Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sanders, Daniel: Brief an Joseph Kehrein. Altstrelitz, 8. März 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

kann, ist mir unbegreiflich.

Ich habe um Entschuldigung zu bitten, geehrter Herr, daß ich
Sie mit einer so ausführlichen Besprechung dieses Punktes behelligt,
aber es liegt mir ungemein viel daran, von einem Unbefang-
nen und Urtheilsberechtigten zu erfahren, ob ich mit meiner
Anordnung, die mir mit das Hauptverdienst meines Werks
scheint, das Rechte getroffen. Ich strebte wenigstens nach
einer, in der jeder Gebildete sofort weiß, wo er - nachdem
er sich mit der kurzen Anleitung zum Gebrauch vertraut ge-
macht - jedes Wort zu suchen hat (während z.B. die Anord-
nung des mittelhochdeutsche Wörterbuch v. Benecke nur für Sprache-
gelehrte gelten kann) und die dabei doch die möglichste (äußere
und innere) Vollständigkeit auf einem geringen Raume
möglich macht. Dieser Hauptpunkt ist in den mir bisher zu
Gesicht gekommenen Kritiken, deren sich freilich keine gegen
meine Anordnung ausgesprochen, - wie es mir scheinen will -
nach den Vortheilen, die daraus erwachsen, nicht zur Genüge
erwogen, ja Raumer in seiner anerkennende Bespre-
chung (ich citiere nach dem Gedächtnis, da ich die Zeitschrift für
österreichische Gymnasien nicht besitze) meint, ich hätte freilich nach
meinem Princip ganz Recht, "athemlos" unter die Zusammensetzung
von "los" zu bringen, aber er hätte doch lieber, es nicht von
"athembar" getrennt gesehen. Das von ihm gewählte Beispiel

kañ, ist mir unbegreiflich.

Ich habe um Entschuldigung zu bitten, geehrter Herr, daß ich
Sie mit einer so ausführlichen Besprechung dieses Punktes behelligt,
aber es liegt mir ungemein viel daran, von einem Unbefang-
nen und Urtheilsberechtigten zu erfahren, ob ich mit meiner
Anordnung, die mir mit das Hauptverdienst meines Werks
scheint, das Rechte getroffen. Ich strebte wenigstens nach
einer, in der jeder Gebildete sofort weiß, wo er – nachdem
er sich mit der kurzen Anleitung zum Gebrauch vertraut ge-
macht – jedes Wort zu suchen hat (während z.B. die Anord-
nung des mittelhochdeutsche Wörterbuch v. Benecke nur für Sprache-
gelehrte gelten kañ) und die dabei doch die möglichste (äußere
und iñere) Vollständigkeit auf einem geringen Raume
möglich macht. Dieser Hauptpunkt ist in den mir bisher zu
Gesicht gekom̃enen Kritiken, deren sich freilich keine gegen
meine Anordnung ausgesprochen, – wie es mir scheinen will –
nach den Vortheilen, die daraus erwachsen, nicht zur Genüge
erwogen, ja Raumer in seiner anerkeñende Bespre-
chung (ich citiere nach dem Gedächtnis, da ich die Zeitschrift für
österreichische Gymnasien nicht besitze) meint, ich hätte freilich nach
meinem Princip ganz Recht, „athemlos“ unter die Zusammensetzung
von „los“ zu bringen, aber er hätte doch lieber, es nicht von
„athembar“ getreñt gesehen. Das von ihm gewählte Beispiel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0006" n="[3v]"/>
kan&#x0303;, ist mir unbegreiflich.                 </p><lb/>
        <p>Ich habe um Entschuldigung zu bitten, geehrter Herr, daß ich<lb/>
Sie mit einer so ausführlichen Besprechung dieses Punktes behelligt,<lb/>
aber es liegt mir ungemein viel daran, von einem Unbefang-<lb/>
nen und Urtheilsberechtigten zu erfahren, ob ich mit meiner<lb/>
Anordnung, die mir mit das Hauptverdienst meines Werks<lb/>
scheint, das Rechte getroffen. Ich strebte wenigstens nach<lb/>
einer, in der jeder Gebildete sofort weiß, wo er &#x2013; nachdem<lb/>
er sich mit der kurzen Anleitung zum Gebrauch vertraut ge-<lb/>
macht &#x2013; jedes Wort zu suchen hat (während z.B. die Anord-<lb/>
nung des <choice><abbr>mittlhochd.</abbr><expan>mittelhochdeutsche</expan></choice> <choice><abbr>Wörterb.</abbr><expan>Wörterbuch</expan></choice> v. <hi rendition="#aq"><persName ref="https://d-nb.info/gnd/11865537X">Benecke</persName></hi><note type="editorial"><bibl>Benecke, Friedrich; Müller, Wilhelm; Zarncke, Friedrich: Mittelhochdeutsche Wörterbuch. Leipzig 1854.</bibl><ref target="http://woerterbuchnetz.de/BMZ/">Online verfügbar: Wörterbuchnetz Universität Trier, abgerufen am 22.10.2020.</ref></note> nur für Sprache-<lb/>
gelehrte gelten kan&#x0303;) und die dabei doch die möglichste (äußere<lb/>
und in&#x0303;ere) Vollständigkeit auf einem geringen Raume<lb/>
möglich macht. Dieser Hauptpunkt ist in den mir bisher zu<lb/>
Gesicht gekom&#x0303;enen Kritiken, deren sich freilich keine <hi rendition="#u">gegen</hi><lb/>
meine Anordnung ausgesprochen, &#x2013; wie es mir scheinen will &#x2013;<lb/>
nach den Vortheilen, die daraus erwachsen, nicht zur Genüge<lb/>
erwogen, ja <persName ref="https://d-nb.info/gnd/118787969">Raumer</persName> in seiner anerken&#x0303;ende Bespre-<lb/>
chung (ich citiere nach dem Gedächtnis, da ich die <choice><abbr>Zeitschr.</abbr><expan>Zeitschrift</expan></choice> <choice><abbr>f.</abbr><expan>für</expan></choice><lb/><choice><abbr>östreich.</abbr><expan>österreichische</expan></choice> <choice><abbr>Gymnas.</abbr><expan>Gymnasien</expan></choice> nicht besitze) meint, ich hätte freilich nach<lb/>
meinem Princip ganz Recht, &#x201E;athemlos&#x201C; unter die <choice><abbr>Zsstzg.</abbr><expan>Zusammensetzung</expan></choice><lb/><choice><abbr>v.</abbr><expan>von</expan></choice> &#x201E;los&#x201C; zu bringen, aber er hätte doch lieber, es nicht <choice><abbr>v.</abbr><expan>von</expan></choice><lb/>
&#x201E;athembar&#x201C; getren&#x0303;t gesehen<note type="editorial"><bibl>Raumer von, Rudolf: Deutsche Wörterbücher von Wurm etc. In: Seidl, J. G. et al. (Hg.): Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien, Band 10. Wien 1859, S. 625ff.</bibl><ref target="https://books.google.de/books?id=3u952O4NrB8C&amp;pg=PA625">Online verfügbar: GoogleBooks, abgerufen am 12.10.2020.</ref></note>. Das von ihm gewählte Beispiel<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3v]/0006] kañ, ist mir unbegreiflich. Ich habe um Entschuldigung zu bitten, geehrter Herr, daß ich Sie mit einer so ausführlichen Besprechung dieses Punktes behelligt, aber es liegt mir ungemein viel daran, von einem Unbefang- nen und Urtheilsberechtigten zu erfahren, ob ich mit meiner Anordnung, die mir mit das Hauptverdienst meines Werks scheint, das Rechte getroffen. Ich strebte wenigstens nach einer, in der jeder Gebildete sofort weiß, wo er – nachdem er sich mit der kurzen Anleitung zum Gebrauch vertraut ge- macht – jedes Wort zu suchen hat (während z.B. die Anord- nung des mittlhochd. Wörterb. v. Benecke nur für Sprache- gelehrte gelten kañ) und die dabei doch die möglichste (äußere und iñere) Vollständigkeit auf einem geringen Raume möglich macht. Dieser Hauptpunkt ist in den mir bisher zu Gesicht gekom̃enen Kritiken, deren sich freilich keine gegen meine Anordnung ausgesprochen, – wie es mir scheinen will – nach den Vortheilen, die daraus erwachsen, nicht zur Genüge erwogen, ja Raumer in seiner anerkeñende Bespre- chung (ich citiere nach dem Gedächtnis, da ich die Zeitschr. f. östreich. Gymnas. nicht besitze) meint, ich hätte freilich nach meinem Princip ganz Recht, „athemlos“ unter die Zsstzg. v. „los“ zu bringen, aber er hätte doch lieber, es nicht v. „athembar“ getreñt gesehen. Das von ihm gewählte Beispiel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sebastian Göttel: Herausgeber. (2020-04-30T10:00:00Z)
Sebastian Göttel: Transkription und TEI-Textannotation. (2020-04-30T10:00:00Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_kehrein_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_kehrein_1860/6
Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Joseph Kehrein. Altstrelitz, 8. März 1860, S. [3v]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_kehrein_1860/6>, abgerufen am 24.11.2024.