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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] wurde; weil man diesen Eyd sehr heilig zu halten pflegte. Dahero Caligula/ der aus liederlichen Ursachen täglich sehr viel hinrichten liesse/ öffters zu sagen pflegete/ wie Suetonius erzehlet/ er straffe sie darum/ weil sie niemaln bey seinem Genio geschworen/ und dardurch bezeugt/ daß sie ihn verächtlich hielten/ und nicht würdig achteten/ ihme einige Ehre anzuthun.

Wurde derohalben Genius für einen Geist gehalten/ der/ von der Geburts-Stunde an/ die Menschen jederzeit begleitete. Auch ward er den Oertern zugeeignet/ wie Jamblichus will/ da er beweiset/ daß man den Göttern/ die einem Orte vorstünden/ von denen Dingen opffern müsste/ welche daselbst entspringeten; dann die jenigen Dinge/ die in unserm Schutze sind/ uns angenehmer und lieber als andere zu seyn pflegen. Wann Virgilius/ im V Buch Aeneidos, den Aeneas einführet/ wie Er die jährliche Seelmessen für den Anchises hält/ so schreibet er:

Caeruleae cui terga notae, maculosus
& auro

Squamam incendebat fulgor, cui
nubilus arcus

Mille trahit varios adverso Soleco-
lores.

= = = = Man sahe eine Schlange/
die groß und schlüpffrig war/ aus innern
heilgem Gange

herfahren grimmiglich/ die in die Krüm-
me kroch/

sich wältzend hin und her/ und offt im
Kreis sich zog;

Kreucht sachte zu dem Grab/ und sich um
selbes schweiffet/

kommt endlich zum Altar/ und hin und her
sich schleiffet/

trägt blaue Flecken auf dem Rucken/
und ist gantz

auf ihrer Schuppenhaut beflammt mit
guldnem Glantz.

So sieht man im Gewölck den schönen Bo-
gen gläntzen

von Farben mancher Zier/ wann er der
Sonnen Gräntzen

Entgegen steht.

Er zweiffelt aber/ ob es deß Orts Genius oder etwas anders gewesen. Dahero dann kommen/ daß Einige den Genium in Gestalt einer Schlangen/ andere in eines Knabens/ etliche eines Jünglings/ wiederum andere eines alten Greissen Gestalt/ wie Cebes in seiner Tafel/ gebildet. Pausanias in Eliacis Sosipolis. posterioribus erzehlet/ daß die Eleer Sosipolim, das ist/ den Stadt-Erhalter/ als ihren vätterlichen Gott verehret: dessen Opffer sie[Spaltenumbruch] jährlich in der Lucinae Tempel nach vätterlicher Weise zu begehen pflegen. Von demselben meldet er/ man habe in den alten Geschichten verzeichnet gefunden/ daß/ als einmals die Arcadier der Eleer Gräntze feindlich angefallen/ und die Eleer ihnen eine Schlacht geliefert/ ein Weib mit einem saugendem Kinde an der Brust zu der Eleer Heerführern kommen/ und ihnen erzehlet/ wie sie/ nachdem sie diesen Knaben geboren/ durch einen Traum erinnert worden/ ihn den Eleern in der Schlacht zu zugesellen: da dann die höchsten Kriegs-Häupter (weil sie für gut befunden/ dem Weibe hierinn Glauben zu geben) den Knaben nackend vor die Fähnlein stellen lassen. Als nun die Arcadier den Anfall gethan/ sey der Knab vor ihren Augen in eine Schlange verwandelt worden/ welch Wunderzeichen die Feinde dermassen erschreckt/ daß sie augenblicklich die Flucht genommen/ die Eleer aber ihnen tapffer nachgesetzt/ und eine herrliche Victorie erhalten; daher ihm von Erhaltung der Stadt der Name Sosipolis gegeben worden/ und an dem Orte/ da man die Schlange in eine Höle kriechen sehen/ nach geendigtem Treffen/ ein Tempel erbauet worden. Darum sollen die Eleer beschlossen haben/ der Lucina Ehre anzuthun/ weil sie davor gehalten/ es seye dieser Knab/ vermittelst ihrer Hülffe/ ans Tageliecht gekommen.

Bildnus deß Genius. Dieser Geist oder Gott wurde ausgebildet in Gestalt eines Jünglings/ mit einem bunten und gestirnten Römer-Ehrenrocke bekleidet/ vor sich in der einen Hand hielte er das Uberfluß-Horn/ weil er in solcher Gestalt Einem im Schlaff erschienen. In alten Schau-Müntzen unterschiedlicher Käiser/ nemlich des Trajanus/ Hadrianus und anderer Fürsten/ ist ihr Genius also vorgestellt/ wie er nemlich in der rechten Hand eine Schale über einen mit Kräntzen geschmückten Altar hält/ in der lincken aber eine abhangende Peitsche oder etwas dergleichen zu haben scheinet. Jedoch wird unter andern deß Adriani Obschrifften auch diese gefunden: G E N. P. R. da man eines Soldaten Bildnus siehet/ mit einem bis auf das Mittel der Schienbeine abhangendem Kleide/ der in der Rechten/ nach Art eines Opffrenden/ eine Schale/ in der Lincken aber das Uberfluß-Horn hält. Es war aber deß Römischen Volcks Genius vielleicht derjenige Gott/ unter dessen Schutz ihre Stadt war.

Masholder dem Genius geheiligt. Den Genium bekrönte man vor Alters mit Masholder/ jedoch unterweilen auch mit Blumen/ wie bey dem Tibullus in diesen Versen zu sehen:

Ipse suos adsit Genius visurus hono-
res,

Cui decorent sanctas florea ser-
ta comas.

[Spaltenumbruch] wurde; weil man diesen Eyd sehr heilig zu halten pflegte. Dahero Caligula/ der aus liederlichen Ursachen täglich sehr viel hinrichten liesse/ öffters zu sagen pflegete/ wie Suetonius erzehlet/ er straffe sie darum/ weil sie niemaln bey seinem Genio geschworen/ und dardurch bezeugt/ daß sie ihn verächtlich hielten/ und nicht würdig achteten/ ihme einige Ehre anzuthun.

Wurde derohalben Genius für einen Geist gehalten/ der/ von der Geburts-Stunde an/ die Menschen jederzeit begleitete. Auch ward er den Oertern zugeeignet/ wie Jamblichus will/ da er beweiset/ daß man den Göttern/ die einem Orte vorstünden/ von denen Dingen opffern müsste/ welche daselbst entspringeten; dann die jenigen Dinge/ die in unserm Schutze sind/ uns angenehmer und lieber als andere zu seyn pflegen. Wann Virgilius/ im V Buch Aeneidos, den Aeneas einführet/ wie Er die jährliche Seelmessen für den Anchises hält/ so schreibet er:

Caeruleae cui terga notae, maculosus
& auro

Squamam incendebat fulgor, cui
nubilus arcus

Mille trahit varios adverso Soleco-
lores.

= = = = Man sahe eine Schlange/
die groß und schlüpffrig war/ aus innern
heilgem Gange

herfahren grimmiglich/ die in die Krüm-
me kroch/

sich wältzend hin und her/ und offt im
Kreis sich zog;

Kreucht sachte zu dem Grab/ und sich um
selbes schweiffet/

kommt endlich zum Altar/ und hin und her
sich schleiffet/

trägt blaue Flecken auf dem Rucken/
und ist gantz

auf ihrer Schuppenhaut beflammt mit
guldnem Glantz.

So sieht man im Gewölck den schönen Bo-
gen gläntzen

von Farben mancher Zier/ wann er der
Sonnen Gräntzen

Entgegen steht.

Er zweiffelt aber/ ob es deß Orts Genius oder etwas anders gewesen. Dahero dann kommen/ daß Einige den Genium in Gestalt einer Schlangen/ andere in eines Knabens/ etliche eines Jünglings/ wiederum andere eines alten Greissen Gestalt/ wie Cebes in seiner Tafel/ gebildet. Pausanias in Eliacis Sosipolis. posterioribus erzehlet/ daß die Eleer Sosipolim, das ist/ den Stadt-Erhalter/ als ihren vätterlichen Gott verehret: dessen Opffer sie[Spaltenumbruch] jährlich in der Lucinae Tempel nach vätterlicher Weise zu begehen pflegen. Von demselben meldet er/ man habe in den alten Geschichten verzeichnet gefunden/ daß/ als einmals die Arcadier der Eleer Gräntze feindlich angefallen/ und die Eleer ihnen eine Schlacht geliefert/ ein Weib mit einem saugendem Kinde an der Brust zu der Eleer Heerführern kommen/ und ihnen erzehlet/ wie sie/ nachdem sie diesen Knaben geboren/ durch einen Traum erinnert worden/ ihn den Eleern in der Schlacht zu zugesellen: da dann die höchsten Kriegs-Häupter (weil sie für gut befunden/ dem Weibe hierinn Glauben zu geben) den Knaben nackend vor die Fähnlein stellen lassen. Als nun die Arcadier den Anfall gethan/ sey der Knab vor ihren Augen in eine Schlange verwandelt worden/ welch Wunderzeichen die Feinde dermassen erschreckt/ daß sie augenblicklich die Flucht genommen/ die Eleer aber ihnen tapffer nachgesetzt/ und eine herrliche Victorie erhalten; daher ihm von Erhaltung der Stadt der Name Sosipolis gegeben worden/ und an dem Orte/ da man die Schlange in eine Höle kriechen sehen/ nach geendigtem Treffen/ ein Tempel erbauet worden. Darum sollen die Eleer beschlossen haben/ der Lucina Ehre anzuthun/ weil sie davor gehalten/ es seye dieser Knab/ vermittelst ihrer Hülffe/ ans Tageliecht gekommen.

Bildnus deß Genius. Dieser Geist oder Gott wurde ausgebildet in Gestalt eines Jünglings/ mit einem bunten und gestirnten Römer-Ehrenrocke bekleidet/ vor sich in der einen Hand hielte er das Uberfluß-Horn/ weil er in solcher Gestalt Einem im Schlaff erschienen. In alten Schau-Müntzen unterschiedlicher Käiser/ nemlich des Trajanus/ Hadrianus und anderer Fürsten/ ist ihr Genius also vorgestellt/ wie er nemlich in der rechten Hand eine Schale über einen mit Kräntzen geschmückten Altar hält/ in der lincken aber eine abhangende Peitsche oder etwas dergleichen zu haben scheinet. Jedoch wird unter andern deß Adriani Obschrifften auch diese gefunden: G E N. P. R. da man eines Soldaten Bildnus siehet/ mit einem bis auf das Mittel der Schienbeine abhangendem Kleide/ der in der Rechten/ nach Art eines Opffrenden/ eine Schale/ in der Lincken aber das Uberfluß-Horn hält. Es war aber deß Römischen Volcks Genius vielleicht derjenige Gott/ unter dessen Schutz ihre Stadt war.

Masholder dem Genius geheiligt. Den Genium bekrönte man vor Alters mit Masholder/ jedoch unterweilen auch mit Blumen/ wie bey dem Tibullus in diesen Versen zu sehen:

Ipse suos adsit Genius visurus hono-
res,

Cui decorent sanctas florea ser-
ta comas.

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 159/0241] wurde; weil man diesen Eyd sehr heilig zu halten pflegte. Dahero Caligula/ der aus liederlichen Ursachen täglich sehr viel hinrichten liesse/ öffters zu sagen pflegete/ wie Suetonius erzehlet/ er straffe sie darum/ weil sie niemaln bey seinem Genio geschworen/ und dardurch bezeugt/ daß sie ihn verächtlich hielten/ und nicht würdig achteten/ ihme einige Ehre anzuthun. Wurde derohalben Genius für einen Geist gehalten/ der/ von der Geburts-Stunde an/ die Menschen jederzeit begleitete. Auch ward er den Oertern zugeeignet/ wie Jamblichus will/ da er beweiset/ daß man den Göttern/ die einem Orte vorstünden/ von denen Dingen opffern müsste/ welche daselbst entspringeten; dann die jenigen Dinge/ die in unserm Schutze sind/ uns angenehmer und lieber als andere zu seyn pflegen. Wann Virgilius/ im V Buch Aeneidos, den Aeneas einführet/ wie Er die jährliche Seelmessen für den Anchises hält/ so schreibet er: Caeruleae cui terga notae, maculosus & auro Squamam incendebat fulgor, cui nubilus arcus Mille trahit varios adverso Soleco- lores. = = = = Man sahe eine Schlange/ die groß und schlüpffrig war/ aus innern heilgem Gange herfahren grimmiglich/ die in die Krüm- me kroch/ sich wältzend hin und her/ und offt im Kreis sich zog; Kreucht sachte zu dem Grab/ und sich um selbes schweiffet/ kommt endlich zum Altar/ und hin und her sich schleiffet/ trägt blaue Flecken auf dem Rucken/ und ist gantz auf ihrer Schuppenhaut beflammt mit guldnem Glantz. So sieht man im Gewölck den schönen Bo- gen gläntzen von Farben mancher Zier/ wann er der Sonnen Gräntzen Entgegen steht. Er zweiffelt aber/ ob es deß Orts Genius oder etwas anders gewesen. Dahero dann kommen/ daß Einige den Genium in Gestalt einer Schlangen/ andere in eines Knabens/ etliche eines Jünglings/ wiederum andere eines alten Greissen Gestalt/ wie Cebes in seiner Tafel/ gebildet. Pausanias in Eliacis posterioribus erzehlet/ daß die Eleer Sosipolim, das ist/ den Stadt-Erhalter/ als ihren vätterlichen Gott verehret: dessen Opffer sie jährlich in der Lucinae Tempel nach vätterlicher Weise zu begehen pflegen. Von demselben meldet er/ man habe in den alten Geschichten verzeichnet gefunden/ daß/ als einmals die Arcadier der Eleer Gräntze feindlich angefallen/ und die Eleer ihnen eine Schlacht geliefert/ ein Weib mit einem saugendem Kinde an der Brust zu der Eleer Heerführern kommen/ und ihnen erzehlet/ wie sie/ nachdem sie diesen Knaben geboren/ durch einen Traum erinnert worden/ ihn den Eleern in der Schlacht zu zugesellen: da dann die höchsten Kriegs-Häupter (weil sie für gut befunden/ dem Weibe hierinn Glauben zu geben) den Knaben nackend vor die Fähnlein stellen lassen. Als nun die Arcadier den Anfall gethan/ sey der Knab vor ihren Augen in eine Schlange verwandelt worden/ welch Wunderzeichen die Feinde dermassen erschreckt/ daß sie augenblicklich die Flucht genommen/ die Eleer aber ihnen tapffer nachgesetzt/ und eine herrliche Victorie erhalten; daher ihm von Erhaltung der Stadt der Name Sosipolis gegeben worden/ und an dem Orte/ da man die Schlange in eine Höle kriechen sehen/ nach geendigtem Treffen/ ein Tempel erbauet worden. Darum sollen die Eleer beschlossen haben/ der Lucina Ehre anzuthun/ weil sie davor gehalten/ es seye dieser Knab/ vermittelst ihrer Hülffe/ ans Tageliecht gekommen. Dieser Geist oder Gott wurde ausgebildet in Gestalt eines Jünglings/ mit einem bunten und gestirnten Römer-Ehrenrocke bekleidet/ vor sich in der einen Hand hielte er das Uberfluß-Horn/ weil er in solcher Gestalt Einem im Schlaff erschienen. In alten Schau-Müntzen unterschiedlicher Käiser/ nemlich des Trajanus/ Hadrianus und anderer Fürsten/ ist ihr Genius also vorgestellt/ wie er nemlich in der rechten Hand eine Schale über einen mit Kräntzen geschmückten Altar hält/ in der lincken aber eine abhangende Peitsche oder etwas dergleichen zu haben scheinet. Jedoch wird unter andern deß Adriani Obschrifften auch diese gefunden: G E N. P. R. da man eines Soldaten Bildnus siehet/ mit einem bis auf das Mittel der Schienbeine abhangendem Kleide/ der in der Rechten/ nach Art eines Opffrenden/ eine Schale/ in der Lincken aber das Uberfluß-Horn hält. Es war aber deß Römischen Volcks Genius vielleicht derjenige Gott/ unter dessen Schutz ihre Stadt war. Bildnus deß Genius. Den Genium bekrönte man vor Alters mit Masholder/ jedoch unterweilen auch mit Blumen/ wie bey dem Tibullus in diesen Versen zu sehen: Masholder dem Genius geheiligt.Ipse suos adsit Genius visurus hono- res, Cui decorent sanctas florea ser- ta comas.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/241>, abgerufen am 30.04.2024.