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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas Jscarioth wegen der Leut ihrer Reden

Was werden die Leut sagen? Mein/ was haben dazu-
malen die Leuth gesagt/ wie Margaritha Philippi deß dritten Kö-
Joann.
Roh.
Witt.
Hist.
nigs in Spanien wertheste Frau Gemahlin auf ein Zeit einen halb
nackenden Bettler auf der Gassen erblickt/ da hat sie alsobald das
beste Tuch lassen herbey bringen/ durch den Schneider für den ar-
men Tropffen ein Kleid lassen zuschneiden/ welches sie nachmahls
mit eigenen Händen hat ausgemacht. Was haben die Leuth zu
diesem gesagt? alles guts/ Männiglich hat sich darüber verwun-
dert/ und diese grosse Frau höchstens gepriesen.

Mein was sagen die Leuth/ daß Jhro Majestät die jetzige
Römische Kayserin Eleonora/ Magdalena Theresia mehrmal
schon die arme Leuth tractirt/ ihnen eigenhändig die Speifen auf-
getragen; auch solches schon öffter ist gesehen worden an Jhro
Majestät dem Römischen König/ mit was Demuth er den Ar-
men bey der Taffel gedient? was sagen die Leuth? nicht viel/ dann
sie können aus Wehemütigkeit deß Hertzens kein Red zusammen
bringen/ aber nasse Augen hab ich derentwegen schon bey den meh-
risten wahrgenommen.

Mein was haben die Leuth gesagt; wie seeliger Gedächtnus
der verstorbene Obriste Burggraff im Königreich Böhmen Graf
Martinitz Wochentlich ein und mehrmal ein armen Mann/ ein ar-
mes Weib/ samt einem armen Kind bey der Tafel wol tractirt/ ih-
nen die Speisen selbst vorgelegt/ die übrige in gantz neue Geschirr
eingeschütt/ und ihnen samt einem Allmosen von Geld eingehän-
diget? was haben die Leuth gesagt? ich meines theils hab nichts
als alles guts gehört/ und hab mich glückseelig geschätzt/ daß ich
zuweilen hab dörffen gegenwärtig seyn.

Sie lachen mich aber aus/ last lachen/ rechtschaffene
Leuth lachen dich nicht aus/ und die andere muß man nicht achten:
Gleichwie CHRJSTUS der HERR unser Heyland gethan/
wie er in deß Obristen Haus kommen/ da hat er dem Volck daselbst

geschafft
Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden

Was werden die Leut ſagen? Mein/ was haben dazu-
malen die Leuth geſagt/ wie Margaritha Philippi deß dritten Koͤ-
Joann.
Roh.
Witt.
Hiſt.
nigs in Spanien wertheſte Frau Gemahlin auf ein Zeit einen halb
nackenden Bettler auf der Gaſſen erblickt/ da hat ſie alſobald das
beſte Tuch laſſen herbey bringen/ durch den Schneider fuͤr den ar-
men Tropffen ein Kleid laſſen zuſchneiden/ welches ſie nachmahls
mit eigenen Haͤnden hat ausgemacht. Was haben die Leuth zu
dieſem geſagt? alles guts/ Maͤnniglich hat ſich daruͤber verwun-
dert/ und dieſe groſſe Frau hoͤchſtens geprieſen.

Mein was ſagen die Leuth/ daß Jhro Majeſtaͤt die jetzige
Roͤmiſche Kayſerin Eleonora/ Magdalena Thereſia mehrmal
ſchon die arme Leuth tractirt/ ihnen eigenhaͤndig die Speifen auf-
getragen; auch ſolches ſchon oͤffter iſt geſehen worden an Jhro
Majeſtaͤt dem Roͤmiſchen Koͤnig/ mit was Demuth er den Ar-
men bey der Taffel gedient? was ſagen die Leuth? nicht viel/ dann
ſie koͤnnen aus Wehemuͤtigkeit deß Hertzens kein Red zuſammen
bringen/ aber naſſe Augen hab ich derentwegen ſchon bey den meh-
riſten wahrgenommen.

Mein was haben die Leuth geſagt; wie ſeeliger Gedaͤchtnus
der verſtorbene Obriſte Burggraff im Koͤnigreich Boͤhmen Graf
Martinitz Wochentlich ein und mehrmal ein armen Mann/ ein ar-
mes Weib/ ſamt einem armen Kind bey der Tafel wol tractirt/ ih-
nen die Speiſen ſelbſt vorgelegt/ die uͤbrige in gantz neue Geſchirꝛ
eingeſchuͤtt/ und ihnen ſamt einem Allmoſen von Geld eingehaͤn-
diget? was haben die Leuth geſagt? ich meines theils hab nichts
als alles guts gehoͤrt/ und hab mich gluͤckſeelig geſchaͤtzt/ daß ich
zuweilen hab doͤrffen gegenwaͤrtig ſeyn.

Sie lachen mich aber aus/ laſt lachen/ rechtſchaffene
Leuth lachen dich nicht aus/ und die andere muß man nicht achten:
Gleichwie CHRJSTUS der HERR unſer Heyland gethan/
wie er in deß Obriſten Haus kommen/ da hat er dem Volck daſelbſt

geſchafft
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[404/0416] Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden Was werden die Leut ſagen? Mein/ was haben dazu- malen die Leuth geſagt/ wie Margaritha Philippi deß dritten Koͤ- nigs in Spanien wertheſte Frau Gemahlin auf ein Zeit einen halb nackenden Bettler auf der Gaſſen erblickt/ da hat ſie alſobald das beſte Tuch laſſen herbey bringen/ durch den Schneider fuͤr den ar- men Tropffen ein Kleid laſſen zuſchneiden/ welches ſie nachmahls mit eigenen Haͤnden hat ausgemacht. Was haben die Leuth zu dieſem geſagt? alles guts/ Maͤnniglich hat ſich daruͤber verwun- dert/ und dieſe groſſe Frau hoͤchſtens geprieſen. Joann. Roh. Witt. Hiſt. Mein was ſagen die Leuth/ daß Jhro Majeſtaͤt die jetzige Roͤmiſche Kayſerin Eleonora/ Magdalena Thereſia mehrmal ſchon die arme Leuth tractirt/ ihnen eigenhaͤndig die Speifen auf- getragen; auch ſolches ſchon oͤffter iſt geſehen worden an Jhro Majeſtaͤt dem Roͤmiſchen Koͤnig/ mit was Demuth er den Ar- men bey der Taffel gedient? was ſagen die Leuth? nicht viel/ dann ſie koͤnnen aus Wehemuͤtigkeit deß Hertzens kein Red zuſammen bringen/ aber naſſe Augen hab ich derentwegen ſchon bey den meh- riſten wahrgenommen. Mein was haben die Leuth geſagt; wie ſeeliger Gedaͤchtnus der verſtorbene Obriſte Burggraff im Koͤnigreich Boͤhmen Graf Martinitz Wochentlich ein und mehrmal ein armen Mann/ ein ar- mes Weib/ ſamt einem armen Kind bey der Tafel wol tractirt/ ih- nen die Speiſen ſelbſt vorgelegt/ die uͤbrige in gantz neue Geſchirꝛ eingeſchuͤtt/ und ihnen ſamt einem Allmoſen von Geld eingehaͤn- diget? was haben die Leuth geſagt? ich meines theils hab nichts als alles guts gehoͤrt/ und hab mich gluͤckſeelig geſchaͤtzt/ daß ich zuweilen hab doͤrffen gegenwaͤrtig ſeyn. Sie lachen mich aber aus/ laſt lachen/ rechtſchaffene Leuth lachen dich nicht aus/ und die andere muß man nicht achten: Gleichwie CHRJSTUS der HERR unſer Heyland gethan/ wie er in deß Obriſten Haus kommen/ da hat er dem Volck daſelbſt geſchafft

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/416>, abgerufen am 19.04.2024.