Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas Jscarioth würcket gleich andern Aposteln
Personen offt Wunder-Werck und Zeichen gewürcket/ damit
der noch schwach-gegründete Glauben desto festere Wurtzel
fasse.

Erstlich ist zu wissen/ daß niemand ausser GOtt des All-
mächtigen könne Miracul würcken; dann ob schon aus den Ge-
schichten und Lebens-Verfassungen der Heiligen kundbar ist/ daß
viel Heilige grössere und mehrer Wunderwerck an Tag gebracht/
als Christus der HErr selbst/ zumahlen Petrus so gar mit sei-
nem Schatten Miracul gethan/ Gregorius Taumaturgus einen
grossen Berg von einer Seiten zu der andern geschafft. Xave-
rius
weit mehrer Todte zum Leben erwecket/ als der HERR
JEsus/ als welcher nur der Tochter des Fürstens der Synagog,
dem Sohn der Wittiben zu Naim, dem Lazzaro einem Bru-
der Magdalenae und Marthae das Leben wieder ertheilet/ und
bloß diese drey von Toden erwecket. Wann schon diese und viel
andere Heilige mit mehrern und grössern Miraculn geleucht/ als
Christus selbst/ so ist doch zu wissen/ daß sie solche Wunderwerck
nit gewürckt durch eigne Krafft und Vermögen/ wie der Hey-
land/ sondern durch den Gewalt GOttes in dem Namen JEsu;
dahero sie allemahl/ bevor sie ein Wunderzeichen sehen lassen/
den allmächtigen GOtt angeruffen/ wessenthalben nicht ihnen/
sondern GOtt dem HErrn allein der Gewalt und die Macht/
Miracul zu würcken/ zuzumessen ist.

Die plumpe Welt/ und etliche dero Witzlose Menschen
machen gar offt aus einer Sachen ein Miracul und Wunder-
Werck/ da es doch in der Warheit nit also solt benambset wer-
den/ sondern trägt vielmehr den Namen eines Wunders/ als
eines Wunderwercks; Wie dann ein gemeiner Schmuzius ge-
west/ deme in dem Wirthshaus/ allwo er die Einkehr genom-
men/ die Mäus fast die halbe Hosen verzehrt/ worüber frühe
Morgens er sich nit gnugsam kunte verwundern/ ja so gar über-
laut auf geschryen: Miracul! Miracul! wie da? fragt der andere
ein Mitgespan/ die Mäus/ antwortet er/ haben mir die Hosen
gefressen. Du Phantast/ sagt der hinwider/ das ist kein Miracul:

aber

Judas Jſcarioth wuͤrcket gleich andern Apoſteln
Perſonen offt Wunder-Werck und Zeichen gewuͤrcket/ damit
der noch ſchwach-gegruͤndete Glauben deſto feſtere Wurtzel
faſſe.

Erſtlich iſt zu wiſſen/ daß niemand auſſer GOtt des All-
maͤchtigen koͤnne Miracul wuͤrcken; dann ob ſchon aus den Ge-
ſchichten und Lebens-Verfaſſungen der Heiligen kundbar iſt/ daß
viel Heilige groͤſſere und mehrer Wunderwerck an Tag gebracht/
als Chriſtus der HErr ſelbſt/ zumahlen Petrus ſo gar mit ſei-
nem Schatten Miracul gethan/ Gregorius Taumaturgus einen
groſſen Berg von einer Seiten zu der andern geſchafft. Xave-
rius
weit mehrer Todte zum Leben erwecket/ als der HERR
JEſus/ als welcher nur der Tochter des Fuͤrſtens der Synagog,
dem Sohn der Wittiben zu Naim, dem Lazzaro einem Bru-
der Magdalenæ und Marthæ das Leben wieder ertheilet/ und
bloß dieſe drey von Toden erwecket. Wann ſchon dieſe und viel
andere Heilige mit mehrern und groͤſſern Miraculn geleucht/ als
Chriſtus ſelbſt/ ſo iſt doch zu wiſſen/ daß ſie ſolche Wunderwerck
nit gewuͤrckt durch eigne Krafft und Vermoͤgen/ wie der Hey-
land/ ſondern durch den Gewalt GOttes in dem Namen JEſu;
dahero ſie allemahl/ bevor ſie ein Wunderzeichen ſehen laſſen/
den allmaͤchtigen GOtt angeruffen/ weſſenthalben nicht ihnen/
ſondern GOtt dem HErrn allein der Gewalt und die Macht/
Miracul zu wuͤrcken/ zuzumeſſen iſt.

Die plumpe Welt/ und etliche dero Witzloſe Menſchen
machen gar offt aus einer Sachen ein Miracul und Wunder-
Werck/ da es doch in der Warheit nit alſo ſolt benambſet wer-
den/ ſondern traͤgt vielmehr den Namen eines Wunders/ als
eines Wunderwercks; Wie dann ein gemeiner Schmuzius ge-
weſt/ deme in dem Wirthshaus/ allwo er die Einkehr genom-
men/ die Maͤus faſt die halbe Hoſen verzehrt/ woruͤber fruͤhe
Morgens er ſich nit gnugſam kunte verwundern/ ja ſo gar uͤber-
laut auf geſchryen: Miracul! Miracul! wie da? fragt der andere
ein Mitgeſpan/ die Maͤus/ antwortet er/ haben mir die Hoſen
gefreſſen. Du Phantaſt/ ſagt der hinwider/ das iſt kein Miracul:

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0196" n="184"/><fw type="header" place="top">Judas J&#x017F;carioth wu&#x0364;rcket gleich andern Apo&#x017F;teln</fw><lb/>
Per&#x017F;onen offt Wunder-Werck und Zeichen gewu&#x0364;rcket/ damit<lb/>
der noch &#x017F;chwach-gegru&#x0364;ndete Glauben de&#x017F;to fe&#x017F;tere Wurtzel<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Er&#x017F;tlich i&#x017F;t zu wi&#x017F;&#x017F;en/ daß niemand au&#x017F;&#x017F;er GOtt des All-<lb/>
ma&#x0364;chtigen ko&#x0364;nne Miracul wu&#x0364;rcken; dann ob &#x017F;chon aus den Ge-<lb/>
&#x017F;chichten und Lebens-Verfa&#x017F;&#x017F;ungen der Heiligen kundbar i&#x017F;t/ daß<lb/>
viel Heilige gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere und mehrer Wunderwerck an Tag gebracht/<lb/>
als Chri&#x017F;tus der HErr &#x017F;elb&#x017F;t/ zumahlen <hi rendition="#aq">Petrus</hi> &#x017F;o gar mit &#x017F;ei-<lb/>
nem Schatten Miracul gethan/ <hi rendition="#aq">Gregorius Taumaturgus</hi> einen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Berg von einer Seiten zu der andern ge&#x017F;chafft. <hi rendition="#aq">Xave-<lb/>
rius</hi> weit mehrer Todte zum Leben erwecket/ als der <hi rendition="#g">HERR</hi><lb/>
JE&#x017F;us/ als welcher nur der Tochter des Fu&#x0364;r&#x017F;tens der <hi rendition="#aq">Synagog</hi>,<lb/>
dem Sohn der Wittiben zu <hi rendition="#aq">Naim</hi>, dem <hi rendition="#aq">Lazzaro</hi> einem Bru-<lb/>
der <hi rendition="#aq">Magdalenæ</hi> und <hi rendition="#aq">Marthæ</hi> das Leben wieder ertheilet/ und<lb/>
bloß die&#x017F;e drey von Toden erwecket. Wann &#x017F;chon die&#x017F;e und viel<lb/>
andere Heilige mit mehrern und gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Miraculn geleucht/ als<lb/>
Chri&#x017F;tus &#x017F;elb&#x017F;t/ &#x017F;o i&#x017F;t doch zu wi&#x017F;&#x017F;en/ daß &#x017F;ie &#x017F;olche Wunderwerck<lb/>
nit gewu&#x0364;rckt durch eigne Krafft und Vermo&#x0364;gen/ wie der Hey-<lb/>
land/ &#x017F;ondern durch den Gewalt GOttes in dem Namen JE&#x017F;u;<lb/>
dahero &#x017F;ie allemahl/ bevor &#x017F;ie ein Wunderzeichen &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
den allma&#x0364;chtigen GOtt angeruffen/ we&#x017F;&#x017F;enthalben nicht ihnen/<lb/>
&#x017F;ondern GOtt dem HErrn allein der Gewalt und die Macht/<lb/>
Miracul zu wu&#x0364;rcken/ zuzume&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Die plumpe Welt/ und etliche dero Witzlo&#x017F;e Men&#x017F;chen<lb/>
machen gar offt aus einer Sachen ein Miracul und Wunder-<lb/>
Werck/ da es doch in der Warheit nit al&#x017F;o &#x017F;olt benamb&#x017F;et wer-<lb/>
den/ &#x017F;ondern tra&#x0364;gt vielmehr den Namen eines Wunders/ als<lb/>
eines Wunderwercks; Wie dann ein gemeiner <hi rendition="#aq">Schmuzius</hi> ge-<lb/>
we&#x017F;t/ deme in dem Wirthshaus/ allwo er die Einkehr genom-<lb/>
men/ die Ma&#x0364;us fa&#x017F;t die halbe Ho&#x017F;en verzehrt/ woru&#x0364;ber fru&#x0364;he<lb/>
Morgens er &#x017F;ich nit gnug&#x017F;am kunte verwundern/ ja &#x017F;o gar u&#x0364;ber-<lb/>
laut auf ge&#x017F;chryen: Miracul! Miracul! wie da? fragt der andere<lb/>
ein Mitge&#x017F;pan/ die Ma&#x0364;us/ antwortet er/ haben mir die Ho&#x017F;en<lb/>
gefre&#x017F;&#x017F;en. Du Phanta&#x017F;t/ &#x017F;agt der hinwider/ das i&#x017F;t kein Miracul:<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">aber</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0196] Judas Jſcarioth wuͤrcket gleich andern Apoſteln Perſonen offt Wunder-Werck und Zeichen gewuͤrcket/ damit der noch ſchwach-gegruͤndete Glauben deſto feſtere Wurtzel faſſe. Erſtlich iſt zu wiſſen/ daß niemand auſſer GOtt des All- maͤchtigen koͤnne Miracul wuͤrcken; dann ob ſchon aus den Ge- ſchichten und Lebens-Verfaſſungen der Heiligen kundbar iſt/ daß viel Heilige groͤſſere und mehrer Wunderwerck an Tag gebracht/ als Chriſtus der HErr ſelbſt/ zumahlen Petrus ſo gar mit ſei- nem Schatten Miracul gethan/ Gregorius Taumaturgus einen groſſen Berg von einer Seiten zu der andern geſchafft. Xave- rius weit mehrer Todte zum Leben erwecket/ als der HERR JEſus/ als welcher nur der Tochter des Fuͤrſtens der Synagog, dem Sohn der Wittiben zu Naim, dem Lazzaro einem Bru- der Magdalenæ und Marthæ das Leben wieder ertheilet/ und bloß dieſe drey von Toden erwecket. Wann ſchon dieſe und viel andere Heilige mit mehrern und groͤſſern Miraculn geleucht/ als Chriſtus ſelbſt/ ſo iſt doch zu wiſſen/ daß ſie ſolche Wunderwerck nit gewuͤrckt durch eigne Krafft und Vermoͤgen/ wie der Hey- land/ ſondern durch den Gewalt GOttes in dem Namen JEſu; dahero ſie allemahl/ bevor ſie ein Wunderzeichen ſehen laſſen/ den allmaͤchtigen GOtt angeruffen/ weſſenthalben nicht ihnen/ ſondern GOtt dem HErrn allein der Gewalt und die Macht/ Miracul zu wuͤrcken/ zuzumeſſen iſt. Die plumpe Welt/ und etliche dero Witzloſe Menſchen machen gar offt aus einer Sachen ein Miracul und Wunder- Werck/ da es doch in der Warheit nit alſo ſolt benambſet wer- den/ ſondern traͤgt vielmehr den Namen eines Wunders/ als eines Wunderwercks; Wie dann ein gemeiner Schmuzius ge- weſt/ deme in dem Wirthshaus/ allwo er die Einkehr genom- men/ die Maͤus faſt die halbe Hoſen verzehrt/ woruͤber fruͤhe Morgens er ſich nit gnugſam kunte verwundern/ ja ſo gar uͤber- laut auf geſchryen: Miracul! Miracul! wie da? fragt der andere ein Mitgeſpan/ die Maͤus/ antwortet er/ haben mir die Hoſen gefreſſen. Du Phantaſt/ ſagt der hinwider/ das iſt kein Miracul: aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/196
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/196>, abgerufen am 20.04.2024.