ da erfahrt er die Tyrannische Händ/ so es mit Leib und
Seel aus seinem Vatterland vertrieben/ bald hernach macht man
ihme ein solches Schwitz-Bad/ als hätte der arme Tropff die Nea-
politanische Galantri am Hals. Wann es nun die Dürrsucht ü-
ber und über bekommen hat/ so muß es in die Brechel/ worinnen es
die gantze Haut muß lassen/ und bleibt allein das Haar übrig/ schindt
doch ein Pfleger die Bauren nicht so hart. Nach solcher unerhörter
Strapaza zeigen ihme so gar die alte Zahnluckende Weiber gantz
eiserne Zähne/ und ziehen es durch ein Hächel/ daß ein Elend ist.
Gleich darauf bind man den Haar an eine Gunckel mit Strick
und Band/ als hätte er das gröste Schelmen-Stuck began-
gen. Es halten ihn offt die alte Weiber an das Maul/ aber nicht
daß sie ihm ein Busserl oder Kuß wollen versetzen/ sondern die
wilde Husten speyen ihn gar ins Gesicht. Endlich muß er gar
auf das Rad kommen/ als wann etwann der unschuldige Tropff
hätte Vatter und Mutter umbbracht/ kaum daß er solches hat
ausgestanden/ so thut man ihm mit einer scharpffen Laugen den
Kopff waschen. Bey dem bleibt es noch nicht/ sondern der We-
ber bindet und hänget ihn zwischen die Bäumer/ als hätte der ar-
me Narr den Galgen verdient Nachdem er von dem Weber ein
manches Creutz hat ausgestanden/ zumalen alles Creutz-Weis

gewürckt

Judas ſparrt keine Muͤhe noch Arbeit/
David weiß wol/ biß er den Scepter in Jſrael bekommen/ was
ihm fuͤr Pruͤgel ſeynd unter die Fuͤß geworffen worden. So
weiß man auch daß Elias in Turbine, in einem Sturm-Wind ins
Paradeiß verzuckt worden/ woraus nun klar erhellet/ daß jemand
ſo die Seeligkeit verlangt/ muͤſte vorhero ein zimlichen Sturm
ausſtehen.

Jch hab offt bey mir betracht/ daß faſt kein Ding in der
Welt ſeye/ welches ſo gar vıel muͤſte ausſtehen/ als die Leinwath.
Erſtlich wird das arme Flachs- oder Haar-Koͤrnl gar in die Erden
begraben/ und zwar in das freye Feld hinaus/ als waͤre es etwan in
einer Excummunication geſtorben/ kaum/ daß es nachmals
den Kopff wieder hervor hebt/ und in dem beſten Stand zu ſeyn
glaubt/ da erfahrt er die Tyranniſche Haͤnd/ ſo es mit Leib und
Seel aus ſeinem Vatterland vertrieben/ bald hernach macht man
ihme ein ſolches Schwitz-Bad/ als haͤtte der arme Tropff die Nea-
politaniſche Galantri am Hals. Wann es nun die Duͤrꝛſucht uͤ-
ber und uͤber bekommen hat/ ſo muß es in die Brechel/ worinnen es
die gantze Haut muß laſſen/ und bleibt allein das Haar uͤbrig/ ſchindt
doch ein Pfleger die Bauren nicht ſo hart. Nach ſolcher unerhoͤrter
Strapaza zeigen ihme ſo gar die alte Zahnluckende Weiber gantz
eiſerne Zaͤhne/ und ziehen es durch ein Haͤchel/ daß ein Elend iſt.
Gleich darauf bind man den Haar an eine Gunckel mit Strick
und Band/ als haͤtte er das groͤſte Schelmen-Stuck began-
gen. Es halten ihn offt die alte Weiber an das Maul/ aber nicht
daß ſie ihm ein Buſſerl oder Kuß wollen verſetzen/ ſondern die
wilde Huſten ſpeyen ihn gar ins Geſicht. Endlich muß er gar
auf das Rad kommen/ als wann etwann der unſchuldige Tropff
haͤtte Vatter und Mutter umbbracht/ kaum daß er ſolches hat
ausgeſtanden/ ſo thut man ihm mit einer ſcharpffen Laugen den
Kopff waſchen. Bey dem bleibt es noch nicht/ ſondern der We-
ber bindet und haͤnget ihn zwiſchen die Baͤumer/ als haͤtte der ar-
me Narꝛ den Galgen verdient Nachdem er von dem Weber ein
manches Creutz hat ausgeſtanden/ zumalen alles Creutz-Weis

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[480/0492] Judas ſparrt keine Muͤhe noch Arbeit/ David weiß wol/ biß er den Scepter in Jſrael bekommen/ was ihm fuͤr Pruͤgel ſeynd unter die Fuͤß geworffen worden. So weiß man auch daß Elias in Turbine, in einem Sturm-Wind ins Paradeiß verzuckt worden/ woraus nun klar erhellet/ daß jemand ſo die Seeligkeit verlangt/ muͤſte vorhero ein zimlichen Sturm ausſtehen. Jch hab offt bey mir betracht/ daß faſt kein Ding in der Welt ſeye/ welches ſo gar vıel muͤſte ausſtehen/ als die Leinwath. Erſtlich wird das arme Flachs- oder Haar-Koͤrnl gar in die Erden begraben/ und zwar in das freye Feld hinaus/ als waͤre es etwan in einer Excummunication geſtorben/ kaum/ daß es nachmals den Kopff wieder hervor hebt/ und in dem beſten Stand zu ſeyn glaubt/ da erfahrt er die Tyranniſche Haͤnd/ ſo es mit Leib und Seel aus ſeinem Vatterland vertrieben/ bald hernach macht man ihme ein ſolches Schwitz-Bad/ als haͤtte der arme Tropff die Nea- politaniſche Galantri am Hals. Wann es nun die Duͤrꝛſucht uͤ- ber und uͤber bekommen hat/ ſo muß es in die Brechel/ worinnen es die gantze Haut muß laſſen/ und bleibt allein das Haar uͤbrig/ ſchindt doch ein Pfleger die Bauren nicht ſo hart. Nach ſolcher unerhoͤrter Strapaza zeigen ihme ſo gar die alte Zahnluckende Weiber gantz eiſerne Zaͤhne/ und ziehen es durch ein Haͤchel/ daß ein Elend iſt. Gleich darauf bind man den Haar an eine Gunckel mit Strick und Band/ als haͤtte er das groͤſte Schelmen-Stuck began- gen. Es halten ihn offt die alte Weiber an das Maul/ aber nicht daß ſie ihm ein Buſſerl oder Kuß wollen verſetzen/ ſondern die wilde Huſten ſpeyen ihn gar ins Geſicht. Endlich muß er gar auf das Rad kommen/ als wann etwann der unſchuldige Tropff haͤtte Vatter und Mutter umbbracht/ kaum daß er ſolches hat ausgeſtanden/ ſo thut man ihm mit einer ſcharpffen Laugen den Kopff waſchen. Bey dem bleibt es noch nicht/ ſondern der We- ber bindet und haͤnget ihn zwiſchen die Baͤumer/ als haͤtte der ar- me Narꝛ den Galgen verdient Nachdem er von dem Weber ein manches Creutz hat ausgeſtanden/ zumalen alles Creutz-Weis gewuͤrckt

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/492>, abgerufen am 20.04.2024.