Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch] schwartzer Träume. Andere eignen ihr einen Wagen mit vier Rädern zu/ welche/ nach deß Boccatii Meinung/ die vier Theile der Nacht vorbilden/ in die sie von den Soldaten und Schiffleuten/ wann sie Schildwacht halten/ getheilet ist. Sie selbst ist schwartz- oder dunckelbrauner Farbe/ ihr Gewand oder Kleid aber gläntzet ein wenig; welches auf den Himmel gezogen wird/ an welchem die Gestirne allezeit funckeln. Tibullus gesellet ihr/ im II. Buch Eleg. I. die Sterne zu Gefärten zu/ die er ihre Töchter nennet/ ingleichen den Schlaf und die Träume/ wann er also spricht: Ludite: jam Nox jungit eqvos; cur- rumque seqvuntur Matris lascivo sidera fulva cho- ro. Postque venit tacitus, fulvis cir- cumdatus alis Somnus, & incerto Somnia nigra pede. Spielt/ weil die Nacht anbricht/ und ihrer Mutter Wagen/ die Sternen ins gesamt das güldne Liecht nachtragen/ drauf kommt der Schlaf in Still/ mit Flügeln angethan/ bringt seine Träume mit/ die Er verändern kan. Aus welchen Worten wir muhtmassen/ Der Geflügelte Schlaf daß der Schlaf Flügel haben müsse/ wie solches auch Statius behauptet/ wann er/ im V. Buch Silvarum, den Schlaf mit diesen Worten anredet: --- --- Nec te totas infundere pennas Luminibus compello meis: hoc tur- ba precatur Laetior, extremo me tange cacumi- ne virgae. Ich will nicht/ daß du mir mit Federn gantz verstopfest das schläffrig' Augen-Paar/ wie will die sichre Schaar; Nur daß du mich ietzt mit der Ruthen-Spitze klopfest. Ein gleiches meldet auch Silius von ihm/ im X. Buch mit diesen Worten: --- --- Quatit inde soporas
[Spaltenumbruch]
Devexo capiti pennas, oculisque quietem. Irrorat, tangens lethea tempora vir- ga. Er schläget an das Haupt die Federn/ die aufführen den süssen Schlaff/ und thut die Ruh den Augen ein. Wann er die Schläfe will mit seiner Ruth berühren/ und muß es/ ob man auch nicht will/ geruhet seyn. Statius achet ihn/ am ob angezognem Orte/ zu einen Jüngling/ und nennet ihn den sanfftmühtigen unter allen Göttern; weil den Menschen nichts annehinlich- und süssers nach der Arbeit/ als die Ruhe/ begegnen kan/ welche der Schlaf mit sich zu bringen pfleget. Derohalben von ihm Seneca/ in Hercule furente, gesagt: Tuque o domitor Somne malorum, Requies animi, pars humanae meli- or vitae, Veris miscens falsa, futuri Certus, & idem pessimus auctor. Pater o rerum, portus vitae, Lucis requies, noctisque comes, Qui par regi, famuloque venis, Placidus fessum, lenisque foves Pavidum lethi genus humanum, Cogis longam discere mortem. Zerstörer böser Ding/ Schlaf! Ruh der müden Seelen/ deß Lebens bester Theil; Falsch/ wahr/ warm und doch kalt. Was künfftig werden soll/ pflegst du zwar zu erzehlen/ mit Falschheit doch vermengt/ O Le- bens-Aufenthalt! Deß Liechtes leichte Ruh/ der Finsternus Geselle! Du kommst die Könge so/ wie alle Diener/ an. Die müden heegst du sanfft; und weisest eine Stelle dem/ der den Tod gescheut/ wo er ihn ler- nen kan. Philostratus beschreibet/ in deß Amphiaraus Bilde/ in dessen Höhle das Traum-Thor seyn sollte/ (dann der/ so darinnen schlieff/ erfuhr im Traum was er zu wissen verlangte) den Schlaf folgender Gestalt: Von Angesicht war er kühn und behertzt/ trug ein schneeweisses Kleider deß Schlaffs. Kleid über dem schwartzen/ hierdurch gleichsam den Tag und die Nacht anzudeuten; in Horn deß Schlaffs. der Hand hielt er ein Horn/ welches ihm auch die Poeten zueignen/ und vorgeben/ daß er aus demselben die Träume über die Schlaffende auszuschütten pflege/ weil das dünn-geschliffne Horn durchsichtig ist/ und alle Dinge/ wie sie beschaffen/ vorstellet; weßwegen auch die wahren Träume hörnern genennet werden. [Spaltenumbruch] schwartzer Träume. Andere eignen ihr einen Wagen mit vier Rädern zu/ welche/ nach deß Boccatii Meinung/ die vier Theile der Nacht vorbilden/ in die sie von den Soldaten und Schiffleuten/ wann sie Schildwacht halten/ getheilet ist. Sie selbst ist schwartz- oder dunckelbrauner Farbe/ ihr Gewand oder Kleid aber gläntzet ein wenig; welches auf den Himmel gezogen wird/ an welchem die Gestirne allezeit funckeln. Tibullus gesellet ihr/ im II. Buch Eleg. I. die Sterne zu Gefärten zu/ die er ihre Töchter nennet/ ingleichen den Schlaf und die Träume/ wann er also spricht: Ludite: jam Nox jungit eqvos; cur- rumque seqvuntur Matris lascivo sidera fulva cho- ro. Postque venit tacitus, fulvis cir- cumdatus alis Somnus, & incerto Somnia nigra pede. Spielt/ weil die Nacht anbricht/ und ihrer Mutter Wagen/ die Sternen ins gesamt das güldne Liecht nachtragen/ drauf kommt der Schlaf in Still/ mit Flügeln angethan/ bringt seine Träume mit/ die Er verändern kan. Aus welchen Worten wir muhtmassen/ Der Geflügelte Schlaf daß der Schlaf Flügel haben müsse/ wie solches auch Statius behauptet/ wann er/ im V. Buch Silvarum, den Schlaf mit diesen Worten anredet: --- --- Nec te totas infundere pennas Luminibus compello meis: hoc tur- ba precatur Laetior, extremo me tange cacumi- ne virgae. Ich will nicht/ daß du mir mit Federn gantz verstopfest das schläffrig’ Augen-Paar/ wie will die sichre Schaar; Nur daß du mich ietzt mit der Ruthen-Spitze klopfest. Ein gleiches meldet auch Silius von ihm/ im X. Buch mit diesen Worten: --- --- Quatit inde soporas
[Spaltenumbruch]
Devexo capiti pennas, oculisque quietem. Irrorat, tangens lethea tempora vir- ga. Er schläget an das Haupt die Federn/ die aufführen den süssen Schlaff/ und thut die Ruh den Augen ein. Wann er die Schläfe will mit seiner Ruth berühren/ und muß es/ ob man auch nicht will/ geruhet seyn. Statius achet ihn/ am ob angezognem Orte/ zu einen Jüngling/ und nennet ihn den sanfftmühtigen unter allen Göttern; weil den Menschen nichts annehinlich- und süssers nach der Arbeit/ als die Ruhe/ begegnen kan/ welche der Schlaf mit sich zu bringen pfleget. Derohalben von ihm Seneca/ in Hercule furente, gesagt: Tuque o domitor Somne malorum, Requies animi, pars humanae meli- or vitae, Veris miscens falsa, futuri Certus, & idem pessimus auctor. Pater o rerum, portus vitae, Lucis requies, noctisque comes, Qui par regi, famuloque venis, Placidus fessum, lenisque foves Pavidum lethi genus humanum, Cogis longam discere mortem. Zerstörer böser Ding/ Schlaf! Ruh der müden Seelen/ deß Lebens bester Theil; Falsch/ wahr/ warm und doch kalt. Was künfftig werden soll/ pflegst du zwar zu erzehlen/ mit Falschheit doch vermengt/ O Le- bens-Aufenthalt! Deß Liechtes leichte Ruh/ der Finsternus Geselle! Du kommst die Könge so/ wie alle Diener/ an. Die müden heegst du sanfft; und weisest eine Stelle dem/ der den Tod gescheut/ wo er ihn ler- nen kan. Philostratus beschreibet/ in deß Amphiaraus Bilde/ in dessen Höhle das Traum-Thor seyn sollte/ (dann der/ so darinnen schlieff/ erfuhr im Traum was er zu wissen verlangte) den Schlaf folgender Gestalt: Von Angesicht war er kühn und behertzt/ trug ein schneeweisses Kleider deß Schlaffs. Kleid über dem schwartzen/ hierdurch gleichsam den Tag und die Nacht anzudeuten; in Horn deß Schlaffs. der Hand hielt er ein Horn/ welches ihm auch die Poeten zueignen/ und vorgeben/ daß er aus demselben die Träume über die Schlaffende auszuschütten pflege/ weil das dünn-geschliffne Horn durchsichtig ist/ und alle Dinge/ wie sie beschaffen/ vorstellet; weßwegen auch die wahren Träume hörnern genennet werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1465.1"> <p xml:id="p1472.3"><pb facs="#f0191" xml:id="pb-1473" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 117"/><cb/> schwartzer Träume. Andere eignen ihr einen Wagen mit vier Rädern zu/ welche/ nach deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1067 http://d-nb.info/gnd/11851217X http://viaf.org/viaf/64002165">Boccatii</persName> Meinung/ die vier Theile der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3535">Nacht</persName> vorbilden/ in die sie von den Soldaten und Schiffleuten/ wann sie Schildwacht halten/ getheilet ist. 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Derohalben von ihm <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-2454"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-842 http://d-nb.info/gnd/118613200 http://viaf.org/viaf/90637919">Seneca</persName>/ in <hi rendition="#aq">Hercule furente</hi></ref></bibl>, gesagt:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Tuque o domitor <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3652 http://d-nb.info/gnd/118817108 http://viaf.org/viaf/25399150">Somne</persName> malorum,</l><lb/> <l>Requies animi, pars humanae meli-<lb/> or vitae,</l><lb/> <l>Veris miscens falsa, futuri</l><lb/> <l>Certus, & idem pessimus auctor.</l><lb/> <l>Pater o rerum, portus vitae,</l><lb/> <l>Lucis requies, noctisque comes,</l><lb/> <l>Qui par regi, <reg>famuloque</reg> venis,</l><lb/> <l>Placidus fessum, lenisque foves</l><lb/> <l>Pavidum lethi genus humanum,</l><lb/> <l>Cogis longam discere mortem.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Zerstörer böser Ding/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3652 http://d-nb.info/gnd/118817108 http://viaf.org/viaf/25399150">Schlaf</persName>! 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schwartzer Träume. Andere eignen ihr einen Wagen mit vier Rädern zu/ welche/ nach deß Boccatii Meinung/ die vier Theile der Nacht vorbilden/ in die sie von den Soldaten und Schiffleuten/ wann sie Schildwacht halten/ getheilet ist. Sie selbst ist schwartz- oder dunckelbrauner Farbe/ ihr Gewand oder Kleid aber gläntzet ein wenig; welches auf den Himmel gezogen wird/ an welchem die Gestirne allezeit funckeln. Tibullus gesellet ihr/ im II. Buch Eleg. I. die Sterne zu Gefärten zu/ die er ihre Töchter nennet/ ingleichen den Schlaf und die Träume/ wann er also spricht:
Ludite: jam Nox jungit eqvos; cur-
rumque seqvuntur
Matris lascivo sidera fulva cho-
ro.
Postque venit tacitus, fulvis cir-
cumdatus alis
Somnus, & incerto Somnia nigra
pede.
Spielt/ weil die Nacht anbricht/ und ihrer
Mutter Wagen/
die Sternen ins gesamt das güldne Liecht
nachtragen/
drauf kommt der Schlaf in Still/ mit
Flügeln angethan/
bringt seine Träume mit/ die Er verändern
kan.
Aus welchen Worten wir muhtmassen/ daß der Schlaf Flügel haben müsse/ wie solches auch Statius behauptet/ wann er/ im V. Buch Silvarum, den Schlaf mit diesen Worten anredet:
Der Geflügelte Schlaf--- --- Nec te totas infundere
pennas
Luminibus compello meis: hoc tur-
ba precatur
Laetior, extremo me tange cacumi-
ne virgae.
Ich will nicht/ daß du mir mit Federn gantz
verstopfest
das schläffrig’ Augen-Paar/
wie will die sichre Schaar;
Nur daß du mich ietzt mit der Ruthen-Spitze
klopfest.
Ein gleiches meldet auch Silius von ihm/ im X. Buch mit diesen Worten:
--- --- Quatit inde soporas
Devexo capiti pennas, oculisque
quietem.
Irrorat, tangens lethea tempora vir-
ga.
Er schläget an das Haupt die Federn/ die
aufführen
den süssen Schlaff/ und thut die Ruh den
Augen ein.
Wann er die Schläfe will mit seiner Ruth
berühren/
und muß es/ ob man auch nicht will/ geruhet
seyn.
Statius achet ihn/ am ob angezognem Orte/ zu einen Jüngling/ und nennet ihn den sanfftmühtigen unter allen Göttern; weil den Menschen nichts annehinlich- und süssers nach der Arbeit/ als die Ruhe/ begegnen kan/ welche der Schlaf mit sich zu bringen pfleget. Derohalben von ihm Seneca/ in Hercule furente, gesagt:
Tuque o domitor Somne malorum,
Requies animi, pars humanae meli-
or vitae,
Veris miscens falsa, futuri
Certus, & idem pessimus auctor.
Pater o rerum, portus vitae,
Lucis requies, noctisque comes,
Qui par regi, famuloque venis,
Placidus fessum, lenisque foves
Pavidum lethi genus humanum,
Cogis longam discere mortem.
Zerstörer böser Ding/ Schlaf! Ruh der
müden Seelen/
deß Lebens bester Theil; Falsch/ wahr/
warm und doch kalt.
Was künfftig werden soll/ pflegst du zwar
zu erzehlen/
mit Falschheit doch vermengt/ O Le-
bens-Aufenthalt!
Deß Liechtes leichte Ruh/ der Finsternus
Geselle!
Du kommst die Könge so/ wie alle Diener/
an.
Die müden heegst du sanfft; und weisest eine
Stelle
dem/ der den Tod gescheut/ wo er ihn ler-
nen kan.
Philostratus beschreibet/ in deß Amphiaraus Bilde/ in dessen Höhle das Traum-Thor seyn sollte/ (dann der/ so darinnen schlieff/ erfuhr im Traum was er zu wissen verlangte) den Schlaf folgender Gestalt: Von Angesicht war er kühn und behertzt/ trug ein schneeweisses Kleid über dem schwartzen/ hierdurch gleichsam den Tag und die Nacht anzudeuten; in der Hand hielt er ein Horn/ welches ihm auch die Poeten zueignen/ und vorgeben/ daß er aus demselben die Träume über die Schlaffende auszuschütten pflege/ weil das dünn-geschliffne Horn durchsichtig ist/ und alle Dinge/ wie sie beschaffen/ vorstellet; weßwegen auch die wahren Träume hörnern genennet werden.
Kleider deß Schlaffs.
Horn deß Schlaffs.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/191>, abgerufen am 16.02.2025. |