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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas der Gottlose Gesell
Schimmel/ du alte Zahnlucken/ du alte Husten/ du alte Unhold/
du alte Wettermacherin/ du alte Falten-Krämerin/ etc. ich
glaub wol/ daß die Juden/ als ungebärtige Lotters-Gesellen/
dergleichen Wort haben gebraucht/ oder wenigst gedenckt/ wie
das alte Weibl zum Opffer gangen/ und zwey Heller in den
Stock gelegt: aber unser lieber HErr hat sich alsobald des al-
ten Mütterl angenommen/ und selbes mehr gelobt und her-
vor gestriechen/ als alle andere.

Zu Cosae in Lusitania in eine vornehme und sehr berühmte
Kirchfahrt Unser Lieben Frauen/ welche ihren Ursprung ge-
nommen von einem alten Weib/ so da Armuth halber einmal
Wald-Holtz zusammen klaubt/ ungefehr aber ihren Haus-
Schlüssel verlohren/ welchen Schaden sie nicht ein wenig be-
dauret/ und die Sach der Mutter Gottes bestens anbefohlen/
welche dann alsobald der alten Cätherl (dieses war ihr Name)
samt der heil. Martha erschienen/ den verlornen Hausschlüs-
sel wiederum eingehändiget/ so gar ihr das Holtz helffen zusam-
men suchen/ und nachmahls mit Beyhülff des alten Müttetl
ein wüsten Brunnen ausgeraumet/ und zugleich geoffenbaret/
daß solches Wasser durch dero Vorbitt alle Presten und Kranck-
heiten werde abwenden und heilen. Das alte Mütterl hat die-
ses nach Möglichkeit geprediget/ und allerseits lautmehrig ge-
macht/ aber nichts anders erhalten/ als ein Gelächter; ja et-
liche wolten/ man solt die alte Hex und zauberische Wahrsage-
rin gar in Kotter stecken: ja einige waren so frech/ daß sie der
alten Holtztragerin gar den Scheiter-Hauffen vergonnten. Es
seynd aber alle dieselbige/ welche das alte Mütterl übermässig
geschimpfft/ nicht allein wunderbarlich gestrafft worden/ son-
dern auch bald hernach grosse Wunderwerck bey besagtem
Vascon-
cell. l. 5.
c.
81.
Brunnen geschehen/ daß man gleich eine schöne Kirchen auf-
gericht/ und GOtt der HErr das alte Weib in solchen Ruhm
und Ansehen gebracht/ daß sie von der gantzen Gemein reich-
lich ernähret worden: ja es schätzte sich jemand glückseelig/ wann
er nur einen alten Fetzen von der armen Cätherl kunte haben.

Wie

Judas der Gottloſe Geſell
Schim̃el/ du alte Zahnlucken/ du alte Huſten/ du alte Unhold/
du alte Wettermacherin/ du alte Falten-Kraͤmerin/ ꝛc. ich
glaub wol/ daß die Juden/ als ungebaͤrtige Lotters-Geſellen/
dergleichen Wort haben gebraucht/ oder wenigſt gedenckt/ wie
das alte Weibl zum Opffer gangen/ und zwey Heller in den
Stock gelegt: aber unſer lieber HErr hat ſich alſobald des al-
ten Muͤtterl angenommen/ und ſelbes mehr gelobt und her-
vor geſtriechen/ als alle andere.

Zu Coſæ in Luſitania in eine vornehme und ſehr beruͤhmte
Kirchfahrt Unſer Lieben Frauen/ welche ihren Urſprung ge-
nommen von einem alten Weib/ ſo da Armuth halber einmal
Wald-Holtz zuſammen klaubt/ ungefehr aber ihren Haus-
Schluͤſſel verlohren/ welchen Schaden ſie nicht ein wenig be-
dauret/ und die Sach der Mutter Gottes beſtens anbefohlen/
welche dann alſobald der alten Caͤtherl (dieſes war ihr Name)
ſamt der heil. Martha erſchienen/ den verlornen Hausſchluͤſ-
ſel wiederum eingehaͤndiget/ ſo gar ıhr das Holtz helffen zuſam-
men ſuchen/ und nachmahls mit Beyhuͤlff des alten Muͤttetl
ein wuͤſten Brunnen ausgeraumet/ und zugleich geoffenbaret/
daß ſolches Waſſer durch dero Vorbitt alle Preſten uñ Kranck-
heiten werde abwenden und heilen. Das alte Muͤtterl hat die-
ſes nach Moͤglichkeit geprediget/ und allerſeits lautmehrig ge-
macht/ aber nichts anders erhalten/ als ein Gelaͤchter; ja et-
liche wolten/ man ſolt die alte Hex und zauberiſche Wahrſage-
rin gar in Kotter ſtecken: ja einige waren ſo frech/ daß ſie der
alten Holtztragerin gar den Scheiter-Hauffen vergoñten. Es
ſeynd aber alle dieſelbige/ welche das alte Muͤtterl uͤbermaͤſſig
geſchimpfft/ nicht allein wunderbarlich geſtrafft worden/ ſon-
dern auch bald hernach groſſe Wunderwerck bey beſagtem
Vaſcon-
cell. l. 5.
c.
81.
Brunnen geſchehen/ daß man gleich eine ſchoͤne Kirchen auf-
gericht/ und GOtt der HErr das alte Weib in ſolchen Ruhm
und Anſehen gebracht/ daß ſie von der gantzen Gemein reich-
lich ernaͤhret worden: ja es ſchaͤtzte ſich jemand gluͤckſeelig/ wañ
er nur einen alten Fetzen von der armen Caͤtherl kunte haben.

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[276/0288] Judas der Gottloſe Geſell Schim̃el/ du alte Zahnlucken/ du alte Huſten/ du alte Unhold/ du alte Wettermacherin/ du alte Falten-Kraͤmerin/ ꝛc. ich glaub wol/ daß die Juden/ als ungebaͤrtige Lotters-Geſellen/ dergleichen Wort haben gebraucht/ oder wenigſt gedenckt/ wie das alte Weibl zum Opffer gangen/ und zwey Heller in den Stock gelegt: aber unſer lieber HErr hat ſich alſobald des al- ten Muͤtterl angenommen/ und ſelbes mehr gelobt und her- vor geſtriechen/ als alle andere. Zu Coſæ in Luſitania in eine vornehme und ſehr beruͤhmte Kirchfahrt Unſer Lieben Frauen/ welche ihren Urſprung ge- nommen von einem alten Weib/ ſo da Armuth halber einmal Wald-Holtz zuſammen klaubt/ ungefehr aber ihren Haus- Schluͤſſel verlohren/ welchen Schaden ſie nicht ein wenig be- dauret/ und die Sach der Mutter Gottes beſtens anbefohlen/ welche dann alſobald der alten Caͤtherl (dieſes war ihr Name) ſamt der heil. Martha erſchienen/ den verlornen Hausſchluͤſ- ſel wiederum eingehaͤndiget/ ſo gar ıhr das Holtz helffen zuſam- men ſuchen/ und nachmahls mit Beyhuͤlff des alten Muͤttetl ein wuͤſten Brunnen ausgeraumet/ und zugleich geoffenbaret/ daß ſolches Waſſer durch dero Vorbitt alle Preſten uñ Kranck- heiten werde abwenden und heilen. Das alte Muͤtterl hat die- ſes nach Moͤglichkeit geprediget/ und allerſeits lautmehrig ge- macht/ aber nichts anders erhalten/ als ein Gelaͤchter; ja et- liche wolten/ man ſolt die alte Hex und zauberiſche Wahrſage- rin gar in Kotter ſtecken: ja einige waren ſo frech/ daß ſie der alten Holtztragerin gar den Scheiter-Hauffen vergoñten. Es ſeynd aber alle dieſelbige/ welche das alte Muͤtterl uͤbermaͤſſig geſchimpfft/ nicht allein wunderbarlich geſtrafft worden/ ſon- dern auch bald hernach groſſe Wunderwerck bey beſagtem Brunnen geſchehen/ daß man gleich eine ſchoͤne Kirchen auf- gericht/ und GOtt der HErr das alte Weib in ſolchen Ruhm und Anſehen gebracht/ daß ſie von der gantzen Gemein reich- lich ernaͤhret worden: ja es ſchaͤtzte ſich jemand gluͤckſeelig/ wañ er nur einen alten Fetzen von der armen Caͤtherl kunte haben. Vaſcon- cell. l. 5. c. 81. Wie

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/288>, abgerufen am 24.04.2024.