Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.vor dem Fisch-Thor zu Jerusalem. Wunsch/ zu schlampampen/ und vergonnte dem armenLazaro nit ein Brösel von seiner Tafel/ worbey so viel unnöhtige Tisch-Räth geschmarozet. Wundert mich also mehrmalen/ warum Lucas ehender Meldung thut von einem solchen/ der da in der Höll begraben/ als von ei- nem Heiligen/ den die Engel getragen in die Schooß Abrahae. Homo quidam erat dives &c. v. 19. Et erat qui- dam Mendicus nomine Lazarus. v. 20. Wer diese von Lu- ca verfaste Histori recht entörtert/ der wird finden/ daß er solche mit den Umständen beschreibe/ wie diese beede noch auf der Welt waren: dann allbekannt ist/ daß auf der Welt die Reichen in allen den Vorzug haben; die Ar- men entgegen weit hinden gehen. Sobald aber erstge- dachter Evangelist dieser beeder Tod und zeitlichen Hin- tritt beyrucket/ so gibt er dem Lazaro die erste Stell/ und der Reiche muß nachfolgen. Nemlich/ es begab sich aber/ daß der Arme starb/ und von den Engeln in die Schooß Abrah am getragen wurde. Es starb aber auch der Reiche/ und wurde in die Höll begraben. O wie wun- derlich wendet sich das Blätel! In jener Welt gilt bey GOtt der Arme alles/ der Reiche entgegen nichts: In dieser Welt aber gilt der Arme nichts/ entgegen aber der Reiche alles. Es kommt mir schter vor wie ein Papagey/ und eine arme Henn/ solang der Paperl lebt/ so hat er seine Residentz in der Tafel-Stuben/ man charesirt ihn mit Zucker/ und ha[t] das beste Leben: Dahingegen die ar- me Henn auf dem Mist muß hin und her mit vielen Kra- zen ihre Nahrung suchen/ nach dem Tod wird die Henn gar auf die Tafel und Herren-Tisch getragen/ ja nit sel- ten mit einem silbernen unter-Bett bedienet/ entgegen aber der vorhin angenehme Papageyischer Ploderer nach seinem Tod wird hinaus geworffen auf den Mist/ als eine frey-Tafel der Galgen-Vögel der Raben. Nit viel U u u 2
vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem. Wunſch/ zu ſchlampampen/ und vergonnte dem armenLazaro nit ein Broͤſel von ſeiner Tafel/ worbey ſo viel unnoͤhtige Tiſch-Raͤth geſchmarozet. Wundert mich alſo mehrmalen/ warum Lucas ehender Meldung thut von einem ſolchen/ der da in der Hoͤll begraben/ als von ei- nem Heiligen/ den die Engel getragen in die Schooß Abrahæ. Homo quidam erat dives &c. v. 19. Et erat qui- dam Mendicus nomine Lazarus. v. 20. Wer dieſe von Lu- ca verfaſte Hiſtori recht entoͤrtert/ der wird finden/ daß er ſolche mit den Umſtaͤnden beſchreibe/ wie dieſe beede noch auf der Welt waren: dann allbekannt iſt/ daß auf der Welt die Reichen in allen den Vorzug haben; die Ar- men entgegen weit hinden gehen. Sobald aber erſtge- dachter Evangeliſt dieſer beeder Tod und zeitlichen Hin- tritt beyrucket/ ſo gibt er dem Lazaro die erſte Stell/ und der Reiche muß nachfolgen. Nemlich/ es begab ſich aber/ daß der Arme ſtarb/ und von den Engeln in die Schooß Abrah am getragen wurde. Es ſtarb aber auch der Reiche/ und wurde in die Hoͤll begraben. O wie wun- derlich wendet ſich das Blaͤtel! In jener Welt gilt bey GOtt der Arme alles/ der Reiche entgegen nichts: In dieſer Welt aber gilt der Arme nichts/ entgegen aber der Reiche alles. Es kommt mir ſchter vor wie ein Papagey/ und eine arme Henn/ ſolang der Paperl lebt/ ſo hat er ſeine Reſidentz in der Tafel-Stuben/ man chareſirt ihn mit Zucker/ und ha[t] das beſte Leben: Dahingegen die ar- me Henn auf dem Miſt muß hin und her mit vielen Kra- zen ihre Nahrung ſuchen/ nach dem Tod wird die Henn gar auf die Tafel und Herren-Tiſch getragen/ ja nit ſel- ten mit einem ſilbernen unter-Bett bedienet/ entgegen aber der vorhin angenehme Papageyiſcher Ploderer nach ſeinem Tod wird hinaus geworffen auf den Miſt/ als eine frey-Tafel der Galgen-Voͤgel der Raben. Nit viel U u u 2
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vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem.
Wunſch/ zu ſchlampampen/ und vergonnte dem armen
Lazaro nit ein Broͤſel von ſeiner Tafel/ worbey ſo viel
unnoͤhtige Tiſch-Raͤth geſchmarozet. Wundert mich
alſo mehrmalen/ warum Lucas ehender Meldung thut
von einem ſolchen/ der da in der Hoͤll begraben/ als von ei-
nem Heiligen/ den die Engel getragen in die Schooß
Abrahæ. Homo quidam erat dives &c. v. 19. Et erat qui-
dam Mendicus nomine Lazarus. v. 20. Wer dieſe von Lu-
ca verfaſte Hiſtori recht entoͤrtert/ der wird finden/ daß
er ſolche mit den Umſtaͤnden beſchreibe/ wie dieſe beede
noch auf der Welt waren: dann allbekannt iſt/ daß auf
der Welt die Reichen in allen den Vorzug haben; die Ar-
men entgegen weit hinden gehen. Sobald aber erſtge-
dachter Evangeliſt dieſer beeder Tod und zeitlichen Hin-
tritt beyrucket/ ſo gibt er dem Lazaro die erſte Stell/ und
der Reiche muß nachfolgen. Nemlich/ es begab ſich
aber/ daß der Arme ſtarb/ und von den Engeln in die
Schooß Abrah am getragen wurde. Es ſtarb aber auch
der Reiche/ und wurde in die Hoͤll begraben. O wie wun-
derlich wendet ſich das Blaͤtel! In jener Welt gilt bey
GOtt der Arme alles/ der Reiche entgegen nichts: In
dieſer Welt aber gilt der Arme nichts/ entgegen aber der
Reiche alles. Es kommt mir ſchter vor wie ein Papagey/
und eine arme Henn/ ſolang der Paperl lebt/ ſo hat er
ſeine Reſidentz in der Tafel-Stuben/ man chareſirt ihn
mit Zucker/ und hat das beſte Leben: Dahingegen die ar-
me Henn auf dem Miſt muß hin und her mit vielen Kra-
zen ihre Nahrung ſuchen/ nach dem Tod wird die Henn
gar auf die Tafel und Herren-Tiſch getragen/ ja nit ſel-
ten mit einem ſilbernen unter-Bett bedienet/ entgegen
aber der vorhin angenehme Papageyiſcher Ploderer
nach ſeinem Tod wird hinaus geworffen auf den Miſt/
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