Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.Judas Iscarioth/ wolte sein liederliches Ende nehmen Also erbleicht bald/ verrost bald/ zergehet bald/ verdun-ckelt bald die schöne Gestalt des Menschens: die Welt hat also nichts mehrers als die Beständigkeit/ in der Unbe- ständigkeit. Lerne lesen.
Ich hätte wohl vermeynt/ der Evangelist Lucas wä- Wunsch/
Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen Alſo erbleicht bald/ verroſt bald/ zergehet bald/ verdun-ckelt bald die ſchoͤne Geſtalt des Menſchens: die Welt hat alſo nichts mehrers als die Beſtaͤndigkeit/ in der Unbe- ſtaͤndigkeit. Lerne leſen.
Ich haͤtte wohl vermeynt/ der Evangeliſt Lucas waͤ- Wunſch/
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Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen
Alſo erbleicht bald/ verroſt bald/ zergehet bald/ verdun-
ckelt bald die ſchoͤne Geſtalt des Menſchens: die Welt hat
alſo nichts mehrers als die Beſtaͤndigkeit/ in der Unbe-
ſtaͤndigkeit.
Lerne leſen.
Narren. wer erfahren/ Ein 1.
fuͤr ein mehrer ſchon Trampel 2.
ſchaͤtz ich auf dich hab ich biſt du 3.
den haͤlt/ das 5. Welt/ 4.
Ich haͤtte wohl vermeynt/ der Evangeliſt Lucas waͤ-
re anderſt umgangen in der Beſchreibung des reichen
Manns und des armen Bettlers Lazari/ und wundert
mich/ daß er den reichen Schelmen vorangeſetzt/ und
den vor GOttes Augen gerechten Lazarum nach ihme.
Die Hiſtori lautet alſo: Es war ein reicher Mann/ der
kleidet ſich mit Purpur/ und koͤſtlicher Leinwath/ und
hielte alle Tag herrliche Mahlzeit. Es war auch ein Bett-
ler/ mit Namen Lazarus/ der lag vor einer Thuͤr/ und
war voller Geſchwaͤhr ꝛc. Ja wann dieſer reiche Lim-
mel waͤre geweſt wie der Himmel/ ſo vergoͤnnte ich ihme
den Vorzug: dann der Himmel ſo guͤtig/ und mittlei-
dend iſt/ um weil ihn der allmaͤchtige Erſchoͤpffer mit ei-
ner guldenen Sonnen/ mit einem ſilbernen Mond/ mit
andern Herrlichen Geſtirnen ſtattlich bereichet/ daß er die
untere Erd/ als ein ſehr niedertraͤchtiges und armes Ele-
ment laͤſſet aller ſeiner Reichthumen genieſſen/ erhaͤlt/
ergoͤtzt/ ernaͤhrt ſolche mit ſeinen gutwilligen Influentzen/
und kommt ihr zuweilen in der groͤſten Noth zu Huͤlff mit
einem fruchtbaren Regen/ ꝛc. Auch deßwegen hat der
vorſichtigſte GOtt dem Reichen ſo viel geſpendirt/ damit
er den Armen auch ſolle deſſen theilhafftig machen. Aber
der obere Praſſer verſahe nur ſeine Wampen/ nach
Wunſch/
Luc. 16.
v. 16.
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