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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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vor dem Fisch-Thor zu Jerusalem.
stens den Heyland JESUM zum Tod gezogen/ dahe-
ro die Lateiner nit umsonst ein Todten-Grab nennen
Monumentum, welches so viel monens mentem.

O Magdalena! du Spiegel der Büssenden/ du bist so
weit in der Gnade GOttes gestiegen/ daß du auch gleich
andern Aposteln/ das Evangelium CHristi allenthal-
ben ausgebreitet; daß du auch durch Würckung des Heil.
Geistes alle Sprachen geredt: daß du auch 30. gantzer
Jahr hindurch in der Wüsten von allen Menschen zwar
abgesondert/ aber doch täglich von den Engeln besucht:
und von ihnen in die Höhe/ die himmlische Music zu hö-
ren/ getragen worden: daß du auch mit deinem Gebet aus
einem harten und truckenen Felsen ein klares Brunnen-
Quell erweckt/ etc. Aber sag her/ wer hat dich so hoch ge-
bracht? Sie antwortet/ das Niedere. Wer hat dich so
groß gemacht? Sie antwortet/ das Kleine. Wer hat
dich so weiß gemacht? Sie antwortet/ das Schwartze.
Wer hat dich zu so grossen Schein gebracht? Sie ant-
wortet/ die Finsternuß. Wer hat dich in der Liebe Got-
tes also erhitzt? Sie antwortet/ die Kälte. Wer hat dich
gezogen zu einem so heiligen Leben? Sie antwortet: der
Tod. Ich sahe in der Stadt Naim den Tod der Wit-
tib einigen Sohn/ der mein Galan gewest. Ich sahe den
jenigen Leib gantz erstarrt und erkalt/ den ich vorhe[r]o
wie einen Gott angebetet/ ich sahe das für ihn verfer-
tigte finstere Grab/ der das einige Liecht war meines Her-
tzens: Ich sahe die schwartze Trauer der Frauen Mutter
und gesamten Freundschafft/ welche alle in weit höhern
Alter/ und doch diese Blum überlebet: Ich sahe die kleine
Todten-Truhen/ in welcher dieser gelegt worden/ der
vorhero Hauß und Hof und Güter thäte besitzen. Ich
sahe/ daß dieser mein Liebster von so hohen Stand/ un-
verhoffter Weise so niederkommen/ daß man ihn so gar
auf der Erden nit wolte gedulten/ sondern bereits zum

Thor
Pars III. R r r

vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem.
ſtens den Heyland JESUM zum Tod gezogen/ dahe-
ro die Lateiner nit umſonſt ein Todten-Grab nennen
Monumentum, welches ſo viel monens mentem.

O Magdalena! du Spiegel der Buͤſſenden/ du biſt ſo
weit in der Gnade GOttes geſtiegen/ daß du auch gleich
andern Apoſteln/ das Evangelium CHriſti allenthal-
ben ausgebreitet; daß du auch durch Wuͤrckung des Heil.
Geiſtes alle Sprachen geredt: daß du auch 30. gantzer
Jahr hindurch in der Wuͤſten von allen Menſchen zwar
abgeſondert/ aber doch taͤglich von den Engeln beſucht:
und von ihnen in die Hoͤhe/ die himmliſche Muſic zu hoͤ-
ren/ getragen worden: daß du auch mit deinem Gebet aus
einem harten und truckenen Felſen ein klares Brunnen-
Quell erweckt/ ꝛc. Aber ſag her/ wer hat dich ſo hoch ge-
bracht? Sie antwortet/ das Niedere. Wer hat dich ſo
groß gemacht? Sie antwortet/ das Kleine. Wer hat
dich ſo weiß gemacht? Sie antwortet/ das Schwartze.
Wer hat dich zu ſo groſſen Schein gebracht? Sie ant-
wortet/ die Finſternuß. Wer hat dich in der Liebe Got-
tes alſo erhitzt? Sie antwortet/ die Kaͤlte. Wer hat dich
gezogen zu einem ſo heiligen Leben? Sie antwortet: der
Tod. Ich ſahe in der Stadt Naim den Tod der Wit-
tib einigen Sohn/ der mein Galan geweſt. Ich ſahe den
jenigen Leib gantz erſtarrt und erkalt/ den ich vorhe[r]o
wie einen Gott angebetet/ ich ſahe das fuͤr ihn verfer-
tigte finſtere Grab/ der das einige Liecht war meines Her-
tzens: Ich ſahe die ſchwartze Trauer der Frauen Mutter
und geſamten Freundſchafft/ welche alle in weit hoͤhern
Alter/ und doch dieſe Blum uͤberlebet: Ich ſahe die kleine
Todten-Truhen/ in welcher dieſer gelegt worden/ der
vorhero Hauß und Hof und Guͤter thaͤte beſitzen. Ich
ſahe/ daß dieſer mein Liebſter von ſo hohen Stand/ un-
verhoffter Weiſe ſo niederkommen/ daß man ihn ſo gar
auf der Erden nit wolte gedulten/ ſondern bereits zum

Thor
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[497/0529] vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem. ſtens den Heyland JESUM zum Tod gezogen/ dahe- ro die Lateiner nit umſonſt ein Todten-Grab nennen Monumentum, welches ſo viel monens mentem. O Magdalena! du Spiegel der Buͤſſenden/ du biſt ſo weit in der Gnade GOttes geſtiegen/ daß du auch gleich andern Apoſteln/ das Evangelium CHriſti allenthal- ben ausgebreitet; daß du auch durch Wuͤrckung des Heil. Geiſtes alle Sprachen geredt: daß du auch 30. gantzer Jahr hindurch in der Wuͤſten von allen Menſchen zwar abgeſondert/ aber doch taͤglich von den Engeln beſucht: und von ihnen in die Hoͤhe/ die himmliſche Muſic zu hoͤ- ren/ getragen worden: daß du auch mit deinem Gebet aus einem harten und truckenen Felſen ein klares Brunnen- Quell erweckt/ ꝛc. Aber ſag her/ wer hat dich ſo hoch ge- bracht? Sie antwortet/ das Niedere. Wer hat dich ſo groß gemacht? Sie antwortet/ das Kleine. Wer hat dich ſo weiß gemacht? Sie antwortet/ das Schwartze. Wer hat dich zu ſo groſſen Schein gebracht? Sie ant- wortet/ die Finſternuß. Wer hat dich in der Liebe Got- tes alſo erhitzt? Sie antwortet/ die Kaͤlte. Wer hat dich gezogen zu einem ſo heiligen Leben? Sie antwortet: der Tod. Ich ſahe in der Stadt Naim den Tod der Wit- tib einigen Sohn/ der mein Galan geweſt. Ich ſahe den jenigen Leib gantz erſtarrt und erkalt/ den ich vorhero wie einen Gott angebetet/ ich ſahe das fuͤr ihn verfer- tigte finſtere Grab/ der das einige Liecht war meines Her- tzens: Ich ſahe die ſchwartze Trauer der Frauen Mutter und geſamten Freundſchafft/ welche alle in weit hoͤhern Alter/ und doch dieſe Blum uͤberlebet: Ich ſahe die kleine Todten-Truhen/ in welcher dieſer gelegt worden/ der vorhero Hauß und Hof und Guͤter thaͤte beſitzen. Ich ſahe/ daß dieſer mein Liebſter von ſo hohen Stand/ un- verhoffter Weiſe ſo niederkommen/ daß man ihn ſo gar auf der Erden nit wolte gedulten/ ſondern bereits zum Thor Pars III. R r r

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/529>, abgerufen am 29.11.2024.