Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Ueble Folgen der Gleichgültigkeit. guter Schein, ohne wahre innre Güte des Herzens --das ist oft alles, wozu man sich entschließt. Man will immer noch beßre Zeit abwarten, immer noch verschieben, immer noch mit der größten Unvorsichtigkeit Vergnügun- gen mitmachen, mitgenießen, die für unsre junge Tu- gend gefährlich, tödtlich sind, man will sich immer noch nicht von allen Hindernissen der Heiligung losmachen, man will noch im Verborgenen diese und jene Lieblings- sünde fortsetzen, man will sich noch nicht entschließen, die strengste Gewissenhaftigkeit im äusserlichen Beruf zu be- obachten, man will noch immer die natürlichen Neigun- gen schonen, das Herz soll immer noch getheilt seyn, der Glaube an Jesum Christum soll die Lust nach Zerstreuun- gen, nach eitlen Vergnügungen neben sich dulden in der Seele, man will Verachtung und Tadel von schlechtden- kenden Menschen nicht über sich nehmen, man will sich nicht losreissen von Dingen, die allgemein für gleichgül- tig, für erlaubt angesehen werden, und die es doch nach der genauen Wage der Vernunft und der Religion nicht sind; jedes Herz hat seine eigenen Auswege, seine eigenen Götzen -- Was würden wir erblicken, wenn wir alle Vorhänge aufheben wollten? Wenn nur die Gottes Kinder sind, die der Geist Gottes treibt, (Röm. 8, 14.) wenn das Christenthum eine ganz neue Einrich- tung des Lebens ohne Ausnahme, ohne Stillstand und Abwechselung von uns fordert, wie viele Ursache werden dann auch die Heiligsten haben, sich vor Gott zu demü- thigen, und das kalte Herz zu erwärmen? Jesus Christus wuchs alle Tage an guten und se- gierden
Ueble Folgen der Gleichgültigkeit. guter Schein, ohne wahre innre Güte des Herzens —das iſt oft alles, wozu man ſich entſchließt. Man will immer noch beßre Zeit abwarten, immer noch verſchieben, immer noch mit der größten Unvorſichtigkeit Vergnügun- gen mitmachen, mitgenießen, die für unſre junge Tu- gend gefährlich, tödtlich ſind, man will ſich immer noch nicht von allen Hinderniſſen der Heiligung losmachen, man will noch im Verborgenen dieſe und jene Lieblings- ſünde fortſetzen, man will ſich noch nicht entſchließen, die ſtrengſte Gewiſſenhaftigkeit im äuſſerlichen Beruf zu be- obachten, man will noch immer die natürlichen Neigun- gen ſchonen, das Herz ſoll immer noch getheilt ſeyn, der Glaube an Jeſum Chriſtum ſoll die Luſt nach Zerſtreuun- gen, nach eitlen Vergnügungen neben ſich dulden in der Seele, man will Verachtung und Tadel von ſchlechtden- kenden Menſchen nicht über ſich nehmen, man will ſich nicht losreiſſen von Dingen, die allgemein für gleichgül- tig, für erlaubt angeſehen werden, und die es doch nach der genauen Wage der Vernunft und der Religion nicht ſind; jedes Herz hat ſeine eigenen Auswege, ſeine eigenen Götzen — Was würden wir erblicken, wenn wir alle Vorhänge aufheben wollten? Wenn nur die Gottes Kinder ſind, die der Geiſt Gottes treibt, (Röm. 8, 14.) wenn das Chriſtenthum eine ganz neue Einrich- tung des Lebens ohne Ausnahme, ohne Stillſtand und Abwechſelung von uns fordert, wie viele Urſache werden dann auch die Heiligſten haben, ſich vor Gott zu demü- thigen, und das kalte Herz zu erwärmen? Jeſus Chriſtus wuchs alle Tage an guten und ſe- gierden
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Ueble Folgen der Gleichgültigkeit.
guter Schein, ohne wahre innre Güte des Herzens —
das iſt oft alles, wozu man ſich entſchließt. Man will
immer noch beßre Zeit abwarten, immer noch verſchieben,
immer noch mit der größten Unvorſichtigkeit Vergnügun-
gen mitmachen, mitgenießen, die für unſre junge Tu-
gend gefährlich, tödtlich ſind, man will ſich immer noch
nicht von allen Hinderniſſen der Heiligung losmachen,
man will noch im Verborgenen dieſe und jene Lieblings-
ſünde fortſetzen, man will ſich noch nicht entſchließen, die
ſtrengſte Gewiſſenhaftigkeit im äuſſerlichen Beruf zu be-
obachten, man will noch immer die natürlichen Neigun-
gen ſchonen, das Herz ſoll immer noch getheilt ſeyn, der
Glaube an Jeſum Chriſtum ſoll die Luſt nach Zerſtreuun-
gen, nach eitlen Vergnügungen neben ſich dulden in der
Seele, man will Verachtung und Tadel von ſchlechtden-
kenden Menſchen nicht über ſich nehmen, man will ſich
nicht losreiſſen von Dingen, die allgemein für gleichgül-
tig, für erlaubt angeſehen werden, und die es doch nach
der genauen Wage der Vernunft und der Religion nicht
ſind; jedes Herz hat ſeine eigenen Auswege, ſeine eigenen
Götzen — Was würden wir erblicken, wenn wir alle
Vorhänge aufheben wollten? Wenn nur die Gottes
Kinder ſind, die der Geiſt Gottes treibt, (Röm.
8, 14.) wenn das Chriſtenthum eine ganz neue Einrich-
tung des Lebens ohne Ausnahme, ohne Stillſtand und
Abwechſelung von uns fordert, wie viele Urſache werden
dann auch die Heiligſten haben, ſich vor Gott zu demü-
thigen, und das kalte Herz zu erwärmen?
Jeſus Chriſtus wuchs alle Tage an guten und ſe-
ligen Fertigkeiten. (Luc. 2, 52.) Aber die ſündlichen Be-
gierden
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