Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

derenthalben er auch belohnt worden.
Reim-Dichter so viel Ducaten gespendieret/ wie viel Vers er
gesungen. Wie nachmals dieser Poet die Faschings-Kleider ab-
gelegt/ und in seinen gewöhnlichen Kleidern sich bey dem Car-
dinal wiederumb eingefunden/ sagte dieser dem Campano, meinFnrnus
in vit.
Gampan.

lieber guter Freund/ wo seynd die Finger/ mit denen du so viel
Lugen von mir geschrieben? nimmt ihn zugleich bey der Hand/
und steckt ihm einen guldenen Ring an/ so wegen des kostbaren
Diamant-Steins auf 70. Ducaten geschätzt worden. Wenig
seynd wie die Bertha, Käysers Henrici Quarti Frau Gemahlin/
welche ein Tag Reiß von der Stadt Padua von einem armen
Bauern Weib ein Kneil Garn zu schencken bekommen/ so der
Käyserin der gestalten wolgefallen/ daß sie ihr zu einem Recom-
pens so viel Grund erlaubt und geschenckt/ wie viel sie mit die-
sem Faden kan umbfangen/ worvon dann das Adeliche Haus
Montagnona ihren Ursprung genommen/ und noch in grossem
Flor. Wenig seynd/ die also die kleine Gutthaten oder Ga-
ben so reichlich bezahlen; massen der Danck dir GOtt bey der
Welt noch das erste Kleid an hat/ und dieses noch Nagel neu/
dann es gar wenig strappaziert wird: GOtt aber last ihme gar
nichts/ gäntzlich nichts umbsonst thun. So gar vergilt ers auch
den grösten Sündern als seinen Feinden.

Lucas am 16. Cap. hat einen sehr üblen und Lasterhafften
Gesellen mit guten Farben entworffen/ dieser ware ein reicher
Vogel/ und panquetirte die gantze Zeit/ sein gantzer Wandel be-
stunde in der Kandel/ sein gantzes Leben ware bey der Reben/ als
hätte ihme Essen und Trincken und anders guts Leben sein Herr
Vatter zum Heyrath Gut geben/ quotidie: Und das war alle
Tag. Am Montag war er rauschig/ am Dienstag war er nit
nüchtern/ am Mitwoch war er bezecht/ am Donnerstag wol zu-
deckt/ am Freytag überweint/ am Sambstag Sternvoll/ am
Sonntag hat er gar nit gewust/ was er thut. Solches schlem-
merisches Leben führte er etliche Jahr/ bey ihme war nie kein Ab-
gang/ er war allezeit frisch und gesund/ beym Adel im grossem An-

sehen/
S 2

derenthalben er auch belohnt worden.
Reim-Dichter ſo viel Ducaten geſpendieret/ wie viel Vers er
geſungen. Wie nachmals dieſer Poët die Faſchings-Kleider ab-
gelegt/ und in ſeinen gewoͤhnlichen Kleidern ſich bey dem Car-
dinal wiederumb eingefunden/ ſagte dieſer dem Campano, meinFnrnus
in vit.
Gampan.

lieber guter Freund/ wo ſeynd die Finger/ mit denen du ſo viel
Lugen von mir geſchrieben? nimmt ihn zugleich bey der Hand/
und ſteckt ihm einen guldenen Ring an/ ſo wegen des koſtbaren
Diamant-Steins auf 70. Ducaten geſchaͤtzt worden. Wenig
ſeynd wie die Bertha, Kaͤyſers Henrici Quarti Frau Gemahlin/
welche ein Tag Reiß von der Stadt Padua von einem armen
Bauern Weib ein Kneil Garn zu ſchencken bekommen/ ſo der
Kaͤyſerin der geſtalten wolgefallen/ daß ſie ihr zu einem Recom-
pens ſo viel Grund erlaubt und geſchenckt/ wie viel ſie mit die-
ſem Faden kan umbfangen/ worvon dann das Adeliche Haus
Montagnona ihren Urſprung genommen/ und noch in groſſem
Flor. Wenig ſeynd/ die alſo die kleine Gutthaten oder Ga-
ben ſo reichlich bezahlen; maſſen der Danck dir GOtt bey der
Welt noch das erſte Kleid an hat/ und dieſes noch Nagel neu/
dann es gar wenig ſtrappaziert wird: GOtt aber laſt ihme gar
nichts/ gaͤntzlich nichts umbſonſt thun. So gar vergilt ers auch
den groͤſten Suͤndern als ſeinen Feinden.

Lucas am 16. Cap. hat einen ſehr uͤblen und Laſterhafften
Geſellen mit guten Farben entworffen/ dieſer ware ein reicher
Vogel/ und panquetirte die gantze Zeit/ ſein gantzer Wandel be-
ſtunde in der Kandel/ ſein gantzes Leben ware bey der Reben/ als
haͤtte ihme Eſſen und Trincken und anders guts Leben ſein Herꝛ
Vatter zum Heyrath Gut geben/ quotidie: Und das war alle
Tag. Am Montag war er rauſchig/ am Dienſtag war er nit
nuͤchtern/ am Mitwoch war er bezecht/ am Donnerſtag wol zu-
deckt/ am Freytag uͤberweint/ am Sambſtag Sternvoll/ am
Sonntag hat er gar nit gewuſt/ was er thut. Solches ſchlem-
meriſches Leben fuͤhrte er etliche Jahr/ bey ihme war nie kein Ab-
gang/ er war allezeit friſch und geſund/ beym Adel im groſſem An-

ſehen/
S 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0151" n="139"/><fw type="header" place="top">derenthalben er auch belohnt worden.</fw><lb/>
Reim-Dichter &#x017F;o viel Ducaten ge&#x017F;pendieret/ wie viel Vers er<lb/>
ge&#x017F;ungen. Wie nachmals die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Poët</hi> die Fa&#x017F;chings-Kleider ab-<lb/>
gelegt/ und in &#x017F;einen gewo&#x0364;hnlichen Kleidern &#x017F;ich bey dem Car-<lb/>
dinal wiederumb eingefunden/ &#x017F;agte die&#x017F;er dem <hi rendition="#aq">Campano,</hi> mein<note place="right"><hi rendition="#aq">Fnrnus<lb/>
in vit.<lb/>
Gampan.</hi></note><lb/>
lieber guter Freund/ wo &#x017F;eynd die Finger/ mit denen du &#x017F;o viel<lb/>
Lugen von mir ge&#x017F;chrieben? nimmt ihn zugleich bey der Hand/<lb/>
und &#x017F;teckt ihm einen guldenen Ring an/ &#x017F;o wegen des ko&#x017F;tbaren<lb/>
Diamant-Steins auf 70. Ducaten ge&#x017F;cha&#x0364;tzt worden. Wenig<lb/>
&#x017F;eynd wie die <hi rendition="#aq">Bertha,</hi> Ka&#x0364;y&#x017F;ers <hi rendition="#aq">Henrici Quarti</hi> Frau Gemahlin/<lb/>
welche ein Tag Reiß von der Stadt Padua von einem armen<lb/>
Bauern Weib ein Kneil Garn zu &#x017F;chencken bekommen/ &#x017F;o der<lb/>
Ka&#x0364;y&#x017F;erin der ge&#x017F;talten wolgefallen/ daß &#x017F;ie ihr zu einem Recom-<lb/>
pens &#x017F;o viel Grund erlaubt und ge&#x017F;chenckt/ wie viel &#x017F;ie mit die-<lb/>
&#x017F;em Faden kan umbfangen/ worvon dann das Adeliche Haus<lb/><hi rendition="#aq">Montagnona</hi> ihren Ur&#x017F;prung genommen/ und noch in gro&#x017F;&#x017F;em<lb/>
Flor. Wenig &#x017F;eynd/ die al&#x017F;o die kleine Gutthaten oder Ga-<lb/>
ben &#x017F;o reichlich bezahlen; ma&#x017F;&#x017F;en der Danck dir GOtt bey der<lb/>
Welt noch das er&#x017F;te Kleid an hat/ und die&#x017F;es noch Nagel neu/<lb/>
dann es gar wenig &#x017F;trappaziert wird: GOtt aber la&#x017F;t ihme gar<lb/>
nichts/ ga&#x0364;ntzlich nichts umb&#x017F;on&#x017F;t thun. So gar vergilt ers auch<lb/>
den gro&#x0364;&#x017F;ten Su&#x0364;ndern als &#x017F;einen Feinden.</p><lb/>
          <p>Lucas am 16. Cap. hat einen &#x017F;ehr u&#x0364;blen und La&#x017F;terhafften<lb/>
Ge&#x017F;ellen mit guten Farben entworffen/ die&#x017F;er ware ein reicher<lb/>
Vogel/ und panquetirte die gantze Zeit/ &#x017F;ein gantzer Wandel be-<lb/>
&#x017F;tunde in der Kandel/ &#x017F;ein gantzes Leben ware bey der Reben/ als<lb/>
ha&#x0364;tte ihme E&#x017F;&#x017F;en und Trincken und anders guts Leben &#x017F;ein Her&#xA75B;<lb/>
Vatter zum Heyrath Gut geben/ <hi rendition="#aq">quotidie:</hi> <hi rendition="#fr">U</hi>nd das war alle<lb/>
Tag. Am Montag war er rau&#x017F;chig/ am Dien&#x017F;tag war er nit<lb/>
nu&#x0364;chtern/ am Mitwoch war er bezecht/ am Donner&#x017F;tag wol zu-<lb/>
deckt/ am Freytag u&#x0364;berweint/ am Samb&#x017F;tag Sternvoll/ am<lb/>
Sonntag hat er gar nit gewu&#x017F;t/ was er thut. Solches &#x017F;chlem-<lb/>
meri&#x017F;ches Leben fu&#x0364;hrte er etliche Jahr/ bey ihme war nie kein Ab-<lb/>
gang/ er war allezeit fri&#x017F;ch und ge&#x017F;und/ beym Adel im gro&#x017F;&#x017F;em An-<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">S 2</fw><fw type="catch" place="bottom">&#x017F;ehen/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0151] derenthalben er auch belohnt worden. Reim-Dichter ſo viel Ducaten geſpendieret/ wie viel Vers er geſungen. Wie nachmals dieſer Poët die Faſchings-Kleider ab- gelegt/ und in ſeinen gewoͤhnlichen Kleidern ſich bey dem Car- dinal wiederumb eingefunden/ ſagte dieſer dem Campano, mein lieber guter Freund/ wo ſeynd die Finger/ mit denen du ſo viel Lugen von mir geſchrieben? nimmt ihn zugleich bey der Hand/ und ſteckt ihm einen guldenen Ring an/ ſo wegen des koſtbaren Diamant-Steins auf 70. Ducaten geſchaͤtzt worden. Wenig ſeynd wie die Bertha, Kaͤyſers Henrici Quarti Frau Gemahlin/ welche ein Tag Reiß von der Stadt Padua von einem armen Bauern Weib ein Kneil Garn zu ſchencken bekommen/ ſo der Kaͤyſerin der geſtalten wolgefallen/ daß ſie ihr zu einem Recom- pens ſo viel Grund erlaubt und geſchenckt/ wie viel ſie mit die- ſem Faden kan umbfangen/ worvon dann das Adeliche Haus Montagnona ihren Urſprung genommen/ und noch in groſſem Flor. Wenig ſeynd/ die alſo die kleine Gutthaten oder Ga- ben ſo reichlich bezahlen; maſſen der Danck dir GOtt bey der Welt noch das erſte Kleid an hat/ und dieſes noch Nagel neu/ dann es gar wenig ſtrappaziert wird: GOtt aber laſt ihme gar nichts/ gaͤntzlich nichts umbſonſt thun. So gar vergilt ers auch den groͤſten Suͤndern als ſeinen Feinden. Fnrnus in vit. Gampan. Lucas am 16. Cap. hat einen ſehr uͤblen und Laſterhafften Geſellen mit guten Farben entworffen/ dieſer ware ein reicher Vogel/ und panquetirte die gantze Zeit/ ſein gantzer Wandel be- ſtunde in der Kandel/ ſein gantzes Leben ware bey der Reben/ als haͤtte ihme Eſſen und Trincken und anders guts Leben ſein Herꝛ Vatter zum Heyrath Gut geben/ quotidie: Und das war alle Tag. Am Montag war er rauſchig/ am Dienſtag war er nit nuͤchtern/ am Mitwoch war er bezecht/ am Donnerſtag wol zu- deckt/ am Freytag uͤberweint/ am Sambſtag Sternvoll/ am Sonntag hat er gar nit gewuſt/ was er thut. Solches ſchlem- meriſches Leben fuͤhrte er etliche Jahr/ bey ihme war nie kein Ab- gang/ er war allezeit friſch und geſund/ beym Adel im groſſem An- ſehen/ S 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/151
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/151>, abgerufen am 23.04.2024.