Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird.

Betrug. Den Betrug/ welchen Apelles der Verleumdung zum Gefehrten zueignet/ mahlet Dantes Algerius in seiner Hölle also ab:

Tum fraus Cocyti tantum caput
extulit undis,

Caetera membra latent, fluvio de-
mersa sub imo.

Est illi vultus mollis, faciesque be-
nigna;

Justitiam redolet, sanctos venera-
bere mores;

Sed partes, quas illa negat profere
sub auras;

Horrendae visu, setis, squamisque re-
fertae:

Serpentis formam referebant; om-
nia tetra.

Tot nodis corpus conjungitur, at-
que colores

Tot sparsim fusos oculis monstrat,
quot Arachne

Ipsa suas telas minime variaverat
unquam.

Betrug erhebt sein Haupt vom Jammer-
bach der Höllen/

die andern Glieder sind im tieffen Fluß
versteckt.

Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü-
tig stellen/

riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht
befleckt.

Doch sind die andern Theil/ die er nicht
vor darff weisen/

abscheulich anzusehn/ und Borst- und
Schuppen-voll.

Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang
zu gleisen.

Kurtz: Scheußlich ist/ was man an
ihm beschreiben soll.

Von so viel Knoten ist der Leib zusamm-
gesetzet/

und so viel Farben hat er hin und wie-
der an/

daß eine Spinne/ die am Aendern sich er-
götzet/

ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver-
wechseln kan.

Art der Betrüger. Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn[Spaltenumbruch] erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken Der Betrug wird durch den Fichtenbaum angedeutet. verachten. Dannenhero die Alten den Betrug bisweilen durch den Fichtenbaum angedeutet; weil dieser Baum/ in Ansehung der Höhe/ Geradigkeit und grüner Farbe überaus schön anzuschauen/ so bald man aber sich unter seinen Schatten zu ruhen niederleget/ empfindet man an seiner Gesundheit einen mercklichen Abbruch und Schaden; ja wird/ wann man sich demselben nahet/ indem ihm die Früchte abfallen/ öffters getroffen/ und entweder gar ertödtet/ oder sonst übel verletzet.

Fernere Abbildungen der Fortun. Wir kehren aber endlich wiederum zur Fortun/ welche Apelles sitzend abbildet/ und als er deswegen befragt wurde/ warum er solches gethan habe/ hat er geantwortet/ dieweil sie niemals gestanden sey: da er sich deß zweydeutigen Worts stare gebrauchet/ welches so wol bey den Griechen/ als Lateinern/ nicht allein stehen/ sondern auch beständig verbleiben andeutet. In Warheit eine scharffsinnige Arbeit und Antwort: dann das Glück wird billig und mit recht wanckelmütig und unbeständig genennet. Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie Eusebius in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. Horatius im III Buch/ Oda XXIX singet also von ihr:

Fortuna saevo laeta negotio,&
Ludum insolentem ludere pertinax,
Transmutat incertos honores;
Nunc mihi, nunc alii benigna.
Laudo manentem: si celeres quatit
Pennas, resigno quae dedit: & mea
Virtute me involvo, Probamque
Pauperiem sine dote quaero.
Das Glück ist Freuden-voll in Leid-erfüll-
ten Sachen.

Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut
aufzuführn.

Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell
von Lachen

bald mir/ bald anderen/ die wandelbare
Stirn.

Ich lob es/ so es bleibt. Doch wann es
seine Flügel

erhebt/ so schlag ich mich in meine Tu-
gend ein/

und wähl die Dürfftigkeit ohn' Adels-
Brief und Siegel/

wann nur/ was mir beliebt/ getreu und
fromm mag seyn.

Cebes von Theben bildet in seiner Tafel die Fortun als ein blindes unbesonnenes

[Spaltenumbruch] den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird.

Betrug. Den Betrug/ welchen Apelles der Verleumdung zum Gefehrten zueignet/ mahlet Dantes Algerius in seiner Hölle also ab:

Tum fraus Cocyti tantum caput
extulit undis,

Caetera membra latent, fluvio de-
mersa sub imo.

Est illi vultus mollis, faciesque be-
nigna;

Justitiam redolet, sanctos venera-
bere mores;

Sed partes, quas illa negat profere
sub auras;

Horrendae visu, setis, squamisque re-
fertae:

Serpentis formam referebant; om-
nia tetra.

Tot nodis corpus conjungitur, at-
que colores

Tot sparsim fusos oculis monstrat,
quot Arachne

Ipsa suas telas minimè variaverat
unquam.

Betrug erhebt sein Haupt vom Jammer-
bach der Höllen/

die andern Glieder sind im tieffen Fluß
versteckt.

Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü-
tig stellen/

riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht
befleckt.

Doch sind die andern Theil/ die er nicht
vor darff weisen/

abscheulich anzusehn/ und Borst- und
Schuppen-voll.

Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang
zu gleisen.

Kurtz: Scheußlich ist/ was man an
ihm beschreiben soll.

Von so viel Knoten ist der Leib zusamm-
gesetzet/

und so viel Farben hat er hin und wie-
der an/

daß eine Spinne/ die am Aendern sich er-
götzet/

ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver-
wechseln kan.

Art der Betrüger. Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn[Spaltenumbruch] erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken Der Betrug wird durch den Fichtenbaum angedeutet. verachten. Dannenhero die Alten den Betrug bisweilen durch den Fichtenbaum angedeutet; weil dieser Baum/ in Ansehung der Höhe/ Geradigkeit und grüner Farbe überaus schön anzuschauen/ so bald man aber sich unter seinen Schatten zu ruhen niederleget/ empfindet man an seiner Gesundheit einen mercklichen Abbruch und Schaden; ja wird/ wann man sich demselben nahet/ indem ihm die Früchte abfallen/ öffters getroffen/ und entweder gar ertödtet/ oder sonst übel verletzet.

Fernere Abbildungen der Fortun. Wir kehren aber endlich wiederum zur Fortun/ welche Apelles sitzend abbildet/ und als er deswegen befragt wurde/ warum er solches gethan habe/ hat er geantwortet/ dieweil sie niemals gestanden sey: da er sich deß zweydeutigen Worts stare gebrauchet/ welches so wol bey den Griechen/ als Lateinern/ nicht allein stehen/ sondern auch beständig verbleiben andeutet. In Warheit eine scharffsinnige Arbeit und Antwort: dann das Glück wird billig und mit recht wanckelmütig und unbeständig genennet. Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie Eusebius in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. Horatius im III Buch/ Oda XXIX singet also von ihr:

Fortuna saevo laeta negotio,&
Ludum insolentem ludere pertinax,
Transmutat incertos honores;
Nunc mihi, nunc alii benigna.
Laudo manentem: si celeres quatit
Pennas, resigno quae dedit: & mea
Virtute me involvo, Probamque
Pauperiem sine dote quaero.
Das Glück ist Freuden-voll in Leid-erfüll-
ten Sachen.

Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut
aufzuführn.

Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell
von Lachen

bald mir/ bald anderen/ die wandelbare
Stirn.

Ich lob es/ so es bleibt. Doch wann es
seine Flügel

erhebt/ so schlag ich mich in meine Tu-
gend ein/

und wähl die Dürfftigkeit ohn’ Adels-
Brief und Siegel/

wann nur/ was mir beliebt/ getreu und
fromm mag seyn.

Cebes von Theben bildet in seiner Tafel die Fortun als ein blindes unbesonnenes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="d1522.1">
          <p><pb facs="#f0255" xml:id="pb-1530" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 167"/><cb/>
den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird.</p>
          <p xml:id="p1530.1"><note place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName>.</note> Den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName>/ welchen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021288">Apelles</persName> der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3692">Verleumdung</persName> zum Gefehrten zueignet/ mahlet <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1038 http://d-nb.info/gnd/118523708 http://viaf.org/viaf/97105654">Dantes Algerius</persName> in seiner Hölle also ab:</p>
          <lg rendition="#aq" xml:lang="la">
            <l>Tum fraus Cocyti tantum caput<lb/>
extulit undis,</l><lb/>
            <l>Caetera membra latent, fluvio de-<lb/>
mersa sub imo.</l><lb/>
            <l>Est illi vultus mollis, <reg>faciesque</reg> be-<lb/>
nigna;</l><lb/>
            <l>Justitiam redolet, sanctos venera-<lb/>
bere mores;</l><lb/>
            <l>Sed partes, quas illa negat profere<lb/>
sub auras;</l><lb/>
            <l>Horrendae visu, setis, <reg>squamisque</reg> re-<lb/>
fertae:</l><lb/>
            <l>Serpentis formam referebant; om-<lb/>
nia tetra.</l><lb/>
            <l>Tot nodis corpus conjungitur, at-<lb/>
que colores</l><lb/>
            <l>Tot sparsim fusos oculis monstrat,<lb/>
quot Arachne</l><lb/>
            <l>Ipsa suas telas minimè variaverat<lb/>
unquam.</l><lb/>
          </lg>
          <lg>
            <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName> erhebt sein Haupt vom Jammer-<lb/>
bach der Höllen/</l><lb/>
            <l>die andern Glieder sind im tieffen Fluß<lb/>
versteckt.</l><lb/>
            <l>Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü-<lb/>
tig stellen/</l><lb/>
            <l>riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht<lb/>
befleckt.</l><lb/>
            <l>Doch sind die andern Theil/ die er nicht<lb/>
vor darff weisen/</l><lb/>
            <l>abscheulich anzusehn/ und Borst- und<lb/>
Schuppen-voll.</l><lb/>
            <l>Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang<lb/>
zu gleisen.</l><lb/>
            <l>Kurtz: Scheußlich ist/ was man an<lb/>
ihm beschreiben soll.</l><lb/>
            <l>Von so viel Knoten ist der Leib zusamm-<lb/>
gesetzet/</l><lb/>
            <l>und so viel Farben hat er hin und wie-<lb/>
der an/</l><lb/>
            <l>daß eine Spinne/ die am Aendern sich er-<lb/>
götzet/</l><lb/>
            <l>ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver-<lb/>
wechseln kan.</l><lb/>
          </lg>
          <p xml:id="p1530.2"><note place="right">Art der Betrüger.</note> Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn<cb/>
erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken <note xml:id="n1530.1" place="right">Der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName> wird durch den Fichtenbaum angedeutet.</note> verachten. Dannenhero die Alten den Betrug bisweilen durch den Fichtenbaum angedeutet; weil dieser Baum/ in Ansehung der Höhe/ Geradigkeit und grüner Farbe überaus schön anzuschauen/ so bald man aber sich unter seinen Schatten zu ruhen niederleget/ empfindet man an seiner Gesundheit einen mercklichen Abbruch und Schaden; ja wird/ wann man sich demselben nahet/ indem ihm die Früchte abfallen/ öffters getroffen/ und entweder gar ertödtet/ oder sonst übel verletzet.</p>
          <p xml:id="p1530.3"><note place="right">Fernere Abbildungen der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName>.</note><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">Wir</persName> kehren aber endlich wiederum zur <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName>/ welche <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021288">Apelles</persName> sitzend abbildet/ und als er deswegen befragt wurde/ warum er solches gethan habe/ hat er geantwortet/ dieweil sie niemals gestanden sey: da er sich deß zweydeutigen Worts <hi rendition="#aq">stare</hi> gebrauchet/ welches so wol bey den Griechen/ als Lateinern/ nicht allein stehen/ sondern auch beständig verbleiben andeutet. In Warheit eine scharffsinnige Arbeit und Antwort: dann das Glück wird billig und mit recht wanckelmütig und unbeständig genennet. Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-477 http://d-nb.info/gnd/118531425 http://viaf.org/viaf/88876431">Eusebius</persName> in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-2439"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1275 http://d-nb.info/gnd/118553569 http://viaf.org/viaf/100227522">Horatius</persName> im III Buch/ <hi rendition="#aq">Oda XXIX</hi></ref></bibl> singet also von ihr:</p>
          <lg rendition="#aq" xml:lang="la">
            <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortuna</persName> saevo laeta negotio,&amp;</l><lb/>
            <l>Ludum insolentem ludere pertinax,</l><lb/>
            <l>Transmutat incertos honores;</l><lb/>
            <l>Nunc mihi, nunc alii benigna.</l><lb/>
            <l>Laudo manentem: si celeres quatit</l><lb/>
            <l>Pennas, resigno quae dedit: &amp; mea</l><lb/>
            <l>Virtute me involvo, <reg>Probamque</reg></l><lb/>
            <l>Pauperiem sine dote quaero.</l><lb/>
          </lg>
          <lg>
            <l>Das <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName> ist Freuden-voll in Leid-erfüll-<lb/>
ten Sachen.</l><lb/>
            <l>Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut<lb/>
aufzuführn.</l><lb/>
            <l>Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell<lb/>
von Lachen</l><lb/>
            <l>bald mir/ bald anderen/ die wandelbare<lb/>
Stirn.</l><lb/>
            <l>Ich lob es/ so es bleibt. Doch wann es<lb/>
seine Flügel</l><lb/>
            <l>erhebt/ so schlag ich mich in meine Tu-<lb/>
gend ein/</l><lb/>
            <l>und wähl die Dürfftigkeit ohn&#x2019; Adels-<lb/>
Brief und Siegel/</l><lb/>
            <l>wann nur/ was mir beliebt/ getreu und<lb/>
fromm mag seyn.</l><lb/>
          </lg>
          <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3675 http://d-nb.info/gnd/100076378 http://viaf.org/viaf/56617989">Cebes von Theben</persName> bildet in seiner Tafel die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> als ein blindes unbesonnenes
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 167/0255] den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird. Den Betrug/ welchen Apelles der Verleumdung zum Gefehrten zueignet/ mahlet Dantes Algerius in seiner Hölle also ab: Betrug.Tum fraus Cocyti tantum caput extulit undis, Caetera membra latent, fluvio de- mersa sub imo. Est illi vultus mollis, faciesque be- nigna; Justitiam redolet, sanctos venera- bere mores; Sed partes, quas illa negat profere sub auras; Horrendae visu, setis, squamisque re- fertae: Serpentis formam referebant; om- nia tetra. Tot nodis corpus conjungitur, at- que colores Tot sparsim fusos oculis monstrat, quot Arachne Ipsa suas telas minimè variaverat unquam. Betrug erhebt sein Haupt vom Jammer- bach der Höllen/ die andern Glieder sind im tieffen Fluß versteckt. Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü- tig stellen/ riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht befleckt. Doch sind die andern Theil/ die er nicht vor darff weisen/ abscheulich anzusehn/ und Borst- und Schuppen-voll. Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang zu gleisen. Kurtz: Scheußlich ist/ was man an ihm beschreiben soll. Von so viel Knoten ist der Leib zusamm- gesetzet/ und so viel Farben hat er hin und wie- der an/ daß eine Spinne/ die am Aendern sich er- götzet/ ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver- wechseln kan. Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken verachten. Dannenhero die Alten den Betrug bisweilen durch den Fichtenbaum angedeutet; weil dieser Baum/ in Ansehung der Höhe/ Geradigkeit und grüner Farbe überaus schön anzuschauen/ so bald man aber sich unter seinen Schatten zu ruhen niederleget/ empfindet man an seiner Gesundheit einen mercklichen Abbruch und Schaden; ja wird/ wann man sich demselben nahet/ indem ihm die Früchte abfallen/ öffters getroffen/ und entweder gar ertödtet/ oder sonst übel verletzet. Art der Betrüger. Der Betrug wird durch den Fichtenbaum angedeutet. Wir kehren aber endlich wiederum zur Fortun/ welche Apelles sitzend abbildet/ und als er deswegen befragt wurde/ warum er solches gethan habe/ hat er geantwortet/ dieweil sie niemals gestanden sey: da er sich deß zweydeutigen Worts stare gebrauchet/ welches so wol bey den Griechen/ als Lateinern/ nicht allein stehen/ sondern auch beständig verbleiben andeutet. In Warheit eine scharffsinnige Arbeit und Antwort: dann das Glück wird billig und mit recht wanckelmütig und unbeständig genennet. Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie Eusebius in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. Horatius im III Buch/ Oda XXIX singet also von ihr: Fernere Abbildungen der Fortun.Fortuna saevo laeta negotio,& Ludum insolentem ludere pertinax, Transmutat incertos honores; Nunc mihi, nunc alii benigna. Laudo manentem: si celeres quatit Pennas, resigno quae dedit: & mea Virtute me involvo, Probamque Pauperiem sine dote quaero. Das Glück ist Freuden-voll in Leid-erfüll- ten Sachen. Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut aufzuführn. Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell von Lachen bald mir/ bald anderen/ die wandelbare Stirn. Ich lob es/ so es bleibt. Doch wann es seine Flügel erhebt/ so schlag ich mich in meine Tu- gend ein/ und wähl die Dürfftigkeit ohn’ Adels- Brief und Siegel/ wann nur/ was mir beliebt/ getreu und fromm mag seyn. Cebes von Theben bildet in seiner Tafel die Fortun als ein blindes unbesonnenes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/255
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/255>, abgerufen am 12.05.2024.