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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas Jscarioth hat bey der Tafel des HErrn/
Trinckenden ein Speis aus dem Mund gehet/ de comedenti-
bus exit cibus.
Aber was für ein Speis? Bradwürst? Nein.
Bafessen? Nein. Kraut? Nein. Ein Brätel? Nein. Speck-
Knedel? Nein. Küchel oder Krapffen? Nein. Fisch oder Fleisch?
Nein. Nudel oder Stertz? Das gar nicht. Was dann? Es
wirds hart einer errathen: de commedentibus exit cibus, &c. Jch
sage es endlich/ und sage die Warheit: exit cibus. Wo man isset
und trinckt/ da gehen gemeiniglich Fleck aus dem Mund. Fleck/ ja
Fleck. O wie manchen thut man bey der Tafel die Ehr abschneiden/
und hängt ihme einen Schand Flecken an. Keine Kudel-Fleck/
sondern Schand-Fleck kommen aus solchen Mäulern.

Bey dem Evangelisten Marco am 7. Capitel/ seynd diese
Wort zu lesen: Als er abermal aus den Gränitzen Tyri gieng/
kam er durch Sydon an das Galliloeische Meer/ mitten in die
Gräntzen der zehen Städt; Und sie führten einen zu Jhm/ der
taub und stumm war/ und baten Jhn/ daß Er die Hand auf ihn
legte/ und er nahm ihn von dem Volck besonder/ und legt ihm
seine Finger in seine Ohren/ und Er speyet aus/ und berührte sei-
ne Zunge/ und Er sahe hinauf gegen Himmel/ seufftzete/ und
sprach zu ihm: Ephphata, das ist: Thue dich auf/ und alsobald wur-
den seinen Ohren aufgethan/ und das Band seiner Zungen wur-
de los.

Das war ein grosses Miracul/ ein herrliches Wunder-
Werck/ ein stattliche That von unserm lieben HERRN. Und
ob er ihnen schon verbotten/ sie solten dieses niemand sagen/ aber je
mehr er es ihnen verbotten/ je mehr haben sie es ausgebreit/ und
allenthalben kundbar gemacht. Der Teuffel will meistens ein Aff
seyn des Allerhöchsten/ und ihme alles nachthun/ absonderlich erst
gedachtes Miracul. Wenig Taflen und Mahl-Zeiten werden
anzutreffen seyn/ wo nicht der böse Feind öffter das Wort Eph-
phata
wiederholet/ das ist so viel/ als thue dich auf. Wenig Ti-
sche seynd zu finden/ wo er nicht auch die Band der Zungen los
macht/ aber Gottlos/ Ehrlos/ Gewissenlos; wenig Gastereyen
wird man zehlen/ wo man nicht allein das Fleisch/ sondern auch die

Leut

Judas Jſcarioth hat bey der Tafel des HErꝛn/
Trinckenden ein Speis aus dem Mund gehet/ de comedenti-
bus exit cibus.
Aber was fuͤr ein Speis? Bradwuͤrſt? Nein.
Bafeſſen? Nein. Kraut? Nein. Ein Braͤtel? Nein. Speck-
Knedel? Nein. Kuͤchel oder Krapffen? Nein. Fiſch oder Fleiſch?
Nein. Nudel oder Stertz? Das gar nicht. Was dann? Es
wirds hart einer errathen: de commedentibus exit cibus, &c. Jch
ſage es endlich/ und ſage die Warheit: exit cibus. Wo man iſſet
und trinckt/ da gehen gemeiniglich Fleck aus dem Mund. Fleck/ ja
Fleck. O wie manchen thut man bey der Tafel die Ehr abſchneiden/
und haͤngt ihme einen Schand Flecken an. Keine Kudel-Fleck/
ſondern Schand-Fleck kommen aus ſolchen Maͤulern.

Bey dem Evangeliſten Marco am 7. Capitel/ ſeynd dieſe
Wort zu leſen: Als er abermal aus den Graͤnitzen Tyri gieng/
kam er durch Sydon an das Gallilœiſche Meer/ mitten in die
Graͤntzen der zehen Staͤdt; Und ſie fuͤhrten einen zu Jhm/ der
taub und ſtumm war/ und baten Jhn/ daß Er die Hand auf ihn
legte/ und er nahm ihn von dem Volck beſonder/ und legt ihm
ſeine Finger in ſeine Ohren/ und Er ſpeyet aus/ und beruͤhrte ſei-
ne Zunge/ und Er ſahe hinauf gegen Himmel/ ſeufftzete/ und
ſprach zu ihm: Ephphata, das iſt: Thue dich auf/ und alſobald wur-
den ſeinen Ohren aufgethan/ und das Band ſeiner Zungen wur-
de los.

Das war ein groſſes Miracul/ ein herꝛliches Wunder-
Werck/ ein ſtattliche That von unſerm lieben HERRN. Und
ob er ihnen ſchon verbotten/ ſie ſolten dieſes niemand ſagen/ aber je
mehr er es ihnen verbotten/ je mehr haben ſie es ausgebreit/ und
allenthalben kundbar gemacht. Der Teuffel will meiſtens ein Aff
ſeyn des Allerhoͤchſten/ und ihme alles nachthun/ abſonderlich erſt
gedachtes Miracul. Wenig Taflen und Mahl-Zeiten werden
anzutreffen ſeyn/ wo nicht der boͤſe Feind oͤffter das Wort Eph-
phata
wiederholet/ das iſt ſo viel/ als thue dich auf. Wenig Ti-
ſche ſeynd zu finden/ wo er nicht auch die Band der Zungen los
macht/ aber Gottlos/ Ehrlos/ Gewiſſenlos; wenig Gaſtereyen
wird man zehlen/ wo man nicht allein das Fleiſch/ ſondern auch die

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[450/0462] Judas Jſcarioth hat bey der Tafel des HErꝛn/ Trinckenden ein Speis aus dem Mund gehet/ de comedenti- bus exit cibus. Aber was fuͤr ein Speis? Bradwuͤrſt? Nein. Bafeſſen? Nein. Kraut? Nein. Ein Braͤtel? Nein. Speck- Knedel? Nein. Kuͤchel oder Krapffen? Nein. Fiſch oder Fleiſch? Nein. Nudel oder Stertz? Das gar nicht. Was dann? Es wirds hart einer errathen: de commedentibus exit cibus, &c. Jch ſage es endlich/ und ſage die Warheit: exit cibus. Wo man iſſet und trinckt/ da gehen gemeiniglich Fleck aus dem Mund. Fleck/ ja Fleck. O wie manchen thut man bey der Tafel die Ehr abſchneiden/ und haͤngt ihme einen Schand Flecken an. Keine Kudel-Fleck/ ſondern Schand-Fleck kommen aus ſolchen Maͤulern. Bey dem Evangeliſten Marco am 7. Capitel/ ſeynd dieſe Wort zu leſen: Als er abermal aus den Graͤnitzen Tyri gieng/ kam er durch Sydon an das Gallilœiſche Meer/ mitten in die Graͤntzen der zehen Staͤdt; Und ſie fuͤhrten einen zu Jhm/ der taub und ſtumm war/ und baten Jhn/ daß Er die Hand auf ihn legte/ und er nahm ihn von dem Volck beſonder/ und legt ihm ſeine Finger in ſeine Ohren/ und Er ſpeyet aus/ und beruͤhrte ſei- ne Zunge/ und Er ſahe hinauf gegen Himmel/ ſeufftzete/ und ſprach zu ihm: Ephphata, das iſt: Thue dich auf/ und alſobald wur- den ſeinen Ohren aufgethan/ und das Band ſeiner Zungen wur- de los. Das war ein groſſes Miracul/ ein herꝛliches Wunder- Werck/ ein ſtattliche That von unſerm lieben HERRN. Und ob er ihnen ſchon verbotten/ ſie ſolten dieſes niemand ſagen/ aber je mehr er es ihnen verbotten/ je mehr haben ſie es ausgebreit/ und allenthalben kundbar gemacht. Der Teuffel will meiſtens ein Aff ſeyn des Allerhoͤchſten/ und ihme alles nachthun/ abſonderlich erſt gedachtes Miracul. Wenig Taflen und Mahl-Zeiten werden anzutreffen ſeyn/ wo nicht der boͤſe Feind oͤffter das Wort Eph- phata wiederholet/ das iſt ſo viel/ als thue dich auf. Wenig Ti- ſche ſeynd zu finden/ wo er nicht auch die Band der Zungen los macht/ aber Gottlos/ Ehrlos/ Gewiſſenlos; wenig Gaſtereyen wird man zehlen/ wo man nicht allein das Fleiſch/ ſondern auch die Leut

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/462>, abgerufen am 25.04.2024.