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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Die dreyssig Silberling
chen unsere tägliche/ ja stündliche Mängel und Unvollkommen-
heiten allezeit klein/ die leßliche Sünden haben bey uns den or-
dinari Titul/ und werden kleine Possen und Narredey benah-
met/ aber bey GOtt dem Allmächtigen werden sie für groß
gehalten/ und solche Mucken für Elephanten angesehen/ auch
derentwegen in jener Welt/ durch das Fegfeur unermeßlich
gestrafft.

Mahomet der andere/ hat einen auß seinen Edel-Knaben
lassen lebendig auffschneiden/ umb weil er einen verbottenen
Fulgos.
lib.
9.
Apffel auß seinem Hoff-Garten entfrembt. Ein Hertzog von
Mayland/ schreibet Corius, hat einen Priester lassen Hunger
sterben in der Gefängnuß/ weil solcher ihme vorgesagt/ daß er
nur 9. Jähr werde regiern. Wenceslaus König in Böhmen
hat seinen Koch lassen lebendig am Spieß braten wie ein Jndi-
anisch Stuck/ weil solcher ihme die Speise nicht nach seinem
Gusto hat zugericht: aber der gerechte GOte züchtiget die klei-
ne Verbrechen/ weit schärpffer in jener Welt.

Andonius de Monte, einer von den ersten Capuccinern zu
Rom/ eines sehr frommen Wandels/ stunde auff ein Zeit bey der
Nacht auff/ und gienge in die Kuchel/ daselbst ein Liecht anzu-
zünden/ merckt aber vvn fern in derselben ein grosses Feur/ wes-
senthalben er sich nicht genug könte verwundern/ umweilen zu
solcher Zeit nicht gewöhnlich/ ein Feuer zu brennen/ als er nun in
die Kuchel getretten/ da erblickt er alsobald ein erbärmliches
Spectackel/ benantlich zwey Kohlschwartze Mohren/ welche
zwey Capucciner-Brüder so umlängst zuvor mit Todt abgan-
gen/ an gantz glüenden Spiessen gebraten; der|fromme Pater,
nachdem er sich wegen grossen Schröcken in etwas erholt/ befragt
dise zwey/ als vorhin seine gute bekante/ was doch dises bedeu-
te? ob sie dann in das ewige Feuer oder aber in das Zeitliche ver-
urtheilt worden? worauff sie geantwort/ daß sie zwar durch die
grundlose Barmhertzigkeit GOttes dem Ewigen entgangen/
leyden aber dise erschröckliche und unermäßliche Peyn/ derent-

halben/

Die dreyſſig Silberling
chen unſere taͤgliche/ ja ſtuͤndliche Maͤngel und Unvollkom̃en-
heiten allezeit klein/ die leßliche Suͤnden haben bey uns den or-
dinari Titul/ und werden kleine Poſſen und Narredey benah-
met/ aber bey GOtt dem Allmaͤchtigen werden ſie fuͤr groß
gehalten/ und ſolche Mucken fuͤr Elephanten angeſehen/ auch
derentwegen in jener Welt/ durch das Fegfeur unermeßlich
geſtrafft.

Mahomet der andere/ hat einen auß ſeinen Edel-Knaben
laſſen lebendig auffſchneiden/ umb weil er einen verbottenen
Fulgos.
lib.
9.
Apffel auß ſeinem Hoff-Garten entfrembt. Ein Hertzog von
Mayland/ ſchreibet Corius, hat einen Prieſter laſſen Hunger
ſterben in der Gefaͤngnuß/ weil ſolcher ihme vorgeſagt/ daß er
nur 9. Jaͤhr werde regiern. Wenceslaus Koͤnig in Boͤhmen
hat ſeinen Koch laſſen lebendig am Spieß braten wie ein Jndi-
aniſch Stuck/ weil ſolcher ihme die Speiſe nicht nach ſeinem
Guſto hat zugerıcht: aber der gerechte GOte zuͤchtiget die klei-
ne Verbrechen/ weit ſchaͤrpffer in jener Welt.

Andonius de Monte, einer von den erſten Capuccinern zu
Rom/ eines ſehr from̃en Wandels/ ſtunde auff ein Zeit bey der
Nacht auff/ und gienge in die Kuchel/ daſelbſt ein Liecht anzu-
zuͤnden/ merckt aber vvn fern in derſelben ein gꝛoſſes Feur/ weſ-
ſenthalben er ſich nicht genug koͤnte verwundern/ umweilen zu
ſolcher Zeit nicht gewoͤhnlich/ ein Feuer zu breñen/ als er nun in
die Kuchel getretten/ da erblickt er alſobald ein erbaͤrmliches
Spectackel/ benantlich zwey Kohlſchwartze Mohren/ welche
zwey Capucciner-Bruͤder ſo umlaͤngſt zuvor mit Todt abgan-
gen/ an gantz gluͤenden Spieſſen gebraten; der|fromme Pater,
nachdem er ſich wegẽ groſſen Schroͤckẽ in etwas erholt/ befragt
diſe zwey/ als vorhin ſeine gute bekante/ was doch diſes bedeu-
te? ob ſie dann in das ewige Feuer oder aber in das Zeitliche ver-
urtheilt worden? worauff ſie geantwort/ daß ſie zwar durch die
grundloſe Barmhertzigkeit GOttes dem Ewigen entgangen/
leyden aber dıſe erſchroͤckliche und unermaͤßliche Peyn/ derent-

halben/
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[314/0326] Die dreyſſig Silberling chen unſere taͤgliche/ ja ſtuͤndliche Maͤngel und Unvollkom̃en- heiten allezeit klein/ die leßliche Suͤnden haben bey uns den or- dinari Titul/ und werden kleine Poſſen und Narredey benah- met/ aber bey GOtt dem Allmaͤchtigen werden ſie fuͤr groß gehalten/ und ſolche Mucken fuͤr Elephanten angeſehen/ auch derentwegen in jener Welt/ durch das Fegfeur unermeßlich geſtrafft. Mahomet der andere/ hat einen auß ſeinen Edel-Knaben laſſen lebendig auffſchneiden/ umb weil er einen verbottenen Apffel auß ſeinem Hoff-Garten entfrembt. Ein Hertzog von Mayland/ ſchreibet Corius, hat einen Prieſter laſſen Hunger ſterben in der Gefaͤngnuß/ weil ſolcher ihme vorgeſagt/ daß er nur 9. Jaͤhr werde regiern. Wenceslaus Koͤnig in Boͤhmen hat ſeinen Koch laſſen lebendig am Spieß braten wie ein Jndi- aniſch Stuck/ weil ſolcher ihme die Speiſe nicht nach ſeinem Guſto hat zugerıcht: aber der gerechte GOte zuͤchtiget die klei- ne Verbrechen/ weit ſchaͤrpffer in jener Welt. Fulgos. lib. 9. Andonius de Monte, einer von den erſten Capuccinern zu Rom/ eines ſehr from̃en Wandels/ ſtunde auff ein Zeit bey der Nacht auff/ und gienge in die Kuchel/ daſelbſt ein Liecht anzu- zuͤnden/ merckt aber vvn fern in derſelben ein gꝛoſſes Feur/ weſ- ſenthalben er ſich nicht genug koͤnte verwundern/ umweilen zu ſolcher Zeit nicht gewoͤhnlich/ ein Feuer zu breñen/ als er nun in die Kuchel getretten/ da erblickt er alſobald ein erbaͤrmliches Spectackel/ benantlich zwey Kohlſchwartze Mohren/ welche zwey Capucciner-Bruͤder ſo umlaͤngſt zuvor mit Todt abgan- gen/ an gantz gluͤenden Spieſſen gebraten; der|fromme Pater, nachdem er ſich wegẽ groſſen Schroͤckẽ in etwas erholt/ befragt diſe zwey/ als vorhin ſeine gute bekante/ was doch diſes bedeu- te? ob ſie dann in das ewige Feuer oder aber in das Zeitliche ver- urtheilt worden? worauff ſie geantwort/ daß ſie zwar durch die grundloſe Barmhertzigkeit GOttes dem Ewigen entgangen/ leyden aber dıſe erſchroͤckliche und unermaͤßliche Peyn/ derent- halben/

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/326>, abgerufen am 19.04.2024.