Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas der verruchte Mensch
Gesetz Moysis versteiniget werden? Du aber/ O Heiland!
hast die Augen auf die Erde gewendt/ auf die Erde ge-
schrieben/ und so dann die arme Haut frey und los gelas-
sen; hätte dann nit sollen dieser Schleppsack billich ge-
strafft werden? Dann die allzugrosse Gütigkeit denen
Lasteren mehrer Unterschleiff gibt. Ich/ ich/ sagt mein
guldener JESUS/ auf die Erde hab ich geschaut/ hab
die Erde betracht/ und anbey zu Gemüth geführt/ daß der
Mensch aus der Erden/ und folgsam ein gebrechliches Ge-
schirr/ dahero ein hertzliches Mitleiden getragen mit dieser
Sünderin/ und trage noch ein Mitleiden mit allen Sün-
dern.

O mein Heiland! auf solche Weise kommt jetzt heraus/
Actor. 11.was du einmal dem Himmels-Portner Petro in einer Fi-
gur gezeigt hast/ da er nemlich gesehen ein grosses leinenes
Tuch vom Himmel herab lassen mit den vier Züpffen; in
dem Tuch aber waren allerley wilde Thier/ so gar Schlan-
gen und Krotten/ auch allerley Vögel/ worauf dem Petro
gesagt worden/ dieses sey seine Speiß/ nach solchen ist das
leinene Tuch/ samt den Thieren/ wieder in Himmel ge-
nommen worden: Mercks Peter! hat es geheissen/ du wirst
die Schlüssel zum Himmel haben du must dir aber nit ein-
bilden/ daß du lauter unschuldige Lämmlein und Tauben
werdest einlassen/ sondern auch andere Thier/ auch leicht-
fertige Krotten/ auch verstohlene Galgen-Vögel/ auch
allerley gottlose Bestien! Dann meine Göttliche Barm-
hertzigkeit erstreckt sich zu allen/ absonderlich aber zu den
Sündern/ mit denen ich wegen ihrer Gebrechlichkeit und
Schwachheit ein Mitleiden trage.

Hertzige Speranza, sie muß es mir nit für ungut
aufnehmen/ wann ich noch einige Geschicht beysetze/ wo-

ran

Judas der verruchte Menſch
Geſetz Moyſis verſteiniget werden? Du aber/ O Heiland!
haſt die Augen auf die Erde gewendt/ auf die Erde ge-
ſchrieben/ und ſo dann die arme Haut frey und los gelaſ-
ſen; haͤtte dann nit ſollen dieſer Schleppſack billich ge-
ſtrafft werden? Dann die allzugroſſe Guͤtigkeit denen
Laſteren mehrer Unterſchleiff gibt. Ich/ ich/ ſagt mein
guldener JESUS/ auf die Erde hab ich geſchaut/ hab
die Erde betracht/ und anbey zu Gemuͤth gefuͤhrt/ daß der
Menſch aus der Erden/ und folgſam ein gebrechliches Ge-
ſchirr/ dahero ein hertzliches Mitleiden getragen mit dieſer
Suͤnderin/ und trage noch ein Mitleiden mit allen Suͤn-
dern.

O mein Heiland! auf ſolche Weiſe kommt jetzt heraus/
Actor. 11.was du einmal dem Himmels-Portner Petro in einer Fi-
gur gezeigt haſt/ da er nemlich geſehen ein groſſes leinenes
Tuch vom Himmel herab laſſen mit den vier Zuͤpffen; in
dem Tuch aber waren allerley wilde Thier/ ſo gar Schlan-
gen und Krotten/ auch allerley Voͤgel/ worauf dem Petro
geſagt worden/ dieſes ſey ſeine Speiß/ nach ſolchen iſt das
leinene Tuch/ ſamt den Thieren/ wieder in Himmel ge-
nommen worden: Mercks Peter! hat es geheiſſen/ du wirſt
die Schluͤſſel zum Himmel haben du muſt dir aber nit ein-
bilden/ daß du lauter unſchuldige Laͤmmlein und Tauben
werdeſt einlaſſen/ ſondern auch andere Thier/ auch leicht-
fertige Krotten/ auch verſtohlene Galgen-Voͤgel/ auch
allerley gottloſe Beſtien! Dann meine Goͤttliche Barm-
hertzigkeit erſtreckt ſich zu allen/ abſonderlich aber zu den
Suͤndern/ mit denen ich wegen ihrer Gebrechlichkeit und
Schwachheit ein Mitleiden trage.

Hertzige Speranza, ſie muß es mir nit fuͤr ungut
aufnehmen/ wann ich noch einige Geſchicht beyſetze/ wo-

ran
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0586" n="554"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Judas der verruchte Men&#x017F;ch</hi></fw><lb/>
Ge&#x017F;etz <hi rendition="#aq">Moy&#x017F;is</hi> ver&#x017F;teiniget werden? Du aber/ O Heiland!<lb/>
ha&#x017F;t die Augen auf die Erde gewendt/ auf die Erde ge-<lb/>
&#x017F;chrieben/ und &#x017F;o dann die arme Haut frey und los gela&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; ha&#x0364;tte dann nit &#x017F;ollen die&#x017F;er Schlepp&#x017F;ack billich ge-<lb/>
&#x017F;trafft werden? Dann die allzugro&#x017F;&#x017F;e Gu&#x0364;tigkeit denen<lb/>
La&#x017F;teren mehrer Unter&#x017F;chleiff gibt. Ich/ ich/ &#x017F;agt mein<lb/>
guldener JESUS/ auf die Erde hab ich ge&#x017F;chaut/ hab<lb/>
die Erde betracht/ und anbey zu Gemu&#x0364;th gefu&#x0364;hrt/ daß der<lb/>
Men&#x017F;ch aus der Erden/ und folg&#x017F;am ein gebrechliches Ge-<lb/>
&#x017F;chirr/ dahero ein hertzliches Mitleiden getragen mit die&#x017F;er<lb/>
Su&#x0364;nderin/ und trage noch ein Mitleiden mit allen Su&#x0364;n-<lb/>
dern.</p><lb/>
        <p>O mein Heiland! auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e kommt jetzt heraus/<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Actor.</hi> 11.</note>was du einmal dem Himmels-Portner <hi rendition="#aq">Petro</hi> in einer Fi-<lb/>
gur gezeigt ha&#x017F;t/ da er nemlich ge&#x017F;ehen ein gro&#x017F;&#x017F;es leinenes<lb/>
Tuch vom Himmel herab la&#x017F;&#x017F;en mit den vier Zu&#x0364;pffen; in<lb/>
dem Tuch aber waren allerley wilde Thier/ &#x017F;o gar Schlan-<lb/>
gen und Krotten/ auch allerley Vo&#x0364;gel/ worauf dem <hi rendition="#aq">Petro</hi><lb/>
ge&#x017F;agt worden/ die&#x017F;es &#x017F;ey &#x017F;eine Speiß/ nach &#x017F;olchen i&#x017F;t das<lb/>
leinene Tuch/ &#x017F;amt den Thieren/ wieder in Himmel ge-<lb/>
nommen worden: Mercks <hi rendition="#aq">Peter!</hi> hat es gehei&#x017F;&#x017F;en/ du wir&#x017F;t<lb/>
die Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zum Himmel haben du mu&#x017F;t dir aber nit ein-<lb/>
bilden/ daß du lauter un&#x017F;chuldige La&#x0364;mmlein und Tauben<lb/>
werde&#x017F;t einla&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern auch andere Thier/ auch leicht-<lb/>
fertige Krotten/ auch ver&#x017F;tohlene Galgen-Vo&#x0364;gel/ auch<lb/>
allerley gottlo&#x017F;e Be&#x017F;tien! Dann meine Go&#x0364;ttliche Barm-<lb/>
hertzigkeit er&#x017F;treckt &#x017F;ich zu allen/ ab&#x017F;onderlich aber zu den<lb/>
Su&#x0364;ndern/ mit denen ich wegen ihrer Gebrechlichkeit und<lb/>
Schwachheit ein Mitleiden trage.</p><lb/>
        <p>Hertzige <hi rendition="#aq">Speranza,</hi> &#x017F;ie muß es mir nit fu&#x0364;r ungut<lb/>
aufnehmen/ wann ich noch einige Ge&#x017F;chicht bey&#x017F;etze/ wo-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ran</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[554/0586] Judas der verruchte Menſch Geſetz Moyſis verſteiniget werden? Du aber/ O Heiland! haſt die Augen auf die Erde gewendt/ auf die Erde ge- ſchrieben/ und ſo dann die arme Haut frey und los gelaſ- ſen; haͤtte dann nit ſollen dieſer Schleppſack billich ge- ſtrafft werden? Dann die allzugroſſe Guͤtigkeit denen Laſteren mehrer Unterſchleiff gibt. Ich/ ich/ ſagt mein guldener JESUS/ auf die Erde hab ich geſchaut/ hab die Erde betracht/ und anbey zu Gemuͤth gefuͤhrt/ daß der Menſch aus der Erden/ und folgſam ein gebrechliches Ge- ſchirr/ dahero ein hertzliches Mitleiden getragen mit dieſer Suͤnderin/ und trage noch ein Mitleiden mit allen Suͤn- dern. O mein Heiland! auf ſolche Weiſe kommt jetzt heraus/ was du einmal dem Himmels-Portner Petro in einer Fi- gur gezeigt haſt/ da er nemlich geſehen ein groſſes leinenes Tuch vom Himmel herab laſſen mit den vier Zuͤpffen; in dem Tuch aber waren allerley wilde Thier/ ſo gar Schlan- gen und Krotten/ auch allerley Voͤgel/ worauf dem Petro geſagt worden/ dieſes ſey ſeine Speiß/ nach ſolchen iſt das leinene Tuch/ ſamt den Thieren/ wieder in Himmel ge- nommen worden: Mercks Peter! hat es geheiſſen/ du wirſt die Schluͤſſel zum Himmel haben du muſt dir aber nit ein- bilden/ daß du lauter unſchuldige Laͤmmlein und Tauben werdeſt einlaſſen/ ſondern auch andere Thier/ auch leicht- fertige Krotten/ auch verſtohlene Galgen-Voͤgel/ auch allerley gottloſe Beſtien! Dann meine Goͤttliche Barm- hertzigkeit erſtreckt ſich zu allen/ abſonderlich aber zu den Suͤndern/ mit denen ich wegen ihrer Gebrechlichkeit und Schwachheit ein Mitleiden trage. Actor. 11. Hertzige Speranza, ſie muß es mir nit fuͤr ungut aufnehmen/ wann ich noch einige Geſchicht beyſetze/ wo- ran

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/586
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/586>, abgerufen am 19.05.2024.