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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Frömmigkeit des Erlösers.
zu machen, ist sie oft in unverständliche Wörter versteckt
worden. Es ist unverantwortlich, die Zeit mit diesen
schalen Dingen zu tödten und die jungen Religionslehrer
lang in diesen Dorngebüschen herumzuführen. Aber ist
nicht das Gold doch ächt, wenn es gleich an einigen Or-
ten befleckt ist? Wollen wir deswegen das ganze Haus
einreissen, weil am Eingang, an den Verzierungen, an
der Austheilung der Fenster und Zimmer etwas gebessert
werden könnte? Nehmt eure Bibel, und lest die Ge-
schichte des Erlösers, wählt euch einen Ausspruch von
ihm zum Führer, studirt die Briefe seiner Schüler, er-
innert euch bey dem verschränkten Lauf der Welthändel
an die Erzählung Jesu Christi -- was braucht ihr
Systeme und Compendien zur Gottseligkeit, und zur
Rechtschaffenheit im Leben?

Die Religion der Christen beschreibt das menschliche
Verderben mit den schwärzesten Farben, und wir meynen
immer, es sey nicht so viel Böses in der Welt. Se-
het doch, wenn ihr Gottes Wort nicht glauben wollt, nur
das planlose, kampfvolle, bittre, oft kindischleere Leben
der Erwachsenen, sehet das Betragen der aufwachsenden
Menschen an! Was müßten wir uns für einen Begriff
von Gott machen, wenn diese Menschenwelt noch seine
Schöpfung wäre, noch unverdorben, wie sie aus seiner
Hand schlupfte! Falsch wäre die Bibel, wenn sie nicht
so redete, wenn sie den Menschen nicht so schilderte, wie
er alle Tage erscheint. Warum machen wir so viele Er-
ziehungsplane? Warum pfuschen wir so an allen jungen
Menschen, und suchen bald diese, bald jene Triebe der
Seele zu verstärken, und zum Guten zu lenken? Jst es

nicht

Frömmigkeit des Erlöſers.
zu machen, iſt ſie oft in unverſtändliche Wörter verſteckt
worden. Es iſt unverantwortlich, die Zeit mit dieſen
ſchalen Dingen zu tödten und die jungen Religionslehrer
lang in dieſen Dorngebüſchen herumzuführen. Aber iſt
nicht das Gold doch ächt, wenn es gleich an einigen Or-
ten befleckt iſt? Wollen wir deswegen das ganze Haus
einreiſſen, weil am Eingang, an den Verzierungen, an
der Austheilung der Fenſter und Zimmer etwas gebeſſert
werden könnte? Nehmt eure Bibel, und leſt die Ge-
ſchichte des Erlöſers, wählt euch einen Ausſpruch von
ihm zum Führer, ſtudirt die Briefe ſeiner Schüler, er-
innert euch bey dem verſchränkten Lauf der Welthändel
an die Erzählung Jeſu Chriſti — was braucht ihr
Syſteme und Compendien zur Gottſeligkeit, und zur
Rechtſchaffenheit im Leben?

Die Religion der Chriſten beſchreibt das menſchliche
Verderben mit den ſchwärzeſten Farben, und wir meynen
immer, es ſey nicht ſo viel Böſes in der Welt. Se-
het doch, wenn ihr Gottes Wort nicht glauben wollt, nur
das planloſe, kampfvolle, bittre, oft kindiſchleere Leben
der Erwachſenen, ſehet das Betragen der aufwachſenden
Menſchen an! Was müßten wir uns für einen Begriff
von Gott machen, wenn dieſe Menſchenwelt noch ſeine
Schöpfung wäre, noch unverdorben, wie ſie aus ſeiner
Hand ſchlupfte! Falſch wäre die Bibel, wenn ſie nicht
ſo redete, wenn ſie den Menſchen nicht ſo ſchilderte, wie
er alle Tage erſcheint. Warum machen wir ſo viele Er-
ziehungsplane? Warum pfuſchen wir ſo an allen jungen
Menſchen, und ſuchen bald dieſe, bald jene Triebe der
Seele zu verſtärken, und zum Guten zu lenken? Jſt es

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[108/0114] Frömmigkeit des Erlöſers. zu machen, iſt ſie oft in unverſtändliche Wörter verſteckt worden. Es iſt unverantwortlich, die Zeit mit dieſen ſchalen Dingen zu tödten und die jungen Religionslehrer lang in dieſen Dorngebüſchen herumzuführen. Aber iſt nicht das Gold doch ächt, wenn es gleich an einigen Or- ten befleckt iſt? Wollen wir deswegen das ganze Haus einreiſſen, weil am Eingang, an den Verzierungen, an der Austheilung der Fenſter und Zimmer etwas gebeſſert werden könnte? Nehmt eure Bibel, und leſt die Ge- ſchichte des Erlöſers, wählt euch einen Ausſpruch von ihm zum Führer, ſtudirt die Briefe ſeiner Schüler, er- innert euch bey dem verſchränkten Lauf der Welthändel an die Erzählung Jeſu Chriſti — was braucht ihr Syſteme und Compendien zur Gottſeligkeit, und zur Rechtſchaffenheit im Leben? Die Religion der Chriſten beſchreibt das menſchliche Verderben mit den ſchwärzeſten Farben, und wir meynen immer, es ſey nicht ſo viel Böſes in der Welt. Se- het doch, wenn ihr Gottes Wort nicht glauben wollt, nur das planloſe, kampfvolle, bittre, oft kindiſchleere Leben der Erwachſenen, ſehet das Betragen der aufwachſenden Menſchen an! Was müßten wir uns für einen Begriff von Gott machen, wenn dieſe Menſchenwelt noch ſeine Schöpfung wäre, noch unverdorben, wie ſie aus ſeiner Hand ſchlupfte! Falſch wäre die Bibel, wenn ſie nicht ſo redete, wenn ſie den Menſchen nicht ſo ſchilderte, wie er alle Tage erſcheint. Warum machen wir ſo viele Er- ziehungsplane? Warum pfuſchen wir ſo an allen jungen Menſchen, und ſuchen bald dieſe, bald jene Triebe der Seele zu verſtärken, und zum Guten zu lenken? Jſt es nicht

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/114>, abgerufen am 24.11.2024.