Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Judas hat etliche gute Werck gethan/
Nichts umbsonst.

Wie Pilatus durch Ungestimme des Volcks/ welches von
denen Hohen-Priestern stets angefrischet worden zu solcher Boß-
heit/ solte und wolte JESUM von Nazareth zum Tod verur-
theilen; massen dann männiglich nur geschryen/ man solte JEsum
creutzigen/ den Barrabam aber auf freyem Fuß stellen. Wie die-
ser Landpfleger bereits auf dem Richter-Stul gesessen/ so von den
Hebräern Lithrostatos, genannt war/ und allgemach zum Urtheil
schreiten wollen/ da kommt unverhofft ein Secretari von des Pila-
ti seiner Frau Gemahlin/ welcher im Namen ihrer dem Pilato
angedeut/ er solle doch in allweg dahin trachten/ damit er diesen
gerechten Menschen frey und loß lasse/ zu malen sie die gantze Nacht
hindurch einen seltzamen Traum von ihme gehabt. Solches ge-
reicht doch zum ewigen Lob denen Weibern; dann die gantze Zeit
des Leydens hat sich kein einiger Mensch des HERRN JEsu an-
genommen/ als diese Frau/ so sie schon Fruchtloß abgeloffen/ hat
Cornel.
a Lapide
c. 27. de
2. Matth.
ihme GOTT nicht lassen umb sonst thun; dann sie nachmals
durch Göttliche Erleuchtung zu dem wahren allein seeligmachen-
dem Glauben bekehrt worden/ als eine Heilige gelebt/ und als ei-
ne Heilige gestorben; ihr Namen ware Claudia Procula/ welche
Paulus und Thimotheus in grossem Werth gehalten.

O was Dienst muß mancher der Welt umbsonst thun! Es
sitzt bey der Kirchen-Thür ein armer Bettler/ der hatte nur einen
Arm/ und darumb ist er doppelt arm/ sein Kleid war nicht anderst
beschaffen/ als wie die Lämmlein des Labans/ denen Jacob mit ei-
nem Vortheil lauter Fleck angehenckt/ das Gesicht war fast also
beschaffen/ wie der Mund-Becher des Samsons/ dieser ist ein dür-
rer Kinbacken gewesen. Der Stecken/ den er in der Hand hat/
ist weit anders/ als jenes Holtz/ welches Moses in das Wasser ge-
worffen; dann dieses Holtz machte das bittere Wasser süß/ jenes
aber kommt ihme sauer gnug an/ weil es ein Bettel-Stab ist/ etc.

Diesen
Judas hat etliche gute Werck gethan/
Nichts umbſonſt.

Wie Pilatus durch Ungeſtimme des Volcks/ welches von
denen Hohen-Prieſtern ſtets angefriſchet worden zu ſolcher Boß-
heit/ ſolte und wolte JESUM von Nazareth zum Tod verur-
theilen; maſſen dann maͤnniglich nur geſchryen/ man ſolte JEſum
creutzigen/ den Barrabam aber auf freyem Fuß ſtellen. Wie die-
ſer Landpfleger bereits auf dem Richter-Stul geſeſſen/ ſo von den
Hebraͤern Lithroſtatos, genannt war/ und allgemach zum Urtheil
ſchreiten wollen/ da kommt unverhofft ein Secretari von des Pila-
ti ſeiner Frau Gemahlin/ welcher im Namen ihrer dem Pilato
angedeut/ er ſolle doch in allweg dahin trachten/ damit er dieſen
gerechten Menſchen frey und loß laſſe/ zu malen ſie die gantze Nacht
hindurch einen ſeltzamen Traum von ihme gehabt. Solches ge-
reicht doch zum ewigen Lob denen Weibern; dann die gantze Zeit
des Leydens hat ſich kein einiger Menſch des HERRN JEſu an-
genommen/ als dieſe Frau/ ſo ſie ſchon Fruchtloß abgeloffen/ hat
Cornel.
à Lapide
c. 27. de
2. Matth.
ihme GOTT nicht laſſen umb ſonſt thun; dann ſie nachmals
durch Goͤttliche Erleuchtung zu dem wahren allein ſeeligmachen-
dem Glauben bekehrt worden/ als eine Heilige gelebt/ und als ei-
ne Heilige geſtorben; ihr Namen ware Claudia Procula/ welche
Paulus und Thimotheus in groſſem Werth gehalten.

O was Dienſt muß mancher der Welt umbſonſt thun! Es
ſitzt bey der Kirchen-Thuͤr ein armer Bettler/ der hatte nur einen
Arm/ und darumb iſt er doppelt arm/ ſein Kleid war nicht anderſt
beſchaffen/ als wie die Laͤmmlein des Labans/ denen Jacob mit ei-
nem Vortheil lauter Fleck angehenckt/ das Geſicht war faſt alſo
beſchaffen/ wie der Mund-Becher des Samſons/ dieſer iſt ein duͤr-
rer Kinbacken geweſen. Der Stecken/ den er in der Hand hat/
iſt weit anders/ als jenes Holtz/ welches Moſes in das Waſſer ge-
worffen; dann dieſes Holtz machte das bittere Waſſer ſuͤß/ jenes
aber kommt ihme ſauer gnug an/ weil es ein Bettel-Stab iſt/ ꝛc.

Dieſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0144" n="132"/>
        <fw place="top" type="header">Judas hat etliche gute Werck gethan/</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Nichts umb&#x017F;on&#x017F;t.</hi> </head><lb/>
          <p>Wie Pilatus durch Unge&#x017F;timme des Volcks/ welches von<lb/>
denen Hohen-Prie&#x017F;tern &#x017F;tets angefri&#x017F;chet worden zu &#x017F;olcher Boß-<lb/>
heit/ &#x017F;olte und wolte JESUM von Nazareth zum Tod verur-<lb/>
theilen; ma&#x017F;&#x017F;en dann ma&#x0364;nniglich nur ge&#x017F;chryen/ man &#x017F;olte JE&#x017F;um<lb/>
creutzigen/ den Barrabam aber auf freyem Fuß &#x017F;tellen. Wie die-<lb/>
&#x017F;er Landpfleger bereits auf dem Richter-Stul ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o von den<lb/>
Hebra&#x0364;ern <hi rendition="#aq">Lithro&#x017F;tatos,</hi> genannt war/ und allgemach zum <hi rendition="#fr">U</hi>rtheil<lb/>
&#x017F;chreiten wollen/ da kommt unverhofft ein <hi rendition="#aq">Secretari</hi> von des Pila-<lb/>
ti &#x017F;einer Frau Gemahlin/ welcher im Namen ihrer dem Pilato<lb/>
angedeut/ er &#x017F;olle doch in allweg dahin trachten/ damit er die&#x017F;en<lb/>
gerechten Men&#x017F;chen frey und loß la&#x017F;&#x017F;e/ zu malen &#x017F;ie die gantze Nacht<lb/>
hindurch einen &#x017F;eltzamen Traum von ihme gehabt. Solches ge-<lb/>
reicht doch zum ewigen Lob denen Weibern; dann die gantze Zeit<lb/>
des Leydens hat &#x017F;ich kein einiger Men&#x017F;ch des HERRN JE&#x017F;u an-<lb/>
genommen/ als die&#x017F;e Frau/ &#x017F;o &#x017F;ie &#x017F;chon Fruchtloß abgeloffen/ hat<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Cornel.<lb/>
à Lapide<lb/>
c. 27. de<lb/>
2. Matth.</hi></note> ihme GOTT nicht la&#x017F;&#x017F;en umb &#x017F;on&#x017F;t thun; dann &#x017F;ie nachmals<lb/>
durch Go&#x0364;ttliche Erleuchtung zu dem wahren allein &#x017F;eeligmachen-<lb/>
dem Glauben bekehrt worden/ als eine Heilige gelebt/ und als ei-<lb/>
ne Heilige ge&#x017F;torben; ihr Namen ware Claudia Procula/ welche<lb/>
Paulus und Thimotheus in gro&#x017F;&#x017F;em Werth gehalten.</p><lb/>
          <p>O was Dien&#x017F;t muß mancher der Welt umb&#x017F;on&#x017F;t thun! Es<lb/>
&#x017F;itzt bey der Kirchen-Thu&#x0364;r ein armer Bettler/ der hatte nur einen<lb/>
Arm/ und darumb i&#x017F;t er doppelt arm/ &#x017F;ein Kleid war nicht ander&#x017F;t<lb/>
be&#x017F;chaffen/ als wie die La&#x0364;mmlein des Labans/ denen Jacob mit ei-<lb/>
nem Vortheil lauter Fleck angehenckt/ das Ge&#x017F;icht war fa&#x017F;t al&#x017F;o<lb/>
be&#x017F;chaffen/ wie der Mund-Becher des Sam&#x017F;ons/ die&#x017F;er i&#x017F;t ein du&#x0364;r-<lb/>
rer Kinbacken gewe&#x017F;en. Der Stecken/ den er in der Hand hat/<lb/>
i&#x017F;t weit anders/ als jenes Holtz/ welches Mo&#x017F;es in das Wa&#x017F;&#x017F;er ge-<lb/>
worffen; dann die&#x017F;es Holtz machte das bittere Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;u&#x0364;ß/ jenes<lb/>
aber kommt ihme &#x017F;auer gnug an/ weil es ein Bettel-Stab i&#x017F;t/ &#xA75B;c.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die&#x017F;en</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0144] Judas hat etliche gute Werck gethan/ Nichts umbſonſt. Wie Pilatus durch Ungeſtimme des Volcks/ welches von denen Hohen-Prieſtern ſtets angefriſchet worden zu ſolcher Boß- heit/ ſolte und wolte JESUM von Nazareth zum Tod verur- theilen; maſſen dann maͤnniglich nur geſchryen/ man ſolte JEſum creutzigen/ den Barrabam aber auf freyem Fuß ſtellen. Wie die- ſer Landpfleger bereits auf dem Richter-Stul geſeſſen/ ſo von den Hebraͤern Lithroſtatos, genannt war/ und allgemach zum Urtheil ſchreiten wollen/ da kommt unverhofft ein Secretari von des Pila- ti ſeiner Frau Gemahlin/ welcher im Namen ihrer dem Pilato angedeut/ er ſolle doch in allweg dahin trachten/ damit er dieſen gerechten Menſchen frey und loß laſſe/ zu malen ſie die gantze Nacht hindurch einen ſeltzamen Traum von ihme gehabt. Solches ge- reicht doch zum ewigen Lob denen Weibern; dann die gantze Zeit des Leydens hat ſich kein einiger Menſch des HERRN JEſu an- genommen/ als dieſe Frau/ ſo ſie ſchon Fruchtloß abgeloffen/ hat ihme GOTT nicht laſſen umb ſonſt thun; dann ſie nachmals durch Goͤttliche Erleuchtung zu dem wahren allein ſeeligmachen- dem Glauben bekehrt worden/ als eine Heilige gelebt/ und als ei- ne Heilige geſtorben; ihr Namen ware Claudia Procula/ welche Paulus und Thimotheus in groſſem Werth gehalten. Cornel. à Lapide c. 27. de 2. Matth. O was Dienſt muß mancher der Welt umbſonſt thun! Es ſitzt bey der Kirchen-Thuͤr ein armer Bettler/ der hatte nur einen Arm/ und darumb iſt er doppelt arm/ ſein Kleid war nicht anderſt beſchaffen/ als wie die Laͤmmlein des Labans/ denen Jacob mit ei- nem Vortheil lauter Fleck angehenckt/ das Geſicht war faſt alſo beſchaffen/ wie der Mund-Becher des Samſons/ dieſer iſt ein duͤr- rer Kinbacken geweſen. Der Stecken/ den er in der Hand hat/ iſt weit anders/ als jenes Holtz/ welches Moſes in das Waſſer ge- worffen; dann dieſes Holtz machte das bittere Waſſer ſuͤß/ jenes aber kommt ihme ſauer gnug an/ weil es ein Bettel-Stab iſt/ ꝛc. Dieſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/144
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/144>, abgerufen am 24.11.2024.