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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas hat kein gute Meynung/ etc.
Bader kratz/ er hat sie ja freylich wol mit keinem Wort beleidiget/
aber nicht aus Antrieb der ehelichen Liebe/ sondern aus Begierd der
Verlassenschafft/ die er von ihr gehofft/ und folgsam hat er hier-
durch weder GOtt noch dem Himmel gefallen/ weil er nicht recht
Cordebonisch/ das machte die böse Meynung.

Entgegen aber ein gute Meynung gibt allen Wercken das
Leben/ den Werth und den Preiß. Zu Jerusalem haben die He-
bräer reichliches Allmosen in den Opffer-Stock des Tempels ge-
legt/ silberne und guldene Müntz hinein geworffen/ die Phari-
säer forderist haben gantze Händ voll Geld aus dem Sack gezo-
gen/ und damit den Stock angefüllt; so kame aber auch ein ar-
mes Weibel daher/ so Alters halber kein Zahn mehr im Maul
gehabt/ desgleichen fast so viel Geld im Beutel/ die arme Haut
hatte ein abgeschabenes Küttlein an/ daß einem ist eingefallen/
der Jeremias wäre damit aus der Gruben gezogen worden/ mas-
sen die Heilige Schrifft sagt/ daß er mittler alter Fetzen seye er-
lediget worden. Jhr geringer Aufzug gabe sattsam an Tag/
daß sie in zimblicher Armuth und Bedürfftigkeit/ auch fast
keine Zähn mehr im Maul von nöthen habe/ zumahlen sie nichts
hatte zu nagen und zu beissen/ etc. Dannoch hat sie zwey kupf-
ferne Haller auch in Stock hinein geworffen/ und also ihr Opffer
verricht. Der gebenedeyte HERR und Heyland JESUS
hat allen diesen Ceremonien im Tempel zugeschaut/ und endlich
diesen Ausspruch gethan/ daß dieses arme Weibl mehrer habe in
Stock gelegt/ und weit reichlicher geopffert/ als alle andere/ dann
sie hats gut gemeynt/ und solchen guten Willen und aufrich-
tige Meynung nimmt GOtt an Statt des
grösten Wercks an.



Judas

Judas hat kein gute Meynung/ ꝛc.
Bader kratz/ er hat ſie ja freylich wol mit keinem Wort beleidiget/
aber nicht aus Antrieb der ehelichen Liebe/ ſondern aus Begierd der
Verlaſſenſchafft/ die er von ihr gehofft/ und folgſam hat er hier-
durch weder GOtt noch dem Himmel gefallen/ weil er nicht recht
Cordeboniſch/ das machte die boͤſe Meynung.

Entgegen aber ein gute Meynung gibt allen Wercken das
Leben/ den Werth und den Preiß. Zu Jeruſalem haben die He-
braͤer reichliches Allmoſen in den Opffer-Stock des Tempels ge-
legt/ ſilberne und guldene Muͤntz hinein geworffen/ die Phari-
ſaͤer forderiſt haben gantze Haͤnd voll Geld aus dem Sack gezo-
gen/ und damit den Stock angefuͤllt; ſo kame aber auch ein ar-
mes Weibel daher/ ſo Alters halber kein Zahn mehr im Maul
gehabt/ desgleichen faſt ſo viel Geld im Beutel/ die arme Haut
hatte ein abgeſchabenes Kuͤttlein an/ daß einem iſt eingefallen/
der Jeremias waͤre damit aus der Gruben gezogen worden/ maſ-
ſen die Heilige Schrifft ſagt/ daß er mittler alter Fetzen ſeye er-
lediget worden. Jhr geringer Aufzug gabe ſattſam an Tag/
daß ſie in zimblicher Armuth und Beduͤrfftigkeit/ auch faſt
keine Zaͤhn mehr im Maul von noͤthen habe/ zumahlen ſie nichts
hatte zu nagen und zu beiſſen/ ꝛc. Dannoch hat ſie zwey kupf-
ferne Haller auch in Stock hinein geworffen/ und alſo ihr Opffer
verricht. Der gebenedeyte HERR und Heyland JESUS
hat allen dieſen Ceremonien im Tempel zugeſchaut/ und endlich
dieſen Ausſpruch gethan/ daß dieſes arme Weibl mehrer habe in
Stock gelegt/ und weit reichlicher geopffert/ als alle andere/ dann
ſie hats gut gemeynt/ und ſolchen guten Willen und aufrich-
tige Meynung nimmt GOtt an Statt des
groͤſten Wercks an.



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[182/0194] Judas hat kein gute Meynung/ ꝛc. Bader kratz/ er hat ſie ja freylich wol mit keinem Wort beleidiget/ aber nicht aus Antrieb der ehelichen Liebe/ ſondern aus Begierd der Verlaſſenſchafft/ die er von ihr gehofft/ und folgſam hat er hier- durch weder GOtt noch dem Himmel gefallen/ weil er nicht recht Cordeboniſch/ das machte die boͤſe Meynung. Entgegen aber ein gute Meynung gibt allen Wercken das Leben/ den Werth und den Preiß. Zu Jeruſalem haben die He- braͤer reichliches Allmoſen in den Opffer-Stock des Tempels ge- legt/ ſilberne und guldene Muͤntz hinein geworffen/ die Phari- ſaͤer forderiſt haben gantze Haͤnd voll Geld aus dem Sack gezo- gen/ und damit den Stock angefuͤllt; ſo kame aber auch ein ar- mes Weibel daher/ ſo Alters halber kein Zahn mehr im Maul gehabt/ desgleichen faſt ſo viel Geld im Beutel/ die arme Haut hatte ein abgeſchabenes Kuͤttlein an/ daß einem iſt eingefallen/ der Jeremias waͤre damit aus der Gruben gezogen worden/ maſ- ſen die Heilige Schrifft ſagt/ daß er mittler alter Fetzen ſeye er- lediget worden. Jhr geringer Aufzug gabe ſattſam an Tag/ daß ſie in zimblicher Armuth und Beduͤrfftigkeit/ auch faſt keine Zaͤhn mehr im Maul von noͤthen habe/ zumahlen ſie nichts hatte zu nagen und zu beiſſen/ ꝛc. Dannoch hat ſie zwey kupf- ferne Haller auch in Stock hinein geworffen/ und alſo ihr Opffer verricht. Der gebenedeyte HERR und Heyland JESUS hat allen dieſen Ceremonien im Tempel zugeſchaut/ und endlich dieſen Ausſpruch gethan/ daß dieſes arme Weibl mehrer habe in Stock gelegt/ und weit reichlicher geopffert/ als alle andere/ dann ſie hats gut gemeynt/ und ſolchen guten Willen und aufrich- tige Meynung nimmt GOtt an Statt des groͤſten Wercks an. Judas

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/194>, abgerufen am 25.04.2024.