Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Ueber die Erzählung vom Sämann.
Wahrheit hat, und für die, die auf Irrthum gebaut ist,
für alle gegenwärtige und entfernte Unglückliche, für die
Linderung so vieler Schmerzen, für die Bewahrung der
edelsten und schönsten Seelen vor Abwegen, für unsre
und aller andrer guten Menschen Vollendung beten, wei-
nen, und seufzen, -- ach, so handelte Jesus Christus,
so handelte er oft, daher war ihm das Leben so schön, und
der Tod so selig. "Wir sind schwach, meine sterbliche
&q;Brüder, wir dürfen uns nie schmeicheln, daß wir
&q;das Ziel schon erreicht haben.
(Philipp. 3, 13.) --
Ja, aber Gott kann auch die Schwachen stärken, und
wir sind ja Gottes Werk, geschaffen in Christo
Jesu zu guten Werken, daß wir darin wandeln
sollen.
(Ephes. 2, 10.) Je weniger wir lau und träge
werden, je mehr ist seine Gnade in uns geschäftig. "Die
&q;besten Menschen verweinen manche Stunden im Le-
&q;ben." -- Aber laßt uns doch anhalten im Eifer, un-
sre Bahn fortlaufen, hinaufsehen auf Jesum Chri-
stum,
(Ebr. 12, 2.) ihm unsre Schwäche, unsre Dürf-
tigkeit klagen, und aus ihm, wie Zweige an der Rebe,
Saft und Nahrung schöpfen. (Joh, 15.) "In der Welt
&q;bestimmt oft ein scheinbarer Zufall, und öftrer noch
&q;menschliche Leidenschaften unsern Rang" -- Aber
unter den verklärten Geistern kann uns nur Gott unsern
Werth, und unsern Namen geben. "Man wirft öfters
&q;nach den verdientesten Menschen mit Steinen, das Ta-
&q;lent ruht auf Stroh" -- Aber vor Gott ist keine
fromme That vergebens, noch eine kleine Strecke auf der
Bahn des Lebens, so sind wir daheim bey dem Herrn,
und ruhen in seinem Schooß. Fürchten wir uns nicht
vor Menschen -- Wer ist, der uns schaden könnte,

wenn

Ueber die Erzählung vom Sämann.
Wahrheit hat, und für die, die auf Irrthum gebaut iſt,
für alle gegenwärtige und entfernte Unglückliche, für die
Linderung ſo vieler Schmerzen, für die Bewahrung der
edelſten und ſchönſten Seelen vor Abwegen, für unſre
und aller andrer guten Menſchen Vollendung beten, wei-
nen, und ſeufzen, — ach, ſo handelte Jeſus Chriſtus,
ſo handelte er oft, daher war ihm das Leben ſo ſchön, und
der Tod ſo ſelig. „Wir ſind ſchwach, meine ſterbliche
&q;Brüder, wir dürfen uns nie ſchmeicheln, daß wir
&q;das Ziel ſchon erreicht haben.
(Philipp. 3, 13.) —
Ja, aber Gott kann auch die Schwachen ſtärken, und
wir ſind ja Gottes Werk, geſchaffen in Chriſto
Jeſu zu guten Werken, daß wir darin wandeln
ſollen.
(Epheſ. 2, 10.) Je weniger wir lau und träge
werden, je mehr iſt ſeine Gnade in uns geſchäftig. „Die
&q;beſten Menſchen verweinen manche Stunden im Le-
&q;ben.“ — Aber laßt uns doch anhalten im Eifer, un-
ſre Bahn fortlaufen, hinaufſehen auf Jeſum Chri-
ſtum,
(Ebr. 12, 2.) ihm unſre Schwäche, unſre Dürf-
tigkeit klagen, und aus ihm, wie Zweige an der Rebe,
Saft und Nahrung ſchöpfen. (Joh, 15.) „In der Welt
&q;beſtimmt oft ein ſcheinbarer Zufall, und öftrer noch
&q;menſchliche Leidenſchaften unſern Rang“ — Aber
unter den verklärten Geiſtern kann uns nur Gott unſern
Werth, und unſern Namen geben. „Man wirft öfters
&q;nach den verdienteſten Menſchen mit Steinen, das Ta-
&q;lent ruht auf Stroh“ — Aber vor Gott iſt keine
fromme That vergebens, noch eine kleine Strecke auf der
Bahn des Lebens, ſo ſind wir daheim bey dem Herrn,
und ruhen in ſeinem Schooß. Fürchten wir uns nicht
vor Menſchen — Wer iſt, der uns ſchaden könnte,

wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0195" n="189"/><fw place="top" type="header">Ueber die Erzählung vom Sämann.</fw><lb/>
Wahrheit hat, und für die, die auf Irrthum gebaut i&#x017F;t,<lb/>
für alle gegenwärtige und entfernte Unglückliche, für die<lb/>
Linderung &#x017F;o vieler Schmerzen, für die Bewahrung der<lb/>
edel&#x017F;ten und &#x017F;chön&#x017F;ten Seelen vor Abwegen, für un&#x017F;re<lb/>
und aller andrer guten Men&#x017F;chen Vollendung beten, wei-<lb/>
nen, und &#x017F;eufzen, &#x2014; ach, &#x017F;o handelte Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus,<lb/>
&#x017F;o handelte er oft, daher war ihm das Leben &#x017F;o &#x017F;chön, und<lb/>
der Tod &#x017F;o &#x017F;elig. &#x201E;Wir &#x017F;ind &#x017F;chwach, meine &#x017F;terbliche<lb/><hi rendition="#fr">&amp;q;Brüder, wir dürfen uns nie &#x017F;chmeicheln, daß wir<lb/>
&amp;q;das Ziel &#x017F;chon erreicht haben.</hi> (Philipp. 3, 13.) &#x2014;<lb/>
Ja, aber Gott kann auch die Schwachen &#x017F;tärken, und<lb/><hi rendition="#fr">wir &#x017F;ind ja Gottes Werk, ge&#x017F;chaffen in Chri&#x017F;to<lb/>
Je&#x017F;u zu guten Werken, daß wir darin wandeln<lb/>
&#x017F;ollen.</hi> (Ephe&#x017F;. 2, 10.) Je weniger wir lau und träge<lb/>
werden, je mehr i&#x017F;t &#x017F;eine Gnade in uns ge&#x017F;chäftig. &#x201E;Die<lb/>
&amp;q;be&#x017F;ten Men&#x017F;chen verweinen manche Stunden im Le-<lb/>
&amp;q;ben.&#x201C; &#x2014; Aber laßt uns doch anhalten im Eifer, un-<lb/>
&#x017F;re Bahn fortlaufen, <hi rendition="#fr">hinauf&#x017F;ehen auf Je&#x017F;um Chri-<lb/>
&#x017F;tum,</hi> (Ebr. 12, 2.) ihm un&#x017F;re Schwäche, un&#x017F;re Dürf-<lb/>
tigkeit klagen, und aus ihm, wie Zweige an der Rebe,<lb/>
Saft und Nahrung &#x017F;chöpfen. (Joh, 15.) &#x201E;In der Welt<lb/>
&amp;q;be&#x017F;timmt oft ein &#x017F;cheinbarer Zufall, und öftrer noch<lb/>
&amp;q;men&#x017F;chliche Leiden&#x017F;chaften un&#x017F;ern Rang&#x201C; &#x2014; Aber<lb/>
unter den verklärten Gei&#x017F;tern kann uns nur Gott un&#x017F;ern<lb/>
Werth, und un&#x017F;ern Namen geben. &#x201E;Man wirft öfters<lb/>
&amp;q;nach den verdiente&#x017F;ten Men&#x017F;chen mit Steinen, das Ta-<lb/>
&amp;q;lent ruht auf Stroh&#x201C; &#x2014; Aber vor Gott i&#x017F;t keine<lb/>
fromme That vergebens, noch eine kleine Strecke auf der<lb/>
Bahn des Lebens, &#x017F;o &#x017F;ind wir daheim bey dem Herrn,<lb/>
und ruhen in &#x017F;einem Schooß. Fürchten wir uns nicht<lb/>
vor Men&#x017F;chen &#x2014; <hi rendition="#fr">Wer i&#x017F;t, der uns &#x017F;chaden könnte,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0195] Ueber die Erzählung vom Sämann. Wahrheit hat, und für die, die auf Irrthum gebaut iſt, für alle gegenwärtige und entfernte Unglückliche, für die Linderung ſo vieler Schmerzen, für die Bewahrung der edelſten und ſchönſten Seelen vor Abwegen, für unſre und aller andrer guten Menſchen Vollendung beten, wei- nen, und ſeufzen, — ach, ſo handelte Jeſus Chriſtus, ſo handelte er oft, daher war ihm das Leben ſo ſchön, und der Tod ſo ſelig. „Wir ſind ſchwach, meine ſterbliche &q;Brüder, wir dürfen uns nie ſchmeicheln, daß wir &q;das Ziel ſchon erreicht haben. (Philipp. 3, 13.) — Ja, aber Gott kann auch die Schwachen ſtärken, und wir ſind ja Gottes Werk, geſchaffen in Chriſto Jeſu zu guten Werken, daß wir darin wandeln ſollen. (Epheſ. 2, 10.) Je weniger wir lau und träge werden, je mehr iſt ſeine Gnade in uns geſchäftig. „Die &q;beſten Menſchen verweinen manche Stunden im Le- &q;ben.“ — Aber laßt uns doch anhalten im Eifer, un- ſre Bahn fortlaufen, hinaufſehen auf Jeſum Chri- ſtum, (Ebr. 12, 2.) ihm unſre Schwäche, unſre Dürf- tigkeit klagen, und aus ihm, wie Zweige an der Rebe, Saft und Nahrung ſchöpfen. (Joh, 15.) „In der Welt &q;beſtimmt oft ein ſcheinbarer Zufall, und öftrer noch &q;menſchliche Leidenſchaften unſern Rang“ — Aber unter den verklärten Geiſtern kann uns nur Gott unſern Werth, und unſern Namen geben. „Man wirft öfters &q;nach den verdienteſten Menſchen mit Steinen, das Ta- &q;lent ruht auf Stroh“ — Aber vor Gott iſt keine fromme That vergebens, noch eine kleine Strecke auf der Bahn des Lebens, ſo ſind wir daheim bey dem Herrn, und ruhen in ſeinem Schooß. Fürchten wir uns nicht vor Menſchen — Wer iſt, der uns ſchaden könnte, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/195
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/195>, abgerufen am 23.06.2024.