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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Jndas Jscarioth hat bey der Tafel des HErrn/
pitel stehet geschrieben/ daß ein guter Haus-Wirth seye auf seine
Felder hinaus gangen zu säen/ und indeme er fäet/ fiel ein Theil
auf den Weeg/ da kamen die Vögel des Himmels und frassen
denselben: Wann die Vögel des Himmels so grossen Schaden
thun/ was werden wol die Galgen Vögel und Ertz-Vögel thun?
Ein anderer Theil fiel auf einen steinigten und felsigten Grund/
da es wenig Erden hatte/ und darumb ist es bald verdorret/ kaum
daß es aufgangen. Der dritte Theil des guten Saamens fiel un-
ter die Dörner/ diese erstickten denselben. Die Stich-Wörter/ so
etliche beym Essen und Trincken im Brauch haben/ seynd natür-
lich wie die stechende Dörner/ so auch viel Unheil verursachen/
und manchen/ der Ehrsam ist/ nicht ein wenig beleidigen. An
den flechenden Dörnern haben vielen keine Rosen getragen. Man
sagt sonst/ der Stich blut nicht; aber man weiß doch/ daß mehr-
malen dergleichen Stich-Wörter die Schwerdter entblöst haben/
und viel Blut vergossen.

Jch weiß mich selbsten zu entsinnen/ daß bey einer Tafel/
allwo mehr ehrliche Gäst waren/ einer seinem Nächsten eines zu-
gebracht/ und ihn zugleich bey der Hand genommen/ weil aber
dieselbe ihn etwas hart und grob gedunckte/ also sagte er: Bru-
der! du hast so grobe Händ wie ein Drescher/ worauf der andere
geschwind zur Antwort gab: Ja freylich/ bin ich jetzt ein Drescher/
dann ich halte den Flegel nun würcklich bey der Hand/ und weil er
den Gesellen zugleich bey der Hand gehalten/ also vermerckte dersel-
be wol/ daß solches Bauern-Praedicat ihn angangen/ dahero
bald in solche Wort-Wechslung und Zweitracht gerathen/ daß
beede nicht ohne blutige Köpff nacher Haus gangen. Solchen a-
der/ die ihre Zunge zu einem Schwerdt machen/ und eim und dem
andern darmit verwunden/ soll man sagen/ was da gesagt unser
HERR und Heyland dem Petro/ wie er den Malchum zwischen
die Ohren gehaut: Converte gladium tuum in locum suum.
Steck das Schwerd an sein Ort.

Christoph Wacker/ Veit Limmel/ und Barthlme Ziegl
sitzen an einer Tafel beym Essen/ aber es ist einer so grob und peng-

lisch

Jndas Jſcarioth hat bey der Tafel des HErꝛn/
pitel ſtehet geſchrieben/ daß ein guter Haus-Wirth ſeye auf ſeine
Felder hinaus gangen zu ſaͤen/ und indeme er faͤet/ fiel ein Theil
auf den Weeg/ da kamen die Voͤgel des Himmels und fraſſen
denſelben: Wann die Voͤgel des Himmels ſo groſſen Schaden
thun/ was werden wol die Galgen Voͤgel und Ertz-Voͤgel thun?
Ein anderer Theil fiel auf einen ſteinigten und felſigten Grund/
da es wenig Erden hatte/ und darumb iſt es bald verdorret/ kaum
daß es aufgangen. Der dritte Theil des guten Saamens fiel un-
ter die Doͤrner/ dieſe erſtickten denſelben. Die Stich-Woͤrter/ ſo
etliche beym Eſſen und Trincken im Brauch haben/ ſeynd natuͤr-
lich wie die ſtechende Doͤrner/ ſo auch viel Unheil verurſachen/
und manchen/ der Ehrſam iſt/ nicht ein wenig beleidigen. An
den flechenden Doͤrnern haben vielen keine Roſen getragen. Man
ſagt ſonſt/ der Stich blut nicht; aber man weiß doch/ daß mehr-
malen dergleichen Stich-Woͤrter die Schwerdter entbloͤſt haben/
und viel Blut vergoſſen.

Jch weiß mich ſelbſten zu entſinnen/ daß bey einer Tafel/
allwo mehr ehrliche Gaͤſt waren/ einer ſeinem Naͤchſten eines zu-
gebracht/ und ihn zugleich bey der Hand genommen/ weil aber
dieſelbe ihn etwas hart und grob gedunckte/ alſo ſagte er: Bru-
der! du haſt ſo grobe Haͤnd wie ein Dreſcher/ worauf der andere
geſchwind zur Antwort gab: Ja freylich/ bin ich jetzt ein Dreſcher/
dann ich halte den Flegel nun wuͤrcklich bey der Hand/ und weil er
den Geſellen zugleich bey der Hand gehalten/ alſo vermerckte derſel-
be wol/ daß ſolches Bauern-Prædicat ihn angangen/ dahero
bald in ſolche Wort-Wechslung und Zweitracht gerathen/ daß
beede nicht ohne blutige Koͤpff nacher Haus gangen. Solchen a-
der/ die ihre Zunge zu einem Schwerdt machen/ und eim und dem
andern darmit verwunden/ ſoll man ſagen/ was da geſagt unſer
HERR und Heyland dem Petro/ wie er den Malchum zwiſchen
die Ohren gehaut: Converte gladium tuum in locum ſuum.
Steck das Schwerd an ſein Ort.

Chriſtoph Wacker/ Veit Limmel/ und Barthlme Ziegl
ſitzen an einer Tafel beym Eſſen/ aber es iſt einer ſo grob und peng-

liſch
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[452/0464] Jndas Jſcarioth hat bey der Tafel des HErꝛn/ pitel ſtehet geſchrieben/ daß ein guter Haus-Wirth ſeye auf ſeine Felder hinaus gangen zu ſaͤen/ und indeme er faͤet/ fiel ein Theil auf den Weeg/ da kamen die Voͤgel des Himmels und fraſſen denſelben: Wann die Voͤgel des Himmels ſo groſſen Schaden thun/ was werden wol die Galgen Voͤgel und Ertz-Voͤgel thun? Ein anderer Theil fiel auf einen ſteinigten und felſigten Grund/ da es wenig Erden hatte/ und darumb iſt es bald verdorret/ kaum daß es aufgangen. Der dritte Theil des guten Saamens fiel un- ter die Doͤrner/ dieſe erſtickten denſelben. Die Stich-Woͤrter/ ſo etliche beym Eſſen und Trincken im Brauch haben/ ſeynd natuͤr- lich wie die ſtechende Doͤrner/ ſo auch viel Unheil verurſachen/ und manchen/ der Ehrſam iſt/ nicht ein wenig beleidigen. An den flechenden Doͤrnern haben vielen keine Roſen getragen. Man ſagt ſonſt/ der Stich blut nicht; aber man weiß doch/ daß mehr- malen dergleichen Stich-Woͤrter die Schwerdter entbloͤſt haben/ und viel Blut vergoſſen. Jch weiß mich ſelbſten zu entſinnen/ daß bey einer Tafel/ allwo mehr ehrliche Gaͤſt waren/ einer ſeinem Naͤchſten eines zu- gebracht/ und ihn zugleich bey der Hand genommen/ weil aber dieſelbe ihn etwas hart und grob gedunckte/ alſo ſagte er: Bru- der! du haſt ſo grobe Haͤnd wie ein Dreſcher/ worauf der andere geſchwind zur Antwort gab: Ja freylich/ bin ich jetzt ein Dreſcher/ dann ich halte den Flegel nun wuͤrcklich bey der Hand/ und weil er den Geſellen zugleich bey der Hand gehalten/ alſo vermerckte derſel- be wol/ daß ſolches Bauern-Prædicat ihn angangen/ dahero bald in ſolche Wort-Wechslung und Zweitracht gerathen/ daß beede nicht ohne blutige Koͤpff nacher Haus gangen. Solchen a- der/ die ihre Zunge zu einem Schwerdt machen/ und eim und dem andern darmit verwunden/ ſoll man ſagen/ was da geſagt unſer HERR und Heyland dem Petro/ wie er den Malchum zwiſchen die Ohren gehaut: Converte gladium tuum in locum ſuum. Steck das Schwerd an ſein Ort. Chriſtoph Wacker/ Veit Limmel/ und Barthlme Ziegl ſitzen an einer Tafel beym Eſſen/ aber es iſt einer ſo grob und peng- liſch

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/464>, abgerufen am 18.04.2024.