Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Judas hat etliche gute Werck gethan tu quidem gressus meos dinumerasti. Es ist auf eine Zeit einsehr schöner und prächtiger Tempel aufgebauet worden/ und wie selbiger in völliger Vollkommenheit gestanden/ da wurden alle nothwendige Anstalten gemacht/ diese neue Kirchen mit sonderer Solemnität und herrlichem Pracht zu weyhen. Als nun das ge- sammte häuffige Volck sich eingefunden/ und bereits die vorgenom- mene Sach den Anfang nehmen solte/ da erscheint ob der grössern Porten der Kirchen ein unsichbare Hand/ welche mit guldenen Buchstaben diese kurtze Wort geschrieben: Sophia me fecit. Die Sophia hat mich gebaut. Solches hat männiglich zur billicher Verwunderung gezogen/ forderist aber die vornehme Herren/ wel- che die meiste Mittel zu diesem so stattlichen Gebäu dargeschossen/ noch kundte man auch nicht finden den Namen Sophia unter al- len Gutthätern/ welche einige Bey-Steuer und Geld-Hülff zu die- ser Kirchen beygeruckt/ massen solches alles genau aufgeschrieben worden. Endlich nach vielem Umbfragen/ hat man in Erfahr- nuß gebracht/ daß ein armes Weib/ mit Namen Sophia/ vor- handen/ welche dann alsobald gantz umbständig befragt worden/ ob sie dann auch etwas zu diesem schönen Gebäu gespendirt habe? Diese wendete vor ihr Unmöglichkeit/ wie leicht zu glauben ware/ und daß sie selbstden Abgang der gnugsamen Lebens-Mittel leyde/ allein wisse sie sich zu erinneren/ daß sie mehrmalen den Rossen und Ochsen/ so zu dem Kirchen-Gebäu alle Nothwendigkeiten gefüh- ret/ ein Büschel Heu habe dargereicht/ damit das arme Viech de- sto besser ziehen möchte/ und folgsam das Gebäu einen schleinigen Fortgang nehme. Woraus unschwer ein jeder hat schliessen kön- nen/ daß GOTT dem HERRN der gute Willen dieses ar- men Weibs so wolgefällig gewest/ daß er das schlechte und wenige Vam. Horn. d. B. Virg. Heu nicht hat wöllen umbsonst lassen ausgeben/ sondern sie de- renthalben/ als ein Fundaterin des gantzen Tempels geoffen- bahret. Nichts
Judas hat etliche gute Werck gethan tu quidem greſſus meos dinumeraſti. Es iſt auf eine Zeit einſehr ſchoͤner und praͤchtiger Tempel aufgebauet worden/ und wie ſelbiger in voͤlliger Vollkommenheit geſtanden/ da wurden alle nothwendige Anſtalten gemacht/ dieſe neue Kirchen mit ſonderer Solemnitaͤt und herꝛlichem Pracht zu weyhen. Als nun das ge- ſammte haͤuffige Volck ſich eingefunden/ und bereits die vorgenom- mene Sach den Anfang nehmen ſolte/ da erſcheint ob der groͤſſern Porten der Kirchen ein unſichbare Hand/ welche mit guldenen Buchſtaben dieſe kurtze Wort geſchrieben: Sophia me fecit. Die Sophia hat mich gebaut. Solches hat maͤnniglich zur billicher Verwunderung gezogen/ forderiſt aber die vornehme Herren/ wel- che die meiſte Mittel zu dieſem ſo ſtattlichen Gebaͤu dargeſchoſſen/ noch kundte man auch nicht finden den Namen Sophia unter al- len Gutthaͤtern/ welche einige Bey-Steuer und Geld-Huͤlff zu die- ſer Kirchen beygeruckt/ maſſen ſolches alles genau aufgeſchrieben worden. Endlich nach vielem Umbfragen/ hat man in Erfahr- nuß gebracht/ daß ein armes Weib/ mit Namen Sophia/ vor- handen/ welche dann alſobald gantz umbſtaͤndig befragt worden/ ob ſie dann auch etwas zu dieſem ſchoͤnen Gebaͤu geſpendirt habe? Dieſe wendete vor ihr Unmoͤglichkeit/ wie leicht zu glauben ware/ und daß ſie ſelbſtden Abgang der gnugſamen Lebens-Mittel leyde/ allein wiſſe ſie ſich zu erinneren/ daß ſie mehrmalen den Roſſen und Ochſen/ ſo zu dem Kirchen-Gebaͤu alle Nothwendigkeiten gefuͤh- ret/ ein Buͤſchel Heu habe dargereicht/ damit das arme Viech de- ſto beſſer ziehen moͤchte/ und folgſam das Gebaͤu einen ſchleinigen Fortgang nehme. Woraus unſchwer ein jeder hat ſchlieſſen koͤn- nen/ daß GOTT dem HERRN der gute Willen dıeſes ar- men Weibs ſo wolgefaͤllig geweſt/ daß er das ſchlechte und wenige Vam. Horn. d. B. Virg. Heu nicht hat woͤllen umbſonſt laſſen ausgeben/ ſondern ſie de- renthalben/ als ein Fundaterin des gantzen Tempels geoffen- bahret. Nichts
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Judas hat etliche gute Werck gethan
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ſehr ſchoͤner und praͤchtiger Tempel aufgebauet worden/ und wie
ſelbiger in voͤlliger Vollkommenheit geſtanden/ da wurden alle
nothwendige Anſtalten gemacht/ dieſe neue Kirchen mit ſonderer
Solemnitaͤt und herꝛlichem Pracht zu weyhen. Als nun das ge-
ſammte haͤuffige Volck ſich eingefunden/ und bereits die vorgenom-
mene Sach den Anfang nehmen ſolte/ da erſcheint ob der groͤſſern
Porten der Kirchen ein unſichbare Hand/ welche mit guldenen
Buchſtaben dieſe kurtze Wort geſchrieben: Sophia me fecit. Die
Sophia hat mich gebaut. Solches hat maͤnniglich zur billicher
Verwunderung gezogen/ forderiſt aber die vornehme Herren/ wel-
che die meiſte Mittel zu dieſem ſo ſtattlichen Gebaͤu dargeſchoſſen/
noch kundte man auch nicht finden den Namen Sophia unter al-
len Gutthaͤtern/ welche einige Bey-Steuer und Geld-Huͤlff zu die-
ſer Kirchen beygeruckt/ maſſen ſolches alles genau aufgeſchrieben
worden. Endlich nach vielem Umbfragen/ hat man in Erfahr-
nuß gebracht/ daß ein armes Weib/ mit Namen Sophia/ vor-
handen/ welche dann alſobald gantz umbſtaͤndig befragt worden/
ob ſie dann auch etwas zu dieſem ſchoͤnen Gebaͤu geſpendirt habe?
Dieſe wendete vor ihr Unmoͤglichkeit/ wie leicht zu glauben ware/
und daß ſie ſelbſtden Abgang der gnugſamen Lebens-Mittel leyde/
allein wiſſe ſie ſich zu erinneren/ daß ſie mehrmalen den Roſſen und
Ochſen/ ſo zu dem Kirchen-Gebaͤu alle Nothwendigkeiten gefuͤh-
ret/ ein Buͤſchel Heu habe dargereicht/ damit das arme Viech de-
ſto beſſer ziehen moͤchte/ und folgſam das Gebaͤu einen ſchleinigen
Fortgang nehme. Woraus unſchwer ein jeder hat ſchlieſſen koͤn-
nen/ daß GOTT dem HERRN der gute Willen dıeſes ar-
men Weibs ſo wolgefaͤllig geweſt/ daß er das ſchlechte und wenige
Heu nicht hat woͤllen umbſonſt laſſen ausgeben/ ſondern ſie de-
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