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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas der Ertzschelm ist dem übermässigen
dignicht gar ernsthafft gewesen/ weil dergleichen Leuth nur nach
dem Gewinn schnappen und tappen. Als nun der Aschermitt-
woch vorhanden/ und er von seinem Bacchus-Tempel noch nit
wollte weichen/ vorgebend/ das Fasten seye ein aufgebrachte
Sach der Pfaffen/ setzte freundlich hinzu/ wann Petrus der erste
Papst wäre ein Fleischhacker oder Metzger gewesen/ so hätte er
auf kein Weiß das Fasten eingesetzt; weil er aber ein Fischer wa-
re/ so kunte er nit anderst als ein Fasten erdenken/ damit er ein An-
wehrung haben möchte seiner Fischen. Begehrte demnach der
Luder-Gesell eine Bratwurst/ oder sonst was vom Fleisch/ so
aber der Wirth in allweg geweigert und abgeschlagen/ auch
noch hierüber gedrohet/ wann er mit Kraut und Häring nit wollt
vor Lieb nehmen/ so wolle er ihme den Weeg zeigen. Als nun
diese anerbottne Fasten-Speisen aufgetragen worden/ da schmutz-
te dieser verwegene Sau-Magen/ und last sich hören/ daß er so gut
wolle Miracul machen als die Heilige/ und mit wenigen Ceremo-
nien den Häring in ein Capauner-Bügel verwandlen; macht
demnach das Creutz-Zeichen über diesen gesaltznen Fisch mit dem
Zusatz etlicher possierlicher Wort/ und zieht beynebens ein Capau-
ner-Bügel aus dem Sack/ wormit er den Abend zuvor sich pro-
viantiert/ legt selbes auf das Kraut/ den Häring aber grabt er
unter das Kraut. Allo: sagt er/ das Miracul ist fertig (aber
auch schon die Straff GOttes) wie er nun den ersten Bissen ins
Maul gesteckt/ da ist er alsobald Steintodt zuruck über den Stul
gefallen/ daß gantze Jngeweid/ s. v. bey dem hintern Leib heraus
gesprungen/ und ein so abscheulichen Gestank von sich geben/ daß
nach aller angewendten Säuberung einem gedunckt/ als wäre
noch was übriges von diesem Sau-Balsam. Das Orth wird
derenthalben nicht offenbahrt/ weil von diesem verruchten Luder-
Sack ein Posterität/ und einige Freundschafft vorhanden. Jetzt
gehe hin und verachte das Fasten.

O Fasten macht Fastidi, Fastidi macht die Fasten! sagt
mancher/ klagt mancher. Der junge Tobias reisete mit seinem

Hün-

Judas der Ertzſchelm iſt dem uͤbermaͤſſigen
dignicht gar ernſthafft geweſen/ weil dergleichen Leuth nur nach
dem Gewinn ſchnappen und tappen. Als nun der Aſchermitt-
woch vorhanden/ und er von ſeinem Bacchus-Tempel noch nit
wollte weichen/ vorgebend/ das Faſten ſeye ein aufgebrachte
Sach der Pfaffen/ ſetzte freundlich hinzu/ wann Petrus der erſte
Papſt waͤre ein Fleiſchhacker oder Metzger geweſen/ ſo haͤtte er
auf kein Weiß das Faſten eingeſetzt; weil er aber ein Fiſcher wa-
re/ ſo kunte er nit anderſt als ein Faſten erdenken/ damit er ein An-
wehrung haben moͤchte ſeiner Fiſchen. Begehrte demnach der
Luder-Geſell eine Bratwurſt/ oder ſonſt was vom Fleiſch/ ſo
aber der Wirth in allweg geweigert und abgeſchlagen/ auch
noch hieruͤber gedrohet/ wann er mit Kraut und Haͤring nit wollt
vor Lieb nehmen/ ſo wolle er ihme den Weeg zeigen. Als nun
dieſe anerbottne Faſten-Speiſen aufgetragen worden/ da ſchmutz-
te dieſer verwegene Sau-Magen/ und laſt ſich hoͤren/ daß er ſo gut
wolle Miracul machen als die Heilige/ und mit wenigen Ceremo-
nien den Haͤring in ein Capauner-Buͤgel verwandlen; macht
demnach das Creutz-Zeichen uͤber dieſen geſaltznen Fiſch mit dem
Zuſatz etlicher poſſierlicher Wort/ und zieht beynebens ein Capau-
ner-Buͤgel aus dem Sack/ wormit er den Abend zuvor ſich pro-
viantiert/ legt ſelbes auf das Kraut/ den Haͤring aber grabt er
unter das Kraut. Allo: ſagt er/ das Miracul iſt fertig (aber
auch ſchon die Straff GOttes) wie er nun den erſten Biſſen ins
Maul geſteckt/ da iſt er alſobald Steintodt zuruck uͤber den Stul
gefallen/ daß gantze Jngeweid/ ſ. v. bey dem hintern Leib heraus
geſprungen/ und ein ſo abſcheulichen Geſtank von ſich geben/ daß
nach aller angewendten Saͤuberung einem gedunckt/ als waͤre
noch was uͤbriges von dieſem Sau-Balſam. Das Orth wird
derenthalben nicht offenbahrt/ weil von dieſem verruchten Luder-
Sack ein Poſteritaͤt/ und einige Freundſchafft vorhanden. Jetzt
gehe hin und verachte das Faſten.

O Faſten macht Faſtidi, Faſtidi macht die Faſten! ſagt
mancher/ klagt mancher. Der junge Tobias reiſete mit ſeinem

Huͤn-
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[110[120]/0132] Judas der Ertzſchelm iſt dem uͤbermaͤſſigen dignicht gar ernſthafft geweſen/ weil dergleichen Leuth nur nach dem Gewinn ſchnappen und tappen. Als nun der Aſchermitt- woch vorhanden/ und er von ſeinem Bacchus-Tempel noch nit wollte weichen/ vorgebend/ das Faſten ſeye ein aufgebrachte Sach der Pfaffen/ ſetzte freundlich hinzu/ wann Petrus der erſte Papſt waͤre ein Fleiſchhacker oder Metzger geweſen/ ſo haͤtte er auf kein Weiß das Faſten eingeſetzt; weil er aber ein Fiſcher wa- re/ ſo kunte er nit anderſt als ein Faſten erdenken/ damit er ein An- wehrung haben moͤchte ſeiner Fiſchen. Begehrte demnach der Luder-Geſell eine Bratwurſt/ oder ſonſt was vom Fleiſch/ ſo aber der Wirth in allweg geweigert und abgeſchlagen/ auch noch hieruͤber gedrohet/ wann er mit Kraut und Haͤring nit wollt vor Lieb nehmen/ ſo wolle er ihme den Weeg zeigen. Als nun dieſe anerbottne Faſten-Speiſen aufgetragen worden/ da ſchmutz- te dieſer verwegene Sau-Magen/ und laſt ſich hoͤren/ daß er ſo gut wolle Miracul machen als die Heilige/ und mit wenigen Ceremo- nien den Haͤring in ein Capauner-Buͤgel verwandlen; macht demnach das Creutz-Zeichen uͤber dieſen geſaltznen Fiſch mit dem Zuſatz etlicher poſſierlicher Wort/ und zieht beynebens ein Capau- ner-Buͤgel aus dem Sack/ wormit er den Abend zuvor ſich pro- viantiert/ legt ſelbes auf das Kraut/ den Haͤring aber grabt er unter das Kraut. Allo: ſagt er/ das Miracul iſt fertig (aber auch ſchon die Straff GOttes) wie er nun den erſten Biſſen ins Maul geſteckt/ da iſt er alſobald Steintodt zuruck uͤber den Stul gefallen/ daß gantze Jngeweid/ ſ. v. bey dem hintern Leib heraus geſprungen/ und ein ſo abſcheulichen Geſtank von ſich geben/ daß nach aller angewendten Saͤuberung einem gedunckt/ als waͤre noch was uͤbriges von dieſem Sau-Balſam. Das Orth wird derenthalben nicht offenbahrt/ weil von dieſem verruchten Luder- Sack ein Poſteritaͤt/ und einige Freundſchafft vorhanden. Jetzt gehe hin und verachte das Faſten. O Faſten macht Faſtidi, Faſtidi macht die Faſten! ſagt mancher/ klagt mancher. Der junge Tobias reiſete mit ſeinem Huͤn-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 110[120]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/132>, abgerufen am 26.04.2024.