Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sanders, Daniel: Brief an Heinrich Schliemann. Altstrelitz, 7. August 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

aus, weil ich weiß und überzeugt bin, daß Sie jedenfalls das streben
billigen - und es daher auch gerne fördern würden, die Verbindung
zwischen Griechenland's und Deutschland's Völkern, Sprachen und
Schriftthümern zu mehren, inniger zu schließen und zu festigen.
Der altphilogogische Zopf aber, wonach man von der heutigen
griechischen Sprache und Litteratur so geringschätzig - ich sage nicht:
urtheilt (denn das würde eine eingehende Kenntnis voraus-
setzen), aber doch - spricht und sich demgemäß gebart, dieser
altphilologische Zopf, sage ich, ist so dick und so dicht verfilzt, ein
wahrer Weichselzopf, daß die Schere, um ihn abzuschneiden
nur den kräftigsten und sichersten Händen anvertraut wer[-]
den kann, die freilich dann auch schwerlich mit einem Schnitt
durchdringen werden; aber die Eiche fällt ja auch nicht auf
den ersten Hieb und der Tropfen höhlt den Stein nicht durch
die ungetüme Kraft, sondern durch die Stetigkeit des Falls.
Jedenfalls ist Keiner so berufen wie Sie und Niemandes
Wort fällt so gewichtig in die Wagschale wie das ihre,
in Deutschland wie in Griechenland den Zweck meines
Buches zu fördern: eine möglichst innige und feste Verbin-
dung zwischen beiden Völkern und Ländern, - hat doch kaum
je Einer so viel für beide Völker und Länder gethan

wie

aus, weil ich weiß und überzeugt bin, daß Sie jedenfalls das streben
billigen – und es daher auch gerne fördern würden, die Verbindung
zwischen Griechenland's und Deutschland's Völkern, Sprachen und
Schriftthümern zu mehren, iñiger zu schließen und zu festigen.
Der altphilogogische Zopf aber, wonach man von der heutigen
griechischen Sprache und Litteratur so geringschätzig – ich sage nicht:
urtheilt (deñ das würde eine eingehende Keñtnis voraus-
setzen), aber doch – spricht und sich demgemäß gebart, dieser
altphilologische Zopf, sage ich, ist so dick und so dicht verfilzt, ein
wahrer Weichselzopf, daß die Schere, um ihn abzuschneiden
nur den kräftigsten und sichersten Händen anvertraut wer[-]
den kañ, die freilich dann auch schwerlich mit einem Schnitt
durchdringen werden; aber die Eiche fällt ja auch nicht auf
den ersten Hieb und der Tropfen höhlt den Stein nicht durch
die ungetüme Kraft, sondern durch die Stetigkeit des Falls.
Jedenfalls ist Keiner so berufen wie Sie und Niemandes
Wort fällt so gewichtig in die Wagschale wie das ihre,
in Deutschland wie in Griechenland den Zweck meines
Buches zu fördern: eine möglichst iñige und feste Verbin-
dung zwischen beiden Völkern und Ländern, – hat doch kaum
je Einer so viel für beide Völker und Länder gethan

wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0003" n="2r"/>
aus, weil ich weiß und überzeugt bin, daß Sie jedenfalls das <unclear reason="illegible" cert="high">streben</unclear><lb/>
billigen &#x2013; <choice><abbr>u</abbr><expan>und</expan></choice> es daher auch gerne fördern würden, die Verbindung<lb/>
zwischen Griechenland's und Deutschland's Völkern, Sprachen und<lb/>
Schriftthümern zu mehren, in&#x0303;iger zu schließen und zu festigen.<lb/>
Der altphilogogische Zopf aber, wonach man von der heutigen<lb/>
griechischen Sprache und Litteratur so geringschätzig &#x2013; ich sage nicht:<lb/>
urtheilt (den&#x0303; das würde eine eingehende Ken&#x0303;tnis voraus-<lb/>
setzen), aber doch &#x2013; spricht und sich demgemäß gebart, dieser<lb/>
altphilologische Zopf, sage ich, ist so dick und so dicht verfilzt, ein<lb/>
wahrer Weichselzopf, daß die Schere, um ihn abzuschneiden<lb/>
nur den kräftigsten und sichersten Händen anvertraut wer<supplied>-</supplied><lb/>
den kan&#x0303;, die freilich dann auch schwerlich mit einem Schnitt<lb/>
durchdringen werden; aber die Eiche fällt ja auch nicht auf<lb/>
den ersten Hieb und der Tropfen höhlt den Stein nicht durch<lb/>
die ungetüme Kraft, sondern durch die Stetigkeit des Falls.<lb/>
Jedenfalls ist Keiner so berufen wie Sie und Niemandes<lb/>
Wort fällt so gewichtig in die Wagschale wie das ihre,<lb/>
in Deutschland wie in Griechenland den Zweck meines<lb/>
Buches zu fördern: eine möglichst in&#x0303;ige und feste Verbin-<lb/>
dung zwischen beiden Völkern und Ländern, &#x2013; hat doch kaum<lb/>
je Einer so viel für beide Völker und Länder gethan<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2r/0003] aus, weil ich weiß und überzeugt bin, daß Sie jedenfalls das streben billigen – u es daher auch gerne fördern würden, die Verbindung zwischen Griechenland's und Deutschland's Völkern, Sprachen und Schriftthümern zu mehren, iñiger zu schließen und zu festigen. Der altphilogogische Zopf aber, wonach man von der heutigen griechischen Sprache und Litteratur so geringschätzig – ich sage nicht: urtheilt (deñ das würde eine eingehende Keñtnis voraus- setzen), aber doch – spricht und sich demgemäß gebart, dieser altphilologische Zopf, sage ich, ist so dick und so dicht verfilzt, ein wahrer Weichselzopf, daß die Schere, um ihn abzuschneiden nur den kräftigsten und sichersten Händen anvertraut wer- den kañ, die freilich dann auch schwerlich mit einem Schnitt durchdringen werden; aber die Eiche fällt ja auch nicht auf den ersten Hieb und der Tropfen höhlt den Stein nicht durch die ungetüme Kraft, sondern durch die Stetigkeit des Falls. Jedenfalls ist Keiner so berufen wie Sie und Niemandes Wort fällt so gewichtig in die Wagschale wie das ihre, in Deutschland wie in Griechenland den Zweck meines Buches zu fördern: eine möglichst iñige und feste Verbin- dung zwischen beiden Völkern und Ländern, – hat doch kaum je Einer so viel für beide Völker und Länder gethan wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sebastian Göttel: Herausgeber. (2018-07-25T12:00:00Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_schliemann2_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_schliemann2_1881/3
Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Heinrich Schliemann. Altstrelitz, 7. August 1881, S. 2r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_schliemann2_1881/3>, abgerufen am 19.04.2024.