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Sanders, Daniel: Brief an Joseph Kehrein. Altstrelitz, 8. März 1860.

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aber scheint mir grade ganz besonders für meine Anordnung
zu sprechen; denn es giebt wohl kein Hauptwort, das nicht als Bestim-
mungswort zu "los" treten könnte (mit den entsprechenden Haupt-
wörtern auf "Losigkeit", s. z.B. bei Grimm: baumlos (wozu eben-
falls aus Humboldt's Ansicht. (2,13) das fehlende Baumlosigkeit
zu fügen gewesen wäre u.s.w.) Wirklich vollständig und erschöpfend
lassen sich diese Wörter eben nur unter den Zusammensetzungen von "los" behandeln,
wo allerdings die gewöhnlichen oder die wegen ihrer Form be-
sondre Bemerkung verdienenden (z.B. leblos neben dem
selteren lebenlos pp.) aufzuführen sind.

Ob ich hierin irre oder nicht, darüber erwarte ich
in Ihrer Besprechung, der ich mit großer Spannung entgegen-
sehe, Ihre unumwunden ausgesprochene Ansicht.

Ich habe mich im Vorstehenden über das Grimm'sche
Wörterbuch - soweit es der Vergleich des meinigen mit dem
selben erheischte - rückhaltlos ausgesprochen, weil ich an einen
Mann schrieb, von dem ich weiß, daß die sich auf die unleug-
baren Verdienste der Gebrüder Grimm stützende Verehrung
ihn nicht blind machen kann gegen die ebenso unleug-
baren Mängel ihres Wörterbuchs. Ein Buch "für Le-
ser jedes Alters und Standes" (s. die Vorrede XII) ist es
nun einmal nicht und wird es nie werden; der Gelehr-
te mag sich darin hinein- und hin durcharbeiten und
auch diesen sollte die Kritik darauf aufmerksam machen,

aber scheint mir grade ganz besonders für meine Anordnung
zu sprechen; deñ es giebt wohl kein Hauptwort, das nicht als Bestim-
mungswort zu „los“ treten könnte (mit den entsprechenden Haupt-
wörtern auf „Losigkeit“, s. z.B. bei Grim̃: baumlos (wozu eben-
falls aus Humboldt‘s Ansicht. (2,13) das fehlende Baumlosigkeit
zu fügen gewesen wäre u.s.w.) Wirklich vollständig und erschöpfend
lassen sich diese Wörter eben nur unter den Zusammensetzungen von „los“ behandeln,
wo allerdings die gewöhnlichen oder die wegen ihrer Form be-
sondre Bemerkung verdienenden (z.B. leblos neben dem
selteren lebenlos pp.) aufzuführen sind.

Ob ich hierin irre oder nicht, darüber erwarte ich
in Ihrer Besprechung, der ich mit großer Spañung entgegen-
sehe, Ihre unumwunden ausgesprochene Ansicht.

Ich habe mich im Vorstehenden über das Grim̃’sche
Wörterbuch – soweit es der Vergleich des meinigen mit dem
selben erheischte – rückhaltlos ausgesprochen, weil ich an einen
Mañ schrieb, von dem ich weiß, daß die sich auf die unleug-
baren Verdienste der Gebrüder Grim̃ stützende Verehrung
ihn nicht blind machen kañ gegen die ebenso unleug-
baren Mängel ihres Wörterbuchs. Ein Buch „für Le-
ser jedes Alters und Standes“ (s. die Vorrede XII) ist es
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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Joseph Kehrein. Altstrelitz, 8. März 1860, S. [4r]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_kehrein_1860/7>, abgerufen am 24.11.2024.