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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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ist selbst schuldig an seiner ewigen Verdammnuß.
lich hervor/ und probirts mit mehrern/ daß sie ihrer angebornen
Freundlichkeit halber/ einem jeden die Hand reiche/ keinen ausge-
nommen/ einen jeden zu sich ziehe oder liebkose. Diß will ich
weiter nicht in Abred stellen/ aber wahr ist es gleichwol/ daß sie
einem schöner thut/ als dem andern/ laugnen kan es niemand/
daß GOTT nicht einem mehr Gnad gebe als dem andern/ und
eben diß scheinet ein Ursach zu seyn/ warumb so viel in ewigen
Verlust gehen. Es findet sich gleichwol in solcher Gestalt bey
GOTT ein grosse Partialität. Jn Mitten der zweyen Thier
ist er in der Krippen gelegen/ das ist wahr; Jn Mitten der zweyen
Schächer ist er gestorben/ das ist wahr; Jn Mitte der Aposteln
ist er nach seiner Uhrständ erschienen/ und ihnen den Frieden ge-
bracht/ das ist wahr. Aber in Austheilung seiner Göttlichen
Gnad gehet er nicht mitten durch/ sondern spendiret diesem mehrer
als jenem/ darumb der letzte sreylich wol schlecht beschaffen ist.
Ej du elender Tropff/ was redest du/ wer bist du/ du verworffe-
ner Erd-Wurm/ daß du dich unterfangest wider den höchsten
GOTT zu schnarchen/ wann GOTT einem jeden das je-
nege gibt/ was er ihme schuldig ist/ was gehet es ein elendes Ge-
schöpff an/ so er einem andern mehr spendieret/ als diesen. Was
hat der Topff oder das Häfen zu schmählen wider den Hafner/ umb
weil er dasselbige nicht zu einem Trinck-Geschirr gemacht hat auf
eine Königliche Tafel? Nulla iniquitate agitur, si in ipsis quo-S. Prosp.
de Vocat.
Gen. c.
13.

que fidelium populis non omnibus eadem, neque paria confe-
rantur.
Es ist ja genug/ daß GOTT einem jeden Men-
schen so viel Hülff ertheilt/ wormit er kan in die Anzahl der Seeligen
kommen. Und woher hast du die Nachricht/ daß einer mehrer
Gnad hat als der andere? Vielleicht hat Petrus mehrer Gnad/
weil er frömmer und tugendsamer ist/ und Paulus weniger Gnad/
weil er schlimmer und Gottloser lebt? Aber höre/ wie ungereimt
diese deine Aussag/ dann es seyn kan/ daß ihrer zwey ein gantz glei-
che Gnad besitzen/ und doch einer frommer lebt als der andere/ die
Ungleichheit aber des Wandels rühret nicht von der Gnad her/ als
welche gantz gleich ist/ sondern von der Mitwürckung/ weil nem-

lich
O o o 2

iſt ſelbſt ſchuldig an ſeiner ewigen Verdammnuß.
lich hervor/ und probirts mit mehrern/ daß ſie ihrer angebornen
Freundlichkeit halber/ einem jeden die Hand reiche/ keinen ausge-
nommen/ einen jeden zu ſich ziehe oder liebkoſe. Diß will ich
weiter nicht in Abred ſtellen/ aber wahr iſt es gleichwol/ daß ſie
einem ſchoͤner thut/ als dem andern/ laugnen kan es niemand/
daß GOTT nicht einem mehr Gnad gebe als dem andern/ und
eben diß ſcheinet ein Urſach zu ſeyn/ warumb ſo viel in ewigen
Verluſt gehen. Es findet ſich gleichwol in ſolcher Geſtalt bey
GOTT ein groſſe Partialitaͤt. Jn Mitten der zweyen Thier
iſt er in der Krippen gelegen/ das iſt wahr; Jn Mitten der zweyen
Schaͤcher iſt er geſtorben/ das iſt wahr; Jn Mitte der Apoſteln
iſt er nach ſeiner Uhrſtaͤnd erſchienen/ und ihnen den Frieden ge-
bracht/ das iſt wahr. Aber in Austheilung ſeiner Goͤttlichen
Gnad gehet er nicht mitten durch/ ſondern ſpendiret dieſem mehrer
als jenem/ darumb der letzte ſreylich wol ſchlecht beſchaffen iſt.
Ej du elender Tropff/ was redeſt du/ wer biſt du/ du verworffe-
ner Erd-Wurm/ daß du dich unterfangeſt wider den hoͤchſten
GOTT zu ſchnarchen/ wann GOTT einem jeden das je-
nege gibt/ was er ihme ſchuldig iſt/ was gehet es ein elendes Ge-
ſchoͤpff an/ ſo er einem andern mehr ſpendieret/ als dieſen. Was
hat der Topff oder das Haͤfen zu ſchmaͤhlen wider den Hafner/ umb
weil er daſſelbige nicht zu einem Trinck-Geſchirꝛ gemacht hat auf
eine Koͤnigliche Tafel? Nulla iniquitate agitur, ſi in ipſis quo-S. Proſp.
de Vocat.
Gen. c.
13.

que fidelium populis non omnibus eadem, neque paria confe-
rantur.
Es iſt ja genug/ daß GOTT einem jeden Men-
ſchen ſo viel Huͤlff ertheilt/ wormit er kan in die Anzahl der Seeligen
kommen. Und woher haſt du die Nachricht/ daß einer mehrer
Gnad hat als der andere? Vielleicht hat Petrus mehrer Gnad/
weil er froͤmmer und tugendſamer iſt/ und Paulus weniger Gnad/
weil er ſchlimmer und Gottloſer lebt? Aber hoͤre/ wie ungereimt
dieſe deine Ausſag/ dann es ſeyn kan/ daß ihrer zwey ein gantz glei-
che Gnad beſitzen/ und doch einer frommer lebt als der andere/ die
Ungleichheit aber des Wandels ruͤhret nicht von der Gnad her/ als
welche gantz gleich iſt/ ſondern von der Mitwuͤrckung/ weil nem-

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[475/0487] iſt ſelbſt ſchuldig an ſeiner ewigen Verdammnuß. lich hervor/ und probirts mit mehrern/ daß ſie ihrer angebornen Freundlichkeit halber/ einem jeden die Hand reiche/ keinen ausge- nommen/ einen jeden zu ſich ziehe oder liebkoſe. Diß will ich weiter nicht in Abred ſtellen/ aber wahr iſt es gleichwol/ daß ſie einem ſchoͤner thut/ als dem andern/ laugnen kan es niemand/ daß GOTT nicht einem mehr Gnad gebe als dem andern/ und eben diß ſcheinet ein Urſach zu ſeyn/ warumb ſo viel in ewigen Verluſt gehen. Es findet ſich gleichwol in ſolcher Geſtalt bey GOTT ein groſſe Partialitaͤt. Jn Mitten der zweyen Thier iſt er in der Krippen gelegen/ das iſt wahr; Jn Mitten der zweyen Schaͤcher iſt er geſtorben/ das iſt wahr; Jn Mitte der Apoſteln iſt er nach ſeiner Uhrſtaͤnd erſchienen/ und ihnen den Frieden ge- bracht/ das iſt wahr. Aber in Austheilung ſeiner Goͤttlichen Gnad gehet er nicht mitten durch/ ſondern ſpendiret dieſem mehrer als jenem/ darumb der letzte ſreylich wol ſchlecht beſchaffen iſt. Ej du elender Tropff/ was redeſt du/ wer biſt du/ du verworffe- ner Erd-Wurm/ daß du dich unterfangeſt wider den hoͤchſten GOTT zu ſchnarchen/ wann GOTT einem jeden das je- nege gibt/ was er ihme ſchuldig iſt/ was gehet es ein elendes Ge- ſchoͤpff an/ ſo er einem andern mehr ſpendieret/ als dieſen. Was hat der Topff oder das Haͤfen zu ſchmaͤhlen wider den Hafner/ umb weil er daſſelbige nicht zu einem Trinck-Geſchirꝛ gemacht hat auf eine Koͤnigliche Tafel? Nulla iniquitate agitur, ſi in ipſis quo- que fidelium populis non omnibus eadem, neque paria confe- rantur. Es iſt ja genug/ daß GOTT einem jeden Men- ſchen ſo viel Huͤlff ertheilt/ wormit er kan in die Anzahl der Seeligen kommen. Und woher haſt du die Nachricht/ daß einer mehrer Gnad hat als der andere? Vielleicht hat Petrus mehrer Gnad/ weil er froͤmmer und tugendſamer iſt/ und Paulus weniger Gnad/ weil er ſchlimmer und Gottloſer lebt? Aber hoͤre/ wie ungereimt dieſe deine Ausſag/ dann es ſeyn kan/ daß ihrer zwey ein gantz glei- che Gnad beſitzen/ und doch einer frommer lebt als der andere/ die Ungleichheit aber des Wandels ruͤhret nicht von der Gnad her/ als welche gantz gleich iſt/ ſondern von der Mitwuͤrckung/ weil nem- lich S. Proſp. de Vocat. Gen. c. 13. O o o 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/487>, abgerufen am 27.04.2024.