Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

vor dem Fisch-Thor zu Jerusalem.
ches hinterlassen/ wie hat es anderst seyn können/ er stun-
de in seinem schönen Kayserlichen Dienst/ und die lassen
sich weit besser scheeren/ als die Schaaf des Labans. Der
Prophet Ezechiel hat vier wuderliche Thier gesehen/Ezech. 1. c.
v.
15.

da war aber der Adler nit weit von dem faisten Ochsen;
Freylich wohl machen die Kayserliche Officia einen feist/
und spicken ihm seinen Beutel. Wie ist der Herr um das
Seinige kommen? Es ist eine schlechte Zeit gewest; so
hats dann/ gedenck jemand/ die Zeit gefressen/ die Zeit
verzehrt. So ist dann auch aller Reichthum der Welt
unbeständig. Auf solche Weise seynd die Reichthümer
der Welt wie der Feigen-Baum an dem Weeg/ welchen
der HERR und Heyland vermaledeyet/ dieser war so
schön und angenehm/ daß mancher Rei[s]ender unter sei-
nem Schatten das beste Contento genossen/ er trutzte
bald mit allen daselbst benachbarten Bäumern/ und
glaubte/ daß ihm keiner gleiche/ und sihe/ kaum/ daß
der Fluch des HErrn über ihn ergangen/ da ist der Kerl
völlig gantz und gar verdorben. Da hat es geheissen/
vorhero einen grünen Schopff/ bald darauf ein Kahl-
Kopff; da hat es geheissen/ vorhero sehr herrlich floriret/
bald hernach gantz ruiniret. Da hat es geheissen/ vorhero
mit einem jeden getrutzt/ bald hierauf schmählich ge-
stutzt. Wie manchem gehet es wie dem Aemerling/ die-
ser Gesell glaubt/ es seye ihme keiner gleich an Glück und
Reichthum/ ja er trägt ein so kostbares/ von Gold ge-
sticktes Kleid/ daß er von allen Vögeln soll ein guter und
Reicher von Adel erkennt werden; so Ehr-süchtig ist er/
daß er selbst bey lustiger Frühlings Zeit und heissen
Sommer auf allen Bäumen und Stauden singet: Edel/
edel bin ich! edel/ edel bin ich!
es stehet aber kleine
Weil an/ der edle Sommer passiret vor bey/ der frucht-
bare Herbst vergehet auch/ der rauhe Winter ruckt her-

zu/
U u u 3

vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem.
ches hinterlaſſen/ wie hat es anderſt ſeyn koͤnnen/ er ſtun-
de in ſeinem ſchoͤnen Kayſerlichen Dienſt/ und die laſſen
ſich weit beſſer ſcheeren/ als die Schaaf des Labans. Der
Prophet Ezechiel hat vier wuderliche Thier geſehen/Ezech. 1. c.
v.
15.

da war aber der Adler nit weit von dem faiſten Ochſen;
Freylich wohl machen die Kayſerliche Officia einen feiſt/
und ſpicken ihm ſeinen Beutel. Wie iſt der Herr um das
Seinige kommen? Es iſt eine ſchlechte Zeit geweſt; ſo
hats dann/ gedenck jemand/ die Zeit gefreſſen/ die Zeit
verzehrt. So iſt dann auch aller Reichthum der Welt
unbeſtaͤndig. Auf ſolche Weiſe ſeynd die Reichthuͤmer
der Welt wie der Feigen-Baum an dem Weeg/ welchen
der HERR und Heyland vermaledeyet/ dieſer war ſo
ſchoͤn und angenehm/ daß mancher Rei[s]ender unter ſei-
nem Schatten das beſte Contento genoſſen/ er trutzte
bald mit allen daſelbſt benachbarten Baͤumern/ und
glaubte/ daß ihm keiner gleiche/ und ſihe/ kaum/ daß
der Fluch des HErrn uͤber ihn ergangen/ da iſt der Kerl
voͤllig gantz und gar verdorben. Da hat es geheiſſen/
vorhero einen gruͤnen Schopff/ bald darauf ein Kahl-
Kopff; da hat es geheiſſen/ vorhero ſehr herrlich floriret/
bald hernach gantz ruiniret. Da hat es geheiſſen/ vorhero
mit einem jeden getrutzt/ bald hierauf ſchmaͤhlich ge-
ſtutzt. Wie manchem gehet es wie dem Aemerling/ die-
ſer Geſell glaubt/ es ſeye ihme keiner gleich an Gluͤck und
Reichthum/ ja er traͤgt ein ſo koſtbares/ von Gold ge-
ſticktes Kleid/ daß er von allen Voͤgeln ſoll ein guter und
Reicher von Adel erkennt werden; ſo Ehr-ſuͤchtig iſt er/
daß er ſelbſt bey luſtiger Fruͤhlings Zeit und heiſſen
Sommer auf allen Baͤumen und Stauden ſinget: Edel/
edel bin ich! edel/ edel bin ich!
es ſtehet aber kleine
Weil an/ der edle Sommer paſſiret voꝛ bey/ der frucht-
bare Herbſt vergehet auch/ der rauhe Winter ruckt her-

zu/
U u u 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0557" n="525"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">vor dem Fi&#x017F;ch-Thor zu Jeru&#x017F;alem.</hi></fw><lb/>
ches hinterla&#x017F;&#x017F;en/ wie hat es ander&#x017F;t &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen/ er &#x017F;tun-<lb/>
de in &#x017F;einem &#x017F;cho&#x0364;nen Kay&#x017F;erlichen Dien&#x017F;t/ und die la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich weit be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;cheeren/ als die Schaaf des Labans. Der<lb/>
Prophet Ezechiel hat vier wuderliche Thier ge&#x017F;ehen/<note place="right"><hi rendition="#aq">Ezech. 1. c.<lb/>
v.</hi> 15.</note><lb/>
da war aber der Adler nit weit von dem fai&#x017F;ten Och&#x017F;en;<lb/>
Freylich wohl machen die Kay&#x017F;erliche <hi rendition="#aq">Officia</hi> einen fei&#x017F;t/<lb/>
und &#x017F;picken ihm &#x017F;einen Beutel. Wie i&#x017F;t der Herr um das<lb/>
Seinige kommen? Es i&#x017F;t eine &#x017F;chlechte Zeit gewe&#x017F;t; &#x017F;o<lb/>
hats dann/ gedenck jemand/ die Zeit gefre&#x017F;&#x017F;en/ die Zeit<lb/>
verzehrt. So i&#x017F;t dann auch aller Reichthum der Welt<lb/>
unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig. Auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e &#x017F;eynd die Reichthu&#x0364;mer<lb/>
der Welt wie der Feigen-Baum an dem Weeg/ welchen<lb/>
der HERR und Heyland vermaledeyet/ die&#x017F;er war &#x017F;o<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n und angenehm/ daß mancher Rei<supplied>s</supplied>ender unter &#x017F;ei-<lb/>
nem Schatten das be&#x017F;te <hi rendition="#aq">Contento</hi> geno&#x017F;&#x017F;en/ er trutzte<lb/>
bald mit allen da&#x017F;elb&#x017F;t benachbarten Ba&#x0364;umern/ und<lb/>
glaubte/ daß ihm keiner gleiche/ und &#x017F;ihe/ kaum/ daß<lb/>
der Fluch des HErrn u&#x0364;ber ihn ergangen/ da i&#x017F;t der Kerl<lb/>
vo&#x0364;llig gantz und gar verdorben. Da hat es gehei&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
vorhero einen gru&#x0364;nen Schopff/ bald darauf ein Kahl-<lb/>
Kopff; da hat es gehei&#x017F;&#x017F;en/ vorhero &#x017F;ehr herrlich <hi rendition="#aq">flori</hi>ret/<lb/>
bald hernach gantz <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret. Da hat es gehei&#x017F;&#x017F;en/ vorhero<lb/>
mit einem jeden getrutzt/ bald hierauf &#x017F;chma&#x0364;hlich ge-<lb/>
&#x017F;tutzt. Wie manchem gehet es wie dem Aemerling/ die-<lb/>
&#x017F;er Ge&#x017F;ell glaubt/ es &#x017F;eye ihme keiner gleich an Glu&#x0364;ck und<lb/>
Reichthum/ ja er tra&#x0364;gt ein &#x017F;o ko&#x017F;tbares/ von Gold ge-<lb/>
&#x017F;ticktes Kleid/ daß er von allen Vo&#x0364;geln &#x017F;oll ein guter und<lb/>
Reicher von Adel erkennt werden; &#x017F;o Ehr-&#x017F;u&#x0364;chtig i&#x017F;t er/<lb/>
daß er &#x017F;elb&#x017F;t bey lu&#x017F;tiger Fru&#x0364;hlings Zeit und hei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Sommer auf allen Ba&#x0364;umen und Stauden &#x017F;inget: <hi rendition="#fr">Edel/<lb/>
edel bin ich! edel/ edel bin ich!</hi> es &#x017F;tehet aber kleine<lb/>
Weil an/ der edle Sommer pa&#x017F;&#x017F;iret vo&#xA75B; bey/ der frucht-<lb/>
bare Herb&#x017F;t vergehet auch/ der rauhe Winter ruckt her-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U u u 3</fw><fw place="bottom" type="catch">zu/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[525/0557] vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem. ches hinterlaſſen/ wie hat es anderſt ſeyn koͤnnen/ er ſtun- de in ſeinem ſchoͤnen Kayſerlichen Dienſt/ und die laſſen ſich weit beſſer ſcheeren/ als die Schaaf des Labans. Der Prophet Ezechiel hat vier wuderliche Thier geſehen/ da war aber der Adler nit weit von dem faiſten Ochſen; Freylich wohl machen die Kayſerliche Officia einen feiſt/ und ſpicken ihm ſeinen Beutel. Wie iſt der Herr um das Seinige kommen? Es iſt eine ſchlechte Zeit geweſt; ſo hats dann/ gedenck jemand/ die Zeit gefreſſen/ die Zeit verzehrt. So iſt dann auch aller Reichthum der Welt unbeſtaͤndig. Auf ſolche Weiſe ſeynd die Reichthuͤmer der Welt wie der Feigen-Baum an dem Weeg/ welchen der HERR und Heyland vermaledeyet/ dieſer war ſo ſchoͤn und angenehm/ daß mancher Reisender unter ſei- nem Schatten das beſte Contento genoſſen/ er trutzte bald mit allen daſelbſt benachbarten Baͤumern/ und glaubte/ daß ihm keiner gleiche/ und ſihe/ kaum/ daß der Fluch des HErrn uͤber ihn ergangen/ da iſt der Kerl voͤllig gantz und gar verdorben. Da hat es geheiſſen/ vorhero einen gruͤnen Schopff/ bald darauf ein Kahl- Kopff; da hat es geheiſſen/ vorhero ſehr herrlich floriret/ bald hernach gantz ruiniret. Da hat es geheiſſen/ vorhero mit einem jeden getrutzt/ bald hierauf ſchmaͤhlich ge- ſtutzt. Wie manchem gehet es wie dem Aemerling/ die- ſer Geſell glaubt/ es ſeye ihme keiner gleich an Gluͤck und Reichthum/ ja er traͤgt ein ſo koſtbares/ von Gold ge- ſticktes Kleid/ daß er von allen Voͤgeln ſoll ein guter und Reicher von Adel erkennt werden; ſo Ehr-ſuͤchtig iſt er/ daß er ſelbſt bey luſtiger Fruͤhlings Zeit und heiſſen Sommer auf allen Baͤumen und Stauden ſinget: Edel/ edel bin ich! edel/ edel bin ich! es ſtehet aber kleine Weil an/ der edle Sommer paſſiret voꝛ bey/ der frucht- bare Herbſt vergehet auch/ der rauhe Winter ruckt her- zu/ Ezech. 1. c. v. 15. U u u 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/557
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/557>, abgerufen am 19.05.2024.