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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas der gewissenlosse Bößwicht.
dich wider deinen Willen jagen/ plagen/ zwagen/ so hast du de-
renthalben von dem gerechten GOtt/ so alle dergleichen Ob-
siger belohnt ein sondere Vergeltung zu gewarten.

Der Englische Lehrer Thomas von Aquin, von Gut und
Blut ein adelicher Jüngling/ ware gantz allein verschlossen bey
einem frechen Weibs-Bild; diese ware wol bekleidt|/ aber ein
schlechter Festen/ ware schön im Gesicht/ aber schändlich in Ge-
bärden/ ware stattlich in Augen/ aber auf nichts guts angese-
hen/ ware Rosenfärbig in Lefftzen/ aber nit schamroth/ ware
bloß am Hals/ aber ein verdeckter Teuffel/ etc. Dieses war ein
Keder/ woran der David gebissen/ dieses war ein Feuer/ an dem
sich der Absalon gebrennt/ dieses war ein Schlang/ die auch den
Samson vergifft, bey denen Barbaren ist man sicherer/ als bey
einer solchen Barba, bey denen Saraceneren ist man sicherer/
als bey einer solchen Sara; so gar bey der Höll ist man siche-
rer/ als bey einer solchen Helena. Andere schliffern/ ja/ andere
stolpern/ ja/ andere fallen/ ja/ bey solcher Gelegenheit/ aber
Thomas von Aquin nit: diese war Teufflisch/ wann schon: das
Versuchen war Teufflisch/ wann schon: die Gelegenheit war
Teufflisch/ wann schon: die Gedancken waren Teufflisch/
wann schon: es bliebe dannoch der Thomas Englisch; dann
ihme dem irrdischen Engel die häuffige/ hefftige/ verdammte/
und unverschambte Gedancken nit allein keinen Schaden zu-
gefügt/ als denen er bester massen widerstrebt/ sondern derent-
halben hat er im Himmel ein sondere Cron erworben/ derenthal-
ben haben ihme die andere anverwandte Engel wegen erhalte-
nen Sieg hertzlich Glück gewunschen und gratulirt.

Was schlimme Gedancken seynd nit eingefallen einem H.
Macario? Macarius, der wegen stäter Casteyung und Abbruch
ware nichs/ als Haut und Bein/ und dannoch seynd ihme fleisch-
liche Gedancken eingefallen/ Macario, der alle Tag mit häuffi-
gen Buß-Thränen sein Gewissen gesäubert/ seynd gleichwol
unsaubere Gedancken eingefallen: Macario, deme wegen seiner

Hei-

Judas der gewiſſenloſſe Boͤßwicht.
dich wider deinen Willen jagen/ plagen/ zwagen/ ſo haſt du de-
renthalben von dem gerechten GOtt/ ſo alle dergleichen Ob-
ſiger belohnt ein ſondere Vergeltung zu gewarten.

Der Engliſche Lehrer Thomas von Aquin, von Gut und
Blut ein adelicher Juͤngling/ ware gantz allein verſchloſſen bey
einem frechen Weibs-Bild; dieſe ware wol bekleidt|/ aber ein
ſchlechter Feſten/ ware ſchoͤn im Geſicht/ aber ſchaͤndlich in Ge-
baͤrden/ ware ſtattlich in Augen/ aber auf nichts guts angeſe-
hen/ ware Roſenfaͤrbig in Lefftzen/ aber nit ſchamroth/ ware
bloß am Hals/ aber ein verdeckter Teuffel/ ꝛc. Dieſes war ein
Keder/ woran der David gebiſſen/ dieſes war ein Feuer/ an dem
ſich der Abſalon gebreñt/ dieſes war ein Schlang/ die auch den
Samſon vergifft, bey denen Barbaren iſt man ſicherer/ als bey
einer ſolchen Barba, bey denen Saraceneren iſt man ſicherer/
als bey einer ſolchen Sara; ſo gar bey der Hoͤll iſt man ſiche-
rer/ als bey einer ſolchen Helena. Andere ſchliffern/ ja/ andere
ſtolpern/ ja/ andere fallen/ ja/ bey ſolcher Gelegenheit/ aber
Thomas von Aquin nit: dieſe war Teuffliſch/ wann ſchon: das
Verſuchen war Teuffliſch/ wann ſchon: die Gelegenheit war
Teuffliſch/ wann ſchon: die Gedancken waren Teuffliſch/
wann ſchon: es bliebe dannoch der Thomas Engliſch; dann
ihme dem irꝛdiſchen Engel die haͤuffige/ hefftige/ verdammte/
und unverſchambte Gedancken nit allein keinen Schaden zu-
gefuͤgt/ als denen er beſter maſſen widerſtrebt/ ſondern derent-
halben hat er im Him̃el ein ſondere Cron erworben/ derenthal-
ben haben ihme die andere anverwandte Engel wegen erhalte-
nen Sieg hertzlich Gluͤck gewunſchen und gratulirt.

Was ſchlimme Gedancken ſeynd nit eingefallen einem H.
Macario? Macarius, der wegen ſtaͤter Caſteyung und Abbruch
ware nichs/ als Haut und Bein/ und dañoch ſeynd ihme fleiſch-
liche Gedancken eingefallen/ Macario, der alle Tag mit haͤuffi-
gen Buß-Thraͤnen ſein Gewiſſen geſaͤubert/ ſeynd gleichwol
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[220/0232] Judas der gewiſſenloſſe Boͤßwicht. dich wider deinen Willen jagen/ plagen/ zwagen/ ſo haſt du de- renthalben von dem gerechten GOtt/ ſo alle dergleichen Ob- ſiger belohnt ein ſondere Vergeltung zu gewarten. Der Engliſche Lehrer Thomas von Aquin, von Gut und Blut ein adelicher Juͤngling/ ware gantz allein verſchloſſen bey einem frechen Weibs-Bild; dieſe ware wol bekleidt|/ aber ein ſchlechter Feſten/ ware ſchoͤn im Geſicht/ aber ſchaͤndlich in Ge- baͤrden/ ware ſtattlich in Augen/ aber auf nichts guts angeſe- hen/ ware Roſenfaͤrbig in Lefftzen/ aber nit ſchamroth/ ware bloß am Hals/ aber ein verdeckter Teuffel/ ꝛc. Dieſes war ein Keder/ woran der David gebiſſen/ dieſes war ein Feuer/ an dem ſich der Abſalon gebreñt/ dieſes war ein Schlang/ die auch den Samſon vergifft, bey denen Barbaren iſt man ſicherer/ als bey einer ſolchen Barba, bey denen Saraceneren iſt man ſicherer/ als bey einer ſolchen Sara; ſo gar bey der Hoͤll iſt man ſiche- rer/ als bey einer ſolchen Helena. Andere ſchliffern/ ja/ andere ſtolpern/ ja/ andere fallen/ ja/ bey ſolcher Gelegenheit/ aber Thomas von Aquin nit: dieſe war Teuffliſch/ wann ſchon: das Verſuchen war Teuffliſch/ wann ſchon: die Gelegenheit war Teuffliſch/ wann ſchon: die Gedancken waren Teuffliſch/ wann ſchon: es bliebe dannoch der Thomas Engliſch; dann ihme dem irꝛdiſchen Engel die haͤuffige/ hefftige/ verdammte/ und unverſchambte Gedancken nit allein keinen Schaden zu- gefuͤgt/ als denen er beſter maſſen widerſtrebt/ ſondern derent- halben hat er im Him̃el ein ſondere Cron erworben/ derenthal- ben haben ihme die andere anverwandte Engel wegen erhalte- nen Sieg hertzlich Gluͤck gewunſchen und gratulirt. Was ſchlimme Gedancken ſeynd nit eingefallen einem H. Macario? Macarius, der wegen ſtaͤter Caſteyung und Abbruch ware nichs/ als Haut und Bein/ und dañoch ſeynd ihme fleiſch- liche Gedancken eingefallen/ Macario, der alle Tag mit haͤuffi- gen Buß-Thraͤnen ſein Gewiſſen geſaͤubert/ ſeynd gleichwol unſaubere Gedancken eingefallen: Macario, deme wegen ſeiner Hei-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/232>, abgerufen am 28.11.2024.