Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch]
Genius woll seinen Dienst selbst zu sehen sich einfinden/ wann die Haare soll ein Krantz von ge- bundnen Blumen binden. Zweyerley Genii. Dieweil wir aber gemeldet/ daß zweyerley Genii seyen/ wie Socraticus Euclides bey dem Censorinus dieser Meinung beyzupflichten scheinet/ als wollen wir/ was wir allbereit gemeldet/ von dem guten Genio verstanden haben/ und jetzund auch noch ein und anders vom bösen Genio beyfügen. Diesem haben die Alten/ so viel ich weiß/ keine Statue aufgerichtet; jedoch lieset man/ daß er von vielen gesehen worden; derohalben wir dessen Gestalt aus unterschiedlichen Historien bezeichnen wollen. Plutarchus/ Apianus / und Lucius Florus gedencken/ es habe Brutus / als er sich einsmals zur Nachtszeit in seine Schlaffkammer verschlossen/ und weiß nicht was vor Gedancken gehabt/ ein Gespenst/ in Gestalt eines schwartzen und erschrecklichen Manns gesehen/ welcher zu ihm gesagt/ Ich bin/ Der böse Genius erscheinet zum öfftern. Brute / dein Genius. Valerius Maximus erzehlt im I Buch vom Cassio Parmensi/ der die Antonianische Partey gehalten/ und von dem Augustus zum Tode verurtheilet worden/ daß ihme wenig Tage vor seinem Tode geduncket/ wie ein Mann von ungeheurer Grösse/ schwartzer Farbe/ unflätigem Bart/ und herab hangenden Haaren zu ihme gekommen/ der auf seine Fragen geantwortet/ er sey sein böser Genius oder Engel. Wann Pausanias in Eliacis posterioribus von dem Fechter Euthymus schreibet/ so erzehlet er/ daß/ als Ulysses umher geirret/ er endlich nach Temessa einer Stadt in Italien getrieben worden/ woselbsten einer seiner Reisgeferten/ der einer Jungfrau Wein zu trincken gegeben/ und sie nachgehends um ihre Ehre gebracht/ von ihren Mitburgern/ die[Spaltenumbruch] sich deßwegen an ihm gerochen/ mit Steinen zu todt geworffen worden: worauf Ulysses zwar/ ohne Vorsatz denselben zu rächen/ von dannen abgefahren; deß Entleibten Geist aber habe dermassen unaufhörlich wider die Leute vom unterschiedlichen Alter gewütet/ also daß die Temessenser sich entschlossen/ ihr Vatterland allerdings zu verlassen/ damit sie dieses Ubels möchten entledigt werden. Ehe sie nun solch ihr Vorhaben ins Werck richteten/ haben sie den Apollo um Raht gefragt/ wie sie sich verhalten sollten? von dem sie endlich den Befehl empfangen/ den Held zu versöhnen/ ihm einen gewissen Grund und Platz zu heiligen/ einen Tempel zu erbauen/ und über dieß jährlich eine Jungfrau aufzuopffern/ die ihnen die schönste zu seyn bedüncken würde. Nachdem sie nun solchem deß Orackels Befehl aufs fleissigste nachgekommen/ da solle die Plage nach und nach aufgehöret haben. Es seye aber hernachmals Euthymus überwindet einen Genius. Euthymus ohngefähr nach Temessa eben um die Zeit gekommen/ da das jährliche Opfer geschehen/ und nachdem er sich deß ganzen Handels erkundigt/ habe er in den Tempel eingelassen zu werden angehalten: als er nun daselbst der Jungfrauen ansichtig worden/ habe er anfänglich eine Bewegung zum Mitleiden/ und bald darauf eine brünstige Liebe gegen dieselbe empfunden/ dahero er die Waffen ergriffen/ und mit dem Genio eines gewagt/ welcher überwunden über die Maur und aus dem gantzen Gebiet sich fortgemacht/ aus aller Menschen Augen verschwunden/ und sich endlich ins Meer gestürtzt: worauf dem Euthymus/ als Uberwinder/ diese Jungfrau zum Danck seiner herrlichen That zur Gemahlin gegeben worden. Der Genius aber/ meldet er/ sey kohl-pech-schwartz/ und überaus erschrecklich/ auch mit einem Wolffs-Beltz bekleidet gewesen. [Abbildung]![]() [Spaltenumbruch]
Genius woll seinen Dienst selbst zu sehen sich einfinden/ wann die Haare soll ein Krantz von ge- bundnen Blumen binden. Zweyerley Genii. Dieweil wir aber gemeldet/ daß zweyerley Genii seyen/ wie Socraticus Euclides bey dem Censorinus dieser Meinung beyzupflichten scheinet/ als wollen wir/ was wir allbereit gemeldet/ von dem guten Genio verstanden haben/ und jetzund auch noch ein und anders vom bösen Genio beyfügen. Diesem haben die Alten/ so viel ich weiß/ keine Statue aufgerichtet; jedoch lieset man/ daß er von vielen gesehen worden; derohalben wir dessen Gestalt aus unterschiedlichen Historien bezeichnen wollen. Plutarchus/ Apianus / und Lucius Florus gedencken/ es habe Brutus / als er sich einsmals zur Nachtszeit in seine Schlaffkammer verschlossen/ und weiß nicht was vor Gedancken gehabt/ ein Gespenst/ in Gestalt eines schwartzen und erschrecklichen Manns gesehen/ welcher zu ihm gesagt/ Ich bin/ Der böse Genius erscheinet zum öfftern. Brute / dein Genius. Valerius Maximus erzehlt im I Buch vom Cassio Parmensi/ der die Antonianische Partey gehalten/ und von dem Augustus zum Tode verurtheilet worden/ daß ihme wenig Tage vor seinem Tode geduncket/ wie ein Mann von ungeheurer Grösse/ schwartzer Farbe/ unflätigem Bart/ und herab hangenden Haaren zu ihme gekommen/ der auf seine Fragen geantwortet/ er sey sein böser Genius oder Engel. Wann Pausanias in Eliacis posterioribus von dem Fechter Euthymus schreibet/ so erzehlet er/ daß/ als Ulysses umher geirret/ er endlich nach Temessa einer Stadt in Italien getrieben worden/ woselbsten einer seiner Reisgeferten/ der einer Jungfrau Wein zu trincken gegeben/ und sie nachgehends um ihre Ehre gebracht/ von ihren Mitburgern/ die[Spaltenumbruch] sich deßwegen an ihm gerochen/ mit Steinen zu todt geworffen worden: worauf Ulysses zwar/ ohne Vorsatz denselben zu rächen/ von dannen abgefahren; deß Entleibten Geist aber habe dermassen unaufhörlich wider die Leute vom unterschiedlichen Alter gewütet/ also daß die Temessenser sich entschlossen/ ihr Vatterland allerdings zu verlassen/ damit sie dieses Ubels möchten entledigt werden. Ehe sie nun solch ihr Vorhaben ins Werck richteten/ haben sie den Apollo um Raht gefragt/ wie sie sich verhalten sollten? von dem sie endlich den Befehl empfangen/ den Held zu versöhnen/ ihm einen gewissen Grund und Platz zu heiligen/ einen Tempel zu erbauen/ und über dieß jährlich eine Jungfrau aufzuopffern/ die ihnen die schönste zu seyn bedüncken würde. Nachdem sie nun solchem deß Orackels Befehl aufs fleissigste nachgekommen/ da solle die Plage nach und nach aufgehöret haben. Es seye aber hernachmals Euthymus überwindet einen Genius. Euthymus ohngefähr nach Temessa eben um die Zeit gekommen/ da das jährliche Opfer geschehen/ und nachdem er sich deß ganzen Handels erkundigt/ habe er in den Tempel eingelassen zu werden angehalten: als er nun daselbst der Jungfrauen ansichtig worden/ habe er anfänglich eine Bewegung zum Mitleiden/ und bald darauf eine brünstige Liebe gegen dieselbe empfunden/ dahero er die Waffen ergriffen/ und mit dem Genio eines gewagt/ welcher überwunden über die Maur und aus dem gantzen Gebiet sich fortgemacht/ aus aller Menschen Augen verschwunden/ und sich endlich ins Meer gestürtzt: worauf dem Euthymus/ als Uberwinder/ diese Jungfrau zum Danck seiner herrlichen That zur Gemahlin gegeben worden. Der Genius aber/ meldet er/ sey kohl-pech-schwartz/ und überaus erschrecklich/ auch mit einem Wolffs-Beltz bekleidet gewesen. [Abbildung]![]() <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1517.1"> <pb facs="#f0242" xml:id="pb-1520" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 160"/> <cb/> <lg> <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genius</persName> woll seinen Dienst selbst zu sehen<lb/> sich einfinden/</l><lb/> <l>wann die Haare soll ein Krantz von ge-<lb/> bundnen Blumen binden.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p1520.1"><note place="right">Zweyerley <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genii</persName>.</note> Dieweil wir aber gemeldet/ daß zweyerley <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genii</persName> seyen/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Socraticus Euclides</persName> bey dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3940 http://d-nb.info/gnd/118667661 http://viaf.org/viaf/63999996">Censorinus</persName> dieser Meinung beyzupflichten scheinet/ als wollen wir/ was wir allbereit gemeldet/ von dem guten <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genio</persName> verstanden haben/ und jetzund auch noch ein und anders vom bösen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genio</persName> beyfügen. Diesem haben die Alten/ so viel <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> weiß/ keine Statue aufgerichtet; jedoch lieset man/ daß er von vielen gesehen worden; derohalben wir dessen Gestalt aus unterschiedlichen Historien bezeichnen wollen.</p> <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-343 http://d-nb.info/gnd/118595237 http://viaf.org/viaf/32140876">Plutarchus</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-670 http://d-nb.info/gnd/118649892 http://viaf.org/viaf/108993357">Apianus</persName> / und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-851 http://d-nb.info/gnd/118691910 http://viaf.org/viaf/18636145">Lucius Florus</persName> gedencken/ es habe <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1326 http://d-nb.info/gnd/118516361 http://viaf.org/viaf/63975332">Brutus</persName> / als er sich einsmals zur Nachtszeit in seine Schlaffkammer verschlossen/ und weiß nicht was vor Gedancken gehabt/ ein Gespenst/ in Gestalt eines schwartzen und erschrecklichen Manns gesehen/ welcher zu ihm gesagt/ Ich bin/ <note xml:id="n1520.1" place="right">Der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4145">böse Genius</persName> erscheinet zum öfftern.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Brute</persName> / dein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genius</persName>. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-330 http://d-nb.info/gnd/118625969 http://viaf.org/viaf/25395604">Valerius Maximus</persName> erzehlt im <hi rendition="#aq">I</hi> Buch vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3978 http://d-nb.info/gnd/102384215 http://viaf.org/viaf/7774716">Cassio Parmensi</persName>/ der die Antonianische Partey gehalten/ und von dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-316 http://d-nb.info/gnd/118505122 http://viaf.org/viaf/18013086">Augustus</persName> zum Tode verurtheilet worden/ daß ihme wenig Tage vor seinem Tode geduncket/ wie ein Mann von ungeheurer Grösse/ schwartzer Farbe/ unflätigem Bart/ und herab hangenden Haaren zu ihme gekommen/ der auf seine Fragen geantwortet/ er sey sein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4145">böser Genius</persName> oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Engel</persName>.</p> <p>Wann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> in <hi rendition="#aq">Eliacis posterioribus</hi> von dem Fechter <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4021 http://d-nb.info/gnd/119191296 http://viaf.org/viaf/816406">Euthymus</persName> schreibet/ so erzehlet er/ daß/ als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-488 http://d-nb.info/gnd/118589385 http://viaf.org/viaf/120700269">Ulysses</persName> umher geirret/ er endlich nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1511">Temessa</placeName> einer Stadt in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=1000080">Italien</placeName> getrieben worden/ woselbsten einer seiner Reisgeferten/ der einer Jungfrau Wein zu trincken gegeben/ und sie nachgehends um ihre Ehre gebracht/ von ihren Mitburgern/ die<cb/> sich deßwegen an ihm gerochen/ mit Steinen zu todt geworffen worden: worauf <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-488 http://d-nb.info/gnd/118589385 http://viaf.org/viaf/120700269">Ulysses</persName> zwar/ ohne Vorsatz denselben zu rächen/ von dannen abgefahren; deß Entleibten Geist aber habe dermassen unaufhörlich wider die Leute vom unterschiedlichen Alter gewütet/ also daß die Temessenser sich entschlossen/ ihr Vatterland allerdings zu verlassen/ damit sie dieses Ubels möchten entledigt werden. Ehe sie nun solch ihr Vorhaben ins Werck richteten/ haben sie den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Apollo</persName> um Raht gefragt/ wie sie sich verhalten sollten? von dem sie endlich den Befehl empfangen/ den Held zu versöhnen/ ihm einen gewissen Grund und Platz zu heiligen/ einen <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Tempel</placeName> zu erbauen/ und über dieß jährlich eine Jungfrau aufzuopffern/ die ihnen die schönste zu seyn bedüncken würde. Nachdem sie nun solchem deß Orackels Befehl aufs fleissigste nachgekommen/ da solle die Plage nach und nach aufgehöret haben. Es seye aber hernachmals <note xml:id="n1520.2" place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4021 http://d-nb.info/gnd/119191296 http://viaf.org/viaf/816406">Euthymus</persName> überwindet einen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genius</persName>.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4021 http://d-nb.info/gnd/119191296 http://viaf.org/viaf/816406">Euthymus</persName> ohngefähr nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1511">Temessa</placeName> eben um die Zeit gekommen/ da das jährliche Opfer geschehen/ und nachdem er sich deß ganzen Handels erkundigt/ habe er in den <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Tempel</placeName> eingelassen zu werden angehalten: als er nun daselbst der Jungfrauen ansichtig worden/ habe er anfänglich eine Bewegung zum Mitleiden/ und bald darauf eine brünstige Liebe gegen dieselbe empfunden/ dahero er die Waffen ergriffen/ und mit dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genio</persName> eines gewagt/ welcher überwunden über die Maur und aus dem gantzen Gebiet sich fortgemacht/ aus aller Menschen Augen verschwunden/ und sich endlich ins Meer gestürtzt: worauf dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4021 http://d-nb.info/gnd/119191296 http://viaf.org/viaf/816406">Euthymus</persName>/ als Uberwinder/ diese Jungfrau zum Danck seiner herrlichen That zur Gemahlin gegeben worden. Der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3933">Genius</persName> aber/ meldet er/ sey kohl-pech-schwartz/ und überaus erschrecklich/ auch mit einem Wolffs-Beltz bekleidet gewesen.</p> <figure xml:id="figure-1520.2"> <figure facs="graphic-1520-2.jpg"/> </figure> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 160/0242]
Genius woll seinen Dienst selbst zu sehen
sich einfinden/
wann die Haare soll ein Krantz von ge-
bundnen Blumen binden.
Dieweil wir aber gemeldet/ daß zweyerley Genii seyen/ wie Socraticus Euclides bey dem Censorinus dieser Meinung beyzupflichten scheinet/ als wollen wir/ was wir allbereit gemeldet/ von dem guten Genio verstanden haben/ und jetzund auch noch ein und anders vom bösen Genio beyfügen. Diesem haben die Alten/ so viel ich weiß/ keine Statue aufgerichtet; jedoch lieset man/ daß er von vielen gesehen worden; derohalben wir dessen Gestalt aus unterschiedlichen Historien bezeichnen wollen.
Zweyerley Genii.Plutarchus/ Apianus / und Lucius Florus gedencken/ es habe Brutus / als er sich einsmals zur Nachtszeit in seine Schlaffkammer verschlossen/ und weiß nicht was vor Gedancken gehabt/ ein Gespenst/ in Gestalt eines schwartzen und erschrecklichen Manns gesehen/ welcher zu ihm gesagt/ Ich bin/ Brute / dein Genius. Valerius Maximus erzehlt im I Buch vom Cassio Parmensi/ der die Antonianische Partey gehalten/ und von dem Augustus zum Tode verurtheilet worden/ daß ihme wenig Tage vor seinem Tode geduncket/ wie ein Mann von ungeheurer Grösse/ schwartzer Farbe/ unflätigem Bart/ und herab hangenden Haaren zu ihme gekommen/ der auf seine Fragen geantwortet/ er sey sein böser Genius oder Engel.
Der böse Genius erscheinet zum öfftern.Wann Pausanias in Eliacis posterioribus von dem Fechter Euthymus schreibet/ so erzehlet er/ daß/ als Ulysses umher geirret/ er endlich nach Temessa einer Stadt in Italien getrieben worden/ woselbsten einer seiner Reisgeferten/ der einer Jungfrau Wein zu trincken gegeben/ und sie nachgehends um ihre Ehre gebracht/ von ihren Mitburgern/ die
sich deßwegen an ihm gerochen/ mit Steinen zu todt geworffen worden: worauf Ulysses zwar/ ohne Vorsatz denselben zu rächen/ von dannen abgefahren; deß Entleibten Geist aber habe dermassen unaufhörlich wider die Leute vom unterschiedlichen Alter gewütet/ also daß die Temessenser sich entschlossen/ ihr Vatterland allerdings zu verlassen/ damit sie dieses Ubels möchten entledigt werden. Ehe sie nun solch ihr Vorhaben ins Werck richteten/ haben sie den Apollo um Raht gefragt/ wie sie sich verhalten sollten? von dem sie endlich den Befehl empfangen/ den Held zu versöhnen/ ihm einen gewissen Grund und Platz zu heiligen/ einen Tempel zu erbauen/ und über dieß jährlich eine Jungfrau aufzuopffern/ die ihnen die schönste zu seyn bedüncken würde. Nachdem sie nun solchem deß Orackels Befehl aufs fleissigste nachgekommen/ da solle die Plage nach und nach aufgehöret haben. Es seye aber hernachmals Euthymus ohngefähr nach Temessa eben um die Zeit gekommen/ da das jährliche Opfer geschehen/ und nachdem er sich deß ganzen Handels erkundigt/ habe er in den Tempel eingelassen zu werden angehalten: als er nun daselbst der Jungfrauen ansichtig worden/ habe er anfänglich eine Bewegung zum Mitleiden/ und bald darauf eine brünstige Liebe gegen dieselbe empfunden/ dahero er die Waffen ergriffen/ und mit dem Genio eines gewagt/ welcher überwunden über die Maur und aus dem gantzen Gebiet sich fortgemacht/ aus aller Menschen Augen verschwunden/ und sich endlich ins Meer gestürtzt: worauf dem Euthymus/ als Uberwinder/ diese Jungfrau zum Danck seiner herrlichen That zur Gemahlin gegeben worden. Der Genius aber/ meldet er/ sey kohl-pech-schwartz/ und überaus erschrecklich/ auch mit einem Wolffs-Beltz bekleidet gewesen.
Euthymus überwindet einen Genius.
[Abbildung
[Abbildung]
]
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/242 |
Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/242>, abgerufen am 16.07.2024. |