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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] der Hölle zu reden beginnen: müssen wir/ vor allen/ deroselben Gott oder König beschreiben.

Von dem Pluto.

Von dem Pluto/ was er sey. DEs Pluto An- und Herkunfft haben wir vorhin erzehlt: Belangend nun den Namen Pluto/ so ist zu wissen/ daß dieses Wort im Griechischen den Reichthum bedeute: dann er für den Gott des Reichthums gehalten wird; wiewol einige es in der Meinung verstanden haben wollen/ daß es geschehe/ wegen Menge der Todten/ als an welchen er reich wäre. Die Lateiner heissen ihn Dis, oder Dispater, so gleichfals/ vor besagter Meinung willen/ geschiehet. Qvintilianus hält darvor/ daß er darum ein Gott des Reichthums genennet worden: weiln er das Gegentheil wäre/ und gantz und gar keinen Reichthum hätte; angesehen/ die Todten/ für deren Gott man ihn hielte/ solchen allen hinter sich lassen müssen. Man bildete ihn mit Warum Pluto mit Schlüsseln beschrieben. Schlüsseln ab: weil die Todten nicht wieder kommen können. Er ward auch für das Element der Erden gehalten/ daraus alle Reichthümer kommen. Ein König/ oder Gott sol er genennet worden seyn/ weil er die Leichname der Todten ehrlich zu begraben/ und Begängnusse zu halten angefangen. Pausanias Pluto vom Frieden ernähret was es bedeute. schreibet/ er sey also vorgestellet worden/ als ob er vom Frieden/ als seinem Pflegvatter/ getragen würde; welches zu erkennen gibt/ daß der Friede eine Ursache und Ernehrer des Reichthums sey: weil zu Friedens-zeiten die Nahrungen blühen und ungehindert fortgeführet und getrieben werden können. Orpheus nennet den Pluto/ die Krafft und Tugend der Erden/ ja auch unterweilen die Erde selbsten. Cicero sagt/ im andern Buch von Natur der Götter/ auch: Alle Krafft und Natur der Erden ist zugeeignet dem Vatter Dis, welchen die Griechen Pluto nennen: dieweil alle Dinge aus der Was die Poetische Hölle sey. Erden kommen/ und wieder zur Erden werden. Belangend dann die Poetische Hölle/ so ist solche nichts anders/ als allerley Sünden/ wie auch die Unfälle und Widerwärtigkeiten/ welche einen ruchlosen/ untugendhafften Menschen/ durch böse Wercke/ begegnen und selbigen treffen/ und das nagende und qvählende Gewissen/ so sie peiniget und verurtheilt; wie auch die Unruh und Plage/ welche die unersättliche/ geitzige Menschen ihnen selbsten machen und anthun: inmassen solches die Namen der Pferde des Pluto bezeugen und zu erkennen geben/ worvon aber anderswo/ und zwar in Entführung der Proserpina/ füglicher soll gehandelt werden.

Von dem Höllhunde
Cerberus.

Von was Eltern Cerberus sey. DEr Poet Hesiodus sagt/ Cerberus sey gezeuget vom Typhon/ einem greulich- und abscheulichen grossen Gespenste: worvon/ im fünfften Buch von der Nymphen Echidna/ die eine halbe Jungfrau und halbe Schlange war/ mit mehrerm soll gehandelt werden. Seine Gestalt war/ als [Spaltenumbruch] eines Hundes/ mit dreyen Köpffen. Wie ihme dann die meisten drey Köpffe zuschreiben. Einige aber geben ihme funfftzig/ andere gar hundert Häupter/ und machen das Haar so wol des Halses als des Leibes zu lauter krummeen Schlangen: wie sie denn auch den Schwantz auf Art einer Schlangen bilden. Er soll aber seyn der Höllen Thürhüter/ so alle in die Hölle kommende Seelen sehr günstiglich bewillkomme; die Flüchtigen aber: so zur Höllen nicht wollen/ zerreisse. Etliche bringen besondre Geschichten vor/ wordurch sie die Erzehlung von dem Cerberus warscheinlich machen wollen/ indem sie sagen/ daß Theseus und Perithous/ als sie die Helena entführt/ und sie nun dem Theseus/ durchs Loß/ zu theil worden/ er dem Perithous zuschweren müssen/ daß er ihm Hülffe und Gesellschafft leisten wolle/ damit auch er ein schönes Weib bekommen möchte: und nachdem er gehört/ daß Aidoneus/ der Molossen König/ eine sehr schöne Tochter hätte/ seyn sie dahin gezogen. Nun ist Pluto/ Aidoneus/ Aides und Orcus/ alles Eins/ und eine Person. Die Tochter hieß Proserpina/ und die Mutter Ceres. Dieser König hatte einen schrecklichen Hund/ Cerberus genannt/ und wer seine Tochter begehrte zu heyrathen/ müste erstlich mit dem Cerberus streiten/ da er dann alle/ so er überwand/ in Stücken risse. Nachdem nun diese zween dahin gekommen/ in Meinung/ die Tochter listiglich zu entführen/ habe der König solches in Erfahrung gebracht/ und dieselben gefänglich eingezogen; auch gleich darauf den Perithous vom Hunde zerreissen; den Theseus/ aber (wie Zezes und Plutarchus/ im Leben des Theseus/ schreiben) weil er gezwungener Weise mit dahin kommen/ im Gefängnus sitzen lassen. Hieraus sollen nun die Poeten gedichtet haben/ daß diese zween mit einander in die Hölle gegangen. Ein mehres aber hiervon anzuführen/ würde nicht allein zu lang/ sondern auch unnöhtig seyn. Wie dann auch die natürliche Auslegung/ so ich beym Natalis finde/ wenig Art und Geschmack hat: Cartarius aber sagt/ Cerberus deute im Griechischen an einen Fleisch-Fresser: dannenhero er von einigen für die Erde/ welche die todten Leichnam/ verzehret/ gehalten worden. Andere haben/ durch diesen Cerberus/ verstanden des Menschen fleischlichen Leib/ als welcher sich/ wann einer nach der Höll hinabsteiget/ das ist/ denen fleischlichen Wollüsten sich ergiebt sehr vergnüglich erzeiget; wann er aber wiederum zuruck und heraus/ und zu einem tugendsamen Leben/ sich begeben wil/ gar unwillig zu seyn/ und sich darwider zu setzen pflege: dann es schwer und mühsam ist/ von dannen nach dem Himmel eines tugendlichen und ehrlichen Lebens und Wandels wieder hinauf zusteigen. Wie auch Virgilius/ im sechsten Buch Aeneidos, folgendes darauf gerichtet:

Es lässet sich gar leicht hinab zur Höllen
fahren/

sie stehet Tag und Nacht weit offen allen
Schaaren/

und Völckern in gemein: Allein zurücke
gehn/

und wieder auf der Bahn des freyen Lebens
stehn/

[Spaltenumbruch] der Hölle zu reden beginnen: müssen wir/ vor allen/ deroselben Gott oder König beschreiben.

Von dem Pluto.

Von dem Pluto/ was er sey. DEs Pluto An- und Herkunfft haben wir vorhin erzehlt: Belangend nun den Namen Pluto/ so ist zu wissen/ daß dieses Wort im Griechischen den Reichthum bedeute: dann er für den Gott des Reichthums gehalten wird; wiewol einige es in der Meinung verstanden haben wollen/ daß es geschehe/ wegen Menge der Todten/ als an welchen er reich wäre. Die Lateiner heissen ihn Dis, oder Dispater, so gleichfals/ vor besagter Meinung willen/ geschiehet. Qvintilianus hält darvor/ daß er darum ein Gott des Reichthums genennet worden: weiln er das Gegentheil wäre/ und gantz und gar keinen Reichthum hätte; angesehen/ die Todten/ für deren Gott man ihn hielte/ solchen allen hinter sich lassen müssen. Man bildete ihn mit Warum Pluto mit Schlüsseln beschrieben. Schlüsseln ab: weil die Todten nicht wieder kommen können. Er ward auch für das Element der Erden gehalten/ daraus alle Reichthümer kommen. Ein König/ oder Gott sol er genennet worden seyn/ weil er die Leichname der Todten ehrlich zu begraben/ und Begängnusse zu halten angefangen. Pausanias Pluto vom Frieden ernähret was es bedeute. schreibet/ er sey also vorgestellet worden/ als ob er vom Frieden/ als seinem Pflegvatter/ getragen würde; welches zu erkennen gibt/ daß der Friede eine Ursache und Ernehrer des Reichthums sey: weil zu Friedens-zeiten die Nahrungen blühen und ungehindert fortgeführet und getrieben werden können. Orpheus nennet den Pluto/ die Krafft und Tugend der Erden/ ja auch unterweilen die Erde selbsten. Cicero sagt/ im andern Buch von Natur der Götter/ auch: Alle Krafft und Natur der Erden ist zugeeignet dem Vatter Dis, welchen die Griechen Pluto nennen: dieweil alle Dinge aus der Was die Poetische Hölle sey. Erden kommen/ und wieder zur Erden werden. Belangend dann die Poetische Hölle/ so ist solche nichts anders/ als allerley Sünden/ wie auch die Unfälle und Widerwärtigkeiten/ welche einen ruchlosen/ untugendhafften Menschen/ durch böse Wercke/ begegnen und selbigen treffen/ und das nagende und qvählende Gewissen/ so sie peiniget und verurtheilt; wie auch die Unruh und Plage/ welche die unersättliche/ geitzige Menschen ihnen selbsten machen und anthun: inmassen solches die Namen der Pferde des Pluto bezeugen und zu erkennen geben/ worvon aber anderswo/ und zwar in Entführung der Proserpina/ füglicher soll gehandelt werden.

Von dem Höllhunde
Cerberus.

Von was Eltern Cerberus sey. DEr Poet Hesiodus sagt/ Cerberus sey gezeuget vom Typhon/ einem greulich- und abscheulichen grossen Gespenste: worvon/ im fünfften Buch von der Nymphen Echidna/ die eine halbe Jungfrau und halbe Schlange war/ mit mehrerm soll gehandelt werden. Seine Gestalt war/ als [Spaltenumbruch] eines Hundes/ mit dreyen Köpffen. Wie ihme dann die meisten drey Köpffe zuschreiben. Einige aber geben ihme funfftzig/ andere gar hundert Häupter/ und machen das Haar so wol des Halses als des Leibes zu lauter krummeen Schlangen: wie sie denn auch den Schwantz auf Art einer Schlangen bilden. Er soll aber seyn der Höllen Thürhüter/ so alle in die Hölle kommende Seelen sehr günstiglich bewillkomme; die Flüchtigen aber: so zur Höllen nicht wollen/ zerreisse. Etliche bringen besondre Geschichten vor/ wordurch sie die Erzehlung von dem Cerberus warscheinlich machen wollen/ indem sie sagen/ daß Theseus und Perithous/ als sie die Helena entführt/ und sie nun dem Theseus/ durchs Loß/ zu theil worden/ er dem Perithous zuschweren müssen/ daß er ihm Hülffe und Gesellschafft leisten wolle/ damit auch er ein schönes Weib bekommen möchte: und nachdem er gehört/ daß Aidoneus/ der Molossen König/ eine sehr schöne Tochter hätte/ seyn sie dahin gezogen. Nun ist Pluto/ Aidoneus/ Aides und Orcus/ alles Eins/ und eine Person. Die Tochter hieß Proserpina/ und die Mutter Ceres. Dieser König hatte einen schrecklichen Hund/ Cerberus genannt/ und wer seine Tochter begehrte zu heyrathen/ müste erstlich mit dem Cerberus streiten/ da er dann alle/ so er überwand/ in Stücken risse. Nachdem nun diese zween dahin gekommen/ in Meinung/ die Tochter listiglich zu entführen/ habe der König solches in Erfahrung gebracht/ und dieselben gefänglich eingezogen; auch gleich darauf den Perithous vom Hunde zerreissen; den Theseus/ aber (wie Zezes und Plutarchus/ im Leben des Theseus/ schreiben) weil er gezwungener Weise mit dahin kommen/ im Gefängnus sitzen lassen. Hieraus sollen nun die Poeten gedichtet haben/ daß diese zween mit einander in die Hölle gegangen. Ein mehres aber hiervon anzuführen/ würde nicht allein zu lang/ sondern auch unnöhtig seyn. Wie dann auch die natürliche Auslegung/ so ich beym Natalis finde/ wenig Art und Geschmack hat: Cartarius aber sagt/ Cerberus deute im Griechischen an einen Fleisch-Fresser: dannenhero er von einigen für die Erde/ welche die todten Leichnam/ verzehret/ gehalten worden. Andere haben/ durch diesen Cerberus/ verstanden des Menschen fleischlichen Leib/ als welcher sich/ wann einer nach der Höll hinabsteiget/ das ist/ denen fleischlichen Wollüsten sich ergiebt sehr vergnüglich erzeiget; wann er aber wiederum zuruck und heraus/ und zu einem tugendsamen Leben/ sich begeben wil/ gar unwillig zu seyn/ und sich darwider zu setzen pflege: dann es schwer und mühsam ist/ von dannen nach dem Himmel eines tugendlichen und ehrlichen Lebens und Wandels wieder hinauf zusteigen. Wie auch Virgilius/ im sechsten Buch Aeneidos, folgendes darauf gerichtet:

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[[Metamorphosis, S. 48]/0224] der Hölle zu reden beginnen: müssen wir/ vor allen/ deroselben Gott oder König beschreiben. Von dem Pluto. DEs Pluto An- und Herkunfft haben wir vorhin erzehlt: Belangend nun den Namen Pluto/ so ist zu wissen/ daß dieses Wort im Griechischen den Reichthum bedeute: dann er für den Gott des Reichthums gehalten wird; wiewol einige es in der Meinung verstanden haben wollen/ daß es geschehe/ wegen Menge der Todten/ als an welchen er reich wäre. Die Lateiner heissen ihn Dis, oder Dispater, so gleichfals/ vor besagter Meinung willen/ geschiehet. Qvintilianus hält darvor/ daß er darum ein Gott des Reichthums genennet worden: weiln er das Gegentheil wäre/ und gantz und gar keinen Reichthum hätte; angesehen/ die Todten/ für deren Gott man ihn hielte/ solchen allen hinter sich lassen müssen. Man bildete ihn mit Schlüsseln ab: weil die Todten nicht wieder kommen können. Er ward auch für das Element der Erden gehalten/ daraus alle Reichthümer kommen. 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Belangend dann die Poetische Hölle/ so ist solche nichts anders/ als allerley Sünden/ wie auch die Unfälle und Widerwärtigkeiten/ welche einen ruchlosen/ untugendhafften Menschen/ durch böse Wercke/ begegnen und selbigen treffen/ und das nagende und qvählende Gewissen/ so sie peiniget und verurtheilt; wie auch die Unruh und Plage/ welche die unersättliche/ geitzige Menschen ihnen selbsten machen und anthun: inmassen solches die Namen der Pferde des Pluto bezeugen und zu erkennen geben/ worvon aber anderswo/ und zwar in Entführung der Proserpina/ füglicher soll gehandelt werden. Von dem Pluto/ was er sey. Warum Pluto mit Schlüsseln beschrieben. Pluto vom Frieden ernähret was es bedeute. Was die Poetische Hölle sey. Von dem Höllhunde Cerberus. DEr Poet Hesiodus sagt/ Cerberus sey gezeuget vom Typhon/ einem greulich- und abscheulichen grossen Gespenste: worvon/ im fünfften Buch von der Nymphen Echidna/ die eine halbe Jungfrau und halbe Schlange war/ mit mehrerm soll gehandelt werden. Seine Gestalt war/ als eines Hundes/ mit dreyen Köpffen. Wie ihme dann die meisten drey Köpffe zuschreiben. Einige aber geben ihme funfftzig/ andere gar hundert Häupter/ und machen das Haar so wol des Halses als des Leibes zu lauter krummeen Schlangen: wie sie denn auch den Schwantz auf Art einer Schlangen bilden. Er soll aber seyn der Höllen Thürhüter/ so alle in die Hölle kommende Seelen sehr günstiglich bewillkomme; die Flüchtigen aber: so zur Höllen nicht wollen/ zerreisse. Etliche bringen besondre Geschichten vor/ wordurch sie die Erzehlung von dem Cerberus warscheinlich machen wollen/ indem sie sagen/ daß Theseus und Perithous/ als sie die Helena entführt/ und sie nun dem Theseus/ durchs Loß/ zu theil worden/ er dem Perithous zuschweren müssen/ daß er ihm Hülffe und Gesellschafft leisten wolle/ damit auch er ein schönes Weib bekommen möchte: und nachdem er gehört/ daß Aidoneus/ der Molossen König/ eine sehr schöne Tochter hätte/ seyn sie dahin gezogen. Nun ist Pluto/ Aidoneus/ Aides und Orcus/ alles Eins/ und eine Person. Die Tochter hieß Proserpina/ und die Mutter Ceres. Dieser König hatte einen schrecklichen Hund/ Cerberus genannt/ und wer seine Tochter begehrte zu heyrathen/ müste erstlich mit dem Cerberus streiten/ da er dann alle/ so er überwand/ in Stücken risse. Nachdem nun diese zween dahin gekommen/ in Meinung/ die Tochter listiglich zu entführen/ habe der König solches in Erfahrung gebracht/ und dieselben gefänglich eingezogen; auch gleich darauf den Perithous vom Hunde zerreissen; den Theseus/ aber (wie Zezes und Plutarchus/ im Leben des Theseus/ schreiben) weil er gezwungener Weise mit dahin kommen/ im Gefängnus sitzen lassen. Hieraus sollen nun die Poeten gedichtet haben/ daß diese zween mit einander in die Hölle gegangen. Ein mehres aber hiervon anzuführen/ würde nicht allein zu lang/ sondern auch unnöhtig seyn. Wie dann auch die natürliche Auslegung/ so ich beym Natalis finde/ wenig Art und Geschmack hat: Cartarius aber sagt/ Cerberus deute im Griechischen an einen Fleisch-Fresser: dannenhero er von einigen für die Erde/ welche die todten Leichnam/ verzehret/ gehalten worden. Andere haben/ durch diesen Cerberus/ verstanden des Menschen fleischlichen Leib/ als welcher sich/ wann einer nach der Höll hinabsteiget/ das ist/ denen fleischlichen Wollüsten sich ergiebt sehr vergnüglich erzeiget; wann er aber wiederum zuruck und heraus/ und zu einem tugendsamen Leben/ sich begeben wil/ gar unwillig zu seyn/ und sich darwider zu setzen pflege: dann es schwer und mühsam ist/ von dannen nach dem Himmel eines tugendlichen und ehrlichen Lebens und Wandels wieder hinauf zusteigen. Wie auch Virgilius/ im sechsten Buch Aeneidos, folgendes darauf gerichtet: Von was Eltern Cerberus sey. Es lässet sich gar leicht hinab zur Höllen fahren/ sie stehet Tag und Nacht weit offen allen Schaaren/ und Völckern in gemein: Allein zurücke gehn/ und wieder auf der Bahn des freyen Lebens stehn/

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 48]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/224>, abgerufen am 27.04.2024.