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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Essen und Trincken ergeben.
gelwerck/ und allen Hennen insgemein? O Nein/ widersetzt der
Fuchs/ ich hab mich einig und allein herein gedrungen/ damit ich
mir ein Weil gute Täg möge anthun/ und wiederum am Leib zu-
nehmen. So/ sagt die Maus/ Adio! dein Balg ist hin. Der Fuchs
hat sich dergestalten mit Speisen angefüllt/ daß ihme der Bauch
auseinander gangen/ wie ein aufgeblasene Sackpfeiffen. Als nun
der Koch in dem Speiß-Gewölb den Hennen-Dieb erdappt/ wol-
te solcher unverzüglich durch das vorige enge Loch den Ausfall
nehmen/ kunte aber wegen der angeschoppten Wampen nit/ mu-
ste demnach elend und gantz frühzeitig um sein Balg kommen: in
seiner Marter gedachter noch an der Mauß Prophezeyung/ aber
zu spat; ersuhr also mit höchstem Schaden/ daß er länger gelebt
hätte/ wann er nicht das Wohlleben gesucht.

Es ist wahr/ und bleibt wahr/ daß das unmässige Essen und
Trincken/ die meisten Menschen ins Grab befürdere. Derjenige
junge Gesell/ dessen die Frau Mutter eine reiche und wolhabende
Wittib gewest in der Stadt Naim/ ist in den besten Jahren und
blühendem Alter von dem Tod hingerissen worden/ aber die Ur-
sach seines so frühezeitigen Tods war sein liederliches Leben; weil
er als ein einiger Sohn durch die zu grosse Ubersehung der Mut-
ter ein nichtsnutzigen Wandel geführt/ nicht allein der dazumahl
frechen Magdalena muthwilliger Galan gewest/ sondern noch
mit anderer nassen Bursch Tag und Nacht dem Luder-Leben ob-
gelegen/ und mit stetem Fressen und Sauffen die Zeit anworden/Luc. c. 7.
Sylvair.
in id.

welches dieses junge Blut/ wie leicht geschehen kan/ dergestalten
erhitzt/ daß er in ein grosses Fieber gerathen/ worvon er auch ge-
storben; nachmahls aber in Ansehung der betrübten Mutter von
dem HErrn JEsu zum Leben erwecket worden.

Gewiß ist es/ daß durch die Bratspieß mehrer erlegt wer-
den/ als durch den Degen; gewiß ist es/ daß bey den Kuchelhöfen
mehrer zu Grund gehen/ als in dem Meerhafen; gewiß ist es/
daß bey denen Pasteten mehrer bleiben/ als auf den Pasteyen;
gewiß ist es/ daß der Krug mehrer hinricht/ als der Krieg; gewiß

ist
Pars IV. O

Eſſen und Trincken ergeben.
gelwerck/ und allen Hennen insgemein? O Nein/ widerſetzt der
Fuchs/ ich hab mich einig und allein herein gedrungen/ damit ich
mir ein Weil gute Taͤg moͤge anthun/ und wiederum am Leib zu-
nehmen. So/ ſagt die Maus/ Adio! dein Balg iſt hin. Der Fuchs
hat ſich dergeſtalten mit Speiſen angefuͤllt/ daß ihme der Bauch
auseinander gangen/ wie ein aufgeblaſene Sackpfeiffen. Als nun
der Koch in dem Speiß-Gewoͤlb den Hennen-Dieb erdappt/ wol-
te ſolcher unverzuͤglich durch das vorige enge Loch den Ausfall
nehmen/ kunte aber wegen der angeſchoppten Wampen nit/ mu-
ſte demnach elend und gantz fruͤhzeitig um ſein Balg kommen: in
ſeiner Marter gedachter noch an der Mauß Prophezeyung/ aber
zu ſpat; erſuhr alſo mit hoͤchſtem Schaden/ daß er laͤnger gelebt
haͤtte/ wann er nicht das Wohlleben geſucht.

Es iſt wahr/ und bleibt wahr/ daß das unmaͤſſige Eſſen und
Trincken/ die meiſten Menſchen ins Grab befuͤrdere. Derjenige
junge Geſell/ deſſen die Frau Mutter eine reiche und wolhabende
Wittib geweſt in der Stadt Naim/ iſt in den beſten Jahren und
bluͤhendem Alter von dem Tod hingeriſſen worden/ aber die Ur-
ſach ſeines ſo fruͤhezeitigen Tods war ſein liederliches Leben; weil
er als ein einiger Sohn durch die zu groſſe Uberſehung der Mut-
ter ein nichtsnutzigen Wandel gefuͤhrt/ nicht allein der dazumahl
frechen Magdalena muthwilliger Galan geweſt/ ſondern noch
mit anderer naſſen Burſch Tag und Nacht dem Luder-Leben ob-
gelegen/ und mit ſtetem Freſſen und Sauffen die Zeit anworden/Luc. c. 7.
Sylvair.
in id.

welches dieſes junge Blut/ wie leicht geſchehen kan/ dergeſtalten
erhitzt/ daß er in ein groſſes Fieber gerathen/ worvon er auch ge-
ſtorben; nachmahls aber in Anſehung der betruͤbten Mutter von
dem HErꝛn JEſu zum Leben erwecket worden.

Gewiß iſt es/ daß durch die Bratſpieß mehrer erlegt wer-
den/ als durch den Degen; gewiß iſt es/ daß bey den Kuchelhoͤfen
mehrer zu Grund gehen/ als in dem Meerhafen; gewiß iſt es/
daß bey denen Paſteten mehrer bleiben/ als auf den Paſteyen;
gewiß iſt es/ daß der Krug mehrer hinricht/ als der Krieg; gewiß

iſt
Pars IV. O
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[105/0117] Eſſen und Trincken ergeben. gelwerck/ und allen Hennen insgemein? O Nein/ widerſetzt der Fuchs/ ich hab mich einig und allein herein gedrungen/ damit ich mir ein Weil gute Taͤg moͤge anthun/ und wiederum am Leib zu- nehmen. So/ ſagt die Maus/ Adio! dein Balg iſt hin. Der Fuchs hat ſich dergeſtalten mit Speiſen angefuͤllt/ daß ihme der Bauch auseinander gangen/ wie ein aufgeblaſene Sackpfeiffen. Als nun der Koch in dem Speiß-Gewoͤlb den Hennen-Dieb erdappt/ wol- te ſolcher unverzuͤglich durch das vorige enge Loch den Ausfall nehmen/ kunte aber wegen der angeſchoppten Wampen nit/ mu- ſte demnach elend und gantz fruͤhzeitig um ſein Balg kommen: in ſeiner Marter gedachter noch an der Mauß Prophezeyung/ aber zu ſpat; erſuhr alſo mit hoͤchſtem Schaden/ daß er laͤnger gelebt haͤtte/ wann er nicht das Wohlleben geſucht. Es iſt wahr/ und bleibt wahr/ daß das unmaͤſſige Eſſen und Trincken/ die meiſten Menſchen ins Grab befuͤrdere. Derjenige junge Geſell/ deſſen die Frau Mutter eine reiche und wolhabende Wittib geweſt in der Stadt Naim/ iſt in den beſten Jahren und bluͤhendem Alter von dem Tod hingeriſſen worden/ aber die Ur- ſach ſeines ſo fruͤhezeitigen Tods war ſein liederliches Leben; weil er als ein einiger Sohn durch die zu groſſe Uberſehung der Mut- ter ein nichtsnutzigen Wandel gefuͤhrt/ nicht allein der dazumahl frechen Magdalena muthwilliger Galan geweſt/ ſondern noch mit anderer naſſen Burſch Tag und Nacht dem Luder-Leben ob- gelegen/ und mit ſtetem Freſſen und Sauffen die Zeit anworden/ welches dieſes junge Blut/ wie leicht geſchehen kan/ dergeſtalten erhitzt/ daß er in ein groſſes Fieber gerathen/ worvon er auch ge- ſtorben; nachmahls aber in Anſehung der betruͤbten Mutter von dem HErꝛn JEſu zum Leben erwecket worden. Luc. c. 7. Sylvair. in id. Gewiß iſt es/ daß durch die Bratſpieß mehrer erlegt wer- den/ als durch den Degen; gewiß iſt es/ daß bey den Kuchelhoͤfen mehrer zu Grund gehen/ als in dem Meerhafen; gewiß iſt es/ daß bey denen Paſteten mehrer bleiben/ als auf den Paſteyen; gewiß iſt es/ daß der Krug mehrer hinricht/ als der Krieg; gewiß iſt Pars IV. O

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/117>, abgerufen am 27.04.2024.