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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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andertes Hoff-Leben/ auch erste Laster.

Item.

Die Wunden thut man verbinden/
Die Wort verursachen vil Sünden/
Die Wirth können die Kreiden doppelt finden/
Der Weiber List ist hart zuergründen/
Die Warheit thut man schinden.

Das hat erfahren jener bey Hoff Henrici deß Vierd-Niernber.
l. 2. c.
7.

ten Königs zu Castella, welcher ohne Scheu mit löblicher
Freyheit kein Blätl für das Maul genommen/ sondern
gantz rund vnd klar/ vnvermantlet die Warheit herauß
geredet/ welches aber den König also verbittert gemacht/
daß er alsobald befohlen/ disem die Zung herauß zuschnei-
den/ welchen tyrannischen Befelch/ man auch ohnver-
züglich vollzogen: aber Gott wolte auch durch ein schein-
bares Wunderwerck zeigen/ wie angenemb vor seinen
Göttlichen Augen seyn/ die jenige/ welche vnerschrocken
grossen Herren die Warheit vortragen. Da man besagte
außgeschnittene Zung an den liechten Galgen gehencket/
gehefft/ hat diser vnschuldige Tropff ohne Zungen in Bey-
wesenheit einer grosser Menge Volcks anfangen zu reden/
vnd höchst protestirt wider dise Vnschuld/ daß ein so war-
haffte Zung solle an einen solchen vnehrlichen Holtz ge-
hefftet seyn. Das hat erfahren auch jener Prediger in Ita-
lia,
welcher einest gantz raißfertig mit Stiffel vnd Sporn
auff die Cantzl kommen/ das Pferd aber außwendig an die
Kirchen gebunden/ über welchen Auffzug entfrembdeten
sich alle Zuhörer nit ein wenig/ vnd machten hierüber al-
lerley seltzame Gedancken. Besagter Pater aber fangt an
mit einem Apostolischen Eyfer die Warheit einem grossen
Herrn zupredigen nicht/ vngleich einem Tarsensischen Pau-
lo
zu Rom/ nach solcher vollbrachter Predig aber/ war
schon ein Laggey bey der Stiegen der Cantzel/ welcher dem

herab-
V
andertes Hoff-Leben/ auch erſte Laſter.

Item.

Die Wunden thut man verbinden/
Die Wort verurſachen vil Suͤnden/
Die Wirth koͤnnen die Kreiden doppelt finden/
Der Weiber Liſt iſt hart zuergruͤnden/
Die Warheit thut man ſchinden.

Das hat erfahren jener bey Hoff Henrici deß Vierd-Niernber.
l. 2. c.
7.

ten Koͤnigs zu Caſtella, welcher ohne Scheu mit loͤblicher
Freyheit kein Blaͤtl fuͤr das Maul genommen/ ſondern
gantz rund vnd klar/ vnvermantlet die Warheit herauß
geredet/ welches aber den Koͤnig alſo verbittert gemacht/
daß er alſobald befohlen/ diſem die Zung herauß zuſchnei-
den/ welchen tyranniſchen Befelch/ man auch ohnver-
zuͤglich vollzogen: aber Gott wolte auch durch ein ſchein-
bares Wunderwerck zeigen/ wie angenemb vor ſeinen
Goͤttlichen Augen ſeyn/ die jenige/ welche vnerſchrocken
groſſen Herren die Warheit vortragen. Da man beſagte
außgeſchnittene Zung an den liechten Galgen gehencket/
gehefft/ hat diſer vnſchuldige Tropff ohne Zungen in Bey-
weſenheit einer groſſer Menge Volcks anfangen zu reden/
vnd hoͤchſt proteſtirt wider diſe Vnſchuld/ daß ein ſo war-
haffte Zung ſolle an einen ſolchen vnehrlichen Holtz ge-
hefftet ſeyn. Das hat erfahren auch jener Prediger in Ita-
lia,
welcher eineſt gantz raißfertig mit Stiffel vnd Sporn
auff die Cantzl kommen/ das Pferd aber außwendig an die
Kirchen gebunden/ uͤber welchen Auffzug entfrembdeten
ſich alle Zuhoͤrer nit ein wenig/ vnd machten hieruͤber al-
lerley ſeltzame Gedancken. Beſagter Pater aber fangt an
mit einem Apoſtoliſchen Eyfer die Warheit einem groſſen
Herꝛn zupredigen nicht/ vngleich einem Tarſenſiſchen Pau-
lo
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ſchon ein Laggey bey der Stiegen der Cantzel/ welcher dem

herab-
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[153/0189] andertes Hoff-Leben/ auch erſte Laſter. Item. Die Wunden thut man verbinden/ Die Wort verurſachen vil Suͤnden/ Die Wirth koͤnnen die Kreiden doppelt finden/ Der Weiber Liſt iſt hart zuergruͤnden/ Die Warheit thut man ſchinden. Das hat erfahren jener bey Hoff Henrici deß Vierd- ten Koͤnigs zu Caſtella, welcher ohne Scheu mit loͤblicher Freyheit kein Blaͤtl fuͤr das Maul genommen/ ſondern gantz rund vnd klar/ vnvermantlet die Warheit herauß geredet/ welches aber den Koͤnig alſo verbittert gemacht/ daß er alſobald befohlen/ diſem die Zung herauß zuſchnei- den/ welchen tyranniſchen Befelch/ man auch ohnver- zuͤglich vollzogen: aber Gott wolte auch durch ein ſchein- bares Wunderwerck zeigen/ wie angenemb vor ſeinen Goͤttlichen Augen ſeyn/ die jenige/ welche vnerſchrocken groſſen Herren die Warheit vortragen. Da man beſagte außgeſchnittene Zung an den liechten Galgen gehencket/ gehefft/ hat diſer vnſchuldige Tropff ohne Zungen in Bey- weſenheit einer groſſer Menge Volcks anfangen zu reden/ vnd hoͤchſt proteſtirt wider diſe Vnſchuld/ daß ein ſo war- haffte Zung ſolle an einen ſolchen vnehrlichen Holtz ge- hefftet ſeyn. Das hat erfahren auch jener Prediger in Ita- lia, welcher eineſt gantz raißfertig mit Stiffel vnd Sporn auff die Cantzl kommen/ das Pferd aber außwendig an die Kirchen gebunden/ uͤber welchen Auffzug entfrembdeten ſich alle Zuhoͤrer nit ein wenig/ vnd machten hieruͤber al- lerley ſeltzame Gedancken. Beſagter Pater aber fangt an mit einem Apoſtoliſchen Eyfer die Warheit einem groſſen Herꝛn zupredigen nicht/ vngleich einem Tarſenſiſchen Pau- lo zu Rom/ nach ſolcher vollbrachter Predig aber/ war ſchon ein Laggey bey der Stiegen der Cantzel/ welcher dem herab- Niernber. l. 2. c. 7. V

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/189>, abgerufen am 17.05.2024.